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GdP-Vorsitzender eröffnet Ausstellung der Arbeiten Letizia Battaglias:

Mit der Kamera gegen die Mafia

Berlin.

Die Kamera ist ihre stärkste Waffe gegen die sizilianische Mafia. „Ihre Bilder zeigen die wahre Dimension des Verbrechens, dessen Unmenschlichkeit weit über das Opfer hinaus reicht“, sagte der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg zur Eröffnung der Ausstellung „Letizia Battaglia – Im Kampf gegen die Mafia“ im Willy-Brandt-Haus in Berlin, die bis zum 22. Juni 2008 zu sehen ist.

 

 Im vergangenen Jahr war der Fotografin Letizia Battaglia der Dr.- Erich–Salomon–Preis der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh) verliehen worden.

Letizia Battaglia widmete ihr Leben als Fotografin, Stadträtin und Verlegerin dem Kampf gegen die Mafia.

Ihre Bilder gingen rund um die Welt und sind Dokumente von Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

In seiner Rede vor mehreren hundert Ausstellungsbesuchern kritisierte der GdP-Vorsitzende, dass die Bekämpfung der organisierten Kriminalität völlig aus dem Blickpunkt der Öffentlichkeit und des politischen Interesses geraten sei.

Freiberg: „Solange organisierte Kriminalität nicht mit spektakulären Auftritten wie Schießereien und Morden die Öffentlichkeit erschreckt, findet die Politik in der Kriminalitätsbekämpfung rasch andere Prioritäten. Der Abzug von Personal oder eine gleichbleibend mangelhafte Personalausstattung, führen letztlich zu dem statistischen Erfolg eines Rückgangs der Delikte.“
 
 
 
 
 
Der GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg bei seiner Rede zu Ausstellungseröffnung.
 
 
 Download: Die Laudatio des GdP-Bundesvorsitzenden Konrad Freiberg im Wortlaut
 
 
 
  
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Einen GdP-Bären schenkte Konrad Freiberg der Fotografin Letizia Battaglia zu Eröffnung ihrer Ausstellung in Berlin.

Fotos (2): Frank Graef
 
 
 
Die Laudatio des GdP-Bundesvorsitzenden Konrad Freiberg im Wortlaut:


Sehr verehrte Frau Battaglia, sehr geehrter Herr Prof. Dr. Bolaffi,
sehr geehrter Herr Prof. Dr. Orlando, verehrte Gäste,

als Kriminalbeamter habe ich in meiner beruflichen Vergangenheit eine Unmenge Fotos von Verbrechen und Verbrechensopfern gesehen. In einigen Kriminalfällen war es notwendig, einzelne Fotos nach sorgfältiger Auswahl den Medien zu präsentieren, um Unterstützung bei der Fahndung zu erhalten.

Was die Öffentlichkeit aber nie zu Gesicht bekam, waren die Ablichtungen der unvorstellbaren Grausamkeiten, die Verbrecher anzurichten in der Lage sind.

Wie oft hätten wir es uns in manchen Fällen gewünscht, einige dieser Bilder zu zeigen, um Politik und Öffentlichkeit wachzurütteln und der Kriminalität die Maske der Romantik, des wohligen Gruselns und der Spannung vom Gesicht zu reißen und zu sagen: „Vergesst eure Romane und Filme: So grausam können Verbrechen wirklich sein!“

Ich bin mir sicher, außer Schock und Ekel hätte das nichts bewirkt. Verstümmelte Leichen und Blutlachen allein erzählen noch nichts von dem, was Menschen anderen Menschen antun, in der Kriminalität ebenso wie im Krieg.

Ihre Bilder, Signora Battaglia, zeigen die wahre Dimension des Verbrechens, dessen Unmenschlichkeit weit über das Opfer hinaus reicht.

Sie zeigen, dass der Mord an einem Menschen unendliches Leid bei anderen Menschen nach sich zieht.

Die Witwen, Mütter und Kinder der Opfer existieren weiter, aber ihr Leben verändert sich radikal.

Der organisierte Mord an Menschen, wie ihn die Mafia betreibt, kann vieles in einer Gesellschaft töten. Darunter Freiheit und Gerechtigkeit.

Ihre Bilder, verehrte Signora, machen traurig und wütend zugleich.
Sie zeigen, dass die Mafia ein Krebsgeschwür im Organismus der menschlichen Gemeinschaft ist, dessen Metastasen zerstörerisch in alles drängen, was Leben, Gesundheit und Freiheit bedeuten.

Unheilbar? Viele, die von dieser schrecklichen Krankheit befallen sind, geben auf und haben nur noch ihren Tod vor Augen. Andere kämpfen, um ihren Krebs zu besiegen. Zu diesen Menschen zählen Sie.

Ihre Bilder sind ihr Waffenarsenal gegen das Krebsgeschwür der Mafia.

Gäbe es nicht Menschen wie Sie und Ihren Weggefährten Prof. Dr. Leoluca Orlando, wäre ein Sieg der Menschlichkeit und der Zivilgesellschaft über das Verbrechen in unerreichbarer Ferne.

Mit Ihrer Unerschrockenheit und Ihrem Mut, das Verbrechen so zu schildern, dass niemand wegsehen kann, haben Sie dem Kampf gegen die Mafia in Ihrer Heimat die Chance des Erfolges gegeben.

Unerschrockene und mutige Polizisten, die täglich gegen das Verbrechen kämpfen, gibt es viele. Viele haben es mit dem Leben bezahlt und viele haben resigniert oder sich mit den bestehenden Verhältnissen arrangiert.

Aber es bedarf der Sprache der Kunst und des Humanismus, den Sumpf der organisierten Kriminalität trockenzulegen.

