Zum Inhalt wechseln

Arbeitsfähigkeit und Attraktivität der Kriminalpolizei:

Erneuter GdP-Vorstoß beim Polizei-Abteilungsleiter und den Chefs der Polizeibehörden und -einrichtungen

Mainz.

Bereits mehrfach haben der Fachausschuss Kriminalpolizei und der GdP-Landesvorstand dazu aufgerufen, die Funktionsfähigkeit der Kriminalpolizei zu sichern und die Arbeit im Kriminaldienst für junge Leute in der Polizei und externe Fachleute attraktiver zu machen. Jetzt hat der Leiter der Polizeiabteilung Joachim Laux die GdP in die Klausurtagung mit den Leitern der Behörden und Einrichtungen eingeladen, um zum Thema zu vorzutragen. GdP-Sekretär Markus Stöhr nutzte die Gelegenheit zur umfassenden und klaren Darstellung der GdP-Forderungen.


A: DAS FAZIT VORNEWEG…
  • Für die ATTRAKTIVITÄT DER KRIMINALPOLIZEI sind Schlagworte wie „Direktzugang“ oder „Y-Ausbildung“ nicht entscheidend.
    Für Fragen der Attraktivität der Kriminalpolizei spielt viel mehr eine Rolle, als die Frage der frühzeitigen Übernahme mit der vollkommen verfehlten und irreleitenden ÜBERSCHRIFT „DIREKTEINSTIEG“.
    • ENTSCHEIDEND FÜR ATTRAKTIVITÄT SIND ANERKENNUNG UND WERTSCHÄTZUNG sowie deren sichtbare Zeichen:
        • Gratifikation und Zulagen, insbesondere Regelbeförderung nach A 10 und „K-Zulage“
        • Personalausstattung und Belastungsausgleich (Erholungsmöglichkeit),
        • Berufliche Perspektive (z.B. Fachkarriere) und professionelle Arbeitsmöglichkeiten (z.B. IT-Architektur)
        • Ausstattung und Arbeitsschutz, Persönliche Schutzausstattung, adäquate Arbeitszeitregelungen, Angebot zur Supervision.
    • Die in den letzten Jahren entstandenen und teilweise noch anhaltenden PROBLEMSTELLUNGEN BEI DER NACHWUCHSGEWINNUNG für die Kriminalpolizei haben ihre Ursache hauptsächlich in der demografischen Situation der Polizei. Wenn die einschlägige Altersgruppe in einer Behörde so gut wie nicht vorhanden ist, wird es schwierig. Die demografische Zusammensetzung des Personals ist allerdings ganz grundlegend in Veränderung. Es ist in allen Präsidien absehbar, dass die als Zielgruppe in Frage kommende Alterskohorte stark vertreten sein wird.
    • Im Interesse der jungen Kolleginnen und Kollegen und der Organisation gleichermaßen sollte über den Wechsel in die Kriminalpolizei – auf eine Stelle in der Kriminalpolizei – auf einer BREITEN UND SOLIDEN BASIS entschieden werden. Also nach dem Studium und nach einer hinreichend langen beruflichen Erfahrung. Nur so ist eine fundierte Entscheidung mit Konsequenzen für viele Jahre möglich.
        • Ausnahmen sind nur in Einzelfällen zielführend, wenn beide Seiten sicher sind, das Richtige zu tun.
    • Die bisher bereits praktizierten besonderen ÜBERNAHMEN BESONDERER BEWERBER sollten aus dem Dunkelfeld geholt werden und ebenso korrekt wie transparent als Stellenbesetzung gehandhabt werden.
    • DIE ÜBERNAHMERICHTLINIE sollte in diesem Sinne behutsam fortgeschrieben und evaluiert werden. Dabei bleibt es grundsätzlich bei den ERFAHRUNGSVORAUSSETZUNGEN und bei dem beschriebenen AUSWAHLVERFAHREN.
      • Vor dem Hintergrund der aufbau- und ablauforganisatorischen Änderungen im Zusammenhang mit der Einrichtung des PP ELT sollten die INHALTE UND VERLÄUFE DES BA-STUDIENGANGS behutsam fortgeschrieben werden – Hinweise und Anregungen weiter hinten.
        • WER GEEIGNETES PERSONAL WILL, MUSS DARUM WERBEN. Das Bemühen um Nachwuchs muss während der Praktika der Studierenden beginnen. Permanente Talentsuche und gezielte Ansprache sind erforderlich. Der vom MdI herausgegebene Flyer ist ein gutes Signal.
          Die bereits praktizierten Beispiele in dieser Richtung sollten von den BuE auf Übernahme geprüft werden und könnten bei der Fortschreibung der Richtlinie eine Rolle spielen. Stichwort: Beschreibung des Auswahlverfahrens.



