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Landesjournal Niedersachsen November 2008 - BERUFSBILD POLIZEI: Es wird Zeit: Ein Attraktivitätsprogramm für die Polizei muss her!

In der aktuellen Diskussion werden neben der älter werdenden Gesellschaft auch die geringer werdenden Schulabgängerzahlen als ein Indiz dafür genannt, dass die Wirtschaft, der öffentliche Dienst und andere Arbeitgeber, zukünftig einen Wettbewerb um die Nachwuchskräfte führen werden. Die Initiative des Innenministeriums vom 29. 8.2008 (1) zielt in die gleiche Richtung, nämlich den Bachelor-Studiengang „Öffentliche Verwaltung“ in Osnabrück noch attraktiver zu gestalten. Einige Wissenschaftler sprechen vom beginnenden „Kampf um die Köpfe“.

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Bernhard Witthaut, GdP-Landesvorsitzender Niedersachsen
Bernhard Witthaut,
GdP-Landesvorsitzender
Niedersachsen
Das Attraktivitätsprogramm der GdP Niedersachsen in der Textlangfassung steht hier zum Download bereit (PDF, 64 KB):

20081022_GdP_NI_AttraktivitProg_Okt_2008.pdf



 
Auch die Polizei wird nicht ohne intensive Überlegungen diesen Wettbewerb mitgestalten können. Nein sie wird ihn viel eher verlieren, wenn sie nicht die Beschäftigung im öffentlichen Dienst und damit auch den Polizeiberuf attraktiver gestaltet. Deshalb hat sich die GdP mit dem Berufsbild Polizeivollzugsbeamtin / Polizeivollzugsbeamter mit dem Ziel beschäftigt, diesen Beruf auch durch finanzielle Anreize attraktiver zu gestalten.

Die bevorstehende Tarifrunde 2009, deren Ergebnis wir zeit- und inhaltsgleich auf die Beamtinnen und Beamten übertragen wollen, ist bewusst nicht in dieses Programm eingeflossen, da die Forderungen für die Tarifrunde erst Anfang Dezember 2008 erhoben werden.

 

I. Demografische Entwicklung der Polizei 2008 – 2026:

Nach den aktuellen Altersübersichten (Stand 01.01.2008; S/K gemeinsam) werden in den folgenden 19 Jahren statistisch 11.404 Ruhestandsversetzungen erfolgen. Diese Größenordnung macht bereits heute ein Gegensteuern erforderlich. Durch die Auswirkungen der von der derzeitigen Landesregierung beschlossenen Lebensarbeitszeitverlängerung wird das Problem nicht gelöst, sondern lediglich um zwei Jahre verschoben. Ausdrücklich nicht berücksichtigt sind die ca. 100 Fälle unnatürlicher Abgänge jährlich.

Die GdP fordert daher:

  • ab 2009 jeweils 600 Anwärterinnen und Anwärter p. a. einzustellen.

II. Zweigeteilte Laufbahn:

Die Einführung der zweigeteilten Laufbahn war ein wesentlicher Schritt in Richtung einer gerechten Bewertung polizeilicher Arbeit. Die GdP war maßgeblich an der Gestaltung und Umsetzung beteiligt. Auch der letzte Schritt, die Änderung des § 17a PolNLVO, hat mit dazu beigetragen, dass der Stellenanteil des gehobenen Dienstes mehr als 98% erreicht hat. Im Zuge der Umsetzung werden in absehbarer Zeit auch die Beamtinnen und Beamten in den gehobenen Dienst überführt sein.

Seit der Föderalismusreform sind die Länder in der Frage der Neugestaltung u. a. des Beamten- und Besoldungsrechtes unmittelbar zuständig. Auch wenn die GdP die Föderalismusreform an sich sehr kritisch einschätzt, besteht nun die Chance, notwendige Entscheidungen herbeizuführen. Dies ist in der bisherigen Diskussion auch immer wieder von den politisch Verantwortlichen eingebracht worden. Die GdP nimmt sie nun beim Wort.

