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Polizei nicht kaputt sparen

von Jürgen Schlutter, Landesvorsitzender der GdP

Erfurt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich hoffe ihr hattet ein geruhsames und fröhliches Weihnachtsfest im Kreise eurer Familien und seid gut in das Jahr 2006 gerutscht. Sicherlich werden viele von euch auch an diesen Tagen ihren Dienst verrichtet haben und die Feiern nachgeholt haben. Trotzdem wünsche ich euch allen für das Jahr 2006 alles Gute, viel Erfolg und vor allem Gesundheit.



Ein ereignisreiches Jahr 2005 ist beendet und mit dem neuen Jahr 2006 werden sicherlich nicht weniger Aufgaben auf uns zukommen. Gerade das Jahr 2005 hatte es in sich. Umstrukturierungen unter dem Schlagwort „OPTOPOL“ war wohl das meist diskutierte Thema in der Polizei, in der Presse und auch unter den Politikern. Kurz vor Weihnachten wurde dann die erste Phase OPTOPOL abgeschlossen. So ging der Innenminister Dr. Gasser am 29.11.2005 ins Kabinett und am Nachmittag gab er eine Pressekonferenz über die mögliche neue Struktur der Thüringer Landespolizei. Ohne dass ich jetzt auf Einzelheiten eingehen möchte, war der Streithauptpunkt zwischen Gewerkschaften und Innenministerium/Kernteam die Anzahl der Polizeidirektionen. Wir als Gewerkschaft der Polizei waren bisher immer der Auffassung und haben diese auch öffentlich und aktiv vertreten, dass eine funktionierende Struktur, wie wir sie zurzeit noch in der Thüringer Polizei haben, nicht ohne Not aufgeben bzw. verändern muss. Diesen Standpunkt haben wir auch in den Projektgruppen und in der Lenkungsgruppe vertreten. Ein großer Teil der im Projekt OPTOPOL mitarbeitenden Kolleginnen und Kollegen vertraten diese Auffassung auch. So kam man zum Ergebnis „Projektgruppe mittlere Führungsebene“, dass 7 Polizeidirektionen optimal sind. Trotzdem wurde ein Votum erarbeitet, welches 4 Polizeidirektionen (Mitte, Ost, Süd und Nord) empfahl. Wie schon vor Jahren bei der Abschaffung des Polizeipräsidiums, wo wir als Gewerkschaft der Polizei dagegen waren, hat man letztendlich damals wie heute nicht unsere Argumente angenommen.

Was steckt nun eigentlich hinter der „unumgänglichen Strukturveränderung“, die mit aller Gewalt umgesetzt werden soll? Der Innenminister bringt als Hauptargument, „die schwierige Haushaltslage (leere Kassen) zwingt uns als Landesregierung zu Veränderungen und zu Optimierungen“. Ich glaube auch, dass er von der Landesregierung zu Sparmaßnahmen gedrängt wird.
Dieses Argument will und kann ich so nicht stehen lassen. Wir als Gewerkschaft der Polizei sind auch für Optimierungen und die Schaffung einer modernen Polizei. Aber Modernisierung und Optimierung muss ja nicht im Gleichklang mit Stellenabbau bzw. Stelleneinsparungen einhergehen. Wir hatten in den vergangenen Jahren schon eine dermaßen hohe Anzahl von Abgängen im Beamten-, aber auch im Tarifbereich, so dass wir schon in den meisten Bereichen nur noch unter erheblichem Arbeitsaufwand und Mehrarbeitszeit die Aufgaben bewältigen konnten. Neueinstellungen und Ausbildungen standen nicht im Verhältnis zu Abgängen durch Pensionierungen und Ruhestandsversetzungen.
So wurden freiwerdende Stellen in der Regel nicht nachbesetzt und die in Altersteilzeit gehenden Kolleginnen und Kollegen blockierten ebenfalls ihre Stellen in der Freistellungsphase für Nachbesetzungen. So wurde die Thüringer Polizei, man kann sagen eigentlich von Tag zu Tag, personell immer weniger.
Sieht man den neuen Landeshaushalt für die Polizei der Jahre 2006/2007, so stellt man schnell fest, dass nicht besetzte Stellen gestrichen und über 1000 Stellen für die nächsten Jahre mit KW-Vermerk (künftig wegfallend) gekennzeichnet sind .

So sieht der Landeshaushalt ab 2006 praktisch aus:

- 2006 sollen 115 Beamten–, 12 Angestellten– und 22 Arbeiterstellen wegfallen
- 2007 werden weitere 266 Stellen mit KW-Vermerk gezeichnet (192 Polizeibeamten-, 13 Verwaltungsbeamten-, 12 Angestellten- und 49 Arbeiterstellen)
- bis Ende 2006 werden dann weitere rund 800 Stellen vom Minister benannt, die mit KW-Vermerk gezeichnet werden.

Bildlich gesehen sieht das so aus, dass zukünftig der Personbestand einer momentanen existierenden Polizeidirektion mit nachgeordneten Dienststellen in den nächsten Jahren eingespart wird. Dies ist einer der wichtigsten Gründe, warum wir als Gewerkschaft der Polizei gegen diese Strukturmaßnahmen sind. Hier geht es nicht mehr um Sicherheit, sondern um Geldsparen.
Die Polizei ist ein Dienstleistungsunternehmen, welches Sicherheit in hoher Qualität produzieren soll. Das bedeutet, personell auf einen guten Stand zu sein und dieser Personalkörper gut ausgebildet, hoch motiviert und mit der nötigen Ruhe und Sachlichkeit an die Aufgaben herangeht. Letzteres ist aber zurzeit überhaupt nicht vorhanden, da eine dermaßen große Unruhe, Unzufriedenheit und Unsicherheit unter den Kolleginnen und Kollegen vorherrscht.

Dazu braucht man aber auch personelle, materielle und finanzielle Voraussetzungen. Das scheint aber von der Landesregierung nicht mehr gewollt sein. Man scheint der Auffassung zu sein, dass die anstehenden Aufgaben, die in der Regel auch nicht weniger werden, von weniger Polizisten und weniger Haushaltsmitteln geschafft werden können.
Wie lange dieses Konzept der Landesregierung gut geht, kann ich nicht beurteilen. Aber ich glaube, dass irgendwann die zumutbare Arbeitsgrenze aller Polizeibeschäftigten erreicht wird und dies beeinflusst noch durch schlechte Bezahlung und wenig Aufstiegsmöglichkeiten.

Deshalb möchte ich hier an dieser Stelle vermerken, dass die Gewerkschaft der Polizei sich nicht als Gegner aller möglichen Umstrukturierungs- und Spareinlagen sieht, sondern dass wir schon erkennen, dass vernünftig mit den Haushaltsmitteln umgegangen wird. Wir sind aber der Auffassung, dass es Sicherheit nicht zum Nulltarif gibt und dass Polizei, wenn sie Qualität liefern soll auch vernünftig bezahlt werden muss. Aus diesem Grund haben wir uns immer bereit erklärt, mitzuarbeiten, wenn es darum geht, in einem vernünftigen Maße die Polizei aufzubauen, zu entwickeln und wenn nötig, auch Sparmaßnahmen durchzuführen.

Das alles kann nur im Gleichklang mit den Verantwortlichen gelingen. Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass wir nur dabei sind, um das demokratische Mäntelchen darzustellen.
Diesen Part wollen wir aber nicht spielen, sondern wir wollen uns aktiv mit den Erfahrungen, auch unserer rund 4000 Mitglieder, einbringen.

Euer Landesvorsitzender
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