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Minusstunden nach Urlaub und Krankheit für Schichtdienstleister? Das sagt die Rechtsprechung

Ein Beitrag von Sven Hüber, Stellv. Vorsitzender des Bezirks Bundespolizei der GdP   Wie ist die Rechtslage zur Abrechnung von Urlaub und Arbeitszeit, wenn Schichtdienst geleistet wird? Diese Frage beschäftigt viele Beamtinnen und Beamte immer wieder. Die Verwaltungsgerichte haben dies bis in die letzte Instanz im Wesentlichen bereits geklärt. Es ist deshalb gut, sich mit […]

Ein Beitrag von Sven Hüber, Stellv. Vorsitzender des Bezirks Bundespolizei der GdP

 

Sven Hüber, im GdP-Vorstand zuständig für Beamten- und Besoldungsrecht, schreibt zur Rechtslage der Arbeitszeitverrechnung bei Urlaub und Krankheit

Sven Hüber, im GdP-Vorstand zuständig für Beamten- und Besoldungsrecht, schreibt zur Rechtslage der Arbeitszeitverrechnung bei Urlaub und Krankheit (Bildrechte: Hüber)

Wie ist die Rechtslage zur Abrechnung von Urlaub und Arbeitszeit, wenn Schichtdienst geleistet wird? Diese Frage beschäftigt viele Beamtinnen und Beamte immer wieder. Die Verwaltungsgerichte haben dies bis in die letzte Instanz im Wesentlichen bereits geklärt. Es ist deshalb gut, sich mit den rechtlichen Zusammenhängen noch einmal auseinanderzusetzen.

Für im Schicht- und Wechselschichtdienst tätige Beamtinnen und Beamte verfügte das Bundesministerium des Innern bereits mit Erlass vom 02.11.1999 (Az.: BGS I 3 – 660 040/16), dass der Erholungs- und Zusatzurlaub in Stunden abzurechnen ist. Zur gleichmäßigen Realisierung des Urlaubsanspruchs der im Wechseldienst tätigen

Beamten werden nach dem Erlass die während des Urlaubszeitraums anfallenden Dienstschichten ebenfalls in Stunden umgerechnet und von dem Stunden-Urlaubskonto des Beamten abgezogen. Dabei wird nach Weisung des Bundesinnenministeriums lediglich der Stundensatz vom Urlaubskonto in Abzug gebracht, der nach dem jeweils geltenden Dienstplan vom Beamten tatsächlich hätte geleistet werden müssen.

Die Höhe der Verrechnung auf dem Urlaubskonto, aber auch auf dem Arbeitszeitkonto wird immer wieder neu diskutiert. Im Mittelpunkt steht dabei stets die Frage, ob Mitarbeiter mit „Minusstunden“ aus Urlaub oder Krankheit wiederkehren können und solche „Minuszeit“ sogar noch nacharbeiten müssten.

 

Durch einen Schichtenplan wird die Dienstleistungspflicht der betroffenen Beamten zeitlich konkretisiert (vgl. BVerwG Urteil vom 24. April 1980, Az.: II C 26.77). Die Differenz der am jeweiligen Tag abzuleistenden ggf. kürzeren Schichtdienstzeit zur regelmäßigen Tagesarbeitszeit von 1/5 der Wochenarbeitszeit ist daher keine Arbeitszeit. Arbeitszeit ist nur die Zeitspanne, in der der Beamte den ihm übertragenen Dienst gemäß den Bestimmungen des einschlägigen Arbeitszeitrechts leistet (vgl. Urteil vom 29. Januar 1987 – BVerwG 2 C 14.85). Der Schichtplan sieht Schichten mit unterschiedlicher Zeitdauer und dienstfreie Tage sowie „Schlaftage“ nach Nachtdiensten vor. Mittels des Jahresarbeitszeitkontos werden – quasi buchhaltungstechnisch – nur Soll- und Ist-Zeiten einander gegenübergestellt. Es werden die vom Beamten in Erfüllung seiner Dienstleistungspflicht tatsächlich erbrachten Arbeitsstunden aufgelistet und dem Arbeitszeitsoll gegenübergestellt. Ausgangs-, Verrechnungs- und Saldowerte haben ausschließlich rechnerische, jedoch keinesfalls rechtlich konstitutive Bedeutung (BVerwG, Urteil v. 01.04.2004, Az.: 2 C 14/03). Auch E-Plan führt für jeden Mitarbeiter ausschließlich aus rechnerischen Gründen individuelle Jahresarbeitszeitkonten, auch für die Beamten im Wechselschicht- und Schichtdienst. Während das Soll-Konto an jedem Werktag von Montag bis Freitag um ein Fünftel der wöchentlichen Arbeitszeit wächst (1/5 von 41h/Woche entspricht 8:12 Std./Tag), wird auf dem Haben-Konto der nach dem im Voraus festgelegte Schichtplan tatsächlich zu leistende Dienst gutgeschrieben.

