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3. Arbeitsschutzsymposium der Gewerkschaft der Polizei in Potsdam am 11. und 12. Mai 2010

Macht Polizei krank? Die betriebliche Gesundheitsförderung der Polizei auf dem Prüfstand

Potsdam.

Rund 120 Teilnehmer aus Polizei, Wissenschaft und GdP-Landesbezirken und -Bezirken beraten auf dem heute beginnenden dritten Arbeitsschutzsymposium der Gewerkschaft der Polizei in Potsdam vor allem die Frage, ob, wo und wie bereits eine betriebliche Gesundheitsförderung bei der Polizei angeboten wird und welche Lösungsansätze es gibt, eine einheitliche Vorgehensweise für alle Polizeien im Bereich der Gesundheitsvorsorge und -erhaltung zu erreichen. Frank Richter, für den Bereich des Arbeitsschutzes verantwortliches Mitglied des Geschäftsführenden GdP-Bundesvorstands: "Die Spannweite der bundesweiten Angebote der betrieblichen Gesundheitsförderung bei der deutschen Polizei reicht von 'nicht existent' bis hin zu ausgeklügelten Managementsystemen. Die immer höheren Anforderungen an die Kolleginnen und Kollegen unterscheiden sich aber bei weitem nicht so stark. Hier will die GdP den Weg zu einem polizeilichen Gesundheitsmanagement aufzeigen, dass alle Kolleginnen und Kollegen gleichermaßen erreicht."

Nach mehreren Referaten zu körperlichen und seelischen Beanspruchungen im Polizeidienst sowie der Darstellung eines funktionierenden Gesundheitsmanagementsystems in der Polizei werden sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in verschiedenen Arbeitsgruppen u. a. auch einem sogenannten Tabu-Thema widmen: dem Suizid in der Polizei. Ziel sei es, so Richter, ein Präventionskonzept zu schaffen, wie es in einigen Ländern Deutschlands bereits Erfolg versprechend praktiziert werde.

Schlechtere Arbeitsbedingungen und zunehmende Leistungsverdichtung führen zu steigenden somatischen und psychischen Belastungen
In der gewerblichen Wirtschaft, so Jörg Radek, der seinen zuständigen GBV-Kollegen Frank Richter bei der Eröffungsrede vertrat , fehle der durchschnittliche Beschäftigte zwischen einem und fünf Tagen pro Jahr. Aus dem Bereich der Polizei seien Werte bis über das Doppelte zu vernehmen und in der Inneren Verwaltung einiger Behörden würden sogar Spitzenwerte bis zu 18 Tagen pro Beschäftigtem und Jahr gemeldet.

Radek: "Als Gewerkschaft der Polizei stellen wir uns die Frage, warum solche Fehlzeiten entstehen. Wo liegen die Ursachen, insbesondere bei dem eklatanten Unterschied zwischen Wirtschaft, Polizei und manchen anderen Behörden? Sind es es die 'üblichen Verdächtigen' wie Überbelastung durch Stellenabbau, kaum erfüllbare Anforderungen, hoher Leistungsdruck oder die grassierende Überalterung?" Eine einfache, schnelle Antwort, so Radek, gebe es nicht; zu facettenreich, zu zahlreich seien die einwirkenden Faktoren.

Einen Lösungsansatz habe die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin gefunden. Sie habe als eine der ersten Groß-Behörden Deutschlands die Vereinigung von Führungs- und Fachkompetenz in einer Person als Problem wahrgenommen. Radek: "Ein guter Vorgesetzter muss noch lange kein guter Wissenschaftler sein – und umgekehrt. Dieser grundlegende Denkfehler, der zumindest in bundesdeutschen Behörden gang und gäbe ist, konnte dadurch

eliminiert werden, indem die beiden Funktionen getrennt wurden." Nun könnten beide Personen, der „Chef“ und der „Fachmann“, in die höchsten dienstlichen Besoldungs-Ämter gelangen.

Radek: Laufen auf massiven Altersberg zu
Doch nicht nur fragwürdige Führungskompetenzen in der Polizei machten der GdP Sorgen, sondern auch die massive Leistungsverdichtung aufgrund von Personalknappheit und die Überalterung ganzer Belegschaften. Radek: "Während es zwischenzeitlich jeder verstanden haben dürfte, dass wir in Deutschland zwischen den Jahren 2015 und 2035 auf einen massiven 'Altersberg' zulaufen, der mit keinen familienpolitischen Maßnahmen mehr abzuflachen ist, meinen manche Innenpolitiker in den Ländern, dies gälte für sie nicht. Für die Polizei bedeutet die Überalterung des Personalbestandes schlichtweg eine Katastrophe."

