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4. GdP-Bundesseniorenkongress in Bayreuth vom 10. bis 11. April 2002

Rede des Bundesvorsitzenden Konrad Freiberg

Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen,
ich freue mich, heute wieder vor den Vertretern von 32 000 Seniorinnen und Senioren in der GdP sprechen zu können. Euer Status ist schon etwas Besonderes in der Welt der Gewerkschaften. Sicher, auch die anderen Gewerkschaften kümmern sich um die Senioren und beziehen sie in die Gewerkschaftsarbeit ein. Aber bei der GdP geht es weiter. Bei uns ist der Vorsitzende der Seniorengruppe Mitglied des Bundesvorstandes der GdP und somit an allen wichtigen Entscheidungen der GdP beteiligt.

Vor zwei Jahren konnten wir im Hamburger Rathaus das 50jährige Bestehen unserer Gewerkschaft feiern. In dieser Zeit haben wir Gewaltiges leisten können. Kürzlich gab es eine Emnid-Umfrage nach der Institution, der die Bürger das meiste Vertrauen entgegenbringen. Wieder landete die Polizei auf Platz eins.

Eine höhere Anerkennung polizeilicher Arbeit ist kaum möglich. Daran habt ihr einen gehörigen Anteil. Aber auch an den sozialen Errungenschaften, die wir gemeinsam erstreiten konnten.

Wie viel Kraft und Mühe wir z. B. investiert haben, um die zweigeteilte Laufbahn zu etablieren? Dank eurer beharrlichen Arbeit können die jungen Polizistinnen und Polizisten heute in den meisten Bundesländern ihr Berufsleben auf einem soliden Fundament aufbauen.

Auf eure Erfahrungen, eure Sichtweisen und eure Überlegungen wollen wir auch künftig bauen können. Denn schließlich habt ihr mit dafür gesorgt, dass wir heute eine starke Gewerkschaft der Polizei sind. Dafür hier unser Dank und die Versicherung, gemeinsam alles in unseren Kräften stehende zu tun, damit eurer verdienter Ruhestand nicht weiter durch Versorgungskürzungen und andere Belastungen überschattet wird.

Wie ihr wißt, ist ja trotz aller gewerkschaftlicher Gegenwehr am 1. Januar diesen Jahres das Versorgungsänderungsgesetz in Kraft getreten. Ihr kennt es sicher schon bestens. In unserer Gewerkschaftszeitung haben wir es im Februar ausführlich erläutert.

Unter dem Deckmäntelchen eines sogenannten Anpassungsfaktors wird über acht Jahre der Ruhegehaltssatz um 4,33 Prozent abgesenkt. Er erreicht in 2010 nur noch höchstens 71,75 Prozent.

Otto Schilys Behauptung, das Gesetz bringe "weniger mehr", kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen. Es ist eindeutig eine Kürzung. Sicher, die demografische Entwicklung in Deutschland fordert ihren Tribut bei allen Alterssicherungssystemen - die GdP will sich hier gar nicht aus der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung stehlen.

Wir haben deutlich gemacht, dass eine Reform der Rentenversicherung auch auf die Beamtenversorgung übertragen werden kann. Und zwar - so hat es der Bundesvorstand bekräftigt - innerhalb des Systems der Beamtenversorgung. Aber nicht - wie es nun die gesetzlich verankerte "Anpassung der Beamtenversorgung" vorsieht - durch überproportionale Belastung des eigenständigen Alterssicherungssystems der Beamtinnen und Beamten.

Erinnern wir uns kurz:
Zuerst wurde die Versorgungsrücklage durch das Versorgungsreformgesetz eingeführt. Das heißt: vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2013 sollten von den jährlichen Besoldungs- und Versorgungsanpassungen 0,2 Prozent pro Jahr in einen Sonderfonds eingezahlt werden. Mit Hilfe dieses Fonds sollten ab 2018 die dann stark angestiegenen Versorgungsansprüche mitfinanziert werden.
Mit dem Versorgungsänderungsgesetz wird diese Versorgungsrücklage bis 2010 ausgesetzt.