        B: DIE LAGE
        • In allen Dienststellen – egal ob Zentrale Kriminalinspektion, Kriminalinspektion im Mutterhaus, Kriminalinspektion in der Fläche, Polizeiinspektion oder LKA – klagen Mitarbeiter wie Führungspersonal, dass sie den wachsenden Herausforderungen durch die Komplexität der Arbeit mit dem zur Verfügung stehenden Personal nicht mehr gewachsen sind und den eigenen Ansprüchen nicht mehr gerecht werden können.
        • In Schlagworten: Internationale (Einbrecher)-Banden, Qualitätsanforderungen, IT-basierter Massenbetrug, Smart-Phone-Auswertung, Massendatenauswertung, Funkzellen-/TKÜ-Beschlüsse, Opferrechte, Terrorgefahr und und…
        • Schwerpunktbildungen (Beispiel: Internationale Banden) reißen an anderen Stellen der Organisation unvertretbare Löcher. Vorhergehende erfolgreiche Schwerpunktbildungen sterben mangels Personal ab.
        • In Teilen ist eine heftige Konkurrenzdiskussion zu erleben. Die Personalzumessungsberechnung wird grundsätzlich – immer im Sinne der jeweiligen Betrachtungsweise – in Frage gestellt.
        • Die GdP registriert in manchen Dienststellen eine Abwärtsspirale bei Stimmung und Arbeitszufriedenheit, die sich womöglich auch auf BA-Praktikanten und potentielle Bewerber überträgt und – in Kombination mit dem Arbeitsdruck - abschreckend wirkt.
        • Gleichzeitig beklagen die Polizeipräsidien und das LKA zunehmend einen Mangel an Bewerbern für die Arbeit bei der Kriminalpolizei.
        • Die Behauptung macht die Runde, dass junge Leute durch den Wechsel zur Kriminalpolizei in ihren Entwicklungsmöglichkeiten beschränkt würden; naheliegender Weise geht es in dieser Diskussion insbesondere um die Beförderung nach A 10.
        • Während in anderen Ländern Fachleute, beispielsweise IT-Spezialisten, mit der Bezahlung nach A 12/13 oder E 12/13 geworben und in der Polizei gehalten werden können, gibt es derartig attraktive Angebote in Rheinland-Pfalz bisher nicht. Mit A 10 Stellen kann das nicht gelingen. Der Doppelhaushalt 2017/18 bietet möglicherweise bereits neue Perspektiven.


        C: DIE FORDERUNGEN DER GdP

        VORAUSGESCHICKT:

        Den Themen Attraktivität der Kriminalpolizei, der Nachwuchswerbung und der Funktionalität der Kriminalpolizei wird man mit Schlagworten wie „Direktzugang“ oder „Y-Ausbildung“ nicht gerecht. Die monothematische Betrachtung der Aus- und Fortbildung alleine bringt auch nicht weiter. Es handelt sich vielmehr um vielfältige Problemstellungen und ein Zusammenwirken verschiedenster Bereiche.

        Vielmehr sind Themen wie Personalstärke, Ausstattung, Gratifikation, Wertschätzung, Arbeitsschutz oder berufliche Perspektive entscheidend für die Attraktivität einer beruflichen Tätigkeit, wie der in der Kriminalpolizei.


