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Landesjournal Niedersachsen August 2010 - DIENSTPOSTENBEWERTUNG: Tatort Dienstpostenkonzept A 11

Zwanzig Jahre nach der politischen Entscheidung über die Einführung einer gerechteren Bewertung bei der Polizei wird diese nunmehr nach GdP-Auffassung mit einem neuen Dienstpostenkonzept zurückgedreht. Der Mehrzahl der Kolleginnen und Kollegen wird damit die Perspektive genommen werden, jemals die Besoldungsgruppe A 11 zu erreichen.

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Dietmar Schilff, Stellv. Landesvorsitzender
Foto: Archiv
Im Mai 1968 forderte die GdP die Änderung der Polizeiorganisation und am 07.02.1970 legte die GdP ihre Grundsatzforderung für die Abschaffung des mittleren Polizeidienstes auf den Tisch. Im April 1973 wurde nachgelegt und die Ermöglichung des Aufstiegs in den gehobenen und höheren Dienst für Lebensältere gefordert.

1968 – 1990: Nur GdP für gerechte Bewertung und gegen elitäre Strukturen!

Diese Forderungen war schon immer einigen ein Dorn im Auge, vor allem den so genannten Oberbeamten, die sich in ihrem elitären Kreis eingerichtet hatten und unter sich bleiben wollten. Über Jahre wurde von diesen alles getan, um diesen notwendigen Systemwandel zu verhindern. Einige Vernünftige hielten sich aber nicht an diesen Elitekodex, sondern waren auf der Seite der „Kleinen“, so u.a. der verstorbene Ltd. PD Karl Steinmeier, der selbstverständlich bis zu seinem Tod Mitglied der GdP war und in einem Papier eine bessere Bewertung der polizeilichen Arbeit einforderte.


Grafik: UR

 
Mit Übernahme der Landesregierung im Jahr 1990 durch Rot/Grün wurde die Entscheidung getroffen, den mittleren Dienst bis 2005 abzuschaffen. Am 01.12.1992 verkündete der damalige Innenminister Gerhard Glogowski diesen Paukenschlag auf einer Tagung der GdP in den Wülfeler Brauereigaststätten in Hannover. Bei der anschließenden Umsetzung in das Laufbahnrecht war sich das Innenministerium, der Polizeihauptpersonalrat und die GdP einig, dass bis auf wenige Ausnahmen alle Dienstposten des sachbearbeitenden Dienstes von A 9 bis A 11 bewertet werden. Diejenigen, die jetzt etwas anderes behaupten, wie z. B Landespolizeipräsident Andreas Bruns, der es eigentlich besser wissen müsste, scheinen dies offensichtlich verdrängt zu haben.

Erreicht wurde, dass alle Dienstposten dem g.D. zugeordnet worden sind. Ein schwieriges Unterfangen war das allemal. Versäumt wurde allerdings, dass im Haushalt notwendige Stellenhebungen eingestellt wurden. Und anzumerken ist auch, dass es natürlich auch um Beförderungen nach A 10 geht. Das eine hat aber mit dem anderen zu tun.

      2010: Aktuelle Rückschritte!
Nun ist er also da, der Abschlussbericht zum Dienstpostenkonzept. Auch wenn kritische Meinungen zu diesem Papier nicht gerne gehört und auch abgetan werden, lassen wir uns als die Gewerkschaft für alle Polizeibeschäftigten keinen Maulkorb verpassen. Wir können weder den Abschlussbericht und erst recht den Innenminister nicht loben, so wie es BDK und DPolG anbiedernd tun. Das Ergebnis des Berichtes ist nämlich noch ernüchternder, als es sich die Personalräte und GdP hätten vorstellen können.

Mit dem Abschlussbericht wird festgestellt, dass offenbar jahrelang die Falschen befördert worden sind. Kommentare verantwortlicher Personen dazu erzeugen zudem das Bild, dass es bisher nicht um Leistung ging, sondern man allein durch Aussitzen die Beförderung zum Hauptkommissar erreichen konnte (s. Interview mit Innenminister Schünemann in der HAZ v. 03.07.2010). Wer das sagt, kennt entweder die Polizei nicht oder sagt wissentlich die Unwahrheit, weil er die Öffentlichkeit mal wieder gegen die Beamtinnen und Beamten aufbringen will. So kann und darf ein Minister, der eine Verantwortung für seine Beschäftigten übernommen hat, nicht agieren.