Vielleicht von euch erinnern sich noch, dass die Beamten seit 1957 einen Beitrag zu Versorgungsaufwendungen leisten. 7 Prozent weniger Gehalt mußten die Beamten damals gegenüber den Vergütungen von Angestellten mit vergleichbaren Tätigkeiten in Kauf nehmen, um künftige Pensionszahlungen zu finanzieren. Tatsächlich wurden aber diese einbehaltenen Beträge niemals in eine Rücklage eingezahlt. Für die Versorgungsansprüche ist also kein Geld beiseite gelegt worden. Bund und Länder versuchen nun seit Mitte der 90er Jahre mit einer aggressiven Sparpolitik im Beamtenbereich das Defizit auszugleichen.

Dafür einige Beispiele:
1992 wurden die ruhegehaltsfähige Dienstzeit zum Erreichen des Höchstruhegehaltsatzes von 35 auf 40 Jahre heraufgesetzt. 1993 hat man das Weihnachtsgeld auf dem 93-er Stand eingefroren. Und die Polizeizulage erstarrte 1996 bei 249,14 DM.

Bevor heute eine Kollegin oder ein Kollege sein Gehalt mit in den Ruhestand nimmt, muß er drei Jahre zuvor befördert worden sein. Ansonsten erhält er nur das Gehalt des darunter liegenden Amts. Vor 1996 waren es noch 2 Jahre.Und wer vor Erreichung seiner Altersgrenze wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt werden muß, erfährt ab 01.01.2001 einen Versorgungsabschlag von jährlich 3,6, maximal 10,8 Prozent seines Ruhegehalts - außer, es handelt sich um Dienstunfähigkeit aufgrund eines Dienstunfalls.

Dass nun auch mit dem Versorgungsänderungsgesetz die Hinterbliebenenversorgung angetastet wird, trifft eure Familien. Nach Auffassung der GdP kann diese geplante Absenkung der Witwenrente im Sozialversicherungsrecht nicht einfach auf die Beamtenversorgung übertragen werden. Hier wird die im Alimentationsprinzip verankerte Fürsorgeverpflichtung des Staates verletzt.

All das gehört nach unserer Auffassung zu den sogenannten "Sonderopfern".

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, setzte nun noch eins drauf: Sie plädierte vergangene Woche gegenüber der Zeitung "Die Welt" dafür, die Sozialversicherung zu einer Bürgerversicherung auszubauen. In die sollen auch Beamtinnen, Beamte und Selbständige eingebunden werden sollen.

Aus unserer Sicht ein völlig unakzeptabler und populistischer Vorschlag. Eine Einbeziehung der Beamtinnen und Beamten in die Rentenversicherungen kommt für die GdP nicht in Betracht.

Es ist immer das Gleiche: wird das Geld knapp, reifen sofort Gedanken, wen man schröpfen könnte. Was dabei herauskommt, sind mitunter solche Milchmädchenrechnungen wie der eben erwähnte Vorschlag der Grünen. Man hat den Eindruck, die Rechtslage, finanzielle und soziale Folgen, die staatlichen Verpflichtungen gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern werden entweder gar nicht berücksichtigt oder spielen nur noch eine untergeordnete Rolle.

Was ist zu tun, liebe Kolleginnen und Kollegen?

Widerstand leisten!

Wir sind nicht verantwortlich für den chaotischen Kassenstand bei Bund und Ländern. Unsere Sonderopfer müssten doch Milliarden in die Kassen gespült haben. Wo sind die geblieben?Wir werden uns vehement dagegen wehren, wenn der öffentliche Dienst weiterhin als Sparschwein der Nation missbraucht wird.

Ihr kennt eure GdP gut genug und wisst, dass einiges bereits getan, anderes geplant ist.

