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Norbert Spinrath im Gespräch mit 'Presseplan'

Übertretung notwendiger Regeln führt zu einem Verlust an Lebensqualität

Presseplan:
Millionen von Überstunden und Personalmangel - kann die Polizei den Bürger noch ausreichend schützen?
Spinrath:

Es kommt darauf an, was der Bürger für ausreichend empfindet. Der Personalmangel bei der Polizei kommt dadurch zustande, dass immer weniger Nachwuchs eingestellt wird, die Zahl der Großeinsätze zunimmt und der Aufgabenkatalog immer umfangreicher wird. Selbstverständlich wird die Polizei immer versuchen, die jeweils größere Gefahr abzuwehren und die jeweils schwerere Straftat aufzuklären.
Langfristig führt das aber dazu, dass die Polizei die kleineren, alltäglichen Sorgen der Bürger nicht mehr ernst genug nehmen kann. Deshalb haben wir ja seit Jahren immer gute Werte in der Bekämpfung der Schwerkriminalität, während dagegen der Bauch der kleinen und mittelschweren Delikte anschwillt. Die massenhafte und ungestrafte Verletzung und Übertretung notwendiger Regeln, die ein Zusammenleben der Menschen überhaupt möglich machen, führen zu einem Verlust an Lebensqualität und zu einem Verlust an Vertrauen in unseren Staat und in unsere Gesellschaft.
Beispiel Straßenverkehr: Jedes Jahr nimmt die Zahl der Fahrzeuge und der motorisierten Verkehrsteilnehmer enorm zu. Das Personal zur Überwachung, Regelung und Kontrolle des Verkehrs bei der Polizei ist mit dieser Entwicklung nicht mitgewachsen, mit der Folge, dass die Straßenverkehrsordnung im Alltag beinahe außer Kraft gesetzt ist. Das Ergebnis muss nicht unbedingt eine Steigerung der Verkehrsunfälle sein, auf die wir bei der Bewertung der Entwicklung im Straßenverkehr immer so fixiert sind. Das Ergebnis sind massenhaft Nötigungen, gefährliche Situationen, Umgangsformen, die vom Recht des Stärkeren diktiert sind, Beleidigungen, Beschimpfungen und tätliche Angriffe, die die Würde des Menschen verletzen, aber ungeahndet bleiben. Mit einem Wort: Stress, der sich zu Hause, in der Partnerschaft oder im Beruf entladen kann.
Wenn wir nicht mehr Verletzte und Tote zu beklagen haben, dann verdanken wir das nicht einem emanzipierten Verkehrsverhalten, sondern den Staus, in denen sich nichts mehr bewegt und der Angst vor Lackschäden, die - so beobachtet man oft - wohl viele noch daran hindert, das geliebte Vehikel endgültig als Waffe einzusetzen. Ähnliche Entwicklungen aus allen Lebensbereichen ließen sich hier anfügen.

Presseplan:

Bereits drei Polizisten sind in diesem Jahr im Dienst getötet worden. Ist das ein Berufsrisiko, mit dem die Beamten leben müssen, oder gibt Möglichkeiten, den Gefahren besser zu begegnen? Was erwarten Sie von der Politik?
Spinrath:

Die Gefahren werden immer größer, weil ihr Auftreten immer unberechenbarer wird, weil immer mehr Mitglieder unserer Gesellschaft unberechenbarer werden. Ich führe das auf ähnliche Entwicklungen zurück, wie ich sie eben geschildert habe. Auf den Fall, dass bei einem alltäglichen Einsatz die Tür eines Streifenwagens aufgerissen wird, um eine Polizeibeamtin brutal zu erstechen oder ein Autofahrer nach Passieren einer Radarkontrolle anhält, zurückläuft und einen im Wagen sitzenden Beamten erschießt, müssen sie beim Eigensicherungstraining als Ausbilder erst einmal kommen. Das sind Krankheitssymptome unserer Gesellschaft, und es sind nur die spektakulärsten. Dagegen kann man sich als Polizist nur um den Preis schützen, in jedem Bürger einen potentiellen Feind und Täter zu sehen und ihn auch so zu behandeln - ich hoffe nicht, dass ich eine solche Polizei noch erleben muss. Von der Politik erwarte ich, dass sie solche Symptome ernster nimmt als sie es tut.
In der Welt der Fusionen, Börsenkurse und Global-Player scheint kein Platz mehr zu sein für eine vernünftige Gesellschaftspolitik, die sich Sorgen darüber macht, wie die Menschen miteinander umgehen.

Presseplan:

Können Sie jungen Menschen überhaupt noch guten Gewissens raten, den Polizisten-Beruf zu ergreifen?
Spinrath:

Wir müssen zunächst einmal jungen Menschen die Chance geben, diesen Beruf zu ergreifen, indem wir die Politik zwingen wieder mehr junge Menschen einzustellen. Aus genau den Gründen, die ich genannt habe, ist es wichtig und richtig den Polizeiberuf zu ergreifen.

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