III. Modernisierungsvorschlag für die Besoldungsgruppe A9 – A11:

Im Vergleich zu den übrigen Bundesländern liegt nach unseren Berechnungen Niedersachsen mit einer relativ hohen Anzahl von A9–, einem geringeren Anteil A10– und einem noch geringeren Anteil von A11–Planstellen nicht an der Spitze der Bundesländer. Deshalb sind hier erhebliche Verbesserungen vorzunehmen, um in der Wettbewerbssituation um die geeigneten Nachwuchskräfte standhalten und um bereits heute im Ländervergleich den Wettbewerb aufnehmen zu können. Die ersten Abwerbungen im öffentlichen Dienst, z. B. bei Lehrern, erfolgen bereits auf Initiative anderer Länder. Die GdP hat einige Vorschläge entwickelt.

Modell 1: Die GdP schlägt eine Zusammenfassung der bisherigen Besoldungsgruppen A9 bis A11 in ein Beförderungsamt vor. Ziel ist, das durchschnittliche Lebenseinkommen A9 bis A11 in fünf oder sieben Erfahrungsstufen zu erreichen. Statt der bisherigen Form Eingangsamt A9, nach einigen Jahren Beförderung nach A10 und dann mit Glück eventuell noch eine Beförderung nach A11, wird mit diesem Amt eine perspektivische Besserstellung der Beamtinnen und Beamten erreicht. Die Beurteilung dient nicht mehr nur als Beförderungsinstrument, sondern erhielte endlich den Stellenwert, der ihr bisher nur theoretisch zugebilligt wurde. Ziel ist ferner, eine Versetzung in den Ruhestand im Vergleich zu heute aus der Besoldungsgruppe A11 zu erreichen. Dies umso mehr unter dem Gesichtspunkt, dass die Ruhegehaltfähigkeit der Polizeizulage nicht mehr uneingeschränkt gilt. Übergangsregelungen sind erforderlich und auszugestalten.

Die GdP fordert daher:

  • die Schaffung einer eigenen Besoldungsgruppe A9 bis A11, mit dem Ziel, vergleichbar heute aus A11 bezahlt zu werden.
  • Erreichen der Endbesoldung durch einen Stufenaufstieg, der aus fünf, alternativ aus sieben Erfahrungsstufen besteht.
  • die Hinterlegung der finanziellen Mittel für die Schaffung eines solchen neuen Amtes in der Polizei.

Modell 2: Mit Abschluss einer Ausbildung an der Fachhochschule (oder vergleichbarer Abschluss) schrieb das damalige BBesG vor, dass eine Ernennung in ein Amt mit der Bewertung A10 BBesG erfolgen muss. Bereits 1975 hat der damalige Gesetzgeber diese Einstufung suspendiert und eine Übertragung eines mit A9 bewerteten Amtes vorgenommen. Mit der Föderalismusreform können nun die Bundesländer eine eigene Regelung vornehmen.

Die GdP fordert daher:

  • die Aufhebung des Suspendierungsbeschlusses von 1975.
  • die mittelfristige Neuausrichtung der Anzahl der Planstellen A10 bei 50% der Stellenausstattung.
  • als einen ersten Schritt die Schaffung von 1500 zusätzlichen Hebungsmöglichkeiten nach A10 verteilt über die Jahre 2009, 2010, 2011.

IV. Ausschöpfen der Stellenplanobergrenzenregelung im Bereich A12:

Nach der derzeitigen Stellenplanobergrenzenregelung darf der Planstellenanteil A12 insgesamt 16% nicht übersteigen. Nach unseren Berechnungen liegt der Anteil der bewerteten Stellen bei weniger als 5%. Den Planstellen stehen mehr als 1.100 bewertete Dienstposten gegenüber. Eine Hinterlegung dieser Bewertungen mit entsprechenden Planstellen ist aber in absehbarer Zeit nicht erkennbar.

Die GdP fordert daher:

  • langfristig die Ausschöpfung der Stellenplanobergrenzenregelung von 16%
  • mittelfristig die Schaffung zusätzlicher Planstellen A12 in einer Größenordnung, die mit einer Dienstpostenübertragung – nach einer Probezeit von sechs Monaten – auch eine Beförderung sicherstellt.
  • kurzfristig ein Konzept zur Schaffung der entsprechenden Planstellen, um den derzeitigen Missstand zu beheben.

