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Sieben Denkanstöße:

GdP fordert rasches Attraktivitätsprogramm für die Kriminalpolizei.

Mainz.

Der Fachausschuss Kriminalpolizei und der GdP-Landesvorstand rufen dazu auf, die Funktionsfähigkeit der Kriminalpolizei zu sichern und die Arbeit im Kriminaldienst für junge Leute in der Polizei und externe Fachleute attraktiver zu machen.

DIE LAGE:
  • In allen Dienststellen – egal ob ZKI, RKI im Mutterhaus, KI in der Fläche, PI oder LKA – klagen Mitarbeiter wie Führungspersonal, dass sie den wachsenden Herausforderungen durch die Komplexität der Arbeit mit dem zur Verfügung stehenden Personal nicht mehr gewachsen sind. In Schlagworten: Internationale (Einbrecher)-Banden, Qualitätsanforderungen, IT-basierter Massenbetrug, Smart-Phone-Auswertung, Massendatenauswertung, Funkzellen-/TKÜ-Beschlüsse, Opferrechte, Terrorgefahr und und…
  • Schwerpunktbildungen (Beispiel: Internationale Banden) reißen an anderen Stellen der AAO unvertretbare Löcher. Vorhergehende erfolgreiche Schwerpunktbildungen sterben mangels Personal ab.
  • In Teilen ist eine heftige Konkurrenzdiskussion zu erleben. Die Personalzumessungsberechnung wird grundsätzlich – immer im Sinne der jeweiligen Betrachtungsweise – in Frage gestellt.
  • Die GdP registriert in manchen Dienststellen eine Abwärtsspirale bei Stimmung und Arbeitszufriedenheit, die sich womöglich auch auf BA-Praktikanten und potentielle Bewerber überträgt und – in Kombination mit dem Arbeitsdruck - abschreckend wirkt.
  • Gleichzeitig beklagen die Polizeipräsidien und das LKA zunehmend einen Mangel an Bewerbern für die Arbeit bei der Kriminalpolizei.
  • Die Behauptung macht die Runde, dass junge Leute durch den Wechsel zur Kriminalpolizei in ihren Entwicklungsmöglichkeiten beschränkt würden; naheliegender Weise geht es in dieser Diskussion insbesondere um die Beförderung nach A 10.
  • Während in anderen Ländern Fachleute, beispielsweise IT-Spezialisten, mit der Bezahlung nach A 12/13 oder E 12/13 geworben und in der Polizei gehalten werden können, gibt es derartig attraktive Angebote in Rheinland-Pfalz bisher nicht. Mit A 10 Stellen kann das nicht gelingen.


DIE SIEBEN DENKANSTÖSSE DER GdP:


VOR DER KLAMMER: Es ist interessant, abwechslungsreich und anspruchsvoll in der Kriminalpolizei zu arbeiten. Die Arbeit muss mit der Digitalisierung und Internationalisierung der Kriminalität Schritt halten und ist - wie die Arbeit der Polizei insgesamt – von existenzieller Bedeutung für die Verteidigung des Rechtsstaates. In der Alltagsarbeit ebenso, wie in herausragenden Lagen. Die „Marke“ Kriminalpolizei muss erhalten, gepflegt und ausgebaut werden.


Zur Erreichung dieser Ziele müssen in naher Zukunft diese Thesen, Ziele und Maßnahmen Beachtung finden:

1. PERSONAL
    Die Personalstärke der Polizei gehört insgesamt auf den Prüfstand. 10.000, statt derzeit 9.000 VZÄ sind erforderlich, um den Herausforderungen gerecht zu werden. Von den zusätzlichen 1000 Polizeistellen müssen etwa 300 auf die Kriminalpolizei entfallen, um sachgerechte Ermittlungsarbeit leisten zu können und nicht ganze Kriminalitätsfelder (Beispiele: Cybercrime, Wirtschaftskriminalität) dem Rechtsstaat entgleiten zu lassen.
2. SPEZIALISTEN
    Wir brauchen attraktive Beschäftigungsmöglichkeiten (A 12/13, E 12/13) für Spezialisten im Nichtvollzugsdienst, die die Polizeiarbeit wirkungsvoll unterstützen. Von einem groß angelegten Programm, das von der Entlastung des Wechselschichtdienstes bis zur Einstellung von Polizeiärzten reicht, wären 100 bis 120 im kriminalpolizeilichen Bereich anzusiedeln. Den breitesten Raum bietet dabei der IT-Bereich. Ein berufsbegleitendes Zusatz-Polizeistudium könnte sich im Einzelfall anbieten.
3. AUS- und FORTBILDUNG
    Das Bachelor-Studium an der rheinland-pfälzischen HdP ist ein Erfolgsmodell und bezieht die Kriminalpolizei schon früh ein. Es handelt sich um die polizeiliche Basisausbildung, auf die spätere Spezialisierungen und Fortbildungen aufgesetzt werden, auch die theoretische und praktische Qualifizierung für die Kriminalpolizei.

