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Bundesweite Anti-Gewalt-Kampagne startete Anfang 2010:

Schutzparagraph nach jahrelanger GdP-Forderung auf der Zielgeraden

Brennende Polizeifahrzeuge nach einem Angriff extremistischer Demonstrationsteilnehmer auf eine Frankfurter Polizeiwache. Foto: Karin Schäfer/GdP Hessen
Brennende Polizeifahrzeuge nach einem Angriff extremistischer Demonstrationsteilnehmer auf eine Frankfurter Polizeiwache. Foto: Karin Schäfer/GdP Hessen
Berlin.

Als großen Erfolg bezeichnet die Gewerkschaft der Polizei (GdP) den im Februar 2017 von Bundesjustizminister Heiko Maas auf den Weg gebrachten Gesetzentwurf zur Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften. Nach den Worten des GdP-Bundesvorsitzenden Oliver Malchow würde mit dem längst überfälligen Gesetz ein wirksames Instrument geschaffen, um die steigende Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und -beamte wirksamer bekämpfen zu können.

Das Bundeskriminalamt erstellt Lagebilder zur Gewalt gegen Polizeivollugsbeamtinnen und -beamte

TV-O-Ton des GdP-Bundesvorsitzenden Oliver Malchow am Rande des Blockupy-Einsatzes. Foto: Holecek
TV-O-Ton des GdP-Bundesvorsitzenden Oliver Malchow am Rande des Blockupy-Einsatzes. Foto: Holecek
Der Gesetzentwurf sieht vor, tätliche Angriffe auf Vollstreckungsbeamte schon bei allgemeinen „Diensthandlungen“ zu bestrafen. „Der neue Schutzparagraf stellt klar, wer Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte angreift, muss mit einer Haftstrafe rechnen“, sagte der GdP-Bundesvorsitzende. Dabei soll künftig nicht nur Gewalt bei Vollstreckungshandlungen wie etwa Festnahmen oder Verkehrskontrollen bestraft werden, sondern schon Störungen der Arbeit von Polizisten, Rettungskräften und Feuerwehrleuten an sich. Mittlerweile würden Einsatzkräfte nicht nur bei Demonstrationen mit gewalttätigem Verlauf, sondern auch in alltäglichen Einsätzen angegriffen, selbst dann, wenn sie allgemeine Diensthandlungen vornehmen, die sich nicht gegen Bürger richten.

Die Tatbegehungsform des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte soll nach den Plänen des Bundesjustizministers aus dem Paragrafen 113 des Strafgesetzbuches (StGB) herausgelöst und in Paragraf 114 StGB als selbständiger Straftatbestand mit verschärftem Strafrahmen (Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren) ausgestaltet werden. Der neue Straftatbestand verzichtet für tätliche Angriffe gegen Vollstreckungsbeamte auf den Bezug zur Vollstreckungshandlung. Damit werden künftig tätliche Angriffe gegen Vollstreckungsbeamte schon bei der Vornahme allgemeiner Diensthandlungen gesondert unter Strafe gestellt. Darüber hinaus werden die Regelbeispiele für den besonders schweren Fall (Paragraf 113 Absatz 2 Satz 2 StGB-E) erweitert.

Download: Brief an die Justizminister der Länder und des Bundes: Gesetzesinitiative des saarländischen Justizministers zum besseren Schutz von Polizeibeamten (hier: Schreiben an Bundesjustizminister Heiko Maas)

Völlig unvermittelte Angriffe auf Polizistinnen und Polizisten

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hatte die Bundesregierung aufgefordert, nach den gewalttätigen Angriffen auf Einsatzkräfte anlässlich der Blockupy-Proteste gegen die Einweihung des neuen EZB-Gebäudes in Frankfurt am 18. März 2015, die seit einigen Jahren steigende Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und -beamte konsequenter zu bekämpfen. „Wir begrüßen, dass der saarländische Justizminister Reinhold Jost die seit November 2009 bestehende Forderung der GdP nach einem neuen Paragrafen 115 StGB (Strafgesetzbuch) aufgreifen will, der einen Angriff auf einen Polizisten in jedem Fall unter Strafe stellt. Damit sollen endlich auch unvermittelte Attacken auf eingesetzte Polizeibeamte im täglichen Dienst oder ohne einen Bezug zur konkreten Einsatzhandlung geahndet werden, denn das erleben meine Kolleginnen und Kollegen täglich“, sagte der GdP-Bundesvorsitzende Oliver Malchow Ende März 2015 in Berlin.

Der bisherige Straftatbestand (§113 StGB), so der GdP-Vorsitzende weiter, sei von der Gewaltentwicklung überholt, denn er setze voraus, dass sich der Beamte bei einem Angriff in einer Vollstreckungshandlung befindet.