Facettenreiches Thema: Konzentrierte Aufmerksamkeit im Forum.

Scharf kritisierte Radek die immer weiter steigenden somatischen und psychischen Belastungen der Polizeibeamtinnen und -beamten, die seit langem unmittelbar spürbar seien. "Ausgesessene Sitze in Funkstreifenwagen, unzureichend eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze, Arbeitsstätten, die ihren Namen nicht verdienen, sorgen dafür, dass die Polizeibeamten ihr Scherflein zur häufigsten Erkrankung in der gesamten Gesellschaft, der Muskel-Skelett-Erkrankung, beitragen." Die schon mehrfach erwähnte Leistungsverdichtung, so Radek weiter, führe zusätzlich zu Stress und in der weiteren Folge zu Burnout, Schlafstörungen und Störungen im vegetativen Körpersystem.

Impulsvortrag 1: Körperliche Beanspruchung im Polizeidienst
Dr. Christian Kühl, Polizei Bayern: "Wir nehmen die Gesündesten und hoffen, dass wir sie 35 bis 40 Jahre im Dienst halten können."
Impulsvortrag 2: Seelische Beanspruchung im Polizeidienst
Erich Traphan, Polizei NRW: "Es gibt kein Repertoire für diese 'Polizei'-Lebensform."

Impulsvortrag 3: Ist der Suizid im Polizeidienst "nur" ein Sonderfall der spezifischen psychischen Belastungen?
Christina Meyer, Polizei Niedersachsen: "Die ständige Verfügbarkeit von Schusswaffen ist ein zentraler Punkt."
Impulsvortrag 4: Wie funktioniert ein Gesundheitsmanagement-System in der Polizei?
Bernd Becker, Polizei Rheinland-Pfalz: "Das Thema muss aus der 'Langeweile-Weicheier-Ecke' in die Köpfe der Menschen geholt werden."

Verkettung psychischer Beanspruchungen kann zu Freitod führen
Im Extremfall, wenn sich gar depressive Störungen einstellten und sich manifestierten, könne am Ende der meist langen Kette psychischer Beanspruchungen der Freitod stehen. Eine Studie, die Stefan Mayer im Jahr 2000 als Seminararbeit an der damaligen Polizeiführungsakademie (PFA, heute die Deutsche Hochschule der Polizei) angefertigt hatte, belege eindrucksvoll, dass die Verläufe in der Polizei anders seien, als in der gesamten Gesellschaft. Die Polizei, sagte Radek, werde oft, ja fast schon regelmäßig, mit traumatischen Ereignissen konfrontiert. Sie erlebe darüber hinaus persönliche Belastungen wie jeder andere Mensch in unserer Gesellschaft auch – und sie führe Waffen.

Die Frage aller Fragen - zumindest auf dem 3. Arbeitsschutzsymposium der GdP in Potsdam. Fotos (8): Michael Zielasko

Noch fehle es an Präventionsmaßnahmen, die als Früherkennungsmechanismus gegen Suizid wirkten, um dem einen oder anderen Hilfe suchenden Menschen in der Polizei zu zeigen, "dass es immer eine Tür nach draußen gibt, die zu neuen Hoffnungen führt". Radek: "Es sollte uns gelingen, aus den zahlreichen guten Ansätzen, die es in den Ländern gibt, etwas Gemeinsames zu machen, das wie ein roter Faden wirkt und dazu führt, Suizide in der Polizei zur Geschichte werden zu lassen."

Strahlung und Feinstäube
Sogenannte nicht-ionisierende Strahlung, wie sie z.B. von digitalen Funkgeräten emittiert werden und die Wirkung von aus verschiedenen Quellen stammenden Ultrafeinstäuben, stehen neben der Vorstellung der Ergebnisse der Arbeitsgruppen auf der Tagesordnung des zweiten Veranstaltungstages.

Link: Zum zweiten Tag des 3. Arbeitsschutzsymposiums der Gewerkschaft der Polizei
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