Der Bericht suggeriert weiter, dass dieser notwendig sei, um die vermeintlich ungerechte Verteilung von A 11-Stellen auszugleichen. Dieses Argument ist falsch, denn die bestehende Unwucht zwischen den Behörden ist systemimmanent und wird durch ein Stellenverteilungsprogramm behoben. Ein derart einschränkendes Dienstpostenkonzept wird dafür keinesfalls benötigt. Sollte das allerdings der Antrieb sein, so führt das auch in den „Nehmerbehörden“ spätestens nach Ausgleich in dieselbe Sackgasse wie bei den abgebenden Behörden.

Weiter soll es durch die Schaffung von so genannten „Korridorbewertungsmöglichkeiten“ zusätzliche Beförderungsmöglichkeiten geben. Das ist erst einmal nicht der Fall! Die Aussage des Landespolizeidirektors Uwe Lührig am 28.06.2010 in der Vorstellungsveranstaltung des Abschlussberichtes vor den Personalvertretungen: „Dieses Konzept funktioniert nur, wenn es erhebliche Stellenhebungen geben wird.“, ist für das Konzept zwar richtig, spiegelt aber auch nicht die wirkliche Problematik wider. Denn, noch einmal, natürlich sind Stellenhebungen notwendig, es geht aber insbesondere um die gerechte und gerechtfertigte Bewertung der polizeilichen Arbeit insgesamt.

Angeführt wurde am 28.06.2010 durch den Leiter der Arbeitsgruppe A 11, Herrn Buskohl, auch, dass das Gutachten der Firma Kienbaum, auf dem die Einführung der zweigeteilten Laufbahn fußt, nicht festgestellt habe, dass alle Dienstposten bis A 11 bewertbar seien. Genau diese Aussage wird dort aber getroffen (s. Punkt 5.6.1 auf S. 161 des Abschlussberichts zur Funktionsbewertung der Polizei; Kienbaum- Unternehmensberatung v. 08.07.1991). Warum also wird versucht, die Polizei in Nds. trotz hervorragender Leistung schlecht zu reden? Hier bleibt mehr als ein schaler Beigeschmack.

Es hat im Vorfeld des A 11-Abschlussberichtes viele Diskussionen und politische Gespräche, Informationsveranstaltungen, Personalversammlungen, gewerkschaftsübergreifende Resolutionen der Personalvertretungen, Übergabe von Postkarten an Abgeordnete, intelligente, schmunzelnde und satirische Karikaturen gegeben. Die GdP hat zudem die Rückmeldung von 95% der Kolleginnen und Kollegen (darunter auch etliche, die leider immer noch anders organisiert sind), dass das angedachte Konzept abgelehnt wird. Und es gibt starke (wenn auch meist leider nur intern geäußerte) Rückendeckung und Zustimmung von Führungskräften - es scheint offensichtlich alles nichts zu nutzen. Innenminister Schünemann zeigt sich wild entschlossen, ein Konzept gegen die Polizei, gegen die Polizeibeamten im Nds. Landtag und andere Abgeordnete und offensichtlich auch gegen die GdP sowie die Personalräte durchsetzen zu wollen.

      Polizei braucht keine Spaltung!
Dass der Minister so handelt, ist nichts Neues, dass aber Insider dies tun, ist schon mehr als verwunderlich. Man muss es einfach anführen: Wenn in einem Gespräch mit dem Minister, das auf Veranlassung des CDU-Landtagsabgeordneten Jan Ahlers am 15.06.10 zustande kam, der anwesende, jetzt als Pressesprecher im MI fungierende, ehemalige Vorsitzende der DPolG und immer noch Funktionär, Dirk Hallmann äußert, dass die GdP ja nur „...die Schwachen und Alten befördern will..“, so ist dieser Affront kaum mehr zu überbieten.

Dass die Überbietung dieser Diskreditierung aller Kolleginnen und Kollegen, die jahrzehntelang ihren Kopf für die Innere Sicherheit hinhalten, aber doch noch möglich ist, kann man auf der Homepage der DPolG in dem niedergeschriebenen Kommentar des Zwillingsbruders und derzeitigen stellv. DPolG-Vorsitzenden, Knut Hallmann, nachlesen, der den Abschlussbericht als „... dringend notwendigen aber schmerzfreien Phrophylaxetermin“ abtut und feststellt: „Damit sich Lei(s)tung wieder lohnt“.

