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Landesjournal Niedersachsen Leitartikel März 2004; UMORGANISATION DER POLIZEI Planungsbeauftragte auf dem politischen Prüfstand?

30. 01. 2004 - Landespressekonferenz: "Die Polizeireform geht in die zweite Phase. Innenminister Schünemann präsentiert den künftigen Landespolizeipräsidenten und die sieben regionalen Polizeipräsidenten.


Noch dürfen sie sich alle nur Planungsbeauftragte nennen, denn der Innenminister will unbedingt politische Beamte. Dafür ist eine Ernennung durch das Landeskabinett notwendig. 

   Als Gewerkschaft der Polizei haben wir das Herauslösen der Polizei aus den Bezirksregierungen und ihre Stärkung als selbständige Organisationsform begrüßt. Wir sind jedoch der Auffassung, dass aus dem Selbstverständnis und dem Berufsbild einer modernen Polizei eine klare Trennung zwischen Politik und gesellschaftspolitischem Auftrag für den inneren Frieden gewährleistet sein muss. 

   Die jeweiligen Presseerklärungen vom Niedersächsischen Innenminister und der Gewerkschaft der Polizei machen diesen gravierenden Unterschied deutlich (s. nachfolgende Kästen).

Presseerklärung des Niedersächsischen Innenministers vom 30.01.2004:

Schünemann stellt künftige Polizeipräsidenten vor

   Die Organisationsreform der niedersächsischen Polizei schreitet zügig voran: Innenminister Uwe Schünemann hat in Hannover die künftigen Präsidenten des Landespolizeipräsidiums und der sieben Polizeidirektionen (PD) vorgestellt. Sie sollen den Status so genannter politischer Beamter erhalten, wie es bereits seit Jahrzehnten in Hannover und Braunschweig der Fall ist. Bis zu ihrer Ernennung durch das Kabinett wurden sie vom Minister als Planungsbeauftragte mit dem Aufbau der neuen Behörden und der weiteren Umsetzung der Reform betraut. 

   Es handelt sich um folgende Personen (in Klammern aktuelle Tätigkeit):
Landespolizeipräsidium:

Andreas Bruns
(Ministerialdirigent; Leiter der Polizeiabteilung des Innenministeriums)
PD Braunschweig:

Harry Döring
(Direktor der Polizei bei der Bezirksregierung Braunschweig)
PD Hannover:

Hans-Dieter Klosa
(Polizeipräsident Hannover)
PD Lüneburg:

Friedrich Niehörster
(Direktor der Polizei bei der Bezirksregierung Lüneburg)
PD Osnabrück:

Rolf Sprinkmann
(Leitender Kriminaldirektor; Leiter PI Osnabrück-Stadt)
PD Zentrale Dienste:

Arno Stabbert
(Kriminaldirektor; Referent im Ministerbüro des Innenministeriums)
PD Oldenburg:

Hans-Jürgen Thurau
(Leitender Polizeidirektor; Leiter PI Oldenburg-Stadt)
PD Göttingen:

Hans-Werner Wargel
(Leitender Kriminaldirektor; Wahrnehmung der Aufgaben des Referatsleiters „Einsatz der Polizei“ im Innenministerium)

   Schünemann sagte, für die von der Landesregierung jetzt umgesetzte Polizeireform seien nicht nur zukunftsweisende Organisationsstrukturen notwendig, deren Eckpfeiler das Kabinett am 16. Dezember beschlossen habe, sondern ebenso kompetente und zuverlässige Personen, die in dieser veränderten Organisation die Verantwortung tragen. „Als künftige Polizeichefs haben wir Führungskräfte vorgesehen, die über die notwendigen Managementfähigkeiten für eine derart anspruchsvolle Leitungs- und Steuerungsaufgabe verfügen und überdies bereits aus der Organisation - quasi von innen heraus - ein umfangreiches polizeiliches Erfahrungswissen besitzen“, betonte der Minister. 

   Er kündigte an, dass die weitere Umsetzung der Reform stufenweise erfolgen werde. In einem ersten Schritt soll zunächst bis zum Mai im Innenministerium das Landespolizeipräsidium eingerichtet werden, um aus dieser neuen Organisation heraus danach die Bildung der Polizeidirektionen vorzunehmen. Schünemann: „Hier planen wir auf ein Zeitfenster im Herbst des Jahres hin.“ Ziel sei es, die organisatorische Umstrukturierung der Polizei in der Fläche möglichst bis zum Jahresende abzuschließen. 