    Dem hohen Spezialisierungsgrad der polizeilichen Arbeit muss die Möglichkeit der qualifizierten Aus- und Fortbildung zur Realisierung von Fachkarrieren gegenüber stehen. Die GdP schlägt hierzu die Einrichtung berufsbegleitender Studiengänge vor.
4. RAHMENRICHTLINIE nutzen
    Die aktuelle Rahmenrichtlinie ist grundsätzlich geeignet, die Übernahme in die Kriminalpolizei zu regeln, geht aber nicht von der derzeitigen Realität eines Bewerbermangels, sondern von einem Bewerberüberangebot aus. Die gegebenen Ausnahmemöglichkeiten sollten von den BuE aktiv genutzt werden.

    HdP-Absolventinnen und Absolventen mit besonderen privat erworbenen Qualifikationen, beispielsweise in den Bereichen Steuerberatung, Bankenwesen oder Informationstechnologie, sollte frühzeitig die Möglichkeit des Wechsels in die Kriminalpolizei angeboten werden können. Die fehlende Einzeldiensterfahrung könnte durch ein gezieltes Hospitationsprogramm kompensiert werden.

    Bei schlechter Bewerberlage in den BuE könnte im Einzelfall in der Ausschreibung von den zwei Jahren Einzeldiensterfahrung als Voraussetzung abgewichen werden. Auch in solchen Fällen wären zum Ausgleich gezielte Hospitationen über den Durchlauf hinaus ein probates Mittel.
    Die Teilnahme von langjährig in kriminalpolizeilichen Bereichen oder etwa im Bereich des GSG-Jugend beschäftigten Kolleginnen und Kollegen des Bewährungsaufstiegs am Auswahlverfahren sollte möglich sein.

    Die Bewerber und Bewerberinnen wollen konkreter wissen, was auf sie zukommt. Freie Stellen bei der Kripo sollten ganz gezielt ausgeschrieben werden und nicht umfassend und diffus die „Übernahme in die Kriminalpolizei beim PP XY“.

    Durch die vorgeschriebene Verwendung für drei Monate im Dauerdienst werden geeignete Bewerber peripher gelegener Dienststellen abgeschreckt, hier könnte das Ziel auch anderweitig erreicht werden, beispielsweise durch verstärkte Verwendung in Präsenzdienstmodellen. Regelmäßig verfügen Bewerberinnen und Bewerber entlegener Dienststellen allerdings ohnehin über ausgeprägte Erfahrungen beim Ersten Angriff in K-Lagen.
5. AKTIVE NACHWUCHSWERBUNG
    Die Inspektionen und Direktionen müssen noch stärker Verantwortung für die Nachwuchswerbung übernehmen. Im PP Mainz werden bereits gute Erfahrungen mit dienststellenbezogenen Auswahlverfahren auf Direktionsebene gemacht.
    Schon der Umgang mit den BA-Praktikanten muss auf die veränderte Situation ausgerichtet werden; Talentsuche ist angesagt und persönliche Ansprache. Das gilt auch für die gezielte Kommunikation mit Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeitern der Polizeiinspektionen, die beispielsweise besonders gute Arbeit im Ersten Angriff zeigen.

    Informationsveranstaltungen der aufnehmenden Dienststellen – in solidarischer Absprache mit den potenziell abgebenden Dienststellen – im Vorfeld von Ausschreibungen haben sich als zielführend erwiesen. Allgemein informierend über das Berufsbild, aber auch über konkret kurz- und mittelfristig frei werdende Stellen.

6. BEFÖRDERUNGEN und FUNKTIONSBESCHREIBUNG
    Die Gleichbehandlung bei Beförderungen muss sichergestellt werden. Es werden Personen befördert, nicht Dienststellen. Die Behörden haben den Auftrag, Verwerfungen zu vermeiden. Die alsbaldige Einführung der Regelbeförderung nach A 10 würde das Problem spürbar verkleinern.

    Die BuE sind gefordert, sachorientiert, wertschätzend und vorausschauend von der übertragenen Kompetenz Gebrauch zu machen, herausgehobene Funktionen zu beschreiben und in der Folge bei den Funktionsbindungen zur Beförderung nach A 12 zu berücksichtigen.

7. SIGNALE der WERTSCHÄTZUNG und ANERKENNUNG
    Die großzügige Ausstattung der Kriminalpolizei mit geeigneter Arbeitsschutzkleidung von guter Qualität würde als Zeichen der Wertschätzung der gesamten Organisationseinheit wahrgenommen.

    Die Einführung (Wiedereinführung) einer K-Zulage wäre nicht nur ein Zeichen, sondern würde auch bei Wirtschaftlichkeitsüberlegungen eine Rolle spielen – insbesondere bei jungen Menschen, die vor der Entscheidung stehen, auf die WSD-Zulage und den „DUZ“ zu verzichten.

    Fahndungseinheiten mit hohem Nachtdienstanteil und in hohem Maße fremd bestimmten Dienstzeiten sollten ein Äquivalent zur WSD-Zulage erhalten. Das Modell der zeitlichen Faktorisierung besonders belastender Zeiten würde auch außerhalb des WSD Anerkennung zum Ausdruck bringen.

HINTER DER KLAMMER: Wir haben in nahezu allen Bereichen Personalprobleme und kommen nur im solidarischen Geleitzug weiter. Wir sind EINE POLIZEI und lassen uns nicht auseinanderdividieren.