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Populismus-Tagung der Gewerkschaft der Polizei (GdP)

Schilff: Demokratie ist kein Naturgesetz

„Sie werfen keine Steine auf den Staat, sondern wählen vergiftete Worte.“

Foto: Kay Herschelmann
Foto: Kay Herschelmann
Berlin.

Populismus sei zwar kein Verbrechen, in den falschen Händen und unter geeigneten Rahmenbedingungen jedoch ein höchst gefährliches Mittel der politischen Beeinflussung, betonte der stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Dietmar Schilff, nach einer zweitägigen GdP-Fachtagung am Freitag in Berlin. Als überzeugte Demokraten müssten wir schleunigst unsere Komfortzone verlassen, forderte der GdP-Vize. Demokratie sei kein Naturgesetz, sondern müsse gelebt und auch verteidigt werden. „Sie werfen keine Steine auf den Staat, sondern wählen vergiftete Worte. Ihr Handeln ist deshalb so brisant. Sie vermeiden Gewalt, aber zielen mit ihren geschickt formulierten Parolen auf vermeintlich leicht zu beeinflussende Wähler. Und dabei treffen sie oft auf fruchtbaren Boden“, unterstrich Schilff vor rund 200 Tagungsgästen.

Mit dem Strafgesetzbuch kommen wir nicht weiter ...

Fakt sei, stellte Schilff fest, dass eine Populismus-Polizei jedenfalls nicht helfen würde. „Mit dem Strafgesetzbuch kommen wir hier nicht weiter, mit dem Geschichtslexikon jedoch schon viel mehr.“ Es sei unumgänglich, sein eigenes Informationsverhalten auf die Empfänglichkeit für manipulierende Informationen zu überprüfen. Das gelte nicht nur für politische Themen, sondern prinzipiell für den gesamten Alltag. „Es liegt an uns selbst, wir sollten nicht mit dem Finger auf andere zeigen. Denn dann würden wir es so machen, wie diejenigen, über die wir hier zwei Tage geredet haben“, appellierte er an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in seinem Tagungsfazit.

Dem Treiben rechts- und linkspopulistischer Demagogen könne nicht von heute auf morgen Einhalt geboten werden. Den richtigen Zeitpunkt haben Schilff zufolge vor allem die etablierten Parteien verpasst. Es sei womöglich falsch gewesen, auf den tendenziösen Populismus von Gruppierungen und neuen Parteien mit gleicher Münze zu reagieren. „Jemanden zu verteufeln, birgt nun einmal die große Gefahr, ihn ungewollt in eine Märtyrerrolle zu schieben. Ihn dagegen als Schaumschläger und Wellenreiter zu entlarven, verspricht deutlich größere Erfolgsaussichten.“ Es müsse möglich sein, selbst im politischen Wettkampf komplexere Themen allgemeinverständlich und uncodiert zu vermitteln. Das sei Populismus im besten Sinne, sagte der Gewerkschafter.

Schilff schlug vor, junge Menschen wesentlich intensiver auf den Umgang mit sozialen Medien und digitaler Informationsverbreitung vorzubereiten. Gleichzeitig müsse auch bei möglichst vielen der Wille, Dinge kritisch hinterfragen zu wollen, geweckt werden.

Demokratie- und Polizeigeschichte bilden eine Einheit

Die Rolle und die Funktion der Polizei im Nationalsozialismus sei und bleibe das zentrale Thema der polizeihistorischen Bildungsarbeit, stellte Dr. Dirk Götting von der Polizeiakademie Niedersachsen fest. Dass sich ein solches Trauma für die Polizei nicht wiederholen dürfe, stehe außer Frage, doch lösten „Politiker des rechten parlamentarischen Spektrums, die sich für ihre Agitation ganz unverhohlen im Baukasten des historischen Nationalsozialismus bedienen und gleichzeitig eine geschichtspolitische Wende um 180 Grad fordern“, eine gewisse Verunsicherung aus.

Diese nationalsozialistischen Raubgrabungen sind dem Polizeihistoriker zufolge ein Weckruf – gerade auch für die historische Bildungsarbeit. Schließlich hätten die Nationalsozialisten mit ihrer Propaganda geradezu die Blaupause für ihre heutigen Nachahmer geliefert Denn die ließen zunehmend direkter und unverhüllt alte Strategien und Verhaltensmuster wiederaufleben.

Götting: „Doch Berlin ist nicht Weimar – gerade weil die Geschichte der Weimarer Republik und ihres Scheiterns als kollektive Erfahrung Teil unseres historischen Bewusstseins geworden ist.“

"Lassen Sie uns also alle solidarisch zusammenstehen", forderte der Referent und erhielt einen lang anhaltenden Applaus.

Fotos (2): Kay Herschelmann

Politische Bildung ist keine politische Feuerwehr

„Wir leben in einer Zeit, in der rechtsradikale Ansichten immer deutlicher geäußert werden“, sagte Professor Christoph Kopke von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin am zweiten Tag der der GdP-Fachtagung Populismus.

Er erläuterte, wie die AfD immer wieder fragwürdige historische Vergleiche zieht, um die heutigen Verhältnisse zu kritisieren. Etwa, dass man in der heutigen Zeit seine Meinung nur noch unter vorgehaltener Hand äußern dürfe – eine Aussage von Wilko Möller, AfD-Vorsitzender in Frankfurt (Oder), die er zitierte. Auch andere Vertreter der AfD behaupteten - durchaus wissentlich, dass die Information falsch sei - irgendwelche vermeintliche Tatsachen. Als Gewerkschafter würde er das Gespräch mit diesem Leuten eher nicht suchen, betonte der Hochschuldozent.

Kopke stellte die Frage, ob politische Bildung gegen solches Gedankengut helfen kann. „Eines muss immer bedacht werden: Politische Bildung ist keine politische Feuerwehr. Sie setzt auf mittel- und langfristige Lernprozesse“, so der Wissenschaftler. Sie ermögliche neue Denkweisen und trage dazu bei, demokratische Haltungen zu verfestigen.

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