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GdP-Fachtagung Polizeiverwaltung

Polizei macht sich durch Privatisierung abhängig

Im Interview: Elke Gündner-Ede, für die Polizeiverwaltung zuständiges Mitglied des Geschäftsführenden GdP-Bundesvorstands. Foto GdP/Hagen Immel
Im Interview: Elke Gündner-Ede, für die Polizeiverwaltung zuständiges Mitglied des Geschäftsführenden GdP-Bundesvorstands. Foto GdP/Hagen Immel
Potsdam/Berlin.

Elke Gündner-Ede ist seit 2006 Mitglied des Geschäftsführenden GdP-Bundesvorstandes und dort verantwortlich für den Themenbereich Polizeiverwaltung. Rund ein Jahr ist es her, dass die Polizeiverwaltungsexperten der Gewerkschaft der Polizei (GdP) ein neues Positionspapier veröffentlicht haben. Vor dem ersten GdP-Polizeiverwaltungssysmposium am 28. und 29. November in Potsdam sprach DEUTSCHE POLIZEI (DP) mit der niedersächsischen Polizeiangestellten über die Attraktivität des öffentlichen Dienstes, die Probleme fortschreitender Privatisierungen und warum ein Weg zurück zu eigenen Kräften der bessere wäre.

Gündner-Ede: 'Warum sollte man nicht auch Personalwerbung für Verwaltungsstellen im Schulunterricht betreiben oder auch auf Ausbildungsmessen?' Foto: GdP/Hagen Immel
Gündner-Ede: 'Warum sollte man nicht auch Personalwerbung für Verwaltungsstellen im Schulunterricht betreiben oder auch auf Ausbildungsmessen?' Foto: GdP/Hagen Immel
DEUTSCHE POLIZEI (DP): Liebe Kollegin Gündner-Ede, ist die Polizei ohne Polizeiverwaltung nur die Hälfte wert?
Elke Gündner-Ede: So weit würde ich nicht gehen, aber die Kollegen und Kolleginnen der Polizeiverwaltung sind ein wesentlicher Bestandteil im Gesamtkonstrukt unserer Polizeien.

DP: Das heißt genau?
Gündner-Ede: Der Polizei wird von der Bevölkerung hohes Vertrauen entgegengebracht. Das haben Umfragen zum Ansehen von Berufsgruppen wiederholt gezeigt. Einen großen Anteil an diesem positiven, aber auch verpflichtendem Bild haben unsere Kollegen und Kolleginnen draußen im operativen Dienst. Auf der anderen Seite unterstützen die Polizeiverwaltungskräfte deren Einsatz von innen heraus und bilden ein solides, verlässliches Backoffice. Daher fühlt sich die Polizeiverwaltung auch nicht als Fremdkörper, sondern als integraler Bestandteil der Polizei.

DP: Der GdP-Bundesfachausschuss Polizeiverwaltung hat unlängst ein Positionspapier herausgegeben. Was war der Anlass dafür?
Gündner-Ede: Wir stellen – leider bundesweit – fest, dass aus offensichtlicher Personalnot verstärkt Kollegen und Kolleginnen aus der Exekutive in Aufgaben fremden Tätigkeitsfeldern eingesetzt werden. Das ist weder für den operativen Dienst optimal noch für die Polizeiverwaltung. Wir wollen also mit unserem gewerkschaftspolitischen Ansatz deutlich machen, dass unter anderem Geld in die Hand genommen werden muss, um die Polizeiverwaltung mit Fachpersonal zu stärken. Momentan ergibt sich ein schiefes Bild, wenn man unter dem Gesichtspunkt der Effizienz die aktuelle Situation beurteilt. Eigentlich ist es aber ganz einfach: Fachspezifische Personalbesetzungen in der Polizeiverwaltung entlasten die Exekutive und erhöhen damit die Qualität der Polizeiarbeit insgesamt.

DP: Laut Koalitionsvertrag sollen doch 15.000 Stellen bei der Polizei geschaffen werden ...
Gündner-Ede: Gut, das steht erst ein mal auf dem Papier. Und der GdP-Bundesvorsitzende hat ja auch schon mehrfach darauf hingewiesen, dass der dort verhandelte Text mit Leben gefüllt werden muss. Was aber, ehrlich gesagt, nicht so einfach ist. Tatsache ist aber auch, dass bei diesen Stellenerhöhungen die Polizeiverwaltung so ziemlich außen vor ist. Es muss also auch intensiver an der Attraktivität des öffentlichen Dienstes, im speziellen eben auch für die Tätigkeit in der Polizeiverwaltung, gearbeitet werden.

DP: Und wie könnte das geschehen?
Gündner-Ede: Indem die Polizei aktiv wirbt; und vor allem die Perspektiven für die Verwaltung sich positiv verändern. Es müssen konkrete Karrieremöglichkeiten gegeben sein und die Stellenplanobergrenzen dürfen kein Hindernis dafür darstellen. Spezielle Einstellungsberatungen könnten dann dazu führen, dass sich auch junge Menschen für den Eintritt in die Polizeiverwaltung interessieren. Es hält sich halt hartnäckig das Klischee, dass typische Verwaltungsaufgaben eintönig und langweilig sind. Im Bereich der Polizeiverwaltung werden aber lebendige Eindrücke und spannende Einblicke in die typische Polizeiarbeit ermöglicht, die dieses Meinungsbild widerlegen. Warum sollte man nicht auch Personalwerbung für Verwaltungsstellen im Schulunterricht betreiben oder auch auf Ausbildungsmessen?

