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Große Aufregung an der Hochschule der Polizei

Es drohen Zwangsversetzungen GdP: „Alle Hebel in Bewegung setzen“

Mainz.

Wegen nicht zutreffender Prognosen des Personalbedarfs der Behörden und Einrichtungen der Polizei drohen für das Jahr 2017 in großer Anzahl Verwendungen außerhalb der Einstellungspräsidien. Die GdP bemüht sich um Lösungen. Innenminister Lewentz will sich des Themas annehmen.

Der Hintergrund

Über Jahrzehnte hinweg, bis ins Jahr 2002, wurden Bewerber/innen landesweit eingestellt und nach der Ausbildung in die Polizeibehörde oder –einrichtung (BuE) versetzt, die zu diesem Termin den meisten Bedarf hatte. Da es aus dem Westen des Landes mehr Auszubildende gab als aus dem Osten, mussten zu jedem Versetzungstermin in großer Zahl Kolleg/innen im Rheingraben Dienst tun, die eigentlich nach Westen wollten. Dies führte zu viel Frust, Ärger und einer landesweiten Versetzungsliste, auf der sich über 2.000 Kolleg/innen wiederfanden. Die Wartezeiten betrugen 20 Jahre und mehr. In mühsamen Verhandlungen der GdP mit dem Ministerium und der Intervention von Landtagsabgeordneten gelang es schließlich im Jahre 2001 die Einstellungspraxis zu ändern. Seither wird – lange ersehnt - für die jeweiligen Präsidien eingestellt.

Aufwändiges Verfahren vor der Einstellung

Allerdings geht nun den Einstellungen für die Polizeipräsidien ein kompliziertes und aufwändiges Verfahren voraus. Ein Jahr vor der Einstellung muss berechnet werden, wie viele Kolleg/innen fünf bis sechs Jahre später wo benötigt werden.
Die sechs Jahre Vorausschau ergeben sich aus:
    • ein Jahr Auswahlverfahren,
    • drei Jahre Studium,
    • in der Regel 2 Jahre Verwendung bei der Bereitschaftspolizei.

Dazu mussten die BuE ihren voraussichtlichen Bedarf berechnen. Die Berechnung fußt auf folgenden Parametern:
    • Zahl der Pensionsabgänge,
    • Zahl der Kolleg/innen, die die rheinland-pfälzische Polizei verlassen,
    • Zahl der Kolleg/innen, die die Pensionsgrenze nicht erreichen,
    • Zahl der Kolleg/innen, die vorzeitig in die Pension gehen oder aber ihren Dienst verlängern.

Zu jedem Präsidium hinzugerechnet wird dann der voraussichtliche Bedarf des Landeskriminalamtes, der Bereitschaftspolizei, der Wasserschutzpolizei, der Zentralstelle für Polizeitechnik, der Hochschule der Polizei, der Landespolizeischule, des Verfassungsschutzes und des Innenministeriums. Nicht berechnen lässt sich der Bedarf bei Auslandsmissionen. Ebenfalls bleibt zum Berechnungszeitpunkt unbekannt, welche Schwerpunkte die Politik auf Grund aktueller Ereignisse setzen muss, wie zuletzt z.B. während der Flüchtlingskrise oder des aufflammenden Terrorismus.
Ebenfalls unbekannt bleibt zwangsläufig wo die Studierenden herkommen, die den Studienabschluss aus den unterschiedlichsten Gründen nicht erreichen.

Das Problem „Zwangs“- Versetzung

In den letzten Tagen schälte sich heraus, dass die Einstellungszahlen für die Präsidien, bezogen auf ihren Bedarf am 1. Mai 2017, stark in Schieflage geraten sind. Für die Präsidien Trier und Westpfalz wurden zu viele eingestellt; für das Präsidium Koblenz erheblich zu viele. Im Gegensatz dazu reicht die Zahl der Absolvent/innen nicht aus, um die Bedarfe der Präsidien Mainz und Ludwigshafen zu erfüllen.

Verschärft wird die Situation durch die Entscheidung aus dem Koalitionsvertrag, die Einstellungszahlen auf 250 pro Studiengang, also 500 pro Jahr, anzuheben. Die Hundertschaften der BePo sind nicht in der Lage, jedes halbe Jahr 250 Kräfte aus dem operativen Dienst in den Einzeldienst zu versetzen und als Ersatz 250 Absolvent/innen der HdP aufzunehmen. Bei einem solch kurzfristigen Austausch würde die Einsatzfähigkeit der BePo in sich zusammenbrechen. Daher strebt die BePo seit Jahren eine Verwendungszeit in den Hundertschaften von drei bis fünf Jahren an. Im Ergebnis müssen nun Absolvent/innen der HdP unmittelbar, also ohne Verwendung bei der BePo, in den Einzeldienst versetzt werden. Die Einstellungsplanung, die bei den Studiengängen 6 Jahre zu Grunde gelegt hatte, trifft nun bereits 2 Jahre früher auf den aktuellen Bedarf der Präsidien.

