Zum Inhalt wechseln

GdP-Fachtagung zum Thema Populismus

GdP-Vize Schilff: Folgen von leicht eingängigen Stammtischparolen nicht unterschätzen

Berlin.

Mit dem Phänomen Populismus und seinen Auswirkungen auf Staat und Gesellschaft beschäftigt sich eine Fachtagung der Gewerkschaft der Polizei (GdP), die am Donnerstagvormittag in Berlin begann. Zu Beginn verwies der stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende Dietmar Schilff vor den rund 200 Teilnehmern, der aktuelle Populismus in Deutschland und Europa stelle die Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, die Polizeibeschäftigten und unsere ganze Gesellschaft vor große Herausforderungen.

Gezieltes Schüren von Ängsten

„Es ist daher folgerichtig, dass wir uns auch innerhalb unserer Gewerkschaft intensiv mit den Ursachen, Erscheinungsformen und Folgen des Populismus auseinandersetzen und unsere ablehnend Haltung gegenüber jeglichen antidemokratischen und menschenverachtenden Tendenzen unmissverständlich zum Ausdruck bringen“, sagte er. Ein klares und unumstößliches Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung sei die unumstößliche Grundlage unseres gewerkschaftlichen und dienstlichen Handelns.

Leicht eingängige Parolen seien unvermindert an Stammtischen zu hören. Diese hätten längst auch Einzug in die sozialen Netzwerke gefunden. In sogenannten Filterblasen und Echokammern des Internets würden gezielt sowohl Ängste geschürt und Ansichten verstärkt, als auch Parolen und Behauptungen unwidersprochen zur scheinbaren Wirklichkeit, betonte Schilff.

Populismus und seine Folgen (9. Mai, ab ca. 17:00 Uhr, zum Livestream bitte klicken)


Fundamentaloppositionelle Bewegungspartei
Die AfD stellt ein parteipolitisches Dach für die unterschiedlichen politischen Strömungen Rechtsaußen,so Alexander Häusler (im Bild links), Rechtsextremismus-Experte und Wissenschaftler an der Hochschule Düsseldorf.

Mit ihren flüchtlingsfeindlichen und rassistischen Mobilisierungen leite die AfD eine aktive Bewegungsphase ein, so Häusler. Rechtsaußen-Frontmann Björn Höcke selbst habe die AfD als „fundamentaloppositionelle Bewegungspartei“ bezeichnet. Die von der AfD mobilisierten rechten Aufmärsche vor dem Erfurter Dom, in Cottbus und weiteren ostdeutschen Städten unter Beteiligung von Pegida-Anhängern, Hooligans und Neonazis hätten teilweise offen rechtsextreme Züge angenommen, führt der Rechtsextremismus-Experte weitere Beispiele an.

Mit seiner Behauptung, das ‚wahre Volk‘ symbolisch zu repräsentieren, instrumentalisiere und deligitimisiere der Rechtspopulismus die demokratischen Institutionen. Unter dem Deckmantel von Sicherheit-und-Ordnung-Parolen würden antidemokratische Haltungen verbreitet. Der AfD-Landesvorsitzende von Baden-Württemberg, Uwe Junge, habe auf seinem Twitter-Account Ende 2017 autoritäre Vorstellungen von Selbstjustiz mit folgendem Bekenntnis offenbart: „Der Tag wird kommen, an dem wir alle Ignoranten, Unterstützer, Beschwichtiger, Befürworter und Aktivisten der Willkommenskultur im Namen der unschuldigen Opfer zur Rechenschaft ziehen werden! Dafür lebe und arbeite ich. So wahr mir Gott helfe!“

Weiterhin prekär ist die Haltung der AfD zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung in Deutschland: AfD-Vorsitzende Alexander Gauland habe klar gemacht, dass Identität und Nationales augenscheinlich über den Werten der Verfassung stünden. Sie sei „ein Kleid, das man verändern kann. Identität, Nationales, Kultur kann man nicht verändern“.

