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GdP-Chef Oliver Malchow im Gespräch mit dem Politik-Magazin "Cicero":

"Aggressiv ohne Anlass"

Berlin.

In der März-Ausgabe befasst sich das Politik-Magazin mit "Gewaltpartys in Köln, Berlin und Hamburg". Zu Wort kommt auch der GdP-Bundesvorsitzende Oliver Malchow. Im Cicero-Gespräch, so Chefredakteur Christoph Schwennicke, "macht der oberste Interessenvertreter der Polizisten deutlich, wer die Party am Ende bezahlt". Bitte lesen Sie hier das Interview im Wortlaut:

Cicero: Herr Malchow, bei den Hamburger Krawallen im Dezember wegen der Roten Flora wurden 120 Polizisten verletzt. Wie konnte es überhaupt so weit kommen?
Malchow: Da hatte sich ja in Hamburg die Antifa-Szene aus ganz Europa versammelt. Denen ging es nicht um eine Demonstration, sondern ganz gezielt um Ausschreitungen, mit denen sie beweisen wollten, dass sie noch in der Lage sind, den öffentlichen Raum zu beherrschen.

Cicero: Hätte diese Situation nicht trotzdem deeskaliert werden können?
Malchow: Das wäre nur gegangen, wenn man vorher Kontakt zu diesen Gruppen hätte aufbauen können. Bei Demonstrationen gibt es ja die Verpflichtung der Polizei, im Vorfeld sogenannte Kooperationsgespräche mit allen Beteiligten zu führen. Aber die Szene hatte überhaupt kein Interesse an solchen Gesprächen.

Cicero: Das heißt, der Ausbruch von Gewalt war unvermeidbar?
Malchow: Das hängt davon ab, ob es in Hamburg politisch vermeidbar gewesen wäre, dass zur gleichen Zeit der Konflikt um drei Brennpunkte entflammt. Es ging ja nicht nur um die Rote Flora, sondern auch um die Räumung der baufälligen Esso-Häuser und um Flüchtlinge. Für die linke Szene sind das alles wichtige Themen.

Cicero: Die Polizisten waren demnach Leidtragende einer Politik, die das Konfliktpotenzial nicht erkannt hat?
Malchow: Das ist ja häufig der Fall. Aber es ist nun einmal Aufgabe der Polizei, für Recht und Ordnung zu sorgen, wenn man auf politischem Weg nicht weiterkommt. Allerdings wird für meine Kolleginnen und Kollegen eine rechtswidrige Situation umso problematischer, je länger sie von der Politik geduldet wurde. Wenn zum Beispiel ein Haus geräumt werden soll, das schon seit vielen Jahren besetzt ist, glauben die Besetzer natürlich, im Recht zu sein. Das verschärft am Ende den Konflikt und steigert die Gewaltbereitschaft.

Cicero: Mehrere Erhebungen kommen zu dem Ergebnis, dass die Gewaltbereitschaft gegenüber Polizisten in den vergangenen Jahren gestiegen ist. Wie macht sich das bemerkbar?
Malchow: Daran, dass praktisch alle Polizistinnen und Polizisten im Dienst schon Opfer von Gewalt geworden sind. Einschüchterungsversuche und Anpöbelungen gehören ohnehin zum polizeilichen Alltag. Kollegen, die schon länger im Dienst sind, stellen fest, dass ihnen immer öfter und ohne konkreten Anlass mit Aggressivität begegnet wird. Polizisten werden auch deutlich häufiger als früher getreten, geschlagen und mit Waffen bedroht.

Cicero: Gibt es Milieus, die besonders aggressiv auf Polizeibeamte reagieren?
Malchow: Das sind naturgemäß politische Extremisten von links oder von rechts. In Stadtteilen mit hohem Migrantenanteil kann es auch vorkommen, dass plötzlich die Straße voll von aggressiven Menschen ist, nur weil Beamte etwa eine Personenkontrolle bei zwei Jugendlichen durchführen müssen. Unabhängig von ihrer Herkunft gilt zudem, dass Jugendliche zunehmend aggressiv auftreten.




Cicero: Existieren in Deutschland No-Go-Areas für Polizisten?
Malchow: Es gibt zumindest Wohnbereiche, in denen die Polizei nur noch in Gruppenstärke fährt, weil es für einen Streifenwagen allein zu gefährlich wäre. Da haben sich Strukturen entwickelt, wo zumindest ein Teil der Bewohner das staatliche Gewaltmonopol nicht akzeptiert.

Cicero: Beispiel?
Malchow: Das gilt natürlich für viele der hinreichend bekannten Problemgebiete in den Großstädten. Aber auch für manche ländlichen Gegenden etwa Mecklenburg-Vorpommerns, wo Rechtsextremisten in die Lücken stoßen, die staatliche und gesellschaftliche Institutionen hinterlassen haben. Wenn Polizisten in manchen Stadtvierteln nur noch in Gruppenstärke auftreten können, heißt das doch auch, dass diese Beamten an anderer Stelle fehlen. Natürlich. Diese Leute fehlen dann in der allgemeinen Verbrechensbekämpfung oder in der Ermittlungsarbeit beispielsweise nach Wohnungseinbrüchen.

Cicero: Wie viele Ihrer Kollegen werden eigentlich durch die Absicherung von Sportereignissen gebunden?
Malchow: Die Belastungen steigen ständig. Nahezu 1,3 Millionen Arbeitsstunden haben die Beamtinnen und Beamten bei Fußballeinsätzen leisten müssen. Das entspricht nach Angaben der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) in Duisburg einer Zahl von mehr als 1.300 Polizistinnen und Polizisten, die ausschließlich im Profi-Fußball der ersten und zweiten Bundesliga eingesetzt werden. Erhebungen zufolge ist allein ein Drittel der polizeilichen Einsatz-Hundertschaften von Bund und Ländern mit der Begleitung von Fußballspielen beschäftigt. Das ist im Sinne der inneren Sicherheit gesellschaftspolitisch nicht mehr zu vertreten.

Das Gespräch führte der stellvertretende Cicero-Chefredakteur Alexander Marguier.

Link: Alexander Marguier im Gespräch mit dem Deutschlandradio Kultur
Fotos (2): GdP/Immel
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