Nicht zu glauben, aber wahr! Wer so mit den Kolleginnen und Kollegen umgeht, hat den Titel Gewerkschaft nicht verdient oder muss sich umbenennen in DPolSG, Deutsche PolzeiSpaltungsGewerkschaft.

Mit dem BDK lohnt es sich überhaupt nicht auseinanderzusetzen, da dieser kleine Verband schon immer Verbesserungen für seine Klientel eingefordert hat, die zu Lasten der anderen Polizeibeschäftigten gehen. Das ist auch in diesem Fall nichts Neues und verwundert nicht wirklich.

Die GdP jedenfalls ist sich ihrer Verantwortung und des ihr seit über 60 Jahren übertragenen Vertrauens bewusst und wird weiter dafür kämpfen, dass polizeiliche Arbeit auf der Straße, auf dem Wasser, in der Luft, im Einsatz, bei Demonstrationen, in der Ermittlungsarbeit und bei den die Exekutivarbeit unterstützenden Diensten von A 9 bis A 11 bewertbar bleibt und eine Beförderung nach A 11 auch für alle auf dem jeweiligen Dienstposten weiterhin möglich ist. Das ist mit dem neuen Konzept nämlich ausgeschlossen.

      GdP fordert weiterhin sachgerechten Dialog
Sollte das aber nicht mehr Bestand haben, werden wir uns natürlich sachlich mit den Auswirkungen auseinandersetzen und über die Personalräte organisieren, dass die Ungerechtigkeiten abgefedert werden. Wenn sich allerdings die Möglichkeit ergibt, mit politisch Verantwortlichen wieder eine gerechte Bewertung der Polizei insgesamt umzusetzen, werden wir dies tun. Dann werden zwar diejenigen, die jetzt mit dem Innenminister heulen, wieder aus ihren Löchern kommen, wie schon nach der Entscheidung zur Einführung der zweigeteilten Laufbahn, und sich rühmen. Die Mehrheit der Polizei wird sich indes erinnern, dass nur die GdP konsequent für eine gemeinsame Polizei eingetreten ist.

Es geht eben nicht um ein paar mehr A 11-Stellen oder die Schließung der Schere zwischen A 12 und A 13, auch wenn dies ebenso dringend erforderlich ist und die GdP dies immer und immer wieder, zuletzt 2008 mit ihrem Attraktivitätsprogramm gefordert hat. Es geht vielmehr um die Bewertung der polizeilichen Arbeit in unserer Gesellschaft.

Man muss es eigentlich nicht besonders betonen, da dies allen klar sein müsste, aber für DPolG, BDK und für die „Führungsfetischisten“ noch einmal die klare Botschaft: Auch wenn in unserer Organisation jemand koordinieren und Leitungsaufgaben übernehmen muss und dafür selbstverständlich auch ordentlich bezahlt werden soll: Der polizeiliche Erfolg ist und bleibt ein Gemeinschaftsprodukt und gehört insgesamt besser bewertet.

Und neben den Exekutivkräften sollen dabei nicht unsere Kolleginnen und Kollegen aus dem Verwaltungs- und Tarifbereich vergessen werden, ohne deren Unterstützung polizeiliche Arbeit auch nicht möglich wäre.

      Treffsichere Entscheidung braucht offene Ohren und gute Beratung
Aber vielleicht kommt es ja doch nicht zu einer Umsetzung, vielleicht wird der Minister doch noch gut beraten, vielleicht sagen ihm die Polizeipräsidenten und anderen Führungskräfte in der Polizei sowie die Abgeordneten aus den Wahlkreisen doch noch, dass die Polizei durch dieses Konzept gespalten wird. Vielleicht sind ihm die Argumente der Polizeipersonalvertretungen bei der gesetzlichen Beteiligung doch nicht unwichtig. Wenn dem so ist, dann hat der politisch verantwortliche Innenminister Schünemann auch die GdP wieder an seiner Seite.

Die GdP jedenfalls kämpft weiter für eine Polizei und wird dies auch nach dem Motto tun: „Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren!“

Bei der Umsetzung des vorliegenden Konzeptes verliert aber nicht eine Organisation, sondern die gesamte Polizei! Um dies zu verhindern, werden wir weiter reden und argumentieren, aber auch die Öffentlichkeit noch intensiver informieren.

Deshalb rufen wir schon jetzt zu einer Großveranstaltung Anfang September nach Hannover auf. Genaue Informationen dazu erfolgen in den nächsten Tagen.

Gut, dass es sie gibt, GdP!


Dietmar Schilff,
Stellv. Landesvorsitzender




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