V. Ausschöpfen der Stellenplanobergrenzenregelung im Bereich A13:

Nach der derzeitigen Stellenplanobergrenzenregelung darf der Planstellenanteil A13 insgesamt nicht mehr als 6% betragen. Nach unseren Berechnungen liegt der Anteil der bewerteten Stellen bei weniger als 3%. Den Planstellen stehen mehr als 450 bewertete Dienstposten gegenüber.

Die GdP fordert daher:

  • langfristig die Ausschöpfung der Stellenplanobergrenzenregelung von 6%
  • mittelfristig die Schaffung zusätzlicher Planstellen A13 in der Größenordnung, die mit einer Dienstpostenübertragung – nach einer Probezeit von sechs Monaten – auch eine Beförderung sicherstellt.
  • kurzfristig ein Konzept zur Schaffung entsprechender Planstellen, um den derzeitigen Missstand zu beheben.

VI. Höherer Dienst:

Derzeit liegt der Anteil des höheren Dienstes in der Polizei Niedersachsen, bei etwa 1,7%. Damit bilden wir im Bundesländervergleich zwar nicht das Schlusslicht, bleiben aber verbesserungswürdig. Bereits in der Vergangenheit hat die GdP mehrfach darauf hingewiesen, dass der Anteil des höheren Dienstes nicht der Bewertung der polizeilichen Arbeit entspricht. Und die Frage der richtigen Bewertung beginnt bei den Polizeipräsidenten. Die Politik hat bisher alles getan, um eine sachgerechte Bewertung und eine Erhöhung des prozentualen Anteils des höheren Dienstes zu verhindern. Da diese Ausweitung des höheren Dienstes sicherlich auch ein langwieriger Prozess sein wird, könnte hier über den Praxisaufstieg, verankert in dem Entwurf einer neuen Laufbahnverordnung, beschränkt auf das Erreichen der Besoldungsgruppe A15, erfolgen. Dazu gehört auch eine einheitliche Bewertung aller PI-Leiter in der Besoldungsgruppe A16.

Die GdP fordert daher:

  • eine sachgerechte Bewertung des hD in der Polizei
  • eine Ausweitung des Anteils der Stellen des hD in einem ersten Schritt auf 3%.

VII. Anpassung der Erschwerniszulagen:

a.) Erschwerniszulagen für bestimmte Verwendungen:

Für die Bundesbeamten wurden die Erschwerniszulagen erhöht, durch die Föderalismusreform gelten diese Anpassungen jedoch nicht mehr automatisch auch für die Länder.

Nach Auffassung der GdP sind die dienstlichen Belastungen für die betroffenen niedersächsischen Polizeibeamtinnen und -beamten ebenso hoch wie für die des Bundes. Deswegen erwartet die GdP eine Anpassung der Erschwerniszulagen gem. § 22 Abs. 2 der Erschwerniszulagenverordnung (EZulV) auch für unsere Kolleginnen und Kollegen.

In Fragen der Kriminalitätsbekämpfung wollen wir nicht nach Beschäftigten erster und zweiter Ordnung klassifiziert werden. Da Terroristen und andere Kriminelle in Niedersachsen ebenso gefährlich sind wie in anderen Bundesländern und die Gefahren durch z. B. den islamistischen Terrorismus bundesweit anerkannt werden, fordern wir auch für die Polizeibeamtinnen und -beamten in Niedersachsen eine Erhöhung der Erschwerniszulagen auf die Höhe der Bundesregelungen.

b.) Erschwerniszulagen für Schichtdienst / Dienst zu ungünstigen Zeiten / Taucherzulage / Zulage für fliegendes Personal:

Diese Vergütung wird derzeit noch im Bundesbesoldungsgesetz in Verbindung mit der Erschwerniszulagenverordnung geregelt.

Seit der Einführung der Wechselschichtzulage im Jahr 1991 wurde diese mehrere Jahre nicht mehr erhöht. Das gilt auch für Zulagen an Samstagnachmittagen und Nachtdienste, die sich seit Jahren auf dem gleichen Niveau bewegen. Sie sind nicht dynamisch und deshalb von allgemeinen Besoldungserhöhungen ausgenommen.