Wir werden, was das Gesetz zur Versorgungsänderung 2001 betrifft, vor die Gerichte ziehen - und zwar bis zum Bundesverfassungsgericht, wenn es sein muss. Weil wir überzeugt sind, dass die Regelungen dieses Gesetzes nicht verfassungskonform sind.

Auch bei der Verlängerung der Versorgungssperre von 2 auf 3 Jahre werden wir, wenn nötig, die Gerichte anrufen, sobald entsprechende Rechtschutzfälle vorliegen.Soweit also zu einigen Ergebnissen der Gesetzgebung, die ihrem Wesen nach nur als "Notspargesetze" bezeichnet werden können.

Aber wir haben auch Positives zu berichten. Und zwar konnten wir per Tarifverhandlungen erreichen, dass die Zukunft und Finanzierung der Zusatzversorgung für die Tarifbeschäftigten gesichert ist. Die Versorgungs-Rentnerinnen und -Rentner erhalten nun jeweils zum 01.07. eines Jahres eine Erhöhung ihrer Versorgungsrente um 1 Prozent. Und zwar zusätzlich zur Erhöhung der gesetzlichen Rente.

Es gibt überall die aktuellen Probleme hinaus Themen, die beschäftigen uns gemeinsam schon mehrere Wahlperioden lang. Ich erinnere an die geplante Streichung des Weihnachtsgeldes für Pensionäre, die Einbeziehung der Altpensionäre in die Ruhegehaltsfähigkeit der Polizeizulage und auch das Dauerthema Beihilfe. Hier sind wir nach wie vor am Ball und streiten für eure Interessen.

Für uns steht fest, die 13. Monatspension muß erhalten bleiben, mehr noch, sie muß wieder in Höhe von 100 Prozent der Dezemberbezüge gewährt werden.

Der Bundesvorstand ist sich mit dem Bundes-Seniorenvorstand einig, dass wir weitere gewerkschaftspolitische Aktivitäten entfalten müssen, um die Streichung der Polizeizulage durch das Versorgungsreformgesetz von 1998 rückgängig zu machen und die Altpensionäre in die Ruhegehaltsregelung einzubeziehen.

Beim Thema Beihilfe ist klar, dass hier die finanzielle Schmerzgrenze bereits überschritten ist.Kostendämpfungspauschalen und Selbstbehalte sind das eine Mittel, um die Versorgungsempfänger zu schröpfen, Reduzierung des Leistungsspektrums der beihilfefähigen Aufwendungen sind das andere Mittel, um bei der Beihilfe den Rotstift anzusetzen.

Die GdP hat sich nicht quer gestellt, wenn es darum ging, Leistungseinschränkungen in der gesetzlichen Krankenversicherung auch im Beihilfebereich gelten zu lassen, wenn adäquate Leistungen betroffen sind. Doch wenn das Beihilfesystem, wie immer wieder betont wird, als eigenständiges System erhalten werden muss, dann dürfen Änderungen im sozialen Krankenversicherungsrecht nicht dazu missbraucht werden, um Haushalte sanieren zu helfen. Wahlleistungen sind nun mal Besonderheiten der Privatliquidation. Wenn der Gesetzgeber die Beihilfe doch zu einer "Ersatzkrankenversicherung" machen will, dann sollte er den Beamten zumindest die Möglichkeit einräumen, freiwilliges Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse zu werden, aber bitte schön mit einem hälftigen Beitragszuschuss zu den Krankenversicherungsbeiträgen.

Die für die nächste Legislaturperiode angekündigte Gesundheitsreform lässt erahnen, dass uns noch harte Auseinandersetzungen ins Haus stehen. Das gilt auch für die zu erwartende Umsetzung dieser Reform auf den Beamtenbereich. Soviel ist sicher, die GdP wird alles daransetzen, um zu verhindern, dass insbesondere Pensionäre Verlierer dieser Reform werden. Jedes Mitglied ist aufgerufen, mitzuhelfen, dass die Kassenträume einiger Finanzminister nicht zum Albtraum der Ruheständler werden.