Bewusste Entscheidung für ein Präsidium

Unklar ist auch, wie am Ende die rechtliche Bewertung ausfallen wird. Die GdP verweist darauf, dass die Kolleginnen und Kollegen sich bewusst für die Einstellung bei einem ganz bestimmten Polizeipräsidium entschieden hatten. Wie tragbar dies als rechtlich verbindliche Zusicherung des Landes zu werten ist, muss geprüft werden. Im ersten Schritt wies das Innenministerium darauf hin, dass die Polizeibeamtinnen und –beamten den Rechtsstatus von „Landesbeamten“ innehaben, die auf Grund dienstlicher Notwendigkeiten landesweit eingesetzt werden können.

Der Leiter der HdP, Koll. Friedel Durben, informierte am 16. November die Studiengruppensprecher/innen des am 1. Mai 2017 zur Versetzung anstehenden 11. Studiengangs. Seither haben sich die JUNGE GRUPPE der GdP, Studiengruppensprecher, der Personalrat der HdP und einzelne Kolleg/innen mit ihren Sorgen und Befürchtungen an die GdP und den Hauptpersonalrat Polizei gewandt.

GdP fordert rasche Lösungen


GdP-Landesvorsitzender Ernst Scharbach nahm unmittelbar Kontakt mit dem Inspekteur der Polizei Jürgen Schmitt und den Leitern oder Vertretern der Behörden und Einrichtungen auf und mahnte umgehende Lösungen an.
Innenminister Roger Lewentz sagte im Gespräch zu, sich des Themas anzunehmen.
                  Wie üblich müssen wir einen möglichst gerechten Ausgleich zwischen den dienstlichen Notwendigkeiten
                  und den persönlichen Ansprüchen finden!

IdP Jürgen Schmitt, Direktor der HdP Friedel Durben und der Leiter der Bereitschaftspolizei Karl-Heinz Maron sagten eine umgehende Befassung mit der Situation zu. Zunächst müsse erhoben werden, welche Absolvent/innen möglicherweise freiwillig nach Mainz oder Ludwigshafen gehen möchten. Über die Jahre hinweg waren immer wieder Versetzungswünsche in den Studiengruppen geäußert worden. Es muss festgestellt werden, welche Kolleg/innen der Bereitschaftspolizei versetzt werden wollen und damit Platz für die Absolvent/innen frei werden. Ferner muss erhoben werden, wie lange die Schieflage andauern und über welchen Zeitraum sich eine Anpassung erstrecken wird.

"Es kann ja wohl nicht sein, dass die unvorhergesehenen Veränderungen und mögliche Fehlprognosen auf dem Buckel unserer jungen Kolleginnen und Kollegen ausgetragen werden! Notfalls muss zeitweise auch eine Unter- oder Überbesetzung einzelner Präsidien in Kauf genommen werden. Wir bestehen auf einer Erstverwendung im „Heimat“-Präsidium. Sollte es zum Einsatz in anderen Präsidien kommen, bestehen wir auf „Abordnungen“ und den dazu gehörenden finanziellen Ausgleich. Die unterbesetzten Präsidien sehen wir in der
              Pflicht, für die Übergangsphase Wohnraum zu organisieren."

"Auf die Präsidien Mainz und Rheinpfalz wird deutlicher Mehraufwand zukommen. Die abgeordneten Kolleginnen und Kollegen müssen weiter am Versetzungsgeschehen teilnehmen, also alle halbe Jahre ausgetauscht werden, sobald die Verwendung im Heimatpräsidium durch Personalabgänge möglich ist.“

„Es ist absolut ärgerlich, was nun auf die Absolvent/innen zunächst des 11. Studiengangs zukommt“, stellt GdP-Landesvorsitzender Ernst Scharbach fest.

"Die Interessenabfragen bei der HdP und der BePo werden sich über Wochen hinziehen, selbst wenn jetzt sofort damit begonnen wird. Man muss sich vor Augen halten, was es bedeutet, erst kurz vor dem 1. Mai zu erfahren, wo der künftige Dienstort sein soll. Wir werden alle Hebel in Bewegung setzen, um eine möglichst rasche Entscheidung im Sinne aller zu erreichen!"