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GdP-Chef Witthaut: „Wir leisten in vielen Fällen Sozialarbeit“

Frankfurt a M.

Seit dem 22. November 2010 ist Bernhard Witthaut Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP). 170.000 Mitglieder gehören der größeren von zwei Polizeigewerkschaften an – Tendenz steigend. Der Polizeihauptkommissar ist sich mit dem Deutschen Fußball-Bund und der DFL einig darüber, dass es keine Sonderabgabe der Klubs für Einsätze rund um Ligaspiele geben darf. DFB.de-Redakteur Thomas Hackbarth sprach am Rande des Kongresses „Feindbilder ins Abseits“ in Frankfurt mit dem 55-jährigen GdP-Vorsitzenden über wachsende Einsatzzeiten der Polizei und die Forderung von 55 Ultra-Gruppierungen nach einer Legalisierung der Pyrotechnik im Stadion.

DFB.de: Herr Witthaut, als Gewerkschaftsvorsitzender müssen Sie sich um die Arbeitsbedingungen der Polizei kümmern. Wie viele Ihrer Beamten sind denn Fußballfans?
Witthaut: Ganz viele natürlich, doch auch die Belastung nimmt zu. Die Polizei ist eindeutig an Grenzen gestoßen. In der Saison 2008/2009 haben die Kolleginnen und Kollegen 1,5 Millionen Stunden rund um den Ball abgeleistet. Und wir erleben dabei vor Ort, dass im Stadion auch Straftaten begangen werden, meistens in Form von Gewaltanwendungen.

DFB.de: Für den Kongress „Feindbilder ins Abseits“ haben sich 300 Teilnehmer angemeldet, darunter Fanbeauftragte, Fanprojektleiter, Repräsentanten der Vereine und Verbände sowie etwa 80 Polizisten. Wie hat Ihnen der Austausch gefallen?
Witthaut: Wir sind froh, dass dieser Kongress stattfand. Die Kooperation mit dem DFB ist in den vergangenen Jahren immer besser geworden. Der Dialog ist heute wesentlich intensiver und offener geworden als noch vor ein paar Jahren. Sowohl die Polizei als auch der DFB und die DFL wissen doch, dass wir in vielen Fällen Sozialarbeit übernehmen. Der staatliche Aufwand wurde zusammengestrichen, nun müssen auch die Sportvereine und die Verbände zunehmend Verantwortung übernehmen. Das finde ich traurig, insbesondere wenn ich überlege, dass bei einigen staatlich finanzierten Projekten große Summen für vergleichbar wenige Menschen ausgegeben wird. Hier herrscht Handlungsbedarf.

DFB.de: Wie stehen Sie zu der Forderung, der Fußball solle sich an den Kosten der Polizeieinsätze beteiligen?
Witthaut: Ich halte von der finanziellen Beteiligung der Fußballvereine an den Polizeieinsätzen gar nichts. Das ist eine politisch unsinnige und juristisch falsche Forderung. Das müsste dann für alle kommerziellen Veranstaltungen gelten, bis hin zum kleinen Weinfest oder zum St. Martins-Umzug. Als Polizei sagen wir dazu eindeutig, das ist nicht in Ordnung.

DFB.de: Sie haben auf dem Kongress in Frankfurt erstmals die Idee formuliert, dass Fans mit Stadionverbot am Spieltag auch von der Bahnfahrt ausgeschlossen werden. Was bedeutet das und ist eine solche Regelung überhaupt durchsetzbar?
Witthaut: Wir meinen, dass man damit mit dazu beitragen könnte, Gewalt aus der Gesellschaft rauszunehmen. Wir müssen doch auch auf den An- und Abmarschwegen alles dafür tun, die zum allergrößten Teil friedlichen Fußballfans zu schützen. Für ein Stadionverbot gibt es gute Gründe. Warum sollte man also dieses Stadionverbot nicht auf den Anfahrtsweg ausdehnen? Mir ist bewusst, dass es die Umsetzung dieser Vorgehensweise viele Probleme mit sich zieht. Dennoch lohnt es sich, darüber nachzudenken.

DFB.de: Bierchen und Bratwurst gehören zum Fußball. Oder sehen Sie das anders?
Witthaut: Eine Studie des kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen belegt eindeutig, dass bei Gewalttaten gegen Polizisten der Täter in 70 Prozent der Fälle alkoholisiert war. Im vergangenen Jahr verzeichneten wir einen starken Anstieg, es gab 26.000 Straftaten gegen Polizisten.

DFB.de: Aber doch nicht allein beim Fußball?
Witthaut: Nein, nicht nur beim Fußball. Man muss vielleicht insgesamt über den Alkoholmissbrauch in unserer Gesellschaft nachdenken. Es gibt doch schon erfolgreiche Versuche in einigen Regionalbahnen, mit der Folge, dass dort Straft- und Gewalttaten zurück gegangen sind. Auch bei internationalen Spielen geht es offensichtlich, da wird alkoholfreies Bier getrunken.

DFB.de: Sie betonen die wachsende Belastung der Beamten. Gleichzeitig passiert in deutschen Stadien, auch mit Blick auf die anderen großen Fußballnationen, recht wenig. In der vergangenen Saison kam es bei 1973 Profispielen nur bei 0,66 Prozent zu einer Straftat.
Witthaut: Das stimmt, im Vergleich zu Europa steht der deutsche Fußball sehr gut da. Das liegt auch daran, dass sich das Zusammenspiel zwischen dem Deutschen Fußball-Bund, den Vereinen, der Polizei und den Sicherheitsfirmen in den Stadien deutlich verbessert hat. Die Polizei schreitet in den Stadien doch erst ein, wenn es der private Ordnungsdienst nicht mehr hinbekommt.

DFB.de: Wie steht die Polizei zu der Initiative „Pyrotechnik legalisieren – Emotionen respektieren“?
Witthaut: Darüber kann man nachdenken. Vielleicht kann man wirklich in einem Stadion einen Raum schaffen, wo man ein bengalisches Feuer abbrennen darf. Momentan ist die Position der Polizei eher ablehnend, Bengalos werden als eskalierendes Element gesehen. Aber wie gesagt, darüber muss vielleicht neu nachgedacht und diskutiert werden.
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