Die GdP wird sich stark machen, um im Sozialversicherungsrecht eine Aufteilung in Grund- und Wahlleistungen zu verhindern. Denn das wäre ein Ausstieg aus der solidarischen Finanzierung. Chronische oder schwere Krankheiten wären nur noch von reichen Patienten optimal zu behandeln.

Außerdem werden wir uns für verstärkte Vorsorgen und Gesundheitsförderung, für mehr Transparenz der Bürgerinnen und Bürger einsetzen. U. a. soll jeder Patient wissen, was der Arzt als Leistungen abrechnen.

Noch ein Wort zur Entscheidung, die uns das Bundesverfassungsgericht mit dem Pensionsbesteuerungsurteil vom 6. März 2002 beschert hat. Nicht immer erreicht man mit einer Klage das, was man erreichen möchte. Nicht die allseitig erwartete Anhebung des Versorgungsfreibetrages für die Pensionäre, sondern eine bis zum Jahre 2005 in Kraft zu setzende schärfere Rentenbesteuerung sahen die obersten Verfassungsrichter als Lösung des Problems an.

Bereits die GdP-Kommission "Pensionen und Renten" hatte nach dem Verfassungsurteil von 1980, mit der Forderung "eine Neuregelung der Besteuerung der Alterseinkünfte ist geboten" davor gewarnt, dass das einschlägige Urteil eher zu einer Negativharmonisierung, sprich höheren steuerlichen Belastung der Rentner führen wird, denn zu einer Entlastung der Pensionäre durch Anhebung des Pensionsfreibetrags. In der Folgezeit hatte die GdP deshalb auch immer nur die Anhebung des Versorgungsfreibetrags gefordert, zuletzt auf 9.600,-- DM jährlich, nicht jedoch die Beseitigung der steuerlichen Ungleichbehandlung von Pensionen und Renten. Was hätte diese Forderung gewerkschaftlich auch für einen Sinn gehabt, träfe sie doch auch eine Vielzahl unserer früheren Tarifbeschäftigten, deren Renten doch wahrlich nicht zum Himmel wachsen.

Nun, das Gericht hat gesprochen, wir werden in der nächsten Legislaturperiode des Deutschen Bundestags eine heftige Debatte über die Rentenbesteuerung bekommen. Eins ist sicher, sinkt durch die höhere Besteuerung der Renten die Nettorente unterhalb des von der Rentenstrukturreform 2000 festgelegten Rentenniveaus von 67 Prozent, werden Korrekturen am Rentenrecht unumgänglich. Dies wiederum führt unausweichlich zur Forderung einer Novellierung des Versorgungsänderungsgesetzes 2001.

Ich möchte an dieser Stelle der Politik nochmals klar sagen, dass sich Beamte und Versorgungsempfänger nicht widerstandslos in den Sparsog hineinziehen lassen. Das Dienst- und Treueverhältnis darf nicht dazu missbraucht werden, den Versorgungsempfängern den gerechten Lohn im Ruhestand vorzuenthalten. Wenn diese Regierung meint, aktive und Ruhestandsbeamte per Gesetz zu Sparopfern degradieren zu können, sei daran erinnert, dass sich die betroffenen Kolleginnen und Kollegen nicht umsonst in Gewerkschaften organisiert haben. Diese werden angemessenen Widerstand leisten. Wie unsere GdP - "Gut, dass es sie gibt!".

Ein erster Vorgeschmack war schon kürzlich bei der November-Demonstration von rund 25.000 Kolleginnen und Kollegen auf dem Berliner Gendarmenmarkt zu spüren - übrigens erstmals in enger Abstimmung und Zusammenarbeit mit dem BundeswehrVerband.

