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Landesjournal Niedersachsen Juni 2005 - PERSONALRÄTE: "Mit Beständigkeit gegen die fehlende Wertschätzung"; sowie DP-Interview mit dem PHPR-Vorsitzendem Dietmar Schilff

Trotz der Unzuverlässigkeit der Politik und vieler Beschlüsse zu Lasten der Beschäftigten bleibt die Entscheidung unserer Kolleginnen und Kollegen für ihre Personalvertretungen konstant.

Allgemeine Unzufriedenheiten und Verdrossenheit äußern sich im politischen Bereich sehr oft mit rückläufigen Wahlbeteiligungen. Dieser Grundsatz gilt auch für Personalratswahlen. Den Beschäftigten der Polizei ist in den letzten eineinhalb Jahren mit der Umstrukturierung der Polizei in Niedersachsen viel zugemutet worden. Viele mussten Veränderungen in ihren Bereichen hinnehmen, die zum Teil zu sehr unbefriedigenden Ergebnissen in der täglichen Arbeit geführt haben. Für persönliche Verschlechterungen wird auch gern den Personalvertretungen die Schuld zugewiesen. Vor diesem Hintergrund war es sehr schwierig, die Kolleginnen und Kollegen zu motivieren, wählen zu gehen. Dass dies dennoch gelungen ist, zeigt aber auch, dass die schwierige Arbeit der Personalräte wahrgenommen und gewürdigt wurde.

      Wahlbeteiligung

Im Vergleich zum Jahr 2000 ist die Wahlbeteiligung im Landesdurchschnitt um 8% auf 66,7% gesunken. Da in einigen Bereichen sehr hohe Beteiligungen mit Steigerungsraten verzeichnet werden konnten, wird dieses Ergebnis von Bereichen mit einer extrem niedrigen Wahlbeteiligung beeinflusst. So haben aus dem Bereich der Fachhochschule lediglich 31,8 % der Wahlberechtigten von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht. Hätte hier eine Beteiligung in Höhe des Landesschnittes stattgefunden, läge die Gasamtbeteiligung bei 73,1 %. Unter 60% lag die Wahlbeteiligung der Beamten auch in den Bereichen Hildesheim, WHV/Friesland, Wilhelmshaven, beim LKA, in der Stadt Braunschweig und in Hannover.

Ausnahmslos hoch war die Wahlbeteiligung in allen Regionen bei den Arbeitern und Angestellten.

Die relativ hohe Zahl der freien Listen bei dieser Personalratswahl zeigt wohl, dass gerade in den örtlichen Personalräten noch stärker als bisher auf die individuellen Bedürfnisse der Beschäftigten eingegangen werden muss.

      Wahlergebnisse
Insgesamt konnte die GdP einen Stimmenzuwachs von 2,8% verzeichnen. Damit wurde die Sitzverteilung im Polizeihauptpersonalrat souverän aufrechterhalten. Landesweit stellt die GdP in allen Bezirkspersonalräten die Mehrheit der Personalräte.
      Basis für zukünftige Arbeit
Ein Wahlsieg ist nicht nur eine Bestätigung für geleistete Arbeit, sondern auch eine Herausforderung an die Zukunft. Die stärker werdende Einmischung der Politik in den Bereich der Polizei erschwert die Arbeit der Personalvertretungen. Viele Entscheidungen, die sachlich nicht immer gerechtfertigt aber politisch gewollt sind, werden an den Personalräten vorbei über Kabinettsbeschlüsse herbeigeführt. Gerade in letzter Zeit haben diese existentielle Auswirkungen auf die Beschäftigten. Das deutliche Wahlergebnis für die Personalräte stärkt diesen den Rücken in den Auseinandersetzungen mit dem Dienstherrn und der Politik.

Gleichzeitig zeigt es aber auch, dass den Beschäftigten klar ist, dass die gute Arbeit der Personalräte der GdP auf der fachlichen Unterstützung durch die GdP basiert. Mit unserer Erfahrung und unserer Kompetenz werden wir auch weiterhin eine erfolgreiche Arbeit der Personalvertretungen garantieren.