Schichtdienstregelungen dürfen auch nicht zu Mehrarbeit der betroffenen Beamten führen, sondern nur zu einer zeitlichen Umschichtung der Arbeitszeit. Dies gilt auch, wenn die Arbeitszeit über einen längeren Zeitraum variiert, sofern die Mehrbelastung durch eine spätere gleich hohe Entlastung ausgeglichen wird (BVerwG Urteil vom 28. November 2002, Az.: 2 CN 1.01).

Die Zeiten einer Abwesenheit sind nach der Rechtsprechung so zu behandeln, als habe der Beamte den ihm obliegenden Dienst „vollständig“ erfüllt. Wegen Krankheit versäumte Arbeitszeit ist arbeitszeitrechtlich so zu behandeln, als habe der Beamte an diesen Tagen „den Dienst in dem vorgesehenen Umfang“ geleistet. Auf dem “Arbeitszeitkonto” sind diese Dienststunden vollständig als “Ist-Zeit” zu verbuchen (so BVerwG, Urteil vom 01.04.2004, Az.: 2 C 14/03). Der „vorgesehene Umfang“ schließt alle vom Dienstplan mit umfassten Zeiten ein, die dem Beamten auch im Falle einer tatsächlichen Dienstausübung auf dem Arbeitszeitkonto als „Ist-Zeit“ gutgeschrieben worden wären, d.h. auch Anrechnungszeiten im vorgesehenen Umfang, weil sie dem Beamten auch im Falle einer Dienstausübung als „Ist-Zeit“ gutgeschrieben würden. Dies gilt auch für Zeiten des Urlaubs (BVerwG Urteil vom 27. Oktober 2011, Az.: 2 C 73.10).

Die beamtenrechtliche Dienstverpflichtung und Alimentationsprinzip korrespondieren miteinander. Der Dienstherr alimentiert den Beamten jedoch auch bei Dienstunfähigkeit und Urlaub fortwährend. In Zeiträumen von Krankheit pp. besteht für den Beamten keine Dienstleistungspflicht.

Im Krankheits- und Urlaubsfall wächst das Haben-Konto jedoch um die Stunden, die der Mitarbeiter nach dem verbindlichen Dienstplan hätte tatsächlich leisten sollen. Auch im Krankheitsfall wächst an Werktagen das Soll-Konto um 8 Stunden und 12 Minuten an. Das Haben-Konto muss dann um die vollständigen Stunden fortgeschrieben werden, die der Mitarbeiter nach dem verbindlichen Dienstplan hätte erbringen müssen. An Tagen, die innerhalb einer verbindlichen Dienstplanung als „dienstfrei“ definiert wurden, werden auch nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung keine Stunden auf das Haben-Konto gebucht.

Ein Beamter muss auch bei einer kürzer andauernden Erkrankung, die in den Zeitraum der Schichtplanung fällt, keine durch Krankheit versäumte, nach dem Dienstplan ursprünglich vorgesehene Arbeitszeit nacharbeiten (BVerwG Beschluss vom 26.11.2012, Az.: 2 B 2/12). Dies ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt.

Bei längerer Krankheit, insbesondere also außerhalb des Verbindlichkeitszeitraums eines Schichtplans, wächst das Haben-Konto um die Stunden, die an dem jeweiligen Tag dem Soll-Konto hinzugefügt werden; es entsteht eine Plus-Minus-Null-Situation. . Ist der Beamte wegen einer längeren Erkrankung nicht mehr für den Schichtdienst eingeteilt, ist es auch nach der Rechtsprechung zulässig, dass das Haben-Konto um die Stunden wächst, die an dem jeweiligen Tag dem Soll-Konto hinzugefügt werden, mithin 1/5 der wöchentlichen Arbeitszeit. Hier kann eine Differenz zwischen Sollkonto und Habenkonto also nicht entstehen, sodass sich die Frage des Nacharbeitens schon rechnerisch gar nicht stellt.

