Zum Inhalt wechseln

Newsletter der Schutzpolizei

Rendsburger Papier

Ergebnis eines Seminars zu Problemen der Schichtarbeit

Rendsburg.

Die GdP Hamburg organisierte vom 26.01. – 30.01.2015 ein Seminar zum Thema „Probleme der Schichtarbeit“. Ziel des Seminars war es, die aktuelle Situation der Kollegen zu beleuchten, Probleme zu identifizieren, diese zu analysieren und Lösungswege zu erarbeiten.

Aktuelle Situation:

Schichtarbeit beeinträchtigt durch die Abweichung der Wach- und Schlafphasen vom stetigen Tag- Nacht-Wechsel die sogenannte zirkadiane Periodik, den Biorhythmus und die Körperfunktionen sowie das Wohlbefinden des Menschen.

Dadurch wirkt beispielsweise Nachtarbeit als zusätzliche Belastung, die sich zum Beispiel durch verminderte Leistungsfähigkeit, Müdigkeit und gesundheitliche Beschwerden zeigt.

Die Leistungsfähigkeit ist im Zuge der zirkadianen Periodik erheblichen Schwankungen unterworfen.

Es wird zudem ersichtlich, dass bei Arbeit zwischen 20 und 6 Uhr (im zehnstündigen sog. Abend-/Nacht-Sektor) die Leistungsfähigkeit unterdurchschnittlich ausgeprägt ist.

Folge dessen ist ein erhöhtes Risiko für Schlafstörungen, physische und psychische Erkrankungen sowie längerfristige gesundheitliche Schäden.

Aber auch die soziale Desynchronisation – also ein Abkoppeln vom Rhythmus des sozialen Umfeldes – stellt bei der Betrachtung der Folgen von Schichtarbeit ein erhebliches Problem dar.

Die meisten Seminarteilnehmer, die bereits seit Jahrzehnten Schichtdienst leisten, berichteten von gesundheitlichen Problemen wie Schlafstörungen, Herz-Rhythmus-Störungen, Übergewicht und anderen Krankheitsbildern – sowie von andauernden negativen psychosozialen Auswirkungen in privaten Lebensbereichen.

Gerade die älteren Kollegen wünschen sich Optionen, die die Härten des Wechselschichtdienstes abschwächen ohne das soziale Gefüge und die regionalen Hintergründe verlassen zu müssen.

Perspektiven in eine Verwendung im Tagesdienst zu gelangen bevor sich Krankheitsbilder entwickelt und verfestigt haben, gibt es derzeit kaum.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Kollegen verschiedener Organisationsbereiche ähnliche Problembeschreibungen und Lösungsansätze vorstellten.

In Verbindung mit den Erkrankungen wurde herausgearbeitet, dass die Kosten für die Behandlung schichtdienstimmanenter Erkrankungen für den Haushalt der Polizei sehr hoch sein dürften.

Zudem berichteten die Kollegen aus ihren Organisationsbereichen von zunehmender Arbeitsverdichtung und einer größer werdenden Personallücke an den Dienststellen durch steigende Krankheitsraten, durch die Inanspruchnahme von Mutterschaftsurlaub und Elternzeiten etc.

Aufrufe der Alarmhundertschaften verschärften im vergangenen Jahr die Situation vielerorts.

Der Wechselschichtdienst wird von den meisten als Belastung und Benachteiligung empfunden. Finanzielle Anreize werden als zu gering und nicht zielgenau bewertet.

Zudem gibt es keinerlei Aussicht darauf, dass die Belastung der polizeilichen Aufgabenerfüllung auf eine größere Anzahl von Kollegen verteilt wird. Im Gegenteil: Der Karren wird nur noch von wenigen gezogen, die sich besonders mit der Dienststelle identifizieren. Das Fehlen einer echten Ausstiegsoption aus dem Wechselschichtdienst für ältere Kollegen wird als demotivierend empfunden.

Die Kollegen haben den Eindruck, dass der Laden nur noch läuft, weil sie es ermöglichen.

Zudem fehlt es mancherorts an „guter Führung“. Eine systematische Personalentwicklung mit dem Ziel kompetentes Führungspersonal zu identifizieren und eine zeitgemäße Ausbildung von Führungskräften

fehlt laut Ansicht der Teilnehmer.

Lösungsmodell:

Im Anschluss an die Sachstandserhebung wurde versucht ein Lösungsmodell für die aktuellen Probleme zu erarbeiten.

Neben Aspekten der individuellen Gesundheitsvorsorge wurden auch Vorschläge zur Veränderung der bestehenden Anforderungen thematisiert, die sich aus der polizeilichen Auftragserfüllung und den aktuellen organisatorischen Rahmenbedingungen ergeben.

Schon nach kurzer Zeit war klar, dass eine kurzfristige „einfache“ Lösung für die hochkomplexe Problemlage nicht zu identifizieren ist.

Nur ein Netz von direkten Maßnahmen und indirekten Weichenstellungen kann schrittweise die Probleme abmildern und zur Lösung führen.

Von besonderer Bedeutung ist, dass die Umsetzung derart tiefgreifender beamtenrechtlicher, organisatorischer und fiskalischer Entwicklungsprozesse die Einheit, die Solidarität und den Willen zur Kooperation der Berufsvertretungen und Gewerkschaften voraussetzen. Hier geht die GdP Hamburg voran und fordert weiterhin zur Zusammenarbeit im Interesse unserer Kolleginnen und Kollegen auf.

Die Umsetzung folgender Maßnahmen erachten die Teilnehmer des Seminars für die Problemlösung als relevant:


1. Auskömmliche Ausstattung der Polizei Hamburg mit Personal und Einführung der zweigeteilten Laufbahn für Dienstzweige SCH und WS.

2. Sozial und gesundheitlich ausgewogene Dienstzeitmodelle, die unter Mitwirkung der Kollegen vor Ort entwickelt werden.

3. Absenken der Wochenarbeitszeit für Schichtdienstleistende.

4. Spürbare finanzielle Besserstellung der Schichtdienstleistenden unter Beibehaltung der Wechselschichtzulage und der Erhöhung der Erschwerniszulage.

5. Verschlankung interner Abläufe.

6. Tagesdienstoption ab 45 Jahre für Schutz- und Wasserschutzpolizisten auch im Ermittlungsdienst nach entsprechender Qualifizierung.

7. Zugang zum Dienstzweig Kriminalpolizei ausschließlich über Spezialisierungsstudium nach Grundstudium Polizei.

8. Systematische Personalentwicklung und Ausbildung des Führungspersonals.

Das Rendsburger Papier wurde mit den Seminarteilnehmern abgestimmt und wird dem Fachbereich Schutzpolizei zur Beschlussfassung vorgelegt.

Download als pdf

This link is for the Robots and should not be seen.