JH

Die GdP-Fraktion des PHPR v.l.: Wolfgang Sroka, Wolfgang Vahl, Ralf Hermes, Waltraut Thyssen, Dietmar Schilff, Jörg Mildahn, Marion Dix, Wilhelm Pistor und Bernhard Witthaut

Foto: GdP



INTERVIEW

NEUER PHPR

„Missachtung der Beschäftigten muss endlich ein Ende haben“
DP sprach mit dem neu gewählten Vorsitzenden des Polizeihauptpersonalrates (PHPR), Dietmar Schilff über hoch aktuelle Themen.

DP: Dietmar, zunächst herzlichen Glückwunsch zur Wahl zum Vorsitzenden des PHPR! Du hast diese Position ja schon seit zweieinhalb Jahren inne gehabt, und bist am 26. April auf Vorschlag aller drei im PHPR vertretenen Berufsorganisationen einstimmig zum Vorsitzenden wieder gewählt worden.


DS: Danke. Ich freue mich über das mir entgegengebrachte Vertrauen. Dieses Amt ist eine große Verantwortung, die ich gerne übernehme, weil es sich lohnt, sich für die Beschäftigten der Polizei einzusetzen. Wichtig ist das Signal aber schon, dass das gesamte Gremium Gewerkschafts übergreifend hinter dem Vorsitzenden steht und es keine Reibereien um Posten gibt. Die Arbeit im PHPR ist aber keine Ein-Mann-Show. Die GdP hat ein gutes Team aufgestellt und wir sind bereit, in den nächsten drei Jahren alles zu geben. Darauf haben unsere Wählerinnen und Wähler einen Anspruch. Der GdP haben im Beamtenbereich immerhin fast 2% mehr als bei der letzten Wahl 2000 das Vertrauen ausgesprochen. Im Angestellten- und Arbeiterbereich ist die seit Jahrzehnten über 80-prozentige Zustimmung kaum zu toppen und bestätigt die hervorragende Arbeit von Wolfgang Vahl und Wilhelm Pistor. Das ist große Verpflichtung und Ansporn zugleich. Wir können aber nur erfolgreich im PHPR arbeiten, weil auch in den PD- und PI-Personalräten kompetente Menschen sitzen, ohne deren Einsatz auch wir keinen guten Job machen könnten. Erst das Zusammenwirken garantiert, wie in den letzten Jahren auch, kontinuierliche und durchaus erfolgreiche Arbeit. Dabei hilft, dass man sich aus den unterschiedlichsten GdP-Gremien gut kennt, die gleiche Sprache spricht und sich vertraut.

DP: Welche Hauptziele habt Ihr Euch für die kommende Legislaturperiode im PHPR gesetzt?

DS: Das mit den Zielen ist immer so eine Sache, weil wir oft fremdbestimmt werden. Mein Hauptziel, das sich wie ein roter Faden durch die anstehenden Vorhaben ziehen muss, ist aber, dass die Arbeit aller Polizeibeschäftigten wirklich und nicht nur mit Sonntagsreden anerkannt wird und sie als Menschen mit ihren unterschiedlichen Qualitäten von der Politik und von der Polizeiführung wertgeschätzt werden. Die Art und Weise wie zurzeit mit den Beschäftigten des ö. D. in Niedersachsen umgesprungen wird, zeigt, dass eine Diskussion über Werte und Ethik wohl auch hier angebracht erscheint. Darum dreht sich alles. Wir bekommen vermehrt Anrufe von weinenden und verzweifelten Tarifbeschäftigten Kolleginnen und Kollegen, die Angst um ihren Arbeitsplatz haben. Und insbesondere der Finanzminister Möllring macht sich über diese Menschen lustig. Das nenne ich unanständig.

Wir sind nicht ohne Grund in eine Verantwortlichkeitsdebatte eingestiegen, und zwar weit vor der durch die SPD initiierten und m. E. notwendigen, Kapitalismusdebatte. Wir traten zur Personalratswahl mit dem Motto „Deine Arbeit ist mehr Wert“ an.

DP: Die Landesregierung hat sich auf die Fahnen geschrieben, alle Verwaltungsaufgaben weiter einer verschärften Prüfung zu unterziehen und auf die Kernaufgaben des Staates zu reduzieren. Das bedeutet – wie der Kabinettsbeschluss vom 19. April zeigte – auch für die Polizei eine offenbar erhebliche Veränderung. Welche Haltung wird der PHPR dazu einnehmen?