Es muss und es wird zunehmend auch öffentlichkeitswirksame Proteste geben müssen. Weil es einfach nicht angehen kann, dass einerseits laufend finanziell gekürzt wird. Andererseits aber die gegenwärtige Situation der inneren Sicherheit verlangt, dass die Kolleginnen und Kollegen immer neue und weiterreichende Aufgaben übernehmen müssen.
  • So stieg beispielsweise die Kinder- und Jugendkriminalität. In diesen Altersgruppen geht es immer brutaler zu.
  • Mehr Gewaltkriminalität wird auch in den Familien beobachtet - insbesondere gegenüber Kindern und Frauen.
  • Die Rauschgiftkriminalität mit all ihren verheerenden gesellschaftlichen und familiären Folgen breitet sich drastisch aus.
  • Die organisierte Kriminalität verfestigt sich zunehmend. Deutschlands Straßen werden zu Austragungsorten von Fehden krimineller ausländischer Banden - häufig mit Schusswaffengebrauch.
  • Erschütternd die Sexualmorde an hilflosen Kindern. Schmerzliche Folgen des Versagens von Justiz und therapeutischen Möglichkeiten der Mediziner. Nicht jeder Triebtäter kann geheilt werden. Es muß sichergestellt werden, dass sie nie wieder auch nur die Möglichkeit für derartige Verbrechen haben.
  • Korruptionsfälle in Deutschland beherrschen häufiger die Schlagszeilen.
  • Der Rechtsextremismus in all seinen Facetten tritt zunehmend in Erscheinung - vom dumpfen Neo-Nazi-Gegröle bei Aufmärschen bis hin zu Gewalttätigkeiten.
  • Großeinsätze mit bis zu 30 000 Polizisten nehmen zu: Veranstaltungen wie z. B. Wirtschaftsgipfel, Staatsbesuche, Fußballspiele, Demonstrationen, Castor-Transporte - verlangen zunehmend mehr Polizeischutz.
  • Leichtfertige Entlassungen von Schwerverbrechern von der Justiz haben zur Folge, dass Polizisten sie oft unter Lebensgefahr wieder festnehmen müssen, weil sie zur Gefahr für die Bürger wurden oder bereits wieder Straftaten begangen haben.
  • Hinzu kommen die dramatischen Auswirkungen der Terroranschläge vom 11. September vergangenen Jahres, die uns sehr deutlich neue Dimension des Terrorismus und in schockierender Weise die Verletzlichkeit der westlichen Welt vor Augen führten.
Ihr entsinnt euch, gerade zu diesem Zeitpunkt kam unsere Mitglieder-Zeitung mit der Titelstory "Gotteskrieger tragen ihren Terror nach Europa" heraus. Die Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus ist also sehr wohl wahrgenommen worden. Die Politik hat aber erst nach den Anschlägen reagiert.

Dann wurden sehr schnell Defizite in der inneren Sicherheit beschworen. Innerhalb kürzester Zeit hatte Otto Schily zwei Sicherheitspakete geschnürt - den sogenannten Otto-Katalog - im Umfang von rund drei Milliarden Mark. Aus unserer Sicht sind vor allem die Personalverstärkung beim BKA, beim BSG und beim Bundesamt für Verfassungsschutz sowie die zahlreichen Verbesserungen bei der Ausstattung dringend nötig gewesen.

Fatal wäre es, sich mit diesem Katalog zu begnügen und zur Tagesordnung überzugehen. Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes August Hanning warnte Ende Februar in einem Spiegel-Interview eindringlich davor, "daraus, dass wir nach dem 11. September keine gravierenden Anschläge gehabt haben, zu schlussfolgern, dass die Bedrohung geringer geworden sei. Das ist nicht so!"

