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© Foto: AdobeStock #612548442 | Pixel-Shot
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06.08.2025

Verzögerungen bei der Beihilfe – Digitalisierung als Ursache

Besoldung

In der August-Ausgabe der Deutschen Polizei haben wir über die langen Bearbeitungszeiten bei der Beihilfe berichtet – insbesondere am Standort Frankfurt/Oder. Die Rückmeldungen unserer Mitglieder, vor allem aus dem Kreis der Versorgungsempfängerinnen und -empfänger, waren eindeutig: Wartezeiten von bis zu zwölf Wochen – und das auch bei dringenden Fällen – sind keine Ausnahmen mehr, sondern für viele zur belastenden Realität geworden.

Gewerkschaftlich aktiv geworden

Als GdP-Bezirk Bundespolizei | Zoll haben wir uns daher am 18. Juni 2025 mit einem Schreiben direkt an die Präsidentin des Bundesverwaltungsamts gewandt und unter anderem konkrete Informationen zur aktuellen Situation und zur geplanten „fiktiven Leistungsgewährung“ eingefordert.

Das Bundesverwaltungsamt hat auf unsere Initiative hin reagiert und Informationen übermittelt, die wir gerne auch zur Verfügung stellen möchten.

Antwort des BVA: Umstellungen, Rückstände, aber auch Lösungsansätze

In seiner ausführlichen Antwort bestätigt das BVA: Die Digitalisierung der Beihilfeverfahren läuft auf Hochtouren – allerdings mit erheblichen Startschwierigkeiten. So mussten ganze Fachverfahren umgestellt, Mitarbeitende geschult und neue Prozesse implementiert werden. Besonders problematisch: Ein externer Dienstleister, der für die Digitalisierung der Posteingänge zuständig ist, habe mit nicht vorhersehbaren Rückständen zu kämpfen. Diese Verzögerungen behindern derzeit die automatisierte Bearbeitung maßgeblich.

Digitalisierung mit Anlaufschwierigkeiten

Kernproblem bleibt die umfassende Systemumstellung, die das BVA Anfang 2025 mit kurzer Vorlaufzeit vorgenommen hat. Ziel war eine vollständige Digitalisierung der Beihilfeverfahren – doch der Übergang verlief holprig:

  • Fachverfahren mussten umgestellt werden.
  • Mitarbeitende mussten geschult werden.
  • Ein externer Dienstleister für Posteingangsdigitalisierung musste eingebunden werden.


Letzterer war – laut BVA – maßgeblich für einen erheblichen Rückstau verantwortlich, der die automatische Bearbeitung monatelang behinderte.


Maßnahmen zur Stabilisierung

Das BVA hat zugesagt, durch folgende Maßnahmen gegenzusteuern:

  • Stabilisierung der Prozesse
  • Verstärkung der Beihilfefestsetzungsstellen mit zusätzlichem Personal
  • Bevorzugte Bearbeitung von Anträgen über 2.500 Euro
  • Bereitstellung spezieller Formulare für Abschlagszahlungen, insbesondere bei Pflege- oder Dauerkosten

 

Zum Thema „fiktive Leistungsgewährung“

Die im Raum stehende Neuregelung zur sogenannten fiktiven Leistungsgewährung – eine automatische Zahlung nach vier Wochen ohne Bescheid – wurde in der Antwort des BVA detailliert erläutert:

  • Sie greift nur bei nicht automatisierten Verfahren.
  • Die automatisierte Verarbeitung (zum Beispiel über die Beihilfe-App) erfolgt regelbasiert, mit systemseitiger Prüfung auf Plausibilität.

Überzahlungen sollen durch eine nachgelagerte Prüfung sowie durch eine Stabsstelle Betrugsbekämpfung entdeckt und zurückgefordert werden.

Abschlagszahlungen – oft zu umständlich und nicht immer gewährt

Aus den Rückmeldungen unserer Mitglieder wissen wir: Abschlagszahlungen werden nicht in allen Fällen gewährt – selbst dann, wenn hohe laufende Kosten bestehen. Zudem sind die nötigen Formulare oft schwer auffindbar. Als GdP setzen wir uns dafür ein, dass Abschlagszahlungen in allen berechtigten Fällen erfolgen, die Verfahren vereinfacht und digital leichter zugänglich werden. Ziel muss sein: schnelle finanzielle Entlastung in dringenden Situationen, um Betroffene vor Engpässen zu schützen.


Tipp für unsere Mitglieder: Antragstellung richtig vorbereiten

Eine zügige Bearbeitung eurer Beihilfeanträge ist nur möglich, wenn bestimmte Verfahrensregeln eingehalten werden. Bitte beachtet daher folgende Hinweise:

  • Belege bitte einzeln und in guter Qualität über die Beihilfe-App fotografieren. Nur so kann die automatische Datenverarbeitung zuverlässig erfolgen.
  • Bitte reicht denselben Beleg nicht mehrfach ein – weder über App, E-Mail noch per Post. Mehrfacheinreichungen führen zu Rückfragen und Verzögerungen im System.
  • Verzichtet auf zusätzliche Unterlagen wie Anschreiben, Kassenzettel oder andere Dokumente ohne inhaltlichen Mehrwert – sie behindern die automatische Bearbeitung.
  • Für Mitteilungen oder Änderungen persönlicher Daten (zum Beispiel Bankverbindung, Adresse) nutzt bitte die Upload-Funktion der Beihilfe-App unter Verwendung der dafür vorgesehenen Formulare.
  • Registriert euch für den digitalen Bescheidempfang in der Beihilfe-App. Gebt hierfür die PIN aus eurem letzten Beihilfebescheid ein, um euch zu authentifizieren und künftig schneller informiert zu werden.
  • Pflegebedingte Aufwendungen im Rahmen eines anerkannten Pflegegrads sind über das dafür vorgesehene Formular oder direkt über die App unter dem Antragsbereich „Pflegeantrag“ einzureichen.

Unsere gewerkschaftliche Bewertung - Noch viel Luft nach oben


Das Bundesverwaltungsamt hat auf unsere Fragen reagiert – das ist ein erster wichtiger Schritt. Die Rückmeldungen unserer Mitglieder zeigen aber auch: Die Belastung durch lange Bearbeitungszeiten ist nicht nur ein Verwaltungsthema, sondern für viele Kolleginnen und Kollegen eine existentielle Frage – gerade bei chronischer Erkrankung, Pflegebedarf oder im Ruhestand. Auch die digital versiertesten Antragstellerinnen und Antragsteller stoßen an Grenzen, wenn Rückfragen nicht beantwortet werden oder Bescheide ausbleiben.

Die GdP begrüßt die Schritte des BVA zur Stabilisierung der Verfahren – aber wir erwarten, dass diese auch zügig Wirkung zeigen. Die Bearbeitungsprobleme sind noch lange nicht behoben. Digitalisierung darf kein Selbstzweck sein. Sie muss den Menschen dienen – nicht umgekehrt. Wer krank ist oder pflegebedürftig, kann nicht drei Monate auf sein Geld warten.

Wir bleiben dran

Als Gewerkschaft werden wir die Entwicklungen weiterhin kritisch begleiten und den Druck aufrechterhalten. Unsere Forderung bleibt: Eine funktionierende Beihilfe darf keine Geduldsprobe sein – erst recht nicht für unsere älteren Kolleginnen und Kollegen.