DS: Wir haben dazu eine eindeutige Position erarbeitet und diese Anfang 2003 mit der damaligen Polizeiabteilung, in der im übrigen heute weitgehend die gleichen Menschen arbeiten, abgestimmt und waren uns einig. Es ging um eine sachliche Aufgabenkritik von Verwaltungsaufgaben und um die Optimierung von Servicebereichen, natürlich auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten, und nicht ums Planieren. Oberstes Ziel war dabei allerdings, nicht den Hauch von der Möglichkeit betriebsbedingter Kündigungen aufkommen zu lassen, damit die Kolleginnen und Kollegen im Tarifbereich keine Angst zu haben brauchen. Das war immer Konsens, bis die jetzige Landesregierung diese Vereinbarung zum 31.12.04 aufgekündigt hat und somit vorsätzlich für große Verunsicherung gesorgt hat. Mit sozialem Umgang hat das alles nichts zu tun. Hier geht es nur um Kostenminimierung auf dem Rücken der Menschen, die dieser Umgang nachweisbar krank macht. Nur am Rande möchte ich erwähnen, dass auch der öffentliche Arbeitgeber eine Verantwortung hat, die Arbeitslosigkeit durch Angebote im öffentlichen Sektor zu minimieren. Das scheint man dort gerne zu vergessen. Auszubildende werden nicht mehr übernommen, Ausbildungsplätze kann man an einer Hand abzählen.

DP: Welche Chancen der Interessenvertretung siehst Du für die KollegInnen in den Organisationseinheiten der Servicebereiche, die vor dem Aus stehen?

DS: Wir werden selbstverständlich alle uns zur Verfügung stehenden personalvertretungsrechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen. Das klingt zwar wie eine Plattitüde, wir machen das aber auch. Die GdP wird darüber hinaus jedem Rechtsschutz geben, wenn Arbeitsgerichtsprozesse anstehen.

DP: Welche Zukunft haben diese Betroffenen?

DS: Bevor ein Servicebereich aufgelöst werden soll, müssen die Betroffenen frühzeitig und umfassend darüber informiert werden. Außerdem müssen Entwicklungs- und Fortbildungsangebote entwickelt werden. Wirtschaftlichkeitsberechnungen und Prognosen müssen offen gelegt und gegebenenfalls auch Alternativen diskutiert werden. Wenn man etwas privatisiert, heißt das doch nicht, dass die Leistungen, die weiter erbracht werden müssen, dann nichts mehr kosten. Die Privatbetriebe schenken dem Staat doch nichts, die wollen Geld verdienen. Haben die erst mal den Fuß in der Tür, schnappt die Kostenfalle zu. Dann sind Strukturen aber schon eingedampft. Darüber hinaus muss darauf geachtet werden, und wir werden da ganz genau hinschauen, dass ehemals durch Verwaltungskräfte getätigte Aufgaben nicht wieder durch Vollzugskräfte durchgeführt werden. Schon jetzt haben wir dementsprechende Rückmeldungen, dass das wieder vermehrt geschieht.

DP: Wie wird die begonnene Projektierung unter Leitung der Leiterin LPP 6 begleitet? Gibt es dazu eine Beteiligung?

DS: Im Dezember letzten Jahres wurde die uns vom LPP 6 übermittelte Vorlage zur Schließung von Servicebereichen von dort zurückgezogen, weil sie fachliche Mängel aufwies, die wir aufgedeckt haben. Die Beteiligung erfolgt nicht immer umfassend und rechtzeitig. Sie hat sich in den vergangenen zwei Jahren erheblich verschlechtert. Wir müssen fast alles einfordern, werden verspätet informiert oder bekommen Entscheidungen, die mit uns noch nicht verhandelt worden sind, aus den Medien mit. Die Beteiligung der Personalräte ist aber keine „Goodwill-Aktion“ des Arbeitgebers, sondern gesetzlich vorgeschrieben.

DP: Und wo bleibt dann die personalvertretungsrechtlich vorgesehene Beteiligung?