        1. PERSONAL

        ZITIERT

        Sachgerechte Ermittlungsarbeit braucht Personal – insbesondere vor dem Hintergrund der Digitalisie-
        rung von Kriminalität.
        Es muss dafür gesorgt werden, dass dem Rechtsstaat nicht ganze Kriminalitätsfelder entgleiten, beispielsweise Cybercrime, Wirtschafts- und Bandenkriminalität.

        Bernd Becker
        Stellv. Landesvorsitzender

          Die Personalstärke der Polizei gehört insgesamt auf den Prüfstand. 10.000, statt derzeit 9.000 VZÄ sind erforderlich, um den Herausforderungen gerecht zu werden. Die Planungen der Landesregierung (Koalitionsvertrag und Zusage der Staatskanzlei an die GdP) sehen bis 2021 und darüber hinaus ein Aufwachsen des Personals vor. Neben Wechselschichtdienst und Einsatz muss hieran auch die Kriminalpolizei teilhaben.

        2. SPEZIALISTEN

          Wir brauchen attraktive Beschäftigungsmöglichkeiten (A 12/13, E 12/13) für Spezialisten im Nichtvollzugsdienst, die die Polizeiarbeit wirkungsvoll unterstützen. Von einem groß angelegten Programm, das von der Entlastung des Wechselschichtdienstes bis zur Einstellung von Polizeiärzten reicht, wären 100 bis 120 im kriminalpolizeilichen Bereich anzusiedeln. Den breitesten Raum bietet dabei der IT-Bereich.
          Der bevorstehende Doppelhaushalt 2017/18 wird möglicherweise erste Ansätze in der richtigen Richtung (Stellen A 12 / A 13) beinhalten. Das bleibt zu beobachten und sinnvoll zu nutzen.
          Mit einem berufsbegleitenden Zusatz-Polizeistudium könnte ein weiteres konkurrenzfähiges Angebot an junge Menschen entstehen, die über ein einschlägiges Erststudium bereits verfügen.

        3. AUSBILDUNG

          Das Bachelor-Studium an der rheinland-pfälzischen HdP ist ein Erfolgsmodell und bezieht die Kriminalpolizei schon früh ein.

          Es handelt sich um die polizeiliche Basisausbildung, auf die spätere Spezialisierungen und Fortbildungen aufgesetzt werden, auch die theoretische und praktische Qualifizierung für die Kriminalpolizei und spezielle Arbeitsgebiete in Kriminal- und Schutzpolizei.

          Die derzeit absehbaren organisatorischen Veränderungen (PP ELT mit längerer Verweildauer in der „Bereitschaftspolizei“) und die Veränderung der Aufgabenlage hin zu einer ständig wachsenden Bedeutung der schutzpolizeilichen Arbeit bei Erstem Angriff und Sachbearbeitung in Strafsachen sollte bei der nächsten Fortschreibung des Curriculums sowie der Zeitansätze und Abläufe für den BA-Studiengang Beachtung finden.
        ANGEMERKT

        Die sogenannte „Y-Ausbildung“ wird allenthalben als Lösung aller Qualifikationsprobleme in die Diskussion gebracht.
        Der Begriff ist in Nordrhein-Westfalen entstanden, wo Beamtinnen und Beamte des Mittleren Dienstes der Schutzpolizei vor der Ausbildung für den gehobenen Dienst entscheiden mussten, ob sie für die Schutz- oder die Kriminalpolizei ausgebildet werden wollten.
        Für die sehr große NRW-Polizei seinerzeit eine durchaus nachvollziehbare Lösung, die mit der heutigen Situation der Hochschulausbildung als Basisausbildung allerdings nichts zu tun hat.

          Diese Weiterentwicklungen sind aus GdP-Sicht in die Überlegungen einzubeziehen:

          a) Das Ausbildungsmodul „Geschlossene Einheiten“ ist wegen der Inhalte (Interkulturelle Kompetenz, Ausländerrecht pp.) für alle Studierenden von Bedeutung, kann aber möglicherweise um BePo-spezifische Trainingsanteile gekürzt werden, die hinter den Versetzungstermin verlegt und verantwortlich durch die Bereitschaftspolizei für die dorthin versetzten Kolleginnen und Kollegen vermittelt werden.
          b) Die geringfügig entstehenden zeitlichen Freiräume werden in die allgemeine und individuelle Erlangung von ergänzenden Fertigkeiten und Erfahrungen genutzt.

