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Grußwort des IMK-Vorsitzenden Holger Stahlknecht

Stahlknecht: Freiheit mit weniger Sicherheit kann es nicht geben

Berlin.

Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Sachsen-Anhalts Ressortchef Holger Stahlknecht, betonte in seiner Gastrede, Freiheit mit weniger Sicherheit könne es nicht geben und „wir haben gemerkt, dass wir mehr Personal brauchen, um Sicherheit zu gewährleisten. Dafür braucht es aber keinen Rechtsruck. Ein starker Staat braucht eine stark ausgestattete Polizei“. Ein starker Staat müsse sich auf die Kernaufgaben konzentrieren.

Dazu gehörten genügend Personal in Verwaltung und eine Justiz mit genügend Staatsanwälten und Richtern, so Stahlknecht. „Die Bürger müssen das Gefühl haben, Sie erfahren Gerechtigkeit und sie leben in einem Rechtsstaat.“

Stahlknecht sagte: „Das Vertrauen der Bundesrepublik und der Bürgerinnen und Bürger in den Staat hat seit 2015 und der Entscheidung weniger Sicherheit für mehr Freiheit gelitten. Dieses Vertrauen müssen wir zurückgewinnen und das geht nur mit starker Polizei.“

Wenn man bei politischen Entscheidungen über Gelder die Zufriedenheit über das Vertrauen der Menschen stelle, gehe der Staat bodenlos krachen. Mit dem Blick auf den Fußball betonte der Minister: „Sie sind mein 12. Mann, um dieses Vertrauen zurückzugewinnen.“

Die Rede des IMK-Vorsitzenden im Wortlaut

Freiheit braucht Sicherheit, und Sicherheit ist ohne Freiheit wertlos. In diesem Spannungsverhältnis zwischen Freiheit und Sicherheit müssen wir uns strategisch ausrichten und unsere Aufgaben für die Sicherheitspolitik der Bundesrepublik Deutschland erfüllen. Nun war es aber so, dass bis zum Jahr 2015 in den Kabinetten der Länder und auch des Bundes die Auffassung vorherrschte, dass Freiheit auch mit ein bisschen weniger Sicherheit zu gewährleisten sei, und die Gelder, die man für Sicherheit bräuchte, hat man lieber für konsumtive Aufgaben eingesetzt. Man war also der Auffassung, weniger Polizei und etwas weniger Sicherheit seien ausreichend.

Ich sage Ihnen deutlich: Spätestens mit der Flüchtlingssituation im September/Oktober 2015 hat sich herausgestellt, dass diese Auffassung, dass Freiheit auch mit weniger Sicherheit gegeben sei, falsch war. Es war eine völlig falsche Ausrichtung.

Wir haben es gemerkt, als die Flüchtlinge kamen. Als es um die Kontrollen an den Grenzen ging, hatten wir nicht genug Bundespolizei, aber gleichwohl ist es von Ihnen gemeistert worden. Als die Flüchtlinge auf die Länder verteilt wurden und in die Gemeinden kamen, mussten wir die Flüchtlingsunterkünfte gegen Übergriffe von außen schützen und gleichzeitig Sicherheit in den Unterkünften gewährleisten. Das haben Sie gemeistert, obwohl die Personaldecke dünn war.

Dann kam es zu einer politischen Veränderung in dieser Republik. Aufgrund der Zuwanderungssituation haben sich die rechten Ränder und die extremen rechten Ränder verstärkt, sekundiert von den Linksextremen mit Demonstrationen. Aber Sie haben auch diese Lagen, obwohl die Personalsituation angespannt war, gemeistert.

Neben diesen zusätzlichen Aufgaben, denen Sie sich stellen mussten, galt es. die Alltagskriminalität zu bewältigen, mit veränderten Kriminalitätsformen wie Cyberkriminalität usw. Und obwohl Sie auch in diesen Bereichen in einer angespannten Situation waren und teilweise auch noch sind, haben Sie die Aufgaben gemeistert. Dafür gebührt Ihnen ganz persönlich mein Dank.