Das Bundesverwaltungsgericht stellt dazu fest:

Wegen Krankheit versäumte Arbeitszeit ist arbeitszeitrechtlich so zu behandeln, als habe der Beamte an diesen Tagen den Dienst in dem vorgesehenen Umfang geleistet. Auf dem “Arbeitszeitkonto” sind diese Dienststunden als “Ist-Zeit” zu verbuchen. Das ergibt sich aus dem z.B. in § 9 BBesG zum Ausdruck kommenden Grundsatz, dass ausgefallener Dienst vom Beamten nicht “ersatzweise” nachzuholen ist, sondern allenfalls besoldungs- und/oder disziplinarrechtliche Folgen nach sich ziehen kann. Der vom Beamten geschuldete Dienst besteht in der Pflicht, während eines bestimmten Zeitraumes an einem bestimmten Ort die jeweils übertragenen Dienstobliegenheiten zu erfüllen (vgl. Urteile BVerwG vom 24. April 1980, Az.: 2 C 26.77 und vom 25. September 2003, Az.: 2 C 49.02). Die Dienstleistungspflicht wird durch den Dienstplan nach Zeit und Ort konkretisiert. Bleibt der Beamte ohne Genehmigung schuldhaft dem Dienst fern, verliert er gemäß § 9 BBesG für die Zeit des Fernbleibens seine Bezüge. Diese Bestimmung geht – ebenso wie § 9 a BBesG – davon aus, dass der Anspruch auf Besoldung ansonsten grundsätzlich bestehen bleibt, wenn der Beamte den Dienst nicht leistet. Er braucht den ausgefallenen Dienst auch nicht nachzuholen. Denn ein Beamter darf durch das Arbeitszeitkonten-Buchungssystem bei Erkrankung nicht schlechter gestellt werden, als er ohne die Dienstunfähigkeit gestellt wäre. Er ist so zu behandeln, als habe er den vorgesehen Dienst geleistet (vgl. BVerwG Urteil vom 27. Oktober 2011, Az.: 2 C 73.10 für den Erholungsurlaub). Die wegen Dienstunfähigkeit ausgefallene Arbeitszeit muss als “Ist”-Zeit behandelt werden, sodass diese auch nicht nachgeholt werden muss (BVerwG Urteil vom 1. April 2004 – BVerwG 2 C 14.03).

Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerwG darf eine Buchungsdifferenz („Minuszeit“) zwischen Soll-Konto und Ist-Konto also nicht Folge einer Erkrankung sein. Sie darf nur auftreten, wenn sie im Falle der regulären Dienstpflichterfüllung in gleicher Weise entstanden wäre. Denn eine Buchungsdifferenz findet ihre Ursache lediglich in der schichtspezifisch ungleich verteilten zeitlichen Inanspruchnahme. Eine “nachzuholende” Differenz basiert deshalb alleine auf der vorangegangenen tatsächlichen Minderleistung und der so gewonnenen Freizeit (so BVerwG Beschluss vom 26.11.2012, Az.: 2 B 2/12), nicht jedoch aus einem Berechnungsmodell bei Urlaub und Krankheit.

Zwar entsteht eine Differenz zwischen dem Soll- und dem Haben-Konto, wenn im Schichtplan eine von der durchschnittlichen Tagesarbeitszeit abweichende Einsatzdauer an einzelnen Diensttagen angeordnet ist. So werden für die Tage, in denen eine kürzere Schichtdauer festgelegt ist, auf dem Haben-Konto nur die Dauer der vorgesehenen kürzeren Dienstzeit gutgeschrieben, während das Soll-Konto um 8:12 Stunden angewachsen ist. Auch bei dieser Zeitdifferenz handelt es sich indes nicht um Arbeitszeit, die der Beamte nachholen müsste (vgl. OVG NRW, Urteil vom 20.10.2011, Az.: 6 A 1265/09). Daher sind die Zeiten einer Abwesenheit so zu behandeln, als habe der Beamte den ihm obliegenden Dienst erfüllt (ebenda).

Da ein Dienstplan immer die geschuldete Dienstzeit ausweist und keine Minderzeiten, ist der volle geplante Dienst so zu buchen, als wenn der Beamte ihn auch wie vorgesehen geleistet hätte. Mithin können und dürfen auch bei rechnerischer Betrachtung keine „Minusstunden“ eintreten und auch keine Nacharbeitsverpflichtung bestehen.

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