          Eine Regelung, wonach die HdP eine Vorgabe hätte, aus jedem BA-Jahrgang ein vorgegebenes Quantum an Direktzugängen für die Kriminalpolizei zu generieren, lehnt die GdP nachdrücklich ab.

          Handlungsleitend ist, ob ein/e Studierende/r mit besonderen Fähigkeiten und Neigungen eine Ausnahmeregelung opportun erscheinen lässt.

          Siehe hierzu auch Ziffer 6 – Nachwuchswerbung.


          ZITIERT
          Sabrina Kunz
          Stellv. Landesvorsitzende

          Wer Vorschläge präsentiert, etwa die Module Verkehrskontrolle oder Unfallaufnahme zugunsten
          kriminalpolizeilicher Inhalte zu streichen, zeigt, dass ihm die Inhalte vollkommen unbekannt sind.

          ANGEMERKT

          Die hessische Landespolizei stellt – den Vorschlägen eines Partikular-Interessenverbandes folgend – direkt für die Kriminalpolizei ein.
          Es häufen sich dort die Fälle, in denen K-Studierende sich für eine Verwendung in der Schutzpolizei bewerben.
          Und es gehen Hinweise über Problemstellungen ein, die entstehen, wenn K-Absolventen ihre Erstverwendung im Kriminaldauerdienst haben, wo sie schwerpunktmäßig im Ersten Angriff gefordert werden und Gefahrenabwehrlagen zu bewältigen haben.

        4. FORTBILDUNG und FACHKARRIERE

          Dem hohen Spezialisierungsgrad der polizeilichen Arbeit muss die Möglichkeit der qualifizierten Aus- und Fortbildung zur Realisierung von Fachkarrieren gegenüber stehen. Die GdP schlägt hierzu die Konzeption von Fortbildungen und die Einrichtung berufsbegleitender Studiengänge vor.

        5. RAHMENRICHTLINIE FORTSCHREIBEN / AUSNAHMEN NUTZEN

            RICHTLINIE

            Die aktuelle Rahmenrichtlinie ist grundsätzlich geeignet, die Übernahme in die Kriminalpolizei zu regeln, geht aber nicht von der derzeitigen Realität eines Bewerbermangels, sondern von einem Bewerberüberangebot aus.


            ZITIERT
            Bernd Becker
            Stellv. Landesvorsitzender

            Die durchaus zahlreichen Ausnahmen von der Richtlinie sind bei uns nicht unbemerkt geblieben und waren sicher überwiegend
            sinnvoll. Was fehlt ist Transparenz.
            Genügend potenzielle Bewerber wird es in den kommenden Jahren in allen Präsidien geben.

            DEMOGRAFIE

            Hauptsächliche Ursache der Nachwuchsprobleme der Kriminalpolizei ist die demografische Situation der Polizei. Konkret: Beim PP Trier war in den letzten Jahren die Zielgruppe so gut wie nicht vorhanden. Das wird sich in diesem und den kommenden Jahren gravierend ändern. Es gibt also keinen Grund zur Panik, nur Grund zur überlegten Fortschreibung unserer Verfahrensweisen.
            HdP-Absolventinnen und Absolventen mit besonderen privat erworbenen Qualifikationen, beispielsweise in den Bereichen Steuerberatung, Bankenwesen oder Informationstechnologie, sollte frühzeitig die Möglichkeit des Wechsels in die Kriminalpolizei angeboten werden können. Die fehlende Einzeldiensterfahrung könnte durch ein gezieltes Hospitationsprogramm kompensiert werden.

            AUSNAHMEN NUTZEN

            Die gegebenen Ausnahmemöglichkeiten sollten von den BuE aktiv genutzt werden. Der Text der Vorschrift könnte an dieser Stelle behutsam fortgeschrieben werden, beispielsweise um die unten beschriebenen Fälle abzudecken.

