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GdP-Vorsitzender Bernhard Witthaut im Gespräch mit dem Bremer "Weser Kurier":

„Die Vereine müssen reagieren“

Bremen/Berlin.

Ist die Polizei in der Buhmann-Rolle? GdP-Chef Witthaut sprach mit dem "Weser Kurier" über Fan-Randale, die Lage in Bremen und Piraten. Immer häufiger, so der Weser Kurier, machten gewaltbereite Fußball-Fans Randale, und die Polizeibeamten müssen für ihre Einsätze viel Kritik einstecken. GdP-Vorsitzender Witthaut wirbt im Gespräch mit der in Bremen erscheinenden Tageszeitung für mehr Verständnis – auch für den Einsatz von Pfefferspray. Im Folgenden das Interview im Wortlaut:

Weser Kurier: Stuttgart 21, Castor-Einsätze, Randale in Fußballstadien – Herr Witthaut, können Sie jungen Menschen noch guten Gewissens empfehlen, sich für den Beruf des Polizisten zu entscheiden?
Bernhard Witthaut: Für mich ist der Polizeiberuf einer der interessantesten, die wir in Deutschland haben. Er ist vielseitig und abwechslungsreich, ich kann auch heute noch Freund und Helfer sein. Leider erlebt man aber auch die negativen Seiten einer auseinanderdriftenden Gesellschaft. Nehmen wir als Beispiel Stuttgart 21 oder die Castor-Einsätze – das sind politische Auseinandersetzungen, in der die Polizei schnell in der Rolle des Bösen landet. Bei Fußballspielen ist das auch so. Auf den An- und Abmarschwegen stellen sich unsere Kollegen nicht mehr in einfachen Uniformen, sondern nur noch mit Schutzpanzerung und Helm auf. Sie müssen permanent damit rechnen, dass sie beleidigt und bespuckt werden. Und ist die Polizei mal nicht da, siehe beim Hallenturnier in Hamburg, dann knallt es.

Manche Fans fühlen sich durch die Aufrüstung in der Ausstattung provoziert. . .
. . . also wir wären wirklich froh, wenn wir solche Einsätze in normaler Uniform begleiten könnten. In Hannover beispielsweise ist man auf die Fans zugegangen, das ging eine Zeitlang gut. Es gibt aber leider immer wieder Idioten, die solch eine Situation ausnutzen, um Randale zu machen. Und wir als Gewerkschaft müssen natürlich dafür einstehen, dass unsere Leute geschützt werden. Unsere Kollegen sind teilweise bis zu 40 Wochenenden hintereinander im Einsatz – da hat man keine Lust, dann auch noch verletzt zu werden.

Amnesty International kritisiert, dass die Polizei zu schnell Pfefferspray einsetzt.
Ich möchte mich nicht zu amnesty international äußern. Die Polizei braucht so ein Mittel als Distanzwaffe. In manchen Situationen ist ein Pfefferspray-Einsatz die Alternative zum Gebrauch der Schusswaffe.

Vor allem der Einsatz gegen Fans in Hannover im Oktober hat für Wirbel gesorgt.
In Hannover gab es den Einsatz auf Bitten des Vereins – und das ist wichtig festzuhalten. Weil dort offensichtlich in der Fankurve gefährliche Knallkörper vermutet wurden. Wenn sie als Polizei in einen Zuschauerblock hineingehen, solidarisieren sich die Fans sofort untereinander. Uns ist eine andere Strategie viel lieber: Wir versuchen nach Spielende mit szenekundigen Beamten den oder die Täter festzunehmen.

Die Ultras in Frankfurt feiern sich als „Randalemeister 2011“. Die Vereine haben dem Treiben zu lange zugeschaut, oder?
Ich stimme ihnen in der Tendenz zu. Aber Ultras sind ja im Gegensatz zu Hooligans nicht per se auf Gewalt aus. Aber mittlerweile suchen auch einige von ihnen die Gewalt. Denen ist die Philosophie der Ultras völlig egal, sie verstecken sich unter den anderen. Auf diese Gefahr müssen die Vereine reagieren. Sie können beispielsweise damit drohen, den Ultras keine Räume mehr zur Lagerung ihrer Fan-Utensilien zur Verfügung zu stellen.

Viele Polizisten klagen über die Belastung durch solche Großeinsätze.
Das ist richtig. Und man muss den täglichen Frust ja auch irgendwie loswerden. Aber nicht nur Großeinsätze sind ein Problem. Das kann beispielsweise auch die tägliche Verkehrsaufnahme sein, etwa wenn ein Kind tödlich verunglückt ist und sie den Eltern die Nachricht überbringen müssen. Solche Erlebnisse nehmen die Kolleginnen und Kollegen mit nach Hause.

Wie viele leiden am Burnout-Syndrom?
Burnout ist ein Problem, vor allem aufgrund der hohen Einsatzbelastung. Laut einer wissenschaftlichen Studie der Bundespolizei ist jeder vierte der rund 40000 Bundespolizisten mit dem Burnout-Syndrom belastet. Probleme durch die Arbeitsverdichtung gibt es aber auch in den Landespolizeien.

Wie ist die Situation in Bremen?
Das ist nicht einfach zu beantworten. In Bremen ist die Personaldichte nicht allzu groß, und es gibt bekanntlich sehr problematische Viertel in der Stadt. Insofern würde ich die Belastung der Kolleginnen und Kollegen im oberen Drittel ansiedeln. Aber genauso kann ein Polizist in Brandenburg stark belastet sein, wenn die Besatzung eines Streifenwagens für einen Radius von 100 Kilometern zuständig ist.

Bremen ist auch Reedereistandort. Private Sicherheitsdienste sollen künftig deutsche Schiffe gegen Piraten schützen. Wäre das nicht eigentlich der Job der Polizei?
Ja, die Bundesregierung ist auf einem vollkommen falschen Weg. Sie flüchtet sich aus der Verantwortung. Man könnte aus dem Bereich der Polizei schnell Kollegen für diese Aufgabe fitmachen. Denkbar wäre auch, Spezialisten aus der Bundeswehr in die Bundespolizei zu übernehmen. Der nun eingeschlagene Weg erinnert mich an die Rolle von Blackwater bei Einsätzen der USA – so etwas wollen wir nicht.

Warum ist das Modell falsch?
Wenn private Sicherheitskräfte an Bord sind, muss am Ende der Kapitän entscheiden, ob eine Waffe eingesetzt wird oder nicht. Deswegen lehnen ja auch die Reeder die Pläne der Bundesregierung ab. Doch der Einsatz von regulären Polizeikräften würde mehr Geld kosten.

Das am 18. Januar 2012 im Weser Kurier erschienene Interview führten Maike Schlaht und Norbert Holst.
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