Aber wir ziehen eine Lehre daraus: Freiheit braucht nicht nur Sicherheit, sondern Freiheit braucht einen starken Staat. Freiheit braucht einen starken Rechtsstaat, und diese Bundesrepublik Deutschland braucht diesen starken Staat. Wir brauchen aber keinen Rechtsruck. Das muss auch klar sein.

Meine Damen und Herren, ein starker Staat bedeutet nichts anderes, als sich zunächst einmal auf die Kernaufgaben eines Staates zu konzentrieren, und zu diesen Kernaufgaben gehört eine funktionierende Verwaltung mit genügend Personal, mit einem Service für die Bürgerinnen und Bürger, Verfahren zu begleiten und nicht zu behindern oder gar zu verhindern. Dazu gehört eine Justiz, die genügend Richterinnen und Richter vorhält, die genug Staatsanwältinnen und Staatsanwälte vorhält, damit Verfahren auch in einem vernünftigen Zeitrahmen durchgeführt werden können und die Bürgerinnen und Bürger zu Recht das Gefühl haben, dass ihnen Gerechtigkeit widerfährt und sie in einem Rechtsstaat leben.

Zu einem starken Staat gehört auch eine gut ausgebildete und personell und materiell gut ausgerüstete Polizei. Sie haben die Zahlen gehört: 86 % vertrauen Ihnen in der Arbeit, die Sie leisten, und dieses Vertrauen ist wichtig, weil das Vertrauen der Bevölkerung in Demokratie, in Staat dadurch entsteht, dass die Menschen einem starken Staat vertrauen. Das Vertrauen der Bevölkerung in unseren Staat erfolgt über einen starken Staat.

Wir haben für mein Bundesland gemeinsam in Köthen gezeigt, wie das geht. Nach einem Tötungsdelikt hatten wir dort an einem Sonntagabend die üblichen Aufmärsche zwischen Links- und Rechtsextremen, und Sie haben gemeinsam mit uns garantiert, dass das Versammlungsrecht als Freiheitsrecht unserer Verfassung gewährleistet blieb. Wir haben aber gleichwohl deutlich gemacht, dass, egal, wer kommt und diesen Staat lustvoll von links oder rechts destabilisieren will, dieser Staat nicht wackelt. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir auch in extremen Situationen deutlich machen, dass dieser Staat nicht wackelt.

Was die politische Ausrichtung angeht, so kann man nur dafür kämpfen und sich einsetzen, dass diese Einsicht, dass wir zunächst einen starken Staat auszufinanzieren haben, strategisch die richtige ist. Die Gelder, die man für weniger Sicherheit bis 2015 eingesetzt hat, sind für konsumtive Leistungen genutzt worden. Politisch war ein fürsorglicher Staat gewollt. Man hat mehr Geld in die Kinderförderung gesteckt, man hat mehr Geld für Sozialausgaben zur Verfügung gestellt. Das ist ja alles schön und gut, aber es gibt zwei Komponenten, die man dabei beachten muss. Es gibt die der Zufriedenheit – die entsteht durch einen fürsorglichen Staat – und die des Vertrauens, und die entsteht durch einen starken Staat. Wenn Sie sich persönlich überlegen, wie das mit Ihrem Vertrauen gegenüber anderen Menschen ist, dann merken Sie, dass das Vertrauen immer eine auf Dauer angelegte Komponente ist.

Sie denken über Vertrauen nicht jeden Tag nach. Sie vertrauen jemandem, oder Sie vertrauen jemandem eben nicht. Dieses Vertrauen endet erst dann, wenn eine Störung im Innenverhältnis oder von außen eintritt. Vertrauen ist auf Dauer angelegt.

Das Vertrauen der Bundesrepublik Deutschland und der Bürgerinnen und Bürger in den starken Staat hat in 2015 gelitten. Wenn wir uns das nicht ehrlich eingestehen, dann verkennen wir die Wahrheit: Das Vertrauen der Bevölkerung in diesen Staat hat mit den Entscheidungen von 2015 und mit den Entscheidungen „weniger Sicherheit für mehr Freiheit“ gelitten. Wir müssen das Vertrauen der Menschen in einen funktionierenden Staat zurückgewinnen, weil Vertrauen etwas ist, das auf Dauer angelegt werden muss. Um dieses Vertrauen zurückzugewinnen, brauchen wir auch Sie als starke Polizei.