Malchow, der in einem Schreiben an alle Justizminister und -senatoren um Unterstützung für den saarländischen Vorstoß warb: „Was wir in Frankfurt erlebt haben, dass brennende Fackeln auf Polizeifahrzeuge geworfen wurden, aus denen die Insassen sich in letzter Sekunde befreien konnten oder dass im Alltag allein der Anblick einer Polizeiuniform zu schwersten Angriffen führt, ist nicht hinnehmbar. Hier werden Polizeibeamte ausschließlich in ihrer Funktion als Repräsentanten des Staates angegriffen.“

Nach Angaben der GdP, die seit Jahren auf die Gewaltspirale hinweist, wurden allein im vergangen Jahr rund 60.000 Polizeivollzugsbeamte Opfer einer Straftat.

Malchow: „Auf einen solchen Schutz müssen alle Anspruch haben, die anderen Menschen in einer Notsituation zur Hilfe eilen und von denen wir auch erwarten, dass sie bei dieser Hilfeleistung gesteigerte Gefahren für ihr eigenes Leben und ihre eigene Gesundheit in Kauf nehmen. Dazu zählen auch Feuerwehrleute, Rettungskräfte und Mitarbeiter der Justiz.“

Zum Hintergrund der GdP-Anti-Gewalt-Kampagne
Der damalige GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg sagte Anfang 2010: „Jeden Tag werden in Deutschland Polizeibeamte tätlich angegriffen und zum Teil schwer verletzt. Immer häufiger werden solche Übergriffe völlig unvermittelt verübt.“ Das Strafgesetzbuch, so die Gewerkschaft der Polizei, sei dringend ergänzungsbedürftig. Freiberg: „Wir fordern die Einführung eines Paragraphen 115 StGB, der einen solchen Angriff aus dem Nichts auch dann bestraft, wenn der Beamte oder die Beamtin nicht verletzt wird. Damit bekommen wir insbesondere hinterhältige Attacken besser in den Griff.“

Die bisherige Regelung setzte voraus, dass sich der Beamte bei dem Angriff in jedem Fall in einer „Vollstreckungssituation“ befindet, zum Beispiel bei einer Festnahme oder einer Räumung. Unvermittelte Attacken auf nichtsahnende Streifenbeamte im täglichen Dienst wurden von der Strafbarkeit bisher nicht erfasst. Der tätliche Angriff auf Polizeivollzugsbeamte soll künftig deutlich härter bestraft werden, als die bisherige Widerstandshandlung.

Vor vielen Jahren schützte die Uniform den Polizeibeamten, denn sie verlieh Autorität und stellte so klar, wer das Sagen hat, auf der Straße, in jedem Einsatz. Heute wird sie innerhalb der Polizei noch immer gerne getragen, aber sie ist zunehmend auch zu einem Gefahrenpunkt für die Gesundheit des Uniformträgers geworden. Es gibt zu viele Mitbürger, die den Menschen in Uniform provozieren und ständig herausfinden wollen, wer der Stärkere ist. Der Endpunkt vieler Provokationen ist die Attacke auf den Uniformträger. Kolleginnen und Kollegen, insbesondere in den Ballungsräumen, wissen ganz genau, dass der tägliche Einsatz, vor allem an den Wochenende, nahezu ständig davon geprägt ist, die eigene Haut zu Markte zu tragen. Der Uniform, und allem was dahinter steht - von Gewaltmonopol bist Schutz des Schwächeren - muss zu jeder Zeit Geltung verschafft werden.

Natürlich ist das `Spiel` zwischen der Polizei und dem polizeilichen Gegenüber uralt. Das `Spiel` um die Frage, wie weit die Autorität der Polizei reicht und wie stark sie in Frage gestellt werden kann, bis es Konsequenzen gibt. Aber während es noch vor zehn Jahren kaum Angriffe aus dem Nichts gegen Polizeibeamte gab, so sind diese Übergriffe heute zur traurigen Realität des Berufsalltags geworden. Während vor Jahren im Kiez noch ungeschriebene Gesetze galten, die klar stellten, dass jede Rangelei mit der Polizei auch ein Ende finden muss, Festgenommene im Funkwagen zu verbleiben haben und die Polizei nicht hinterrücks angegriffen wird, so ist heute festzustellen, dass es diese ungeschriebenen Spielregeln nicht mehr zu geben scheint.

Wie anders kann jedenfalls erklärt werden, warum die Zahl der Widerstandsstraftaten kontinuierlich steigt, warum die Übergriffe auf Polizeibeamte immer häufiger und brutaler ausfallen oder warum die strafbewährte Gefangenenbefreiungen von Festgenommenen in manchen Stadtteilen der Großstädte beinahe Alltag sind? Der Schutz durch die Uniform, der durch den gesellschaftlichen Konsens über die Autorität der Polizei entstand, ist dahin. Heute gefährdet die Uniform ihren Träger, weil sie den Polizeibeamten erkennbar macht und dem aggressiven polizeilichen Gegenüber die Möglichkeit zur Zielerkennung gibt.