DS: Auch wenn immer mehr - selbst kleinste - Sachverhalte, durch Kabinettssitzungen entschieden werden, um damit offensichtlich die Beteiligung auszuhebeln, ist es gesetzlich festgeschriebenes Recht, darüber vorher die Interessenvertretungen zumindest zu informieren. Wie soll man denn auf gleicher Augenhöhe diskutieren, wenn einem nicht mal das Notwendigste zur Verfügung gestellt wird? Das LPP setzt nun mehrere Arbeitsgruppen ein, um die einzelnen Servicebereiche auf Grundlage des Kabinettsbeschlusses vom 19.04.2005 neu aufzustellen. Wir werden uns bei den Arbeitsgruppen einbringen, um die soziale Umsetzung von Maßnahmen zu kontrollieren.

Im übrigen finde ich, dass die Kolleginnen und Kollegen in allen Bereichen des Landespolizeipräsidiums (LPP)trotz aller politischer Ansinnen für die Polizei arbeiten müssen. Ich kann bestätigen, dass das für die weit überwiegende Mehrheit der Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter auch zutrifft. Je höher es geht, um so weniger Enthusiasmus ist allerdings manchmal festzustellen. Man kann politische Vorgaben und Entscheidungen aber auch im Sinne der Polizei beratend und kritisch begleiten und sie nicht einfach widerspruchslos hinnehmen. Vielleicht wird das aber seitens der Politik auch nicht gewünscht oder man kriegt das diesbezügliche Engagement auch nicht mit.

DP: Wie stellt sich die Mitbestimmung unter derzeitigen Bedingungen allgemein dar?

DS: Mitbestimmung ist gelebte Demokratie. Nach Austausch mit den Personalvertretungen anderer Ministerien kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die derzeitige Politik alles unternimmt, um die Personalräte zu düpieren. Die dauernden Entscheidungen auf Kabinettsebene vor Beteiligung der unterschiedlichen Interessengruppen sorgt langfristig für einen Ausverkauf der innerbetrieblichen Demokratie und fügt erheblichen Schaden zu. Wir brauchen keinen obrigkeitsstaatlichen Umgang, sondern Konsensentscheidungen. Natürlich muss die Politik, bzw. die demokratisch legitimierte Exekutive letztendlich entscheiden, das ist doch keine Frage. Doch vorher sollte ein umfassender Meinungsaustausch möglich sein.

DP: Im Landtag wurde im April die Frage nach der Lebensarbeitszeit für Vollzugsbeamte thematisiert, die von der Landesregierung mit Ausführungen kommentiert wurde (1), dass „eine solche Erhöhung für die Zukunft nicht ausgeschlossen werden könne“. Welche Zeiten kommen da auf uns zu?

DS: Arbeitszeitverlängerung, egal ob Wochen- oder Lebensarbeitszeit steigern die Arbeitslosigkeit, sorgen für Arbeitsverdichtung und verschlechtern die Binnennachfrage. Hinzu kommt, dass sich die Standzeiten bei Beförderungen verschlechtern. Ich halte grundsätzlich nichts davon.

DP: Welche Einflüsse könnt Ihr als PHPR auf die aktuelle Untersuchung der Aus- und Fortbildung der Polizei nehmen?

DS: Der PHPR hat die Möglichkeit der beratenden Teilnahme in der AG. Die werden wir wahrnehmen und versuchen die richtigen Ansätze der 94-er Reform in diesem Bereich weiter zu entwickeln. Eine klare Absage erteilen wir auch weiterhin dem Ansinnen, wieder in den schlecht bewerteten m. D. einzustellen. Das war vor 20 Jahren nicht gerecht und ist es heute ebenso wenig. Gute Arbeit muss auch von Anfang an gerecht bezahlt werden. Dazu gehört auch die umgehende Umsetzung der 2-geteilten Laufbahn und als Folge daraus die Nutzung der derzeitigen Stellenplanobergrenzen und eine mittelfristige Perspektive der Erhöhung der Stellenplanobergrenzen im g. D. ab A11.

DP: Bietet Deiner Ansicht nach eine Berufsakademie der Polizei mehr oder weniger Chancen als die bisherige Fachhochschule?

DS: Im Moment wird das Hohelied der Berufsakademie gesungen. Es gibt sicherlich Vor- und Nachteile. Die Vorteile der Fachhochschule liegen in der Selbstverwaltung. Die scheint dem einen oder anderen ein Dorn im Auge zu sein, weil die Durchgriffsmöglichkeiten beschränkt sind. Um eine abschließende Position beschreiben zu können, um Chancen und Risiken besser bewerten zu können, müssen wir uns aber noch intensiver mit diesem Thema und den Rahmenbedingungen auseinandersetzen.