Der "Flügel" ist die Machtstatik der AfD
Der rbb-Journalist Olaf Sundermeyer (im Bild rechts) berichtete über seine beruflichen Erfahrungen mit der rechtspopulistischen AfD, die er seit vielen Jahren aus unmittelbarer Nähe beobachtet.
In vielen Gesprächen mit Spitzenpolitikern der AfD erfahre er, dass die Radikalen zwar nicht die Mehrheit in der Partei seien, jedoch die Lauten und auch die Einflussreichen. Dieser Flügel sei die Machtstatik der AfD.

Sundermeyer verwies unter Hinweis auf Interviews mit AfD-Landesvorsitzende darauf, dass diese Leute von einem anderen Land träumten und ihr Ziel sei, politische Macht zu ergreifen. Der szenebekannter Fernsehjournalist fügte hinzu, die Presse- und Meinungsfreiheit auf Veranstaltungen könne oft nur durch die Anwesenheit der Polizei gewährleistet werden.

Intensive Fragerunde nach den ersten Vorträgen.
- - -

Der Vorsitzende der Geschäftsführung von Borussia Dortmund, Hans-Joachim Watzke (2.v.r.), schaut gern mal über den Tellerrand des Fußballs hinaus und bezieht gesellschaftspolitische Positionen. Die beiden Volksparteien hätten sich immer unterschieden, bei vielen Fragen elementar gestritten. Heute werde untereinander nicht mehr gestritten. „Dann kommt die Stunden der Populisten“, betonte Watzke. Er machte deutlich, dass bei Borussia Dortmund nur der Mitglied werden könne, der sich auf dem Boden des Grundgesetzes befinde. Wer sich in den sozialen Medien rassistisch äußere, habe im Verein nichts zu suchen, sagte Watzke und verwies auf die Präventionsarbeit des Vereins. So würde jedes Jahr eine Reise nach Auschwitz organisiert.


„Populismus war früher eine punktuelle Erscheinung, ist inzwischen aber ein flächendeckendes Phänomen“, sagte Ulrich Leitermann (2.v.l.), Vorsitzender der Vorstände der Signal Iduna Gruppe. Mit zum Erstarken des Populismus habe auch die Regierung von Angela Merkel beigetragen, die nicht mehr auf Streit ausgelegt sei. „Und dann kommt das Problem der Extreme“, so Leitermann auf der GdP-Fachtagung Populismus. Bei der Flüchtlingskrise habe man außerdem eine Chance versäumt: Man hätte von Anfang an Klartext sprechen müssen. Laut Leitermann hätte man klar machen müssen, dass der Humanismus - das Aufnehmen von Flüchtenden - gewünscht sei, aber dass das auch Probleme mit sich bringe. „Jeder der negative Begleiterscheinungen angesprochen hatte, wurde unter Generalverdacht gestellt, rassistisch zu sein“. Die Frage sei nun, wie man den Populismus bekämpfen könne. Dazu sei jede Institution, jedes Unternehmen gefordert. „Wir müssen den Leuten klar machen, wofür Europa steht. Über 70 Jahre Frieden sind kein Selbstläufer.“



Stefan Körzell (r.), Mitglied im Geschäftsführenden Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes, betonte, „wir erleben eine Krise der Demokratie“. Er stelle in der Politik heutzutage keinen Streit über die besten Konzepte und Positionen mehr fest, vor allem bei den sogenannten Volksparteien. Dies sei ein bisschen unter die Räder gekommen. Diese Entwicklung habe sich auch in der zurückgehenden Wahlbeteiligung ausgedrückt. Die in jüngster Zeit festzustellende Zunahme der Wähler bei Wahlen gehe auch auf neue Parteien zurück.
„Wir als Gewerkschaft wissen, was es heißt, einen gefundenen Kompromiss nach langen Verhandlungen zu vertreten. Das ist nicht nur bei Tarifverhandlungen so“, sagte Körzell mit Blick auf die politisch Verantwortlichen.

