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Landtag greift Forderung der GdP auf

Distanz-Elektro-Impuls-Geräte (DEIG) werden bei der PI Trier getestet

Mainz.

Seit Jahren beschäftigt uns das Problem geeigneter Einsatzmittel, die den Angreifer auf Distanz kampfunfähig machen ohne das Risiko von ernsthaften Verletzungen oder gar tödlichen Folgen einzugehen. Eine der Optionen war stets das Distanz-Elektro-Impuls-Gerät (DEIG). Frühere Varianten erfüllten nie die von uns geforderten Kriterien nach zuverlässiger Wirkung und sicherer Handhabung.

Die Weiterentwicklung des DEIG durch die US-Firma Taser führte zu erneuter Diskussion in den GdP-Fachausschüssen Technik (Robert Dörflinger) und Schutzpolizei (Tina Horn).

In der Folge schrieb GdP-Landesvorsitzender Ernst Scharbach am 1.4.2016 an Innenminister Roger Lewentz:

„Die GdP bittet Sie, eine umfassende Prüfung zur Verwendung von Elektroimpulsgeräten im polizeilichen Alltag für die Polizei in Rheinland-Pfalz zu veranlassen.

Aus unserer Sicht muss wegen der Komplexität des Themas eine detaillierte Betrachtung erfolgen. Neben rechtlichen Gesichtspunkten müssten Fragen hinsichtlich - Taktik, Ausbildung, Verfügbarkeit und Einsatz – intensiv erörtert und abgestimmt werden. Wir sind uns der Tatsache bewusst, dass bisher die Einsatzoption in Rheinland-Pfalz nur bei unseren Spezialeinheiten zugelassen wurde, dennoch halten wir eine breit angelegte und umfängliche Bewertung für die Verwendung im Polizeialltag für notwendig.

Wichtig sind für uns auch die Aspekte der Fürsorge und des besonderen Schutzes für unserer Kolleginnen und Kollegen.“


Hier die Antwort von Minister Lewentz an die GdP vom 16.6.2016:

„vielen Dank für Ihr Schreiben vom 1. April 2016, in dem Sie eine umfassende Prüfung der Verwendung von Distanz-Elektroimpulsgeräten im polizeilichen Alltag für die Polizei des Landes Rheinland-Pfalz vorschlagen.

Zurückliegend kam es zu mehreren (Messer-)Angriffen auf Polizeibeamtinnen und -beamte, wobei diese von der Schusswaffe Gebrauch machen mussten und den Angreifer tödlich verletzten.
- 27.04.2015 in Grünstadt (Landkreis Bad Dürkheim)
- 04.05.2016 in Ludwigshafen
- 06.05.2016 in Brachbach (Landkreis Altenkirchen)
Am 03.01.2016 griff eine Person die eingesetzten Polizeibeamten in Budenheim mit einem Hammer an. Letztendlich konnten den Angriff nur gezielte Schüsse gegen die Beine stoppen.

Im Nachgang zu diesen Fällen wurde erneut die Frage aufgeworfen, ob Distanz Elektroimpulsgeräte ein geeignetes Einsatzmittel sein können, um effektiv auf den Täter einzuwirken. Das Risiko tödlicher Verletzungen ist im Vergleich zum Schusswaffengebrauch geringer. Der Taser könnte eine “Lücke“ zwischen dem Einsatz von Schlagstock/Pfefferspray und der Schusswaffe schließen.

Um dieser Fragestellung auf den Grund zu gehen, ist beabsichtigt, zeitnah eine landesweite Arbeitsgruppe einzurichten und damit zu beauftragen, aufbauend auf einer umfassenden Lageanalyse (u. a. Erhebung potentieller Einsatzmöglichkeiten) zu prüfen, inwieweit der Einsatz von Distanz-Elektroimpulsgeräten im Wechselschichtdienst möglich ist und unter welchen konkreten Voraussetzungen diese erprobt werden sollten. Bei der o. g. Prüfung sollen insbesondere die Bereiche Taktik, Recht, Aus- und Fortbildung und Ausstattung berücksichtigt werden. Im Anschluss ist ein entsprechendes Pilotprojekt bei einer geeigneten Polizeiinspektion mit anschließender Evaluation vorgesehen. Im Zuge der Untersuchungen der Arbeitsgruppe soll auch die Notwendigkeit von durchstichsicheren Schutzwesten mitbetrachtet werden.“

MdL Martin Brandl (CDU) brachte das Anliegen als Antrag (Ds. 17/139) in den Landtag:

„Der Anstieg der Übergriffe auf rheinland-pfälzische Polizeibeamte im Streifendienst hat Auswirkungen auf die Frage, ob die Polizei in unserem Land auch mit den richtigen Einsatzmitteln für die entsprechenden Einsatzlagen ausgestattet ist. Leider mussten Polizeibeamte in letzter Zeit aus Gründen des Selbstschutzes – insbesondere bei Messerangriffen – zur Schusswaffen greifen, was oftmals tödlich für den Angreifer endete. Dies hat in einer Vielzahl von Fällen auch traumatische Konsequenzen für den betreffenden Beamten zur Folge. Seitens der Polizeigewerkschaften wird deshalb ein neues Einsatzmittel gefordert, das die derzeitige Lücke zwischen Pfefferspray und Waffe schließen soll. Hier wird insbesondere auf Elektroimpulsgeräte hingewiesen, welche in vielen europäischen Ländern für die genannten Einsatzlagen mit großem Erfolg und geringer Verletzungsquote eingesetzt werden.

Zum Schutz der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, aber nicht zuletzt auch der vom Einsatz Betroffenen sollte deshalb geprüft werden, ob ein solches neues Einsatzmittel bei der rheinland-pfälzischen Polizei eingeführt werden sollte.

Vor diesem Hintergrund fordert der Landtag die Landesregierung auf zu prüfen, inwieweit ein neues Einsatzmittel zwischen Pfefferspray und Schusswaffe geeignet wäre, den Schutz der im Einsatz befindlichen Beamtinnen und Beamten, aber auch der vom Einsatz Betroffenen zu verbessern.“

In seiner Sitzung vom 22. Juni 2016 folgte der Landtag einhellig dem Prüf-Antrag der CDU. Die GdP freut sich über die sachorientierte und fraktionsübergreifende Diskussion. Der Praxistest in der PI Trier wird zeigen, ob das DEIG tatsächlich den Anforderungen genügt – und ob es wirklich hält, was man sich davon verspricht.

Im Internet finden sich viele Videos aus den USA, in denen der Einsatz des DEIG in Realsituationen gezeigt wird. Auf der einen Seite zeigen sie die hohe Wirkung, auf der anderen Seite aber auch Anwendungen, die man durchaus ‚kritisch‘ sehen kann.

Ernst Scharbach: „Was vielen Befürwortern und Kritikern aber nicht klar scheint: Wir sind nicht in den USA und die Anwendung von körperlicher Gewalt, den Hilfsmitteln körperlicher Gewalt, von Waffen und Schusswaffen ist in Deutschland strengsten Regeln unterworfen. Nicht nur die taktischen, sondern auch die rechtlichen Folgen müssen im Piloten eingehend beleuchtet werden.“

Auch hier gilt für die GdP: „Sorgfalt vor Eile!“