DP: Die Personalräte setzen sich im Lande völlig neu zusammen. Gibt es spürbare Veränderungen?

DS: Durch die Umorganisation der Polizei haben sich in vielen Bereichen völlig neue Strukturen ergeben. Eine große Anzahl von PI'en wurde aufgelöst und damit auch die Personalvertretungen vor Ort. Alleine die Bertreuungsfläche ist bei den zusammengelegten PI'en größer geworden. Die Betreuungsintensität und –tiefe darf darunter aber nicht leiden. Dass das auch weiterhin läuft, darauf stellen sich alle Personalvertretungen ein. Alles in allem ist der Übergang aber weitgehend problemlos gelaufen, weil es Personalräten um die Vertretung und nicht um Postenschieberei geht.

DP: Wie sieht es mit der traditionellen Personalräte-Konferenz aus, wird dieser Austausch weiter stattfinden?

DS: Der Austausch, die Kommunikation und Informationsweitergabe war und bleibt wichtig. Die dienstliche Schiene tut dies ja auch. Wir werden uns auch zukünftig auf Konferenzen mit Polizeithemen beschäftigten und gemeinsame Grundpositionen beschreiben, damit wir mit einer Stimme sprechen. Das ist bei aller unterschiedlichen Interessenlage in den einzelnen PD'en nicht immer einfach aber wichtig. Im übrigen hilft uns hier auch das gut gesponnene Kommunikationsnetz der GdP.

DP: Wie steht der PHPR zu der bevorstehenden Beurteilungsrunde?

DS: Beurteilungen waren immer und bleiben auch zukünftig eine subjektive Einschätzung vom Beurteiler. Sie dienen als Reglementierungs-, Disziplinierungs- und Beförderungsinstrument. Bei aller Mühe der Beurteiler: Mit echter Leistungsbewertung hat das nichts zu tun. Es müssen die vorgegebenen Quoten irgendwie erfüllt werden. Da geht es in den Beurteilungskonferenzen schon manchmal wie auf dem Basar zu. Dazu kommt, dass nicht mal mehr 20% der Polizeibeschäftigten, im übrigen auch Führungskräfte, das System als gerecht und sinnvoll ansehen. Hier muss reagiert werden und zwar sofort. Das kostet auch kein Geld. Das LPP muss nur den vor nunmehr fast fünf Jahren übersandten GdP-Vorschlag über ein „Laufbahnverlaufsmodell“, welches natürlich auch leistungsbezogene Komponenten beinhaltet, zur Hand nehmen und diesen 1:1 umsetzen. Schon haben wir Ruhe, größere Zufriedenheit und brauchen nicht so viel Zeit zu verschwenden. Hier darf es nicht am Mut des Landespolizeipräsidenten fehlen. Dafür ist natürlich auch die Unterstützung unserer Polizeipräsidenten notwendig, mit der ich aber rechne.

DP: Wird es Verbindungen geben zwischen Beurteilung/Quotierung und den Besoldungselementen nach einem Leistungsprinzip, die sich aus den Planungen der Dienstrechtsreform ergeben könnten?

DS: Das Thema Dienstrechtsreform können wir jetzt hier nicht mal ansatzweise diskutieren, weil es einfach zu umfangreich ist. Aber soviel ist klar: Dieser in der Frage steckende Zusammenhang ist nicht nur zu befürchten, sondern ganz klar abzusehen. Bei schlechter Beurteilung soll es nach Willen der Entwickler der geplanten Dienstrechtsreform weniger Geld geben. Eine „Dreierbeurteilung“ bedeutet nach unserem Beurteilungssystem aber nicht automatisch eine schlechte Leistung, wie wir alle wissen. Dennoch kann sich das dann finanziell auswirken.

DP: Passt das überhaupt zum Polizeiberuf?

DS: Trotz aller Rufe nach leistungsbezogener Bezahlung: Polizei ist und bleibt ein Teamberuf, Leistung ist daher meist nur im Kollektiv und nicht individuell messbar. Man muss sich doch auch zukünftig bei Streifenfahrten auf seinen Partner verlassen können, ohne sich gegenseitig wegen eventuell zu vergebener Leistungszulagen zu beäugen und gegenseitig auszuspielen. Diejenigen, die sich auf Kosten der Gemeinschaft ausruhen wollen, sind schon heute auszumachen. Mit denen muss natürlich gesprochen werden.

