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6: April: 100 Jahre Vertretung für Schwerbehinderte

Geschichtsausflug

Von Silke Schmidt und Steffen Kutschera

Foto: xtock - stock.adobe.com
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Berlin.

Es begann am 6. April 1920: Reichspräsident Friedrich Ebert unterzeichnete das „Gesetz zur Beschäftigung Schwerbeschädigter“. Zwei Tage später erfolgte die Verkündung im Reichsgesetzblatt, am 23. April 1920 trat das Gesetz in Kraft. Nach 100 Jahren werfen wir einen Blick zurück.

Der Erste Weltkrieg war vorbei. Es gab Millionen Kriegsversehrte, die aus vielfältigen Gründen zurück in einen Beruf mussten. Die Regierung erkannte die Notwendigkeit einer speziellen Vertretung für diese „Schwerbeschädigten“. Bereits 1923 erfolgte eine Revidierung des Gesetzes, der Voraussetzungen und Rahmenbedingungen, die fortan galten und bis heute die Basis für das Ehrenamt beschreiben. „Tunlichst“ sollte auch der „Vertrauensmann“ schwerbeschädigt sein. Er sollte nunmehr auch Arbeitnehmer unterstützen, die durch Arbeitsunfälle eine Schwerbeschädigung erfahren hatten.

Dann der Zweite Weltkrieg mit seinen schrecklichen Folgen. Alles ähnelte der Zeit nach 1918. Das Ehrenamt war nun wichtiger denn je und erfuhr 1953 eine enorme Aufwertung. Der Vertrauensmann war ab sofort „… in allen Angelegenheiten, die die Durchführung dieses Gesetzes betreffen, vom Arbeitgeber und Betriebsrat vor einer Entscheidung zu hören“.

1961, die Neufassung des Schwerbeschädigtengesetzes: Der Vertrauensmann erhielt den gleichen Kündigungs-, Versetzungs- und Abordnungsschutz wie ein Mitglied des Betriebsrates. Die Amtszeit wurde auf vier Jahre erhöht und die Wahl einer Stellvertretung vorgesehen.

Knapp 30 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges löste 1974 das Schwerbehindertengesetz das Schwerbeschädigtengesetz ab. Die neue Regelung galt für alle Schwerbehinderten, unabhängig von Art und Ursache ihrer Behinderung. Es passte sich einer veränderten Anschauung von Rehabilitation an. Schwerbehinderte sollten auch nicht mehr nur „beschäftigt“, sondern in Arbeit, Beruf und Gesellschaft eingegliedert werden. Diese Förderung und die Sicherung solcher Arbeitsverhältnisse war jetzt vor allem Aufgabe des Vertrauensmannes. Das Anhörungsrecht wurde ausgedehnt, ein Teilnahmerecht an allen Sitzungen der Beschäftigtenvertretung eingeführt.

1986, die Neufassung des Schwerbehindertengesetzes: Die Schwerbehindertenvertretung (SBV), so der neue Sprachgebrauch, sollte dazu beitragen, arbeitslose Schwerbehinderte oder jene, die eine betriebliche Ausbildung suchten, verstärkt zu berücksichtigen. Der Vertrauensmann fand nunmehr auch die Vertrauensfrau oder Vertrauenspersonen an seiner Seite.

Nach der Jahrtausendwende: Die SBV-Beteiligungsrechte bei der Besetzung freier Stellen wurden ausgeweitet. Den Arbeitgebern wurden weitere Prüf- und Beteiligungspflichten auferlegt. Zudem wurden sie verpflichtet, mit der SBV eine Integrationsvereinbarung (heute: Inklusionsvereinbarung) zu treffen und der betrieblichen Prävention einen höheren Stellenwert einzuräumen. Fakt ist: Deuten sich Schwierigkeiten mit einem schwerbehinderten Beschäftigten an, muss der Arbeitgeber die SBV einschalten.

Seit 2004 achtet die SBV darauf, dass der Arbeitgeber seiner Verpflichtung der Einführung eines Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) nachkommt.

2017, Reform des Sozialgesetzbuchs (SGB) IX: Alle Paragrafen wurden neu sortiert und die Stellung der SBV gestärkt. Deren fehlende Mitwirkung bei Kündigungen führte seither zur Unwirksamkeit. Zahl und Umfang der Aufgaben der SBV stiegen stetig an –
wenig verwunderlich angesichts der demografischen Entwicklung. In den Betrieben arbeiten immer mehr Beschäftigte mit einer Einschränkung. Damit wächst auch die Nachfrage nach Beratung und Unterstützung durch die SBV. Dem trug der Gesetzgeber im reformierten SGB IX durchaus Rechnung: Er senkte den Schwellenwert für die Freistellung von 200 auf 100 schwerbehinderte Menschen. Auch das Heranziehen der Stellvertreter zu bestimmten Aufgaben in Betrieben mit mehr als 100 schwerbehinderten Beschäftigten führt zur Entlastung. Die Schulung der Stellvertretungen ist jetzt möglich.

Die SBV heute: Ihre wachsende Bedeutung ist unumstritten. Ihre Aufgaben und Pflichten haben zugenommen. Die SBV ist in unserer modernen Zeit als gesamtgesellschaftliches Ziel nicht mehr wegzudenken. Sie trägt einen wesentlichen Teil zur Inklusion bei.

Auch wenn vor 100 Jahren noch niemand von Inklusion sprach, wurden der Schwerbehindertenvertretung die damit verbundenen Aufgaben bereits in die Wiege gelegt.
Die Polizeien des Bundes und der Länder befinden sich auf dem Weg zu Inklusion und Teilhabe – gemeinsam mit ihren Schwerbehindertenvertrauenspersonen.
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