Zum Inhalt wechseln

Polizeipräsenz wichtiger als Paragrafen

Berlin.

Bundesinnenminister Horst Seehofer wandte sich in seiner Rede auf dem Festakt an die Polizistinnen und Polizisten: „Sie können stolz sein, auf das was Sie jeden Tag für unser Land leisten." Seehofer: „Die wichtigste Funktion des Staates ist immer noch, Recht und Ordnung zu gewährleisten. Und das machen Sie (die Polizei) und dafür bedanke ich mich.“

Der Bundesinnenminister stellte angesichts von Gewalt und Respektlosigkeit: „Für mich ist die Polizeipräsenz in unserem Land noch ein Stück wichtiger als die Paragraphen.“ Er räumte ein, dass das jahrelange Personalsparen ein zentraler Fehler zu Lasten der Sicherheit gewesen sei.

„Wir müssen uns anstrengen, um dieses sehr gute Niveau in Deutschland halten zu können, “ sagt Innenminister Seehofer beim GdP-Bundeskongress. Vor allem wenn man ausländische Staatsgäste empfange, werde einem bewusst, welches gute Niveau man in Deutschland habe. 86 Prozent der Deutschen hätten große Sympathie und Vertrauen in die Polizei - so Seehofer. Mit Humor bemerkt er noch: Von so einem Wert wären andere weit entfernt - er zum Beispiel.

Die Rede des Bundesinnenministers im Wortlaut (verfügbar auch im GdP-YouTube-Kanal)

"Lieber Herr Malchow! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Tiegel, die Tugenden, die Sie gerade von mir abverlangt haben, sind im Regierungsviertel objektiv unmöglich zu erfüllen.

Auch ich möchte, wie mein Vorredner Kardinal Woelki, ein Geständnis ablegen, nämlich dass ich in meinem früheren Leben bei der Polizei nicht als Sünder auffällig geworden bin. Das Einzige, was mich einmal tief getroffen hat, war bei einem Staatsbesuch in meiner Funktion als Ministerpräsident. Ich habe die Staatskanzlei verlassen. Vor der Staatskanzlei standen viele Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte. Ich hob die Hände und sagte: „Ich habe nichts verbrochen“, worauf eine junge Beamtin antwortete: Das sagen sie alle, Herr Ministerpräsident.

Meine Damen und Herren, eigentlich ist alles zu diesem Thema gesagt. Ich möchte aber in vier kurzen Punkten meine Sicht der Dinge darlegen:

Erstens. Wir alle, meine Damen und Herren, die wir im öffentlichen Leben stehen, sind zur Rechenschaft pflichtig, und zwar über die Wirkungen unseres Tuns. Wenn auch ich, lieber Herr Präsident Münch, um die Wirkmächtigkeit von Gefühlen weiß, so muss man gelegentlich doch immer wieder auch über die Tatsachen reden, weil sie auf Dauer mächtiger sind, als die Gefühlswelt es ist.
Deshalb ist meine erste Feststellung: Wir leben im besten Rechtsstaat, den es je in unserem Lande gab.

Ich durfte als eine meiner ersten Amtshandlungen der Bevölkerung etwas Schönes verkünden, nämlich dass Deutschland nach der Kriminalstatistik des Jahres 2017 eines der sichersten Länder auf der Welt ist. Das sage ich nicht zum Eigenlob für die Politik, sondern das ist die Rechenschaft, die gewissermaßen Auskunft über Ihr Tun gibt, meine Damen und Herren. Sie haben einen verantwortungsvollen Beruf. Sie haben einen mitunter gefährlichen Beruf. Aber ich sage immer, wenn ich auf Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte treffe: Sie haben auch einen schönen Beruf. Dass wir eine solche Kriminalstatistik veröffentlichen können, ist Ihr Werk. Deshalb möchte ich nicht nur für Ihren Dienst für unser Land danken, sondern ich möchte Ihnen ausdrücklich auch zurufen: Sie können mächtig stolz sein auf das, was Sie jeden Tag für die Sicherheit unserer Bevölkerung und unseres Landes leisten. Danke.