   „Wir haben nun die organisatorischen Rahmenbedingungen und die personellen Verantwortlichkeiten festgelegt, mit denen wir den künftigen polizeilichen Herausforderungen wirksam begegnen können“, sagte der Innenminister. „So werden die polizeilichen Aufgaben im Interesse der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes künftig noch besser erfüllt werden können.“

Presseerklärung der Gewerkschaft der Polizei vom 30.01.2004:

Neue Präsidenten bei der Polizei

GdP: Keine Finanzierung der Mehrausgaben durch Stellenstreichung in der Polizei. 
GdP fordert Verhandlungen mit dem Innenminister über langfristige Strukturveränderungen.

   Die heutige Bekanntgabe der 7 Polizeipräsidenten der zukünftigen Polizeidirektionen und des Landespolizeipräsidenten des neu zu bildenden Landespolizeipräsidiums wird von der GdP begrüßt. 

   Bernhard Witthaut: "Wir wünschen allen heute vorgestellten Beamten viel Erfolg bei ihrer zukünftigen verantwortungsvollen Aufgabe und eine glückliche Hand bei den wichtigen Entscheidungen, die wegen der anstehenden Polizeireform in den nächsten Monaten getroffen werden müssen. Die GdP wird mit den neuen Führungskräften in der Polizei ebenso gut und vertrauensvoll zusammenarbeiten, wie mit den bisherigen Direktoren der Polizei bei den Bezirksregierungen." 

   Bereits vor der Bekanntgabe der 8 Namen hat die GdP die Aussage des Innenministers auf ihrer Fachtagung für den höheren Polizeidienst am 9. Dezember 2003  begrüßt, dass die 7 Präsidenten der neuen Polizeidirektionen aus dem Exekutivdienst der Polizei kommen. Damit dies nicht jederzeit geändert werden kann, fordert die GdP eine Änderung des Landesbesoldungsgesetzes und der Laufbahnverordnung, in denen die neuen Positionen als Polizeivollzugsstellen festgeschrieben werden. 
   Dazu Witthaut: "Langfristig muss auch die Position des Präsidenten des Landespolizeipräsidiums als die absolute Spitzenfunktion für Polizeibeamte/innen festgeschrieben werden. Nur wenn eine entsprechende gesetzliche Regelung erfolgt, sind diese Stellen aus dem täglichen politischen Geschehen herauszuhalten." 

   Nicht einverstanden ist die GdP mit möglichen Plänen über die Finanzierung der neuen Spitzenkräfte der Polizei. Sie erwartet eine klare Absage des Innenministers an alle Überlegungen, die neuen Stellen auf Kosten des jetzigen Polizeihaushaltes zu finanzieren. Eine angedachte Streichung von Planstellen in der Polizei zur Finanzierung der neuen B-Stellen wird auf den Widerstand der GdP stoßen. 

   "Wir können es uns nicht leisten, im Zuge der Polizeireform neue Aufgaben aus den bisherigen Bezirksregierungen zu übernehmen und gleichzeitig eigene Stellen abzubauen. Richtig wäre es unserer Auffassung nach, wenn die Landesregierung zur Finanzierung der neuen Stellen, die bei den Bezirksregierungen weggefallenen Stellen heranziehen würde. Dies muss auch schon deswegen jedem einleuchten, der weiß, dass ein Teil der bisherigen Aufgaben in Zukunft durch die neuen Polizeidirektionen wahrgenommen werden", so der GdP-Chef. 

   Die GdP fordert Innenminister Schünemann auf, unverzüglich Verhandlungen mit ihr über eine langfristige Besoldungs- und Polizeistruktur zu führen. 
   "Wir dürfen nicht alle 10 Jahre die Polizei und ihre Strukturen neu diskutieren und in Frage stellen. Die Polizei und ihre Beschäftigten brauchen endlich insgesamt verlässliche und langfristige Perspektiven", schloss Bernhard Witthaut. <<

Presseecho
   Das Presseecho bestätigt unsere Befürchtungen.

Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ)vom 31.01.04: 
"´Schünemanns harter Kern´. Der Innenminister beruft 8 Polizeipräsidenten, die mehr Macht bekommen".

Nordwest-Zeitung vom 31. 01.2004: 
"8 Präsidenten regieren die Polizei".

Wir fragen den Innenminister: Wie dürfen wir Ihre Aussage "im Bereich der inneren Sicherheit ist es wichtig, dass man ein besonderes Vertrauensverhältnis hat", verstehen? Wird die bisherige Selbständigkeit der Polizei durch eine Verpflichtung als politischer Beamter zu einer besonders engen Zusammenarbeit ersetzt? Soll das innere Gefüge unserer Polizei eine neue Ausrichtung erhalten?" 

Im Interesse der Bürgerinnen und Bürger, aber auch der Polizei selbst, fordern wir den Niedersächsischen Innenminister auf, unverzüglich mit uns über eine langfristige Besoldungs- und Polizeistruktur zu reden. Allein der Verdacht einer Instrumentalisierung der Polizei hätte gravierende gesellschaftspolitische Folgen.
 

pk
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