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Landesjournal Niedersachsen August 2005 - „Bunte Leitstellen“ - kostengünstig und effizient? - Zweifel müssen erlaubt sein...

Derzeit liest man in der Presse über die das Bestreben des Innenministeriums zur Schaffung so genannter „Bunter Leitstellen“. Innenminister Uwe Schünemann wirbt mit dem Satz: „Gemeinsame Leitstellen von Feuerwehren, Rettungsdiensten und Polizei machen Niedersachsen sicherer und bringen erhebliche Kosteneinsparungen für eine Zentralisierung auch der polizeilichen Leitstellen.“ Welche Auswirkungen haben diese Pläne für die polizeiliche Arbeit?

GdP-Arbeitsgruppe legt Positionspapier vor

Die GdP hat dazu eine Arbeitsgruppe aus Polizeipraktikern ins Leben gerufen, die jetzt ein Positionspapier zur Leitstellendiskussion in Niedersachsen (hier downloaden PDF, 767 KB) vorgelegt hat.
In diesen zwölf Seiten langen Papier werden im Rahmen einer Lagebeschreibung und Bewertung erhebliche Unstimmigkeiten in der Argumentation für die Zusammenlegung der polizeilichen Leitstellen aufgezeigt, die Zweifel wecken, ob der beschriebene Weg der Richtige ist.

Am Anfang steht die Frage,
  • wie die neuen Großleitstellen überhaupt aussehen und
  • die Arbeitsabläufe organisiert werden müssten.
  • Was verbleibt noch vor Ort?
  • Welches Personal,
  • welche Sachausstattung wird wo benötigt und
  • wo abgezogen?
  • Gewährleistet eine Zentralisierung tatsächlich eine bessere Versorgung der Bürgerinnen und Bürger?
  • Wird das Einsatzmanagement vor Ort verbessert?
  • Gibt es tatsächlich Synergien durch die Konzentration von Leitstellenpersonal, Technik und Räumlichkeiten?


Diese Fragen kann man ernsthaft nur dann beantworten, wenn man in die Praxis eintaucht und die Personalverteilung und Aufgabenzuweisung in den Dienststellen mit ihren Mischarbeitsplätzen und den Kommunikationsbeziehungen zwischen Funkwagen, Leitstelle der Polizei, der Wache und der Feuerwehr bzw. den Rettungsdiensten genau betrachtet.

Auch die Kostenebene galt es genau zu betrachten. Während die Räumlichkeiten der derzeitigen Leitstellen vorhanden und im Dienstbetrieb integriert sind, lassen sich die zentralen Leitstellen aufgrund ihres erheblich größeren Raumbedarfes grds. nicht in den bisherigen Räumlichkeiten der Feuerwehr oder der Polizei unterbringen. Neubauten mit einem erheblichen zusätzlichen Finanzbedarf wären unvermeidbar.

Es sprengt hier den Rahmen, die einzelnen Argumentationen des Arbeitspapiers wiederzugeben.
Aber das Fazit ist wichtig:
„Die aufgeführten Praxisbe-denken begründen erhebliche Zweifel an den theoretischen Zielen des Innenministeriums zur Schaffung zentraler, bunter Leitstellen. Die Aussagen über die prognostizierten erheblichen Einsparungen und Sicherheitsgewinne für die Bürgerinnen und Bürger können nicht mit den Prognosen der Praktiker vor Ort in Einklang gebracht werden.

Die GdP meint daher, dass eine verstärkte Zentralisierung polizeilicher Leitstellen keine einsatz-taktischen oder strukturellen Vorteile begründen. Zusätzliche Schnittstellen und Zuständigkeitsüberschneidungen führen bei einer Durchbrechung bewährter regionaler Führungsstrukturen zu Nachteilen, die den Bürgerinnen und Bürgern teuer zu stehen kommen.
Eine Zerschlagung der bestehenden basisnahen Leitstellenstruktur wird daher von der GdP abgelehnt!

Veränderungsbedarf im Stellenwert der örtlichen Leitstellen wird allerdings auch von der GdP gesehen. Hier gilt es, die Diskussion als Chance zu nutzen:
Alternativ fordert die GdP zur Verbesserung der Technikausstattung der bestehenden Leitstellen im Detail auf. Hier bestehen in vielen Punkten (Online-Zugriff auf EMA- und Halterdaten, Telefontechnik, digitale Karten und zweckmäßige Einsatzleitsysteme) erhebliche Optimierungschancen für eine bessere Polizeiarbeit. Auch gilt es, die Position der Leitstellenbeamten zu stärken und ein praxisbezogenes Einsatztraining als Fortbildung anzubieten.
Ein Zusammenführen „bunter Leitstellenanteile“ ist aus Sicht der GdP im Bereich einer gemeinsamen Techniknutzung sinnvoll (virtuelle bunte Technikleitstellen).
Im Einzelfall - abhängig von den individuellen örtlichen Gegebenheiten - können auf Ebene und in den Grenzen der Polizeiinspektionen auch engere personelle Kooperationen in so genannten Bunten Leitstellen machbar sein. Dieses aber muss bei den lokal Verantwortlichen wachsen und darf nicht von oben verordnet werden.“

Fachebeneneinbeziehen!

Die GdP-Arbeitsgruppe kri-tisiert, dass die derzeitige Positionsfindung innerhalb der Polizei zur Leitstellendiskussion nur „im verschlossenen Kämmerchen“ stattfindet. Das heißt, dass eine Einbeziehung der Fachebenen bisher nicht oder kaum erfolgte.
Dieses soll mit dem Positionspapier geändert werden.

Jeder, der sich also für Einzelheiten der Argumentationen interessiert, kann das AG-Ergebnis "Positionspapier zur Leitstellendiskussion in Niedersachsen" hier downloaden (PDF, 767 KB).

Wer sich aktiv an der Diskussion über die „bunten Leitstellen“ innerhalb der GdP beteiligen möchte, sende seine Meinung oder seinen Kommentar an Ralf Hermes.

Ralf Hermes


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