Diese bedrohlichen Veränderungen im Berufsalltag vor allem der großstädtischen Polizeibeamten müssen erkannt, auf sie muss angemessen, aber wirkungsvoll reagiert werden. Deshalb hat der Bundesvorstand der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in seiner Sitzung am 12. November 2009 beschlossen, die Schaffung einer neuen Strafrechtsnorm „§ 115 StGB – tätlicher Angriff auf einen Vollstreckungsbeamten“ zu fordern.

Die GdP hat zugleich einen Formulierungsvorschlag für diesen neuen Straftatbestand in die politische Debatte eingebracht. Dabei ist sich der GdP-Bundesvorstand bewusst, dass allein ein Straftatbestand und damit eine Strafverschärfung keine gesellschaftliche Herausforderung vollumfänglich lösen kann. Aber der Gesetzgeber ist aufgefordert, alles zu unternehmen, was geeignet und umsetzbar ist, um Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte besser zu schützen. Und wenn wir fehlende Spielregeln beklagen, ist es nur folgerichtig, dass wir andere Spielregeln fordern.

Der heute existierende § 113 StGB - Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte - in derzeitiger Fassung knüpft die Strafbarkeit von Widerstandshandlungen an eine Vollstreckungssituation an, d.h. ohne Vollstreckung oder unmittelbar bevorstehende Vollstreckungshandlung keine Strafbarkeit. Unvermittelte Angriffe aus dem Nichts werden daher strafrechtlich von § 113 StGB nicht erfasst. Sie sind allenfalls als einfache oder gefährliche Körperverletzung strafbar. Der rechtspolitische Ansatz der GdP geht hingegen weiter.

Mit einem § 115 StGB wird die feindliche Motivation des Straftäters, der gegen einen Vollstreckungsbeamten vorgeht, strafrechtlich miterfasst, weil allein der tätliche Angriff auch ohne Vollstreckungshandlung strafbar wird. Unter tätlichem Angriff ist nämlich eine unmittelbar auf den Körper zielende gewaltsame Einwirkung zu verstehen, die nicht zur Körperverletzung führen muss. Zur Tatbestandsverwirklichung reicht deshalb auch der gezielte Wurf mit einem Gegenstand aus, der z.B. nicht zu einem Treffer führt. Auch der zielverfehlende Wurf fällt daher als tätlicher Angriff unter die Strafbarkeit des §115 StGB, wenngleich er mangels Verletzung keine Körperverletzung darstellt. § 115 StGB schützt also die körperliche Unversehrtheit der Kolleginnen und Kollegen besser als die klassischen Körperverletzungsdelikte, da die strafbare Handlung vorverlegt wird und nicht vom Ergebnis abhängt.

Andere, zur Zeit im politischen Raum diskutierte, Änderungsvorschläge reihen die strafbare Handlung des tätlichen Angriffs außerhalb von Vollstreckungshandlungen als einen Unterfall des Widerstands im Sinne des § 113 StGB ein. Dadurch wird aber der besondere Unwertgehalt des tätlichen Angriffs verwischt. Im Übrigen ist Widerstand an sich oftmals sprachlich durchaus positiv besetzt, Widerstandleisten gilt in besonderen Situationen auch als Tugend. Deshalb wird die Wirkung des strafbaren Widerstandes gegen Polizeibeamte oftmals `auf die leichte Schulter genommen`. Die GdP will diesen Effekt beenden und setzt auf einen eigenen Paragraphen, der sich sprachlich als „tätlicher Angriff auf einen Vollstreckungsbeamten“ klar vom strafbaren Widerstand absetzt. Dem polizeilichen Gegenüber muss deutlich vermittelt werden, dass tätliche Angriffe auf Polizeibeamte nicht verharmlost werden.

Der GdP-Vorschlag zu § 115 StGB passt ins strafrechtliche System, denn das StGB kennt den gesetzlichen Schutz besonderer Berufsgruppen oder Rechtssubjekte, z. B. § 316a StGB – räuberischer Angriff auf einen Kraftfahrer. Es ist auch nicht hinnehmbar, einerseits die Tatsache der Amtsträgerschaft als Polizeibeamter im Rahmen der Amtsdelikte (Körperverletzung im Amt) als besonderen Strafschärfungsgrund gesetzlich zu erfassen, aber andererseits den besonderen strafrechtlichen Schutz für Vollstreckungsbeamte, der ja auch an die Amtsträgerschaft anknüpft, zu verweigern. Solange das Uniformtragen zu einem erhöhten Risiko führt, Opfer einer Straftat zu werden, solange ist es nicht nur gerechtfertigt, sondern vielmehr geboten, den Vollstreckungsbeamten besonders zu schützen.

Der Staat muss allen Mitbürgern, die meinen, für sie gäbe es keine Autorität und sie könnten alle gesellschaftlichen Grenzen ausloten und für sich selbst neu setzen, klar aufzeigen, dass der staatliche Ordnungsanspruch durchgesetzt wird. Ein neuer Straftatbestand § 115 StGB ist ein Baustein in dem Bemühen, der Gewalt gegen die Polizei entgegenzutreten. Jeder, der einen Polizisten tätlich angreift, muss dafür auch strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.
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