            GRUNDSÄTZLICH 2 JAHRE ERFAHRUNG

            Bei schlechter Bewerberlage (die aber künftig kaum mehr vorstellbar ist) in den BuE könnte im Einzelfall in der Ausschreibung von den zwei Jahren Einzeldiensterfahrung als Voraussetzung abgewichen werden. Auch in solchen Fällen wären zum Ausgleich gezielte Hospitationen über den Durchlauf hinaus ein probates Mittel.
            Die Teilnahme von langjährig in kriminalpolizeilichen Bereichen oder etwa im Bereich des Gemeinsamen Sachgebiets Jugend beschäftigten Kolleginnen und Kollegen des Bewährungsaufstiegs am Auswahlverfahren soll ausnahmsweise möglich sein.

            GEZIELT AUSSCHREIBEN

            Die Bewerber und Bewerberinnen wollen konkreter wissen, was auf sie zukommt. Im Kern handelt es sich um einen Stellenbesetzung. Frei werdende Stellen bei der Kriminalpolizei sollten ganz gezielt ausgeschrieben werden und nicht umfassend und diffus die „Übernahme in die Kriminalpolizei beim PP XY“. Beim PP Mainz hat es sich bewährt, dass die Auswahlverfahren von den ausschreibenden Kriminalinspektionen durchgeführt werden, verbunden mit gezielten Werbemaßnahmen und umfangreichen Informationsangeboten. Das sollte in der Übernahmerichtlinie ausdrücklich vorgesehen oder zumindest erlaubt werden.

            AUSWAHLVERFAHREN BEIBEHALTEN

            Es besteht hingegen beim Auswahlverfahren selber allenfalls redaktioneller Fortschreibungsbedarf. Der Verzicht auf ein Auswahlverfahren ist keine Option.

            ENTLEGENE DIENSTSTELLEN

            Durch die vorgeschriebene Verwendung für drei Monate im Dauerdienst werden geeignete Bewerber peripher gelegener Dienststellen in großen Präsidien abgeschreckt, hier könnte das Ziel auch anderweitig erreicht werden, beispielsweise durch verstärkte Verwendung in Präsenzdienstmodellen. Regelmäßig verfügen Bewerberinnen und Bewerber entlegener Dienststellen allerdings ohnehin über ausgeprägte Erfahrungen beim Ersten Angriff in K-Lagen.

          6. AKTIVE NACHWUCHSWERBUNG

            Die Inspektionen und Direktionen müssen noch stärker Verantwortung für die Nachwuchswerbung übernehmen. Im PP Mainz (siehe oben) werden bereits gute Erfahrungen mit dienststellenbezogenen Auswahlverfahren auf Direktionsebene gemacht.
            Schon der Umgang mit den BA-Praktikanten muss auf die veränderte Situation ausgerichtet werden; Talentsuche ist angesagt und persönliche Ansprache. Das gilt auch für die gezielte Kommunikation mit Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeitern der Polizeiinspektionen, die beispielsweise besonders gute Arbeit im Ersten Angriff zeigen.

            Informationsveranstaltungen der aufnehmenden Dienststellen – in solidarischer Absprache mit den potenziell abgebenden Dienststellen – im Vorfeld von Ausschreibungen haben sich als zielführend erwiesen. Allgemein informierend über das Berufsbild, aber auch über konkret kurz- und mittelfristig frei werdende Stellen.

            Bereits während des Studiums an der HdP kann Nachwuchs-Sichtung betrieben werden. Diese bezieht sich insbesondere auf Studierende, die ein polizeiaffines Vorstudium oder spezielle Kenntnisse mitbringen – wie oben bereits erwähnt.
            Auch an dieser Stelle noch einmal: Eine Vorgabe an die HdP in jedem BA-Studiengang ein gewisses Quantum an Direkteinsteigern für die Kriminalpolizei zu generieren, lehnt die GdP nachdrücklich ab.

