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DP-Wahlcheck mit Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen)

Foto: Urban-Zintel
Foto: Urban-Zintel

Jede Besoldungsstufe muss überall gleich viel wert sein.

DP: Die GdP hat Ende April eine Wertschätzungskampagne für die Polizeibeschäftigten gestartet. Was werden Sie effektiv dazu beisteuern?
Robert Habeck: Ich habe immer mal Polizistinnen und Polizisten zum Beispiel auf Streife begleitet. Sie erzählen mir in der Regel offen von Problemen, Enttäuschungen und Erwartungen. Die teils scharfe öffentliche Debatte lastet auf ihnen, gepaart mit hohem Arbeitsdruck und dem Wissen um ihre Verantwortung. Daher: Wir sollten wegkommen vom Fingerzeigen und versuchen, den Alltag der Polizistinnen besser zu verstehen. Und ja, Wertschätzung muss sich auch konkret in Gehalt und Arbeitsbedingungen widerspiegeln. Wir machen uns daher für die Wiedereinführung der Ruhegehaltsfähigkeit der Polizeizulage stark. Die Bundestagsfraktion der Grünen hat dies schon zweimal in der Legislaturperiode beantragt. Leider hat die Große Koalition den ersten Haushaltsantrag dazu ablehnt und die Behandlung des zweiten Antrages verhindert. Das hat mit Wertschätzung nichts zu tun.

DP: Die Polizei ist nach Auffassung der GdP in wesentlichen Bereichen wie Besoldung und Ausstattung eine Mehrklassengesellschaft. Wie und wo wollen sie mildernd einwirken?
Habeck: Gute Arbeitsbedingungen sind zentral. Um ihre Aufgaben zu bewältigen, braucht die Polizei eine adäquate Ausstattung. Vor allem im digitalen Bereich ist eine Menge Luft nach oben. Die Besoldung, egal ob im Bund oder in welchem Bundesland auch immer, sollte einheitlich sein. Jede Besoldungsstufe muss überall gleich viel wert sein. Die Fehlentwicklung nach der Föderalismusreform 2006 gilt es umzukehren.

DP: Warum haben wir den Eindruck, dass manche Gesetzesvorhaben durch die Gremien gepeitscht werden, ohne ausreichend auf Praxistauglichkeit abgeklopft zu werden?
Habeck: Diesen Eindruck teilen wir. Wichtige Gesetzesvorhaben wie das Bundespolizeigesetz werden am Ende der Wahlperiode in einem der Sache nicht dienenden Tempo durchgezogen. Und dies, obwohl man in diesem konkreten Fall schon Jahre vorher den Reformbedarf konstatiert hat. Wir wollen, dass wichtige und grundsätzliche Initiativen möglichst gleich zu Beginn der Legislaturperiode eingebracht werden, um eine seriöse Befassung und Einbeziehung aller Betroffenen zu ermöglichen.

DP: Die „Innere Sicherheit“ ist aus unserer Sicht meist ein mit Moos besetzter Punkt auf der „Bloß-nicht-vergessen“-Liste für das anstehende Wahlprogramm. Wo ist das Lebendige, wo sind die Perspektiven?
Habeck: Der Schutz von Freiheit und Grundrechten ist zentral für unser demokratisches System. Und deshalb ist die innere Sicherheit integraler Bestandteil unserer Politik. In einer liberalen Demokratie ist es entscheidend, dass Menschen sich sicher fühlen können und darauf vertrauen können, dass staatliche Institutionen Gefahren mit rechtsstaatlichen Mitteln abwehren. Unsere Sicherheitspolitik folgt daher der Linie: das Schutzbedürfnis ernst nehmen, gezielt agieren, kein Generalverdacht gegen die gesamte Bevölkerung. Entsprechend haben wir kontinuierlich eigene Vorschläge für die „klassischen“ Sicherheitsthemen, Polizei und Geheimdienste, erarbeitet. Zudem erweitern wir die Sicherheitspolitik: Die IT-Sicherheit zum Beispiel braucht einen kräftigen Schub. Oder der Kampf gegen Gewalt gegen Frauen.

DP: Bei Begriffen wie Bürger- oder Erwerbstätigenversicherung schwant Beamtinnen und Beamtinnen zu Recht Böses. Nehmen Sie uns die Sorge.
Habeck: Ihre vorherige Frage nach der Mehrklassengesellschaft adressiert ja völlig zu Recht eine Ungleichbehandlung. Genau darum geht es uns bei der solidarisch finanzierten Bürgerversicherung, in der jede und jeder unabhängig von seinem Einkommen die Versorgung bekommt, die sie oder er braucht. Als ersten Schritt verbessern wir die Versorgung gesetzlich Versicherter. Außerdem wollen wir die Benachteiligung gesetzlich versicherter Beamtinnen und Beamte durch einen beihilfefähigen Tarif beenden.

DP: Mehr als zwei Drittel der Deutschen hat nach einer GdP-Umfrage Angst vor zunehmender Internetkriminalität. Forensische Ermittler werden von der Polizei seit Jahren gesucht, Fachleute entscheiden sich aber häufig für einen Arbeitsplatz in der Wirtschaft. Warum ist das so?
Habeck: Der Polizeiberuf muss noch attraktiver gestaltet werden. Wir brauchen eine angemessene Ausstattung, gerade auch im Digitalen, gute Arbeitsbedingungen, eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und gute Entlohnung. Im Bereich der Bekämpfung der Internetkriminalität werden wir auch die Quereinstiegsmöglichkeiten verbessern müssen sowie die polizeiliche Aus- und Fortbildung. Wenn alle Parameter stimmen, können wir dringend benötigtes, gut qualifiziertes Personal für die Polizei gewinnen.

DP: Wir glauben, die Digitalisierung in allen Bereichen auf die Überholspur zu bringen, muss „Chefsache“ sein. Wie fangen Sie das an?
Habeck: Auch die Digitalisierung lag viel zu lange brach. Das gilt für alle gesellschaftlichen Bereiche, aber eben auch für die Polizei. Ein zentrales Anliegen wäre mir, die Grundanliegen die mit „Polizei 2020“ adressiert wurden endlich umzusetzen. Denn es kann nicht sein, dass Bundes- und Länderpolizeibehörden mit unterschiedlichen Systemen teilweise an einander vorbei operieren. Diese Missstände müssen entschlossen abgestellt werden.

Robert Habeck: zur Person

Robert Habeck ist seit 2018 Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen. Zuvor agierte er sechs Jahre als Minister in Schleswig-Holstein und vertrat den dortigen Ministerpräsidenten. Zuletzt leitete er das Ministerium für Energiewende, Umwelt, Landwirtschaft und Digitalisierung. Der Grünen-Spitzenkandidat bewirbt sich bei der bevorstehenden Bundestagswahl für das Direktmandat in seinem Heimatwahlkreis FlensburgSchleswig.
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