DP: Wenn die jungen Menschen dann da sind, was soll mit ihnen passieren?
Gündner-Ede: Wenn wir eine kompetente Polizeiverwaltung wollen, und das tun wir, dann müssen wir Kenntnisse und Fertigkeiten ausbauen und fortschreiben. Das heißt auch, dass auf sich ändernde Rahmenbedingungen laufend reagiert werden muss. Das erwarten die Neuzugänge von ihrem Studium oder ihrer Ausbildung zurecht. Sie wollen ja nicht später dastehen und mit den Schultern zucken. Schlagwörter sind hier Planbarkeit, Zuverlässigkeit und Zielgerichtetheit.

DP: Also stabile, jedoch keine starren Strukturen?
Gündner-Ede: Ja, erstens das, und der Dienstherr muss sein Personal wieder schätzen lernen. Jetzt werden womöglich viele sagen, jetzt kommen die wieder mit der Wertschätzung. Ja, genau. Motiviertes, qualifiziertes Personal ist die wichtigste Ressource des öffentlichen Dienstes.

DP: Noch einmal kurz zurück zur Attraktivität …
Gündner-Ede: … gut, bedenkt man die ständig wechselnden Rechtsprechungen beispielsweise im Beurteilungswesen oder die föderalen Unterschiede hinsichtlich der Zuständigkeiten auf besonderen Rechtsgebieten wie dem Waffenrecht oder im Schadensrecht, brauchen wir auch qualifizierte Fortbildungen. Diese Themen sind ständig in Bewegung, da legt sich kein Staub auf die Vorgänge...

DP: … Ich zielte mit meiner Anmerkung auf perspektivische Chancen …
Gündner-Ede: Ohne echte Attraktivitätsprogramme, also nur über – zugegeben – interessante Aufgabenfelder, werden wir qualifizierte Menschen nicht genug begeistern können. Da können Zulagen für besondere Aufgaben sicherlich flankieren. Da kann der Dienstherr ruhig einmal kreativ denken, was materielle oder auch immaterielle Anreize angeht. Fakt ist: Trotz einer breiten Aufgabenvielfalt, einem hohen Maß an Entscheidungskompetenz, Verantwortung und Leitungsfunktionen spiegelt sich die Attraktivität von Laufbahnen in der Polizeiverwaltung nicht in entsprechenden beruflichen Perspektiven wieder. Das gilt im Übrigen im gleichen Maße für Tarifbeschäftigte. Wir sind in einer Phase, wo es darauf ankommt, dass sich Motivation nicht in Frustration wandelt.

DP: Die Warnsignale leuchten bereits?
Gündner-Ede: Nicht erst seit gestern, der Exodus aus den Polizeiverwaltungen hat längst begonnen.

DP: Wenn gar nichts mehr geht, geht doch noch immer Privatisierung?
Gündner-Ede: Stimmt, zumindest wenn man unbedingt den Holzweg beschreiten möchte. Durch die Auslagerung von Aufgaben und dem zwangsläufig einhergehenden Verlust von Stellen schraubt man die eigene Handlungsfähigkeit herunter. Zum Beispiel bei der Bewältigung polizeilicher Großlagen sowie bei alltäglichen Arbeitsabläufen in der Polizeiverwaltung. Die GdP warnt schon seit Langem vor einer zu einseitig betriebenen betriebswirtschaftlichen Betrachtung der Polizei. Mit dem notwendigen Personal sind jedoch Dienstleistungen der Polizeiverwaltung, und zwar nah an der polizeilichen Aufgabe, bezahlbar und qualitativ hochwertig. Warum sollte sich die Polizeiorganisation also von privaten Dienstleistern abhängig machen?

DP: Wo soll denn quasi wieder entprivatisiert werden?
Gündner-Ede: Das ist schon eine ordentliche Liste. Ich sehe zwar schon die Gesichter der Finanzverantwortlichen vor mir, aber da fallen mir beispielsweise die Kfz- und Waffenwerkstätten ein, Reinigungsdienste, Handwerker, Einsatzküchen, medizinische sowie soziale Dienste oder auch das Beschaffungswesen. Der Vorteil, dass Kollegen und Kolleginnen bei Einsatzlagen nicht mehr aufwändig ein- und unterwiesen werden müssen, liegt erstens klar auf der Hand und zweitens trägt das zu erwartende Qualitätsniveau zum Gesamterfolg des Einsatzes bei.

DP: Wie sieht’s denn bei der IT aus?
Gündner-Ede: Wir sollten nie vergessen, dass es sich bei Polizeiarbeit häufig um sensible und sicherheitsrelevante Bereiche handelt. Aber da kommen wir wieder zurück zu Attraktivität.

DP: Liebe Kollegin Gündner-Ede, vielen Dank für das Gespräch.

Die Fragen stellte DP-Redakteur Michael Zielasko.
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