            Aus dem personalwirtschaftlichen Blickwinkel: Die Organisation Polizei profitiert erheblich davon, dass sie den Nachwuchs für die Kriminalpolizei aus einem bereits bekannten und zum Teil erfahrenen und bewährten Personenkreis rekrutieren kann. Dieser Vorteil sollte nur in begründeten Einzelfällen aufgegeben werden.
            Dies entspricht im Übrigen der seit Jahren geübten Praxis, welche von der GdP toleriert wurde, weil sie bei entsprechender Begründung unter die Ausnahmen der vorhandenen Richtlinie zu fassen gewesen wären.
            Die durch das MdI aufgelegte Kriminalpolizei-Broschüre ist in diesem Zusammenhang ein wichtiges Signal, für das die GdP dankbar ist.

          7. ORGANISATION UND BEWERTUNG

            Die Evaluation der so genannten Optimierung der Kriminalpolizei von 2012 ist dem Vernehmen nach auf gutem Weg. Das muss zu Ende gebracht werden, denn es ist mit entscheidend für Fragen der Attraktivität.

            An der Stelle hat der Dienstherr die gute Gelegenheit, ein Zeichen „wider die Gratifikationskrise“ und für angemessene Wertschätzung zu setzen. Die Frage nach der Anzahl der zu führenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steht bei der Kriminalpolizei nicht im Vordergrund, vielmehr die Verantwortung für die Bearbeitung hochkomplexer Ermittlungsverfahren auf dem Stand von Zeit, Recht und Technik.
            Die GdP fordert die Revision etlicher Entscheidungen von 2012 sowie die Beschreibung herausgehobener Sachbearbeitung in einigen Bereichen der Kriminal- und Schutzpolizei.
            Die Sicherheitsarchitektur wird sich in den kommenden Jahren verändern. Das Bundeskriminalamt richtet sich derzeit im EU-Kontext neu aus und erzeugt veränderte Schnittstellen zu den Landeskriminalämtern. Damit gehen digital dominierte neue Arbeitsweisen für Sachbearbeitung, Fallbearbeitung, Auswertung und Analyse einher.

            Mittel- bis langfristig wird eine organisatorische Überholung der polizeilichen Sachbearbeitung bei Schutz- und Kriminalpolizei unumgänglich sein. Täter- und Projektorientierung werden an Bedeutung weiter zunehmen.
            Für die Bewertung der in einem solchen System arbeitenden Menschen müssen angemessene Regelungen gefunden werden.

          8. BEFÖRDERUNGEN und FUNKTIONSBESCHREIBUNGEN
            Die Gleichbehandlung bei Beförderungen muss sichergestellt werden. Es werden Personen befördert, nicht Dienststellen. Die Behörden haben den Auftrag, Verwerfungen zu vermeiden und kommen dem durch gezielte „Verschiebung“ von Stellen auch oft nach.
            Die BuE sind gefordert, sachorientiert, wertschätzend und vorausschauend von der übertragenen Kompetenz Gebrauch zu machen, herausgehobene Funktionen zu beschreiben und in der Folge bei den Funktionsbindungen zur Beförderung nach A 12 zu berücksichtigen.


          9.

          REGELBEFÖRDERUNG NACH A 10

            Angesichts der künftigen Verwendungsverläufe in den ersten drei bis fünf Jahren nach Ernennung zum PK erscheint eine Regelbeförderung zum Oberkommissar (A 10) unumgänglich.
              n Eine Gruppe wird für drei bis fünf Jahre im Bereich der Bereitschaftspolizei verwendet.
              n Die größte Gruppe wird in den polizeilichen Einzeldienst versetzt und dort in aller Regel Wechselschichtdienst leisten.
              n Eine dritte Gruppe wird innerhalb dieser Zeit in die Kriminalpolizei wechseln.

            Alle Argumente, die bisher schon für eine Regelbeförderung nach A 10 gesprochen haben, verschärfen sich drastisch.
            Wie soll auch nur der Anschein von Gleichbehandlung erreicht werden?
            Wie wirkt sich diese Situation auf das Bewerberverhalten bei Versetzungen aus?
            Dem Eindruck ist vorzubeugen, dass einer der drei Wege bevorzugt oder gar zufällig in das erste Beförderungsamt führt.

