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Das ist unser Job

Polizisten sind keine Rassisten. Auch nicht bei lagebildabhängigen Befragungen und Kontrollen. Folgende Erwiderung von Jörg Radek auf den Artikel “Alle überprüfen oder keinen” von Mohamed Amjahid in der Ausgabe vom 3.4.2014 wurde nun in der ZEIT vom 10.4.2014 veröffentlicht: Ich habe einen Wunsch. Den Wunsch, dass alle Menschen in Deutschland, auch die Zugewanderten, unser demokratisches […]

Polizisten sind keine Rassisten. Auch nicht bei lagebildabhängigen Befragungen und Kontrollen. Folgende Erwiderung von Jörg Radek auf den Artikel “Alle überprüfen oder keinen” von Mohamed Amjahid in der Ausgabe vom 3.4.2014 wurde nun in der ZEIT vom 10.4.2014 veröffentlicht:

Jörg Radek, Vorsitzender der GdP-Bezirk Bundespolizei

Jörg Radek, Vorsitzender der GdP-Bezirk Bundespolizei

Ich habe einen Wunsch. Den Wunsch, dass alle Menschen in Deutschland, auch die Zugewanderten, unser demokratisches Polizeibild für sich annehmen und ohne Misstrauen unterstützen. In der vergangenen Woche kritiserte hier der ZEIT-Autor Mohamed Amjahid die gesetzmäßigen Polizeikontrollen an Bahnhöfen, Flughäfen und in Zügen mit denen illegale Einwanderung verhindert werden soll als »Racial Profiling«. Amjahid unterstellte der Bundespolizei, Reisende einzig aufgrund ihrer ethnischen Merkmale zu überprüfen.
Tatsache ist: Fast zwei Milliarden Fahrgäste nutzen in Deutschland die Züge, in denen auch die 7,19 Millionen in Deutschland lebenden Ausländer sowie rund 8 Millionen deutsche Staatsbürger mit »Migrationshintergrund« mitreisen und in denen die Bundespolizei gelegentlich Befragungen vornimmt. Es ist verständlich, dass sich einige sensible Reisende mit nichtdeutschen Familienwurzeln oder Aussehen aus der Menge von Reisenden »herausgepickt« fühlen, wenn sie ein Polizeibeamter anspricht. Allein schon angesprochen zu werden, empfindet manche als ehrverletzende Provokation. Wirken hier (noch) unterschiedliche Werte und Bilder von anderen Polizeien in den Köpfen? Warum ist ein Ansprechen durch einen Polizisten nicht genauso locker und selbstverständlich wie eine Fahrkartenkontrolle in der S-Bahn?
Denn Tatsache ist auch: Illegale Einreisen zu verhindern ist gesetzliche Aufgabe der Polizei. Das Konzept der reicheren EU-Binnenländer ihre grenzpolizeiliche Verantwortung an die ärmeren Staaten an der EU-Peripherie weiterzureichen, geht nicht auf. Das Kontrollsystem an den Grenzen hat keine Schlupflöcher, sondern Einfallstore. Über 25 670 entdeckte illegale Einreisen in einem Jahr, ein weit darüber liegendes Dunkelfeld und ein erheblicher Anstieg krimineller Schleusungen müssen die Polizei auf den Plan rufen.
Die Bürger unseres Landes wollen nicht zurück zu Grenzkontrollen zwischen den Staaten des Schengener Übereinkommens. Der Gesetzgeber hat der Bundespolizei daher gestattet, im Grenzraum, auf Flughäfen und Schienenwegen Befragungen vorzunehmen, um aus dem Puzzle von Einzelinformationen ein klareres Bild über Wege illegaler Einreise und Aufenthalts zu bekommen. Dafür bedarf es keines Verdachts gegen die Person, jeder ist ansprechbar. Die bloße Befragung einiger ist viel geringfügiger als Grenzkontrollen für alle.
Als Gewerkschafter für die Bundespolizei leugne ich nicht, dass in der Vergangenheit mitunter Kontrolldruck innerdienstlich unnötig stärker aufgebaut wurde, als es tatsächlich Not tat. Aus diesen Fehlern haben wir gelernt und sie abgestellt. Es besteht aber kein Zweifel, dass es eines klaren Bildes bedarf, ob, wie und in welcher Größenordnung illegale Zuwanderung und damit verknüpfte Straftaten geschehen. Knapp 580 000 Befragungen führt die Bundespolizei jährlich durch. Über 16 000 Fälle unerlaubter Einreise oder unerlaubten Aufenthalts wurden so pro Jahr aufgedeckt sowie Routen des Schleppergeschäfts und des Menschenhandels.
Deutschland ist ein freies Land, auch für die Menschen, die hier leben ohne unsere Staatsangehörigkeit zu haben. Die Polizei garantiert diese Freiheit. Deutschland ist ein Einwanderungsland. 400 000 Menschen kommen jählich, um sich hier ein besseres Leben aufzubauen. 127 000 Menschen beantragten letztes Jahr Asyl. 194 000 ausländische Studenten besuchen deutsche Universitäten. 1,5 Millionen Einwanderer braucht dieses Land in den kommenden Jahren.
Ob die Gesellschaft auch weiß, was die richtigen Instrumente sind, um aus Einwanderern tatsächlich neue Deutsche werden zu lassen, denen unsere Kultur und Werte wichtiger Teil des eigenen Lebens werden, steht auf einem anderen Blatt. Einwanderung verlangt nicht nur sehr große Anpassungsbereitschaft von denen, die kommen, sondern in Teilen auch von denen, die Bürger dieses Landes sind. Es war ein weiter politischer Weg von »Das-Boot-ist-voll«-Debatten zur doppelten Staatsbürgerschaftsvereinbarung dieser Tage. Dennoch, nicht jeder versucht, den mitunter steinigen legalen Weg, der für Flüchtlinge auch heute noch diskussionswürdige Elemente wie Residenzpflicht und Essensgutscheine statt Selbstverantwortung und Arbeitserlaubnis vorsieht, zu gehen. Diese Menschen landen in oft ausbeuterischen, mitunter kriminellen und in jedem Fall illegalen Lebensverhältnissen. Gegen Menschenhandel aber muss sich eine offene Gesellschaft wehren.
Gerade deshalb sind für meine Kolleginnen und Kollegen, die schlicht den Gesetzesauftrag erfüllen, die Unterstellungen eines eingeschränkten, gar rassistischen Blickwinkels nur schwer auszuhalten. Die Bundespolizei setzt weltweit ihre Mitarbeiter als »Botschafter der deutschen Demokratie« in Regionen ein, die von Rechtsstaatlichkeit oft weit entfernt sind. Manche lassen dort ihr Leben. Dazu passt nicht, im eigenen Land als rassistisch dargestellt zu werden. Und es trifft auch nicht die Wahrnehmung der breiten Bevölkerung über uns. Die Diskussion freilich, wie diese Gesellschaft mit illegaler Migration und Kriminalität umgehen will, ist politisch, nicht polizeilich. Es ist lohnender für alle, die sich »herausgepickt« fühlen, sich in diese demokratische und auch schwierige, auf Interessensausgleich bedachte Debatte einzubringen, als falsche Rassismusvorwürfe zu erheben.
Ich habe einen Wunsch. Den Wunsch, dass alle Menschen in Deutschland, auch die Zugewanderten, verstehen, dass ihre (!) Polizei durch Kontrollen auch ihre (manchmal erst neugewonnene) Freiheit und Rechtsordnung schützt. Und das bedarf eigentlich keines Aufhebens.

Artikel in der Zeit:
joerg-radek-10042014

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