Die skizzierte Entwicklung der vergangenen Jahre fordert von der Polizei ihren Tribut. Die Polizei muss ständig neue Aufgaben übernehmen:
  • Die organisierte Kriminalität, die Geldwäsche, Korruptionsfälle, Internet- und Computerkriminalität und Graffiti-Schmierereien müssen zunehmend bekämpft werden.
  • Ebenso die ansteigenden Drogenkriminalität, Arbeitsmarktdelikte, illegaler Menschenhandel, der Rechts- und Linksextremismus und sämtliche neuen Formen von Wirtschaftskriminalität,
  • Die Gen-Datei musste aufgebaut werden.
  • Großeinsätze - z. B. anlässlich von Demonstrationen und Castor-Transporten wollen abgesichert sein.
  • Der Schutz der Euro-Einführung wurde gewährleistet.
  • Die internationale Zusammenarbeit - z. B. Europol - wird verstärkt und
  • zunehmend beteiligt sich die Polizei an Auslandseinsätzen - z. B. im Kosovo/Bosnien und aktuell in Afghanistan
  • Außerdem baut unsere Polizei eine europäischen Task Force mit auf.
  • Und dass etliche neue Gesetze eingehalten werden, soll die Polizei auch absichern - z. B. die Hundeverordnung, das Handy-Verbot beim Autofahren oder die 0,5 Promille-Grenze.
  • Hinzu kommen noch all die Aufgaben im Bereich der Terrorismusbekämpfung.
Außerdem sind Entwicklungen absehbar, die den verstärkten Einsatz unserer Kolleginnen und Kollegen nach sich ziehen werden. Erinnern möchte ich an den europäischen Integrationsprozess, an die Migrationsbewegung und die geplante EU-Osterweiterung.

Das alles sind Aufgaben, die von gut ausgebildeten und motivierten Polizistinnen und Polizisten und Angestellten und Arbeitern bewältigt werden müssen. Aber effektiv steht immer weniger Personal zur Verfügung. 1999 hatten wir bundesweit noch 273 000 Polizeivollzugsbeamte/innen.
Zwei Jahre später waren es schon 3.000 weniger. Hinzu kommen Einsparungen im Verwaltungsbereich der Polizei bzw. bei den Tarifbeschäftigten. Darunter muß die Qualität der Polizeiarbeit insgesamt leiden. Die Polizei wird regelrecht kaputtgespart.

Da ließ sich die Politik wieder etwas einfallen: Privatisierung und Auslagerung heißen jetzt die Zauberworte. Dahinter verbirgt sich nur, dass der Staat sich immer mehr aus dem Bereich der inneren Sicherheit zurückziehen will - sprich: Personalkosten sparen möchte. Das wiederum bedeutet, der Staat finanziert künftig weniger Leistungen für die Bürger.

Hier besteht nach GdP-Auffassung dringend Änderungsbedarf. Der Staat darf sich nicht weiter aus der Verantwortung stehlen. In Sicherheit leben zu können, ist ein Grundbedürfnis der Menschen. Das Sozialstaatsprinzip und das Gewaltmonopol des Staates enthalten gleichsam die Verpflichtung des Staates, diesem Grundbedürfnis der Bürger zu genügen. Für Sicherheit zu sorgen, gehört faktisch zu den elementarsten Aufgaben des Staates. Wir stimmen Innenminister Schily zu, wenn er sagt, dass sich die innere Sicherheit rein ökonomischen Gesetzen entziehen muss.

Außerdem: Wer kann die Verantwortung dafür übernehmen, dass z. B. private Sicherheitsfirmen wirklich qualitativ hochwertig und zuverlässig arbeiten? Die GdP fordert daher entsprechende gesetzliche Verankerungen für das private Bewachungsgewerbe. Der vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung ist nach unserer Auffassung völlig unzureichend.

Nach dem Willen des CDU-Bundestagsabgeordneten Rupert Scholz sollen u. a. auch die Überwachung des ruhenden und fließenden Verkehrs privatisiert werden, ebenso die Unfallaufnahme bei sogenannten leichten Unfällen, der Objektschutz soll privatisiert werden, nahezu alle Bereiche der Verwaltungstätigkeiten in der Polizei, viele Bereiche der Kriminaltechnik und auch die Ausbildung des privaten Sicherheitsgewerbes soll durch die Polizei erfolgen.