DP: Dietmar, gibt es nach dieser sehr informativen ersten Einschätzung noch etwas, was Du dringend loswerden willst?

DS: Ja, ich möchte die Gelegenheit nutzen, alle Beschäftigten aufzufordern, ihre Personalvertretungen zu unterstützen. Nur gemeinsam können wir etwas bewegen. Und von der Polizeispitze wünsche ich mir zukünftig noch mehr Profil, wenn es darum geht, erfolgreiche Dinge auch gegenüber Angriffen aus Politik oder vom Landesrechnungshof zu verteidigen. Unsinnigen Forderungen, wie z. B. die nach privaten Hilfsdiensten, die für jeden Beschäftigten offenkundig ideologischer Natur sind, braucht man nicht gut zu heißen. Auch einer geplanten schlechteren Einstiegsbesoldung sollte man nicht das Wort reden. Nicht alles was neu ist, muss deshalb auch besser sein. Wir sind als Polizei gut aufgestellt und machen hervorragende Arbeit, auf allen Ebenen.

Und abschließend noch ein Wunsch. In der Polizei arbeiten rund 23.000 Menschen mit unterschiedlichen Qualitäten, die alle erfolgreich am Projekt Innere Sicherheit tätig sind. Lasst euch untereinander von der Politik nicht gegenseitig ausspielen. Was bei der einen Gruppe ungerecht ist, muss nicht deshalb aus Gründen der Gleichmacherei auf die andere Gruppe übertragen werden. Gerade im Tarifbereich ist das Gehaltsniveau nicht so, dass man hier noch größere Einschnitte vornehmen könnte. Weitere Verschlechterungen wären unsozial und müssen mit allen Mitteln verhindert werden.

DP: Noch ein Abschlussstatement?

DS: Es sind schwere Zeiten, Solidarität ist dabei nicht nur ein alter gewerkschaftlicher Kampfbegriff aus der Mottenkiste, sondern die damit verbundenen Ziele sind für alle abhängig Beschäftigten wichtiger denn je.

Die Missachtung der Polizeibeschäftigten muss endlich ein Ende haben.

DP: Dietmar, vielen Dank für das Gespräch.


Das Interview führte

Uwe Robra, Verantw. Redakteur des LandesJournals




(1) Auf den Beschluss des Landtages vom 28.10.2004 (Drs. 15/1388) gab die Landesregierung mit Datum vom 07.04.2005 die Antwort, die per Unterrichtung durch die Landtagsverwaltung 11.04.2005 (Drucksache 15/1817) am 13.04.2005 ausgegeben wurde. www.landtag-niedersachsen.de





Weitere Beiträge zu den Personalratswahlen 2005:

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PERSONALRATSWAHLEN AM 12./13. APRIL 2005:
„Deine Arbeit ist mehr Wert!"
Dietmar Schilff und Marion Dix: Die GdP-Kandidatinnen und -Kandidaten für die Wahl zum Polizeihauptpersonalrat stellen sich vor.
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Landesjournal Niedersachsen März 2005
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"Die Polizeiverwaltung im Lande Niedersachsen"
"GdP für Erhalt aller Arbeitsplätze im Servicebereich - Qualitätsverbesserung durch Privatisierung?"
Wolfgang Vahl und Wilhelm Pistor: Die GdP-Kandidaten für die Wahl zum Polizeihauptpersonalrat stellen sich vor.
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Beitrag von Dietmar Schilff :
"GdP 5 Jahre Arbeit des PHPR: Haben wir etwas bewegt?"
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Landesjournal Niedersachsen Mai 2005
PERSONALRATSWAHLEN AM 12./13. APRIL 2005:
Gute Ergebnisse für die GdP
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Landesjournal Niedersachsen Juni 2005
PERSONALRATSWAHLEN AM 12./13. APRIL 2005:
PERSONALRÄTE: Mit Beständigkeit gegen die fehlende Wertschätzung
mit DP-Interview des neuen PHPR-Vorsitzenden Dietmar Schilff
LJ_NI_06_2005


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