            Kernsatz: Wenn ein Polizist oder eine Polizistin nach dem erfolgreichen Studium und der Ernennung zum Polizeikommissar oder zur Polizeikommissarin ein festzulegendes Maß an Erfahrung hat und sich in der Polizeiarbeit bewährt hat, muss die ernennungsähnliche Erstbeförderung nach A 10 erfolgen.


            ZITIERT

            Allein der Aufwand, der Jahr für Jahr für Beurteilung und Beförderung betrieben wird, schreit nach
            dessen Reduzierung. Mit einem vorübergehenden finanziellen Mehraufwand könnte die künftige Regelbeförderung nach A 10 realisiert werden.

            Dem Leistungsprinzip kann durch Verkürzung der Wartefrist für Bewerber mit besonders guten Lehrgangsergebnissen Rechnung getragen werden.

            Rechtlich sehen wir keine Probleme, denn anders als in anderen Verwaltungsbereichen ist bei der Polizei die Sachbearbeitung im Bündel von A 9 bis A 11 bewertet.

            Heinz Werner Gabler
            Stellv. Landesvorsitzender

          10. ARBEITSSCHUTZ, BEKLEIDUNG, BALLISTISCHER SCHUTZ

            Die Kolleginnen und Kollegen der Kriminalpolizei müssen bedarfsgerecht ausgestattet werden. Die Überschriften lauten:
              n Bekleidung
              n Arbeitsschutzkleidung und
              n Ballistischer Schutz

            DIE ZIELE:
              n In einem abgestuften Konzept (Gefährdungsbeurteilung) werden die Kolleginnen und Kollegen sachgerecht mit Kleidungsstücken von schützender oder taktischer Bedeutung ausgestattet:
                    o Schuhe / Handschuhe
                    o Wetterschutzjacke ggfls. auch Hose
                    o Erkennbarkeitsblouson oder –weste für den Einsatz
              n Gemäß einer durchzuführenden Gefährdungsbeurteilung sind Kolleginnen und Kollegen in den Bereichen Umweltkriminalität, Brandermittlung, Kriminaltechnik und Tatortarbeit mit geeigneter Schutzkleidung auszustatten.
              n Die Zuweisung persönlicher Schutzwesten wird auf Vollständigkeit überprüft. Für die Schutzwesten werden taktische Hüllen beschafft, die im Einsatz einerseits für Erkennbarkeit sorgen und andererseits zur Unterbringung von FEM dienen.
              n Bei der Zuweisung der in der Beschaffung befindlichen Überwurfschutzwesten und Helme mit erhöhter Schutzwirkung sind einschlägige Bereiche der Kriminalpolizei durch die BuE zu berücksichtigen.

            Mit konsequenter Ausstattung wird Fürsorge und Wertschätzung dokumentiert. Das gilt für die Kriminalpolizei in gleichem Maße, wie für den Wechselschichtdienst und andere Teile der Polizei.
            Solche Maßnahmen sind für die Attraktivität einer Organisation oder von Organisationsteilen von hoher Bedeutung.


          11. PSYCHISCHE GEFÄHRDUNGSBEURTEILUNG / SUPERVISION

            Vollkommen zu Recht hat die AG „Gesünder Arbeiten in der Polizei“ als zweite große Aufgabe vor der Brust, die Belastungen durch den Polizeidienst außerhalb des Problems der Arbeitszeiten zu untersuchen.
            Das betrifft neben der Bereitschaftspolizei und anderen Bereichen auch die Kriminalpolizei.

            ZITIERT

            Es bleibt keine Zeit für intensive Rechtsprüfungen, Fallbesprechungen oder die Erstellung kriminaltaktischer Konzepte.
            Dass hier keine gravierenden Fehler passieren und „nichts anbrennt“, haben wir nur dem Umstand zu verdanken, dass meine erfahrenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in aller Regel intuitiv das Richtige tun.