Die GdP ist fest davon überzeugt, dass die entsprechenden Gelder bei einer vernünftigen Verteilung für die innere Sicherheit vorhanden sind. Wenn Bund und Länder sogar darüber nachdenken, für Fußballklubs die finanzielle Bürgschaften zu übernehmen, kann man nicht glauben, dass die Kassenlagen so desolat sein sollen.

Ich bin überzeugt, die Bürgerinnen und Bürger werden ihr Recht auf Sicherheit einfordern. Das kann aber auch Gefahren in sich bergen: In Hamburg sind etliche dabei Herrn Schill - auch bekannt als Richter Gnadenlos - auf den Leim gegangen. Er versprach bekanntlich, u. a., innerhalb von 100 Tagen die Kriminalität in Hamburg zu halbieren und die Polizei dort um 2000 Stellen aufzustocken. Bisher wurden die Wahlversprechen auch nicht annähernd eingehalten.

Ich denke, wir müssen als GdP künftig den Bürgerinnen und Bürgern die Lage der Polizei deutlicher darstellen und ihnen erläutern, dass davon ganz entscheidend ihre eigene Sicherheit, ihre Lebensqualität abhängt. Vielleicht gelingt es uns so, sie in unsere berechtigten Proteste mit einzubeziehen.

Innere Sicherheit wird auch im diesjährigen Wahlkampf eine große Rolle spielen.

Wir werden den Parteien dabei sehr genau in die Wahlprogramme und auf die Finger schauen. Wir werden dagegen angehen, wenn die Polizei wieder als Wahlkampfmittel instrumentalisiert wird oder als Podium zur Selbstdarstellung der Parteien missbraucht wird. Nicht Politik auf Kosten der Polizei, sondern Politik für die Beschäftigten der Polizei brauchen wir.

Ist den Politikern eigentlich klar, was die Polizisten tagtäglich leisten und auf sich nehmen müssen? Ihr wisst es zum großen Teil aus eigener Erfahrung oder von euren Angehörigen, die selbst Polizisten sind:
  • Die Kolleginnen und Kollegen müssen Beschimpfungen von Neonazis und bei den Großeinsätzen stundenlang deren menschenverachtenden Propagandasprüche ertragen.
  • Sie werden von Linksextremisten und Chaoten beleidigt, mit Steinen beworfen und als ausländerfeindlich beschimpft.
  • Sie ziehen an den Wochenendenden zu Großeinsätzen, sie müssen sich von Verbrechern mit haltlosen Vorwürfen und Anzeigen überschütten lassen. Und bei all dem müssen sie einen kühlen Kopf bewahren und sich nach Vorschrift verhalten.
Viele Polizistinnen und Polizisten setzen im Dienst ihre Gesundheit und sogar ihr Leben aufs Spiel.

Zum Dank verweigert man ihnen gerechte Bezahlung, angemessene Ausstattung und kürzt die Pensionen.

Dieser Ungerechtigkeit muß ein wirkliches Ende gesetzt werden. Die Zeit dafür ist überreif.

Was wir brauchen, sind sachkundige Politiker, die sich ernsthaft mit den Belangen der Bürger und der Situation der Polizei auseinandersetzen.
Damit die Bürgerinnen und Bürger zu Ihrem verbrieften Recht auf Sicherheit kommen und die Polizei ihrer Aufgabe, diese Sicherheit zu garantieren, gerecht werden kann.

Wir werden unsere Bemühungen verstärken und wenn nötig, alle uns zur Verfügung stehenden Mittel ausnutzen, um für unsere Kolleginnen und Kollegen sowohl gerechte Bezahlung als auch eine gerechte Bewertung und gesicherte Versorgung zu gewährleisten.

Dafür brauchen wir alle gewerkschaftliche Kraft. Auch die Unterstützung durch euch - die Senioren. Wir brauchen eure Informationen, eure Erfahrungen und euren Rat.

Ich danke euch für eure Aufmerksamkeit. und freue mich auf unsere weitere gute Zusammenarbeit.
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