Wenn Sie über Zufriedenheit nachdenken, über den fürsorglichen Staat, der Zufriedenheit gibt, dann können Sie einmal überlegen, ob Sie jeden Tag gleich zufrieden sind. Ich glaube nicht. Und dann können Sie einmal überlegen, wie das so ist mit Wünschen. Wenn Sie Kinder haben, dann wissen Sie: Die schreiben Ihnen Weihnachten einen Wunschzettel, und nach Weihnachten sind sie sechs Monate zufrieden, aber dann kommt die nächste Idee.
Und wenn Sie sich etwas Schönes kaufen – machen wir, auch wenn das schwierig wird, das Beispiel einmal gegendert ausgeglichen: etwa ein Auto, denn wenn ich „Kleid und Auto“ sagen würde, hätten wir schon wieder Klischeebilder –, dann sagen Sie nach einem halben Jahr: Jetzt kann es das nächste sein. So ist das!

Wenn ich als Minister der Feuerwehr einen Fördermittelbescheid für ein neues Gerätehaus übergebe, dann sagt der Wehrleiter, wenn ich rausgehe: „Herr Stahlknecht, ich habe da noch einen Wunsch.“ Und dann kommt die nächste Nummer! So etwas kenne ich übrigens auch von Ihnen.

Das Entscheidende ist: Durch Zufriedenheit haben Sie keine Garantie für Vertrauen. Das sind unterschiedliche Komponenten. Deshalb muss man sich zunächst politisch entscheiden, das zu tun, was das Vertrauen in den Staat stärkt, um sich dann mit den übrigbleibenden Geldern um die konsumtiven Aufgaben, um die Zufriedenheit, zu kümmern. Wenn man die Zufriedenheit an den Anfang stellt und das Vertrauen vernachlässigt, geht dieser Staat irgendwann krachen. Das sage ich ganz deutlich.

Deshalb brauchen wir den Mut, solche Dinge anzusprechen und uns dafür einzusetzen.
Ich kann Ihnen nur danken, dass Sie trotz angespannter Personalsituation – die ja jetzt durch Neueinstellungen besser werden soll, auch wenn das nicht von heute auf morgen geschieht, denn Sie müssen ja erst einmal ausbilden – diese Aufgaben wahrgenommen haben und dass Sie ein Garant dafür sind, dass die Menschen Vertrauen in diesen Staat haben. Freiheit braucht eben Sicherheit.

Beim Fußball gibt es die Fans. Wenn es gut läuft, sind die der zwölfte Mann auf dem Spielfeld. Und wenn ein Spiel einmal schlecht läuft, dann dürfen die Fans die Mannschaft auch einmal auspfeifen. Der Bundespräsident hat – das habe ich gerade gehört – gesagt, Sie als Gewerkschaft seien eine starke Säule dieser Demokratie. Für mich sind Sie, wenn Sie so wollen, der zwölfte Mann auf dem Spielfeld: Ich habe immer gedanklich einen zweiten Innenminister im Kabinett. Wenn der Finanzminister einmal nicht so will, dann rufe ich Ihren Vorsitzenden an – dann habe ich den zweiten Innenminister im Spiel. Das hilft! Und wenn ich einmal nicht so gut spiele, dann dürfen Sie auch pfeifen. Das gehört zum Rollenverständnis, und das halten wir auch aus. Dieses Wechselspiel gehört nun einmal dazu.

Insofern ist es gut, dass es Sie in Ihrer Profession gibt, dass Sie für Ihre Berufsgruppe sich einsetzen. Dafür kann man Ihnen nur danken. Seien Sie streitbar, seien Sie kritisch, und stellen Sie sich mit mir an eine Seite, damit wir gemeinsam dafür kämpfen, dass das Vertrauen der Bevölkerung in einen starken Staat wieder wächst und niemals wieder leidet. Dafür brauchen wir Sie mit Ihrer Profession und mit Ihrem Können.

Herzlichen Dank. Ihnen einen guten Kongress.
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