Zweitens – auch das ist eine Lebensweisheit –. Wer aufhört, besser werden zu wollen, hört bald auf, gut zu sein. – Deshalb müssen wir uns gemeinsam immer wieder anstrengen – die Gewerkschaften, diejenigen, die im Beruf stehen, und auch die Politik –, das Erreichte zu halten, und zwar dadurch, dass wir ständig versuchen, besser werden zu wollen.

Das ist nicht ein Aufruf zu Leistungsdruck, sondern das kann man sehr harmonisch und ohne jede Gefahr eines Burn-outs machen.

Es beginnt bei uns in der Politik. Es ist gesagt worden, dass es mit der strukturellen, technischen und personellen Ausstattung der Polizei anfängt. Der Bund hat vor, wie Sie wissen, in den nächsten Jahren 7.500 Stellen für die Sicherheitsbehörden zu schaffen und auch zu besetzen.
Mich freute letzte Woche, Herr Münch, dass Sie bei Ihrer Jahrestagung gesagt haben, bis zur Stunde bereite es noch keine besonderen Probleme, die Kräfte auch zu gewinnen: alleine für das nächste Jahr 2.800 Personen beim Bundeskriminalamt oder auch bei der Bundespolizei. Wir hoffen natürlich, dass die Länder in die gleiche Richtung, nach Möglichkeit auch in der gleichen Größenordnung mitziehen.

Für mich ist die Polizeipräsenz in unserem Land noch ein Stückchen wichtiger als die Paragrafen. Ich setze deshalb immer die erste Priorität auf die Präsenz der Polizei und nicht auf eine Inflation von Paragrafen.

Ich glaube, als Politiker darf man sagen: Der Trend im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts, lieber Herr Hoffmann, ging zur Neoliberalität. Nur ganz wenige haben da Kurs gehalten – die Gewerkschaften gehören dazu – und sind nicht der Neoliberalität anheimgefallen. Da sind viele Fehler gemacht worden. Einer der Fehler war eben das Sparpotenzial zulasten der Sicherheit und der Personalausstattung.

Fehler im Bereich der Sicherheitspolitik sind auf lange Zeit irreversibel. Es dauert lange, bis man sie wieder korrigiert. Im Steuerrecht können Sie den Paragrafen in einem Jahr so oder so gestalten. Das können Sie im nächsten Jahr dann auch wieder verändern. Aber wenn Sie an der Sicherheitsarchitektur des Landes schnippeln und substanzielle Veränderungen in die falsche Richtung durchführen, dauert es sehr lange, bis Sie solche Fehler wieder ausbügeln. Darum ist es manchmal schon gut, wenn man weitere Fehler vermeidet, meine Damen und Herren, und nicht nur auf den Ausgleich schaut.

Wir werden gemeinsam mit den Ländern das Programm „Polizei 2020“ weiterführen. Unter diesem Schlagwort gibt es viele Komponenten. Ich nenne vor allem den IT Bereich mit dem Datenaustausch, der Modernisierung der Daten. Es geht überhaupt auch um Befugnisse, mit denen unsere Sicherheitskräfte in einer digitalen Welt ausgestattet werden, die sie aus der analogen Welt kennen. Denn Sie können keinem Menschen erklären, dass die Überwachung des Internets nicht in gleicher Weise möglich sein soll wie zum Beispiel die Überwachung eines Telefons, obwohl kaum noch ein Straftäter telefoniert. Der IT-Bereich ist eine ganz wichtige Aufgabe des Programms „Polizei 2020“.

Bei aller Bemühung, Europa an den Außengrenzen zu schützen, sage ich: Dieser Schutz erfolgt nicht in erster Linie, um mit dem Migrationsdruck fertig zu werden, sondern es ist immer noch ein Versprechen gegenüber der Bevölkerung, die europäischen Außengrenzen, insbesondere des Schengen-Raums, so zu kontrollieren, dass wir den Wegfall der Binnengrenzkontrollen begründen können. Denn wir haben der Bevölkerung das Versprechen gegeben: Die Kontrollen der Außengrenzen gewährleisten eure Sicherheit.