            Leiterin eines K / 2 - Sexualdelikte

            Seit Jahren fordert die GdP für besonders belastende Bereiche, wie Todesermittlungen, Brandermittlungen oder die Bearbeitung von Sexualdelikten die Einführung einer Supervision. Wegen Arbeitsverdichtung und Vorgangsdruck die Arbeit nicht nach den eigenen Ansprüchen ausrichten zu können, erzeugt nachhaltigen Stress.
            Es finden Belastungen statt, die oft (teilweise nach vielen Jahren) in eine massive Beanspruchung umschlagen und zum Zusammenbruch der Arbeitsfähigkeit führen. Das hat sehr oft auch mit Personalmangel zu tun.

          12. GRATIFIKATION / ZULAGEN

            Für einen jungen Menschen in einem Alter, in dem Familiengründung oder Hausbau virulent sind, spielt natürlich Geld eine Rolle. Vor dem Hintergrund des realen Kaufkraftverlustes der Gehälter im öffentlichen Sektor sind die Wechselschichtdienstzulage und die Vergütung für Dienst zu ungünstigen Zeiten wichtige Bestandteile des Familieneinkommens. Mit der Entscheidung des Wechsels in die Kriminalpolizei ist der Verlust von über 200,- Euro monatlich verbunden.
            Hinzu kommt die emotionale Dimension: Seinerzeit wurden der Wegfall von Fahndungspauschale und Kleidergeld als gravierende Einschnitte in Sachen Wertschätzung empfunden.
            Umgekehrt wäre die Einführung einer pauschal gezahlten „Kripo-Zulage“ ein enormes Zeichen für die Pflege des polizeilichen Markenkerns Kriminalpolizei und die dort beschäftigten Menschen.
            Fahndungseinheiten (o.ä.) mit hohem Nachtdienstanteil und in hohem Maße fremd bestimmten Dienstzeiten sollen ein Äquivalent zur WSD-Zulage erhalten. Eine solche Regelung, die auch für die geschlossenen Einheiten der Bereitschaftspolizei gefunden werden muss, wurde leider bei der zurückliegenden Novelle der Erschwerniszulagenverordnung nicht erreicht und ist überfällig.

          13. ARBEITSZEIT

            Was beim Wechselschichtdienst die Herausforderung ist, 24/7-Präsenz zu gewährleisten - Tag für Tag, Woche für Woche, oder was in der Bereitschaftspolizei, bei Fahndungs- Observation- oder Spezialeinheiten der unregelmäßige Dienst an Wochenenden ist, ist in der Kriminalpolizei die Fremdbestimmtheit des Arbeitseinsatzes in adhoc-Situationen oder das tage-, wochen- oder monatelange Engagement in Projekten, Ermittlungsgruppen oder Kommissionen. Nach Beendigung der herausragenden Ermittlungslage oder des Projekts wartet oft nicht die Erholungsphase durch Abbau der geleisteten Mehrarbeit, sondern der Alltagsbetrieb mit einem überbordend gefüllten Schreibtisch. Die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen faktisch und durch neue Formen der permanenten Erreichbarkeit. Lösungen werden diskutiert, sind aber nicht in Sicht.

            Eine auskömmliche Personalausstattung wäre der Zugang Nr. 1 zu diesem Problem. Der Dienstherr ist gefordert. Auch hier kann ein Grund dafür versteckt sein, dass junge Menschen in der Arbeit der Kriminalpolizei nicht ihre berufliche Zukunft sehen.
            Es gibt eine Methode, die für alle Bereiche der Polizei gleichermaßen geeignet wäre, Belastungen durch Arbeit zu gesundheitlich oder sozial besonders belastender Zeiten auszugleichen: Die zeitliche Faktorisierung dieser Arbeitszeiten analog des Tarifrechts.
            Im Hinblick auf die Attraktivität der Kriminalpolizei wäre der große Vorteil die Gleichbehandlung und die uneingeschränkte Wertschätzung durch den Dienstherrn.

            Andere Bereiche sind ebenso betroffen, zum Beispiel: Einsatzhundertschaften, nicht offen ermittelnden Polizeibeamtinnen und –beamten, Fahndungs- und Observationsgruppen, Spezialeinheiten.