Die GdP fordert daher:

  • Anhebung der Zulage für DUZ auf mindestens 5,00 €/Std.
  • die Gewährung der Polizeizulage darf nicht zu einer Halbierung der Schicht- und Wechselschichtzulage führen
  • teilzeitbeschäftigte Beamtinnen und Beamte müssen analog den Tarifbeschäftigten die ungekürzte Schicht- und Wechselschichtzulage erhalten, wenn die Voraussetzungen für die volle Gewährung der Zulage erfüllt sind
  • die Anzahl der Nachtarbeitsstunden darf nicht mehr ausschlaggebend für die Gewährung der Schicht- und Wechselschichtzulage sein
  • eine entsprechende Anpassung der Erschwerniszulage in der prozentualen Erhöhung wie für die Zulage gem. § 22.

VIII Ruhegehaltsfähigkeit der Polizeizulage:

Durch das Versorgungsreformgesetz 1998 ist auch die Ruhegehaltsfähigkeit der Polizeizulage eingeschränkt worden. Den Wegfall der Ruhegehaltsfähigkeit mit der Notwendigkeit von Einsparungen bei den Versorgungslasten zu begründen, wird der besonderen Situation der Polizeibeamtinnen und -beamten in Niedersachsen nicht gerecht. Mit der Polizeizulage werden u. a. die besonderen Belastungen im Vollzugsdienst abgegolten. Diese bestehen heute noch, auch aufgrund der zurzeit zunehmenden Aggressivität gegenüber Polizeibeamten (jüngste Beispiele: Hinterhalt in Köln/Bremen und Schießen auf PB in Hildesheim) weiterhin.

Lediglich in Bayern und Rheinland-Pfalz wurden Übergangsregelungen bis zum Jahre 2010 geschaffen.

Die GdP fordert daher:

  • die Wiedereinführung der Ruhegehaltsfähigkeit der Polizeizulage.

IX Rücknahme der Erhöhung der Altersgrenze auf 62 Jahre: Die Erhöhung der Altersgrenze auf nunmehr 62 Jahre wurde begründet mit der Einführung des Digitalfunks in Niedersachsen. Insbesondere dienstältere Kolleginnen und Kollegen, die genaue Vorstellungen hinsichtlich ihrer letzten Dienstjahre hatten, mussten abrupt ihre Planungen ändern. Einen besseren Weg zeigt die Bayerische Landesregierung auf. Dort entspricht der Übergangszeitraum für die Anhebung der Altersgrenze dem der Rentenregelung.

Aufgrund der unterschiedlichen Lebensplanungen kann sich die GdP ein flexibles System im Zusammenhang mit der Altersgrenze vorstellen. Viele Kolleginnen und Kollegen haben den Wunsch länger zu arbeiten. Viele haben jedoch auch den Wunsch, mit 60 Jahren auszuscheiden. Nach unserer Auffassung kann man diese beiden Möglichkeiten planbar für das Land gestalten.

Die GdP fordert daher:

  • die Rücknahme der Erhöhung der Altersgrenze auf 62 und
  • eine Möglichkeit der freiwilligen Flexibilisierung.


Unsere Kolleginnen und Kollegen setzen sich täglich großen Gefahren aus. Das Land nimmt das als selbstverständlich hin.

Es ist Zeit, etwas für die Polizei und die Attraktivität des Berufes zu tun. In einer Kampagne werden wir im Herbst das Thema DUZ aufgreifen.


Bernhard Witthaut

Landesvorsitzender


(1) Der 2007 gestartete Bachelor-Studiengang „Öffentliche Verwaltung“ an der FH Osnabrück dient primär der Nachwuchsgewinnung für die Kommunen. Da das Land nicht mehr selbst für den gehobenen allgemeinen und Polizeiverwaltungsdienst ausbildet, gleichwohl aber Bedarf hat, wirbt nun auch das MI aktiv um die Absolventen in Osnabrück. (Wir berichteten in DP 4/2008, Seite 3 und 9/2008, Seite 8). Bereits jetzt gibt es den Wunsch, das Angebot auszuweiten: „Wir sind sehr daran interessiert, diesen Studiengang noch attraktiver zu gestalten“, sagt Dirk Verleger, Personalreferent im niedersächsischen Innenministerium.“ (Meldung der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) vom 29.08.2008) (Red.)

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Das Attraktivitätsprogramm der GdP Niedersachsen in der Textlangfassung steht hier zum Download bereit (PDF, 64 KB):

20081022_GdP_NI_AttraktivitProg_Okt_2008.pdf

 





 

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