Sie glauben gar nicht – oder Sie wissen es ja –, was man alles bei Schleierfahndungen und bei temporären Grenzkontrollen findet. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, mein Auto mit all solchen Gegenständen zu beladen, wie Sie sie in der Praxis antreffen.

Ich will Ihnen sagen: Wir machen das um der Sicherheit unserer Bevölkerung willen. Meine Damen und Herren, bei uns im Ministerium überlegen wir gerade gemeinsam mit Ihnen, wie wir das, was wir in Deutschland an Grenzkontrollen kennen, noch ein Stück intelligenter machen. Dazu gehört zweifelsohne die Schleierfahndung.
Anstelle von stationären, dauerhaften Grenzkontrollen könnte ich mir aber auch vorstellen, wenn die Sicherheitsbehörden das so mittragen und für effizient und wirkungsvoll erklären, dass wir der Polizei durchaus die Möglichkeit geben – insbesondere natürlich der Bundespolizei, die ja für den Grenzschutz hauptverantwortlich ist –, temporär, anlassbezogen vorübergehend auch mal direkt an der Grenze zu kontrollieren. Es ist meines Erachtens besser, wenn das gelegentlich anlassbezogen stattfindet. Wenn in Sachsen mal wieder besonders viele Mähdrescher verschwinden, dann muss die Polizei an der Grenze auch die Möglichkeit haben, temporär, wegen dieses Anlasses, Kontrollen durchzuführen.
Drittens ist mir die erstklassige Zusammenarbeit mit der Justiz ganz wichtig. Ich finde es eines Rechtsstaats unwürdig, wenn potenzielle Straftäter aus der Untersuchungshaft entlassen werden müssen, weil die fristgerechte Anberaumung eines Prozesses nicht möglich ist. Das ist nicht gut.


Sie sehen also: Wir müssen uns weiterhin anstrengen, damit dieses sehr gute Niveau in Deutschland erhalten bleibt.
Am ehesten glaubt man ja noch, wie gut wir sind, wenn man Gäste aus dem Ausland empfängt. Ich hatte zu so ziemlich allen Innenministern aus Europa, aber auch darüber hinaus Kontakt in Berlin. Erst wenn andere einem mitteilen: „Herr Minister, wir wollen dahin, wo ihr schon seid“, begreift man eigentlich, was sich in der Bundesrepublik Deutschland in den letzten Jahrzehnten getan hat. Das ist ja eine kontinuierliche Aufgabe. Man erreicht nicht mehr Sicherheit, indem man an einem Knopf dreht oder einen Schalter umlegt, sondern das muss beständig über Jahre hinweg erfolgen. Wenn man das von ausländischen Gästen hört, glaubt man es natürlich besonders.
Der einzige Punkt, an dem ich den Bundespräsidenten leicht korrigieren möchte – ich habe es ihm aber persönlich gesagt, Sie brauchen es ihm nicht auszurichten –, ist:

Er sprach von 83 Prozent der Deutschen.
Mein Ministerium hat mir aufgeschrieben, 86 Prozent der Deutschen.

Das stammt vom Innenministerium; das ist immer der Wahrheit verpflichtet.

Also 86 Prozent der Deutschen, meine Damen und Herren, haben große Sympathie und Vertrauen zu ihrer Polizei. Das ist ein Wert, von dem Politiker insgesamt nur träumen können. Ich persönlich bin von solchen Werten Lichtjahre entfernt, meine Damen und Herren. Lichtjahre entfernt!