Gegen deren Helfershelfer – Eitelkeit, Gewinnsucht und Machtgier organisieren Sie Verachtung.

Gegen deren Helfershelfer – Mutlosigkeit, Schweigen, Resignation setzen Sie Lebensfreude.

Sie haben es im vergangenen Jahr als absurd bezeichnet, Signora Battaglia,
dass Sie in Deutschland für Ihre Mafia-Fotos mit dem angesehenen Erich-Salomon-Preis ausgezeichnet, aber in Sizilien totgeschwiegen werden.

Als die Gewerkschaft der Polizei vor rund einem Vierteljahrhundert vor der organisierten Kriminalität in Deutschland warnte, erging es ihr ähnlich.
Wir wurden zwar nicht totgeschwiegen, aber vor allem die politischen Reaktionen waren niederschmetternd.

Mafia in Deutschland? Unvorstellbar! Gibt es nicht!
Aber erstens gab es sie wirklich – für die klassische italienische Mafia war Deutschland ein beliebter so genannter Ruheraum. Außerdem legte die Tatsache, dass viele italienische Mitbürger in Deutschland Familien und Existenzen gründeten die berechtigte Vermutung nahe, dass die Mafia auch hier ihre Fänge nach Schutzgeldern ausstreckte. Zumal wenn in Italien einigen Mafiosis der Boden zu heiß wurde.

Zweitens aber verstanden wir den Begriff Mafia als Synonym für zahlreiche Verbrechersyndikate und -banden in aller Welt und für die organisierte Kriminalität.

Seit den Morden an 6 Menschen in Duisburg im Sommer vergangenen Jahres fragen sich die Menschen in unserem Land wieder, wie stark ist der Einfluss der Mafia bei uns und ist die Bekämpfung der organisierten Kriminalität ausreichend?

Tatsache ist, dass die Bekämpfung der organisierten Kriminalität völlig aus dem Blickpunkt der Öffentlichkeit und des politischen Interesses geraten ist. Während der italienische Innenminister Amato sofort die Namen verfeindeten Clans und auch das Motiv nennen konnte, das hinter den Morden von Duisburg steckte, herrschte hierzulande zunächst Ratlosigkeit.
Auch die Anzahl der Verfahren im Bereich der organisierten Kriminalität geht seit Jahren zurück, dafür steigen die ermittelten Schadenshöhen und geschätzten Gewinne.

Der statistische Rückgang eines Kriminalitätsbereiches kann in der tatsächlichen Kriminalitätslage jedoch genau das Gegenteil bedeuten. Solange organisierte Kriminalität nicht mit spektakulären Auftritten wie Schießereien und Morden die Öffentlichkeit erschreckt, findet die Politik in der Kriminalitätsbekämpfung rasch andere Prioritäten. Der Abzug von Personal oder eine gleichbleibend mangelhafte Personalausstattung, führen letztlich zu dem statistischen Erfolg eines Rückgangs der Delikte.

Organisierte Kriminalität arbeitet streng ökonomisch und nach dem Prinzip, den größtmöglichen Nutzen mit dem geringsten Aufwand und dem kleinsten Risiko zu erzielen. Deshalb kommt der Einflussnahme auf Politik, Medien, öffentliche Verwaltung, Justiz oder Wirtschaft eine besondere Bedeutung zu.

Die modernen Mafiosi begehen in der Regel nicht mehr den Fehler, ein Geschäftsziel herbeizubomben oder zu -morden, wenn sie es völlig legal und ohne Blutvergießen erreichen können. Die Waffe der Mafia ist längst nicht mehr nur die Maschinenpistole, sondern in erster Linie die Einflussnahme und das Geld.

Mafia bedeutet nicht nur die Enteignung an Gütern, sondern die Enteignung einer Gesellschaft an moralischen Werten.

Eine effektive Bekämpfung der Mafia setzt einen unabhängigen und starken Staat voraus. Hier haben wir deutliche Rückschritte zu verzeichnen.

Deshalb ist es an der Zeit, ein neues Kapitel der Organisierten Kriminalität zu eröffnen und das grausame Bild der Mafia allen Menschen zugänglich zu machen.

Dazu tragen Sie, sehr geehrte Frau Battaglia, im besonderen Maße bei.

Die Globalisierung, der internationale Kapitalmarkt und die Verflechtung der Konzerne, liefern einen Markt ohne Grenzen für die organisierte Kriminalität, wie es ihn nie zuvor gab. Das Ganze wirkt wie ein Konjunkturprogramm für die Mafia.

Wohin und wie weit sie bereits vorgedrungen ist, wissen wir nicht.
Oder nur sehr begrenzt.

In Ihrem Kampf gegen die Mafia, verehrte Signora Battaglia, haben Sie viele Gesichter von Tätern gezeigt: Mörder, korrupte Politikern, bestechliche Beamte.

In einem Satz über Ihre Heimat aber haben sie die eigentliche Mafia beschrieben, wie sie sich überall breit macht und unser Leben zerstört.

Gegenüber einem Korrespondenten der FAZ haben sie einmal gesagt: „Es geht von dieser Stadt kein intellektueller, kultureller und moralischer Impuls mehr aus. Ich sehe Palermo nur noch essen, trinken und sich amüsieren.“

Ich wünsche mir, dass Ihre Bilder die intellektuellen, kulturellen und moralischen Impulse geben und den Menschen den Blick dafür schärfen, zu erkennen, auf welchen Wegen Mafia daherkommt.

Die Methoden der organisierten Kriminalität wandeln sich. Die Mafia darf sich nicht zunehmend unter dem Mantel erfolgreichen wirtschaftlichen Handelns weiter der polizeilichen Strafverfolgung entziehen.

Ich danke für die Aufmerksamkeit!
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