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Konrad Freiberg im Interview mit dem Auto Club Europa (ACE)

Atem- und Blutalkoholmessung auf dem Prüfstand

Berlin.

"Die Feststellung des Blutalkoholgehalts bietet uns hinreichende Rechtssicherheit bei der Beurteilung der Alkoholisierung von Verkehrsteilnehmern. Insofern besteht auf diesem Gebiet grundsätzlich kein Handlungsbedarf", sagte Konrad Freiberg im Interview mit dem Auto Club Europa (ACE). Gelänge es allerdings, so der GdP-Vorsitzende, die Atemalkoholanalyse seitens der Wissenschaft und der Messtechnik so sicher auszugestalten, dass noch bestehende Restzweifel abschließend beseitigt werden könnten und die Gerichte in der Folge solche Messergebnisse akzeptierten, wäre dies sowohl für die Polizei, als auch für betroffene Verkehrsteilnehmer eine begrüßenswerte Weiterentwicklung auf diesem Gebiet. Auch der 47. Deutsche Verkehrsgerichtstag in Goslar wird sich Ende Januar mit diesem Thema beschäftigen.


Download: Das ACE-Interview mit dem Vorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg im Wortlaut:

ACE Online: Das StVG sieht im § 24a schon heute vor, dass zur Ahndung von Trunkenheitsfahrten Messungen des Atemalkohols gleichwertig zu Blutproben herangezogen werden können. Dennoch hat noch Mitte des Jahres die Justizminister-Konferenz eine Einführung der Atemalkoholanalyse in Strafverfahren abgelehnt. Ist das nicht ein Widerspruch?
Freiberg: § 24a behandelt Trunkenheitsfahrten im nichtkriminellen Bereich, also dann, wenn die konsumierte Alkoholmenge unterhalb eines vergleichbaren Blutalkoholgehalts von 1.1 Promille und damit im Bereich der Ordnungswidrigkeit liegt. Die Bestimmung stellt im Übrigen auch nur fest, dass der Blutalkoholgehalt mit einem bestimmten Äquivalent des Alkoholgehalts in der Atemluft gleichzusetzen ist. Über geeignete oder nicht geeignete Messverfahren sagt das StVG nicht aus.

Die Haltung der Justizminister ist durchaus nachvollziehbar. Eine Straftat bedarf schon alleine aufgrund ihrer gesellschaftlichen Bedeutung einer deutlich stabileren Beweisführung, als dies bei Ordnungswidrigkeiten erforderlich ist. Wenn sich die Wissenschaft noch nicht mit letzter Sicherheit darüber einig ist, ob die Atemalkoholanalyse gerade in den oberen Messbereichen hinreichend genau ist, ist es geradezu notwendig, die überall anerkannte Blutuntersuchung durchzuführen. Es wäre nicht akzeptabel, wenn es aufgrund irgendwelcher wissenschaftlich zu begründenden Unklarheiten an der dritten Stelle hinter dem Komma zu Verfahrenseinstellungen oder Freisprüchen käme, und auf diese Weise betrunkene Verkehrsrowdys ungestraft weiterfahren dürften.

ACE Online: Bereits heute erkennen viele Gerichte von der Polizei durchgeführte Atemalkoholanalysen mit geeichten Geräten an. Sind die dafür eingesetzten Geräte Ihrer Einschätzung nach zuverlässig genug um auf eine zusätzliche Blutprobe zu verzichten?
Freiberg: Uns sind keine Fälle bekannt, in denen ein geeichtes Gerät in dem Messbereich, für den es zugelassen ist, also unter dem vergleichbaren Blutalkoholgehalt von 1.1 Promille, unkorrekte Messdaten ermittelt hätte. Hinsichtlich des Verzichts auf eine Blutprobe, verweise ich auf meine Antwort zur vorherigen Frage.

Ich hätte aber auch kein Problem mit der Atemalkoholanalyse im Strafverfahren als einzigem Beweismittel. Allerdings erst dann, wenn ganz klar feststeht, dass auf diese Art gewonnenen Daten wissenschaftlich belastbar sind, technisch korrekt erhoben werden und darüber hinaus in allen Gerichtszügen Akzeptanz finden. Aber so lange, wie diese Fragen noch nicht abschließend beantwortet sind, muss der bisherige Weg weiter beschritten werden.

ACE Online: Sind die neuen Geräte zur Bestimmung des Atemalkohols bei der Polizei schon flächendeckend im Einsatz?
Freiberg: Die Polizei verfügt sowohl über Geräte, die gerichtsverwertbare Daten liefern, als auch über so genannte Vortestgeräte, die lediglich einen Anfangsverdacht begründen oder einen solchen weiter erhärten. Die Geräte sind zwar nicht auf jeder Polizeidienststelle vorhanden, aber zumindest in einer Entfernung, die in den meisten Fällen von Streifenwagen angefahren werden können.

Bei den Vortestgeräten ist die Situation unterschiedlich. Dort ist es eher die Ausnahme, dass sie zum Standardrepertoire eines Streifenwagens gehören. Das muss sich meines Erachtens spätestens dann ändern, wenn die Atemalkoholanalyse auch als Beweismittel im Strafverfahren anerkannt wird. Im Prinzip müsste schon heute jeder Streifenwagen mit einem Vortestgerät ausgestattet sein.


ACE Online: Welche Vor- und Nachteile hat die neue Technik im Einsatz vor Ort?
Freiberg: Die Blutprobenentnahme ist zeitlich und finanziell aufwändiger als die Atemluftanalyse. Im zuletzt genannten Fall pustet man zwei mal im Abstand einiger Minuten in das Aufnahmeröhrchen des Testgeräts – und das war’ s. Probleme gibt es nur, wenn der Proband nicht in der Lage oder willens ist, lange genug oder mit ausreichend stabilem Druck gegen den Gerätewiderstand zu pusten.
Zum Zweck der Blutentnahme muss der Proband –je nach den örtlichen Verhältnissen- entweder zur Wache oder in ein Krankenhaus verbracht werden. Blut darf nur ein Arzt entnehmen. An bestimmten Tagen und zu bestimmten Zeiten ist es nicht immer ganz einfach, einen Arzt zur Dienststelle zu bekommen. Damit verbunden sind dann zum Teil recht lange Wartezeiten – die letztendlich auch zu Veränderungen des Blutalkoholgehalts führen. Das entnommene Blut muss in einem Labor untersucht werden. Es entstehen Kosten für den Arzt, die Untersuchungsmaterialien und für die Untersuchung des Blutes, die nach zwei unterschiedlichen Methoden erfolgt. Gerichtsverwertbare Geräte zur Messung des Atemluftalkohols führen auch zwei Analyseverfahren durch. Das funktioniert aber geräteintern, quasi in einem Aufwasch. Darüber hinaus wird bei der Blutprobenentnahme in die körperliche Integrität der Probanten eingegriffen.

Das Verfahren zur Blutprobenentnahme ist sehr zeitaufwändig. Insbesondere dann, wenn kein Vortestgerät zur Verfügung steht. Dann besteht in der Regel. der Verdacht auf eine strafbare Trunkenheitsfahrt. In diesen Fällen ist der Führerschein einzubehalten bzw. zu beschlagnahmen. Damit verbunden ist die unverzügliche Vorlage einer Anzeige an die Staatsanwaltschaft. Deren Anfertigung im Zusammenhang mit der Wartezeit für den Arzt und der Zeit für die Entnahme der Probe sowie für die Erhebung des ärztlichen Verhaltensbefundes, bindet eine komplette Streifenwagenbesatzung für ungefähr 2 Stunden – mal etwas mehr, mal etwas weniger.

Bei Ordnungswidrigkeiten ordnet erst die Behörde ein Fahrverbot an, d.h. der Führerschein muss vor Ort durch die Polizei nicht einbehalten werden. Ob eine Ordnungswidrigkeit vorliegt kann mittels Vortestgerät schon an der Kontrollstelle festgestellt werden. Selbst wenn anschließend die Fahrt zu einer Dienststelle, die mit einem gerichtsverwertbaren Analysegerät ausgestattet ist, erforderlich wird, ist die Zeit bei diesem Verfahren deutlich geringer als bei der Blutprobenentnahme. Für die finanziellen Aufwendungen, die der Proband zu tragen hat, gilt dasselbe.

ACE Online: Häufig wird die Ansicht vertreten, dass Atemalkoholmessungen innerhalb der ersten Stunde nach Trinkende nicht die Genauigkeit einer Blutprobe aufweisen. Hat der kontrollierte Autofahrer die Wahl, wie gemessen wird? Kann er bei einem ungünstigen Wert der Atemalkoholmessung auf eine zusätzliche Blutprobe bestehen?
Freiberg: Die Frage der Genauigkeit von Atemalkoholmessungen muss die Wissenschaft hinreichend beurteilen.

Grundsätzlich entscheidet die Polizei, welche Mittel und Methoden der Beweisführung eingesetzt werden. Dabei sind prozessrechtliche Kriterien gleichermaßen maßgebend, wie einsatztaktische Erwägungen, die z.B. in so banale Erkenntnisse münden wie der Frage nach Verfügbarkeit oder Nichtverfügbarkeit geeigneter Analysegeräte.

Das Beharren auf die Entnahme einer zusätzlichen Blutprobe macht im Übrigen auch keinen Sinn – vorausgesetzt der Atemlufttest wird in Übereinstimmung mit der Bedienungsanleitung des jeweiligen Geräts durchgeführt und dieses ist technisch in Ordnung, was durch die gültige Eichung bestätigt wird. Daher hat ein Proband auch kein Recht, die Erhebung eines Beweismittels zu fordern, das keine weiteren Erkenntnisse für das Verfahren erbringt.

ACE Online: Ende Januar wird sich der Deutsche Verkehrsgerichtstag mit dem Thema Atem- und Blutalkoholmessungen beschäftigen. Erhoffen Sie sich neue Tendenzen, die zu mehr Rechtssicherheit führen?
Freiberg: Die Feststellung des Blutalkoholgehalts bietet uns hinreichende Rechtssicherheit bei der Beurteilung der Alkoholisierung von Verkehrsteilnehmern. Insofern besteht auf diesem Gebiet grundsätzlich kein Handlungsbedarf.

Wenn es allerdings gelänge, die Atemalkoholanalyse seitens der Wissenschaft und der Messtechnik so sicher auszugestalten, dass noch bestehende Restzweifel abschließend beseitigt werden könnten und die Gerichte in der Folge solche Messergebnisse akzeptierten, wäre dies sowohl für die Polizei, als auch für betroffene Verkehrsteilnehmer eine begrüßenswerte Weiterentwicklung auf diesem Gebiet.

Der Kontrollierte wüsste gleich an der Kontrollstelle, woran er ist, die Kosten könnten auf ein Minimum reduziert werden und die Polizei bekäme auf diese Weise größere Spielräume für ihre Arbeit aufgrund der dazu gewonnenen Zeitressourcen.
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