Das ist die eine Seite der Medaille. Vor dem Hintergrund ist es kaum zu glauben, was auf der anderen Seite der Medaille ist. Das ist das, was schon angesprochen worden ist, nämlich wie die Gewalt, der Widerstand und die Verunglimpfung – zum Teil erschreckend ungehemmt –, gegenüber den Persönlichkeiten im Polizeivollzugsdienst zunehmen.

Da kann ich aus meiner früheren Erfahrung als Ministerpräsident des Freistaats Bayern berichten, dass neben den Strafandrohungen, die ja verschärft worden sind, ein zweiter Punkt ganz wichtig ist. Ich habe nach größeren schrecklichen Dingen wie zum Beispiel dem Amoklauf in München oder dem großen Zugunglück in Bad Aibling anschließend die beteiligten Polizeikräfte zu einem Empfang eingeladen. Was mich sehr beeindruckt hat, war immer der Grundtenor gerade bei sehr jungen Polizeibeamten, die mir gesagt haben: Wissen Sie, was für uns das Wichtigste ist? Für uns ist das Wichtigste, das Gefühl und die Gewissheit zu haben, dass die Politik und die Bevölkerung hinter unserem Tun stehen. – Dazu möchte ich auch die Öffentlichkeit aufrufen.

Dafür müssen wir immer wieder werben. Deshalb war es für mich besonders schön, dass es bei all diesen politischen Entscheidungen des Deutschen Bundestages und vor allem im Haushaltsausschuss einen parteiübergreifenden Konsens zur Ausrüstung der Polizei, zu den strukturellen Verbesserungen und vor allem zur personellen Ausrüstung und Ausstattung gab. Ich habe vor Kurzem gesagt, dadurch ist der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages zu meinem beliebten Aufenthaltsort geworden. Wissen Sie, diese Sitzungen finden normalerweise irgendwann morgens um zwei oder drei Uhr in der Frühe statt. Dieses Mal haben sich alle Fraktionen hinter diese Verbesserungen zugunsten der Sicherheitsbehörden gestellt. Deshalb möchte ich die Gelegenheit wahrnehmen, auch von dieser Stelle aus allen Fraktionen des Deutschen Bundestages für diese Unterstützung danken,aber auch gleichzeitig an das kluge Wort von Wilhelm Busch erinnern: Ein erfüllter Wunsch hat automatisch Junge.

Also, wir wollen in der gleichen Richtung weiterarbeiten.
Vierter und letzter Punkt: Meine Damen und Herren, es ist immer wichtig, diese Balance zu finden, von der der Bundespräsident gesprochen hat, die Balance zwischen der Freiheit, zwischen diesem liberalen und freiheitlichen Staat, der Bundesrepublik Deutschland, und dem Anspruch, dass dieser Staat auch Recht und Ordnung durchsetzt.

Ich habe hier als gebürtiger Bayer seit fast 70 Jahren immer die Auffassung vertreten, dass die Menschen innerhalb der Rechts- und Werteordnung ihr Leben so gestalten sollen, wie sie es für richtig halten. Der Staat als Vormund ist immer ein schlechter Wegbegleiter. Wenn es aber um das Eigentum der Menschen, um die Gesundheit, um das Leben der Menschen geht, dann brauchen wir einen starken Staat. Deshalb ist ein starker Staat keine Absage an Freiheit und Demokratie, sondern es ist das wichtigste Versprechen für den Schutz der Bürger.

Ich war an vier Stellen Minister und Staatssekretär. Meine Damen und Herren, ich erlaube mir deshalb das Urteil: Die wichtigste Funktion des Staates ist immer noch, Recht und Ordnung zu gewährleisten. – Das machen Sie und dafür bedanke ich mich, meine Damen und Herren.

Das war es.
Ich danke."
This link is for the Robots and should not be seen. This link is for the Robots and should not be seen. This link is for the Robots and should not be seen. This link is for the Robots and should not be seen. This link is for the Robots and should not be seen. This link is for the Robots and should not be seen. This link is for the Robots and should not be seen. This link is for the Robots and should not be seen. This link is for the Robots and should not be seen. This link is for the Robots and should not be