Fragen an die Protagonisten der ersten Talk-Runde des Tages. Durch die Tagung führte Moderator Christoph Tiegel.
- - - - -

Die Sozialen Medien tragen zu einer Auflösung der gewohnten Ordnung und zu einem Verlust von Gemeinschaft bei, sagt Yvonne Hofstetter (Bild unten), Juristin und Autorin. Auf der GdP-Fachtagung Populismus spricht sie über deren Bedeutung beim Aufstieg des Populismus und den Weg aus der Misere.


Die digitale Meinungsmasse
Viele Menschen halten Soziale Medien, die meist Plattformen von profitorientierten amerikanischen Konzernen sind, für den geeignete Ort für die politische Weiterbildung, erklärt Hofstetter. Das ist das Problem: Der digitale Informationsraum habe die Meinungsbildung dezentralisiert und stark fragmentiert. Dadurch, dass alle Menschen sich online mitteilen, würde ein hohes Rauschen erzeugt, um das zu filtern, zeige der personalisierte Newsfeed einer Plattform dem jeweiligen Nutzer nur an, was für ihn von Belang sei. „So atomisieren Online-Plattformen unsere Gesellschaft in ihre kleinste Einheit, die Singularität. Es entsteht eine digitale Meinungsmasse“, führt die Sachbuchautorin weiter aus. Noch schlimmer ist eine weitere Logik, nach der Nachrichten in den Sozialen Medien funktionieren.

Das Ende der Aufklärung
Online Plattformen machen Werbung und in der Werbung sei alles erlaubt, erklärt Hofstetter. Social Media hätte nie den Anspruch auf Fakten erhoben. Für die politische Meinungsbildung seien aber Fake News und Lügen fatal. Soziale Medien seien lediglich authentisch im Berichten von Emotionen und die seien ansteckend. „Deshalb muss online provozieren, wer viral gehen will. Das ändert das Denken. Denn wer sich erregt, debattiert nicht mehr. Deshalb sagt selbst Henry Kissinger: Wir erleben das Ende der Aufklärung.“ Der Trend habe sich längst auf die physische Welt übertragen und habe dazu geführt, dass es weniger konsensorientierte Politiker, aber mehr extreme Politiker gebe. Diese würden einen Nationalismus befördern, welcher als kleinster gemeinsamer Werte-Nenner fungiere. Die Gesellschaft trifte von demokratischen Werten als Gemeinsamkeit ab. Der einzige Weg aus dieser Entwicklung: Jeder einzelne müsse bei der Errichtung einer faktenbasierten Realität und Gesellschaft mitwirken. „Wir alle, die gesamte Gesellschaft, sind aufgefordert, dass wir uns gegen den Normalitätsverlust abhärten und resilient werden.“



Zum Abschluss des ersten Tages diskutierte GdP-Chef Oliver Malchow mit Yvonne Hofstetter und Sven Hüber, Hauptpersonalratsvorsitzender der Bundespolizei im BMI, über die Folgen des Populismus hierzulande und in Europa. Interessierte konnten diese Talk-Runde im Livestream verfolgen.

- - - - -
Auf der zweitägigen GdP-Veranstaltung kommen hochrangige Vertreterinnen und Vertreter aus der Politik, Wirtschaft, dem Sport, von Gewerkschaften, der Polizei und aus der Wissenschaft zu Wort.
This link is for the Robots and should not be seen. This link is for the Robots and should not be seen. This link is for the Robots and should not be seen. This link is for the Robots and should not be seen. This link is for the Robots and should not be seen. This link is for the Robots and should not be seen. This link is for the Robots and should not be seen. This link is for the Robots and should not be seen. This link is for the Robots and should not be seen. This link is for the Robots and should not be seen. This link is for the Robots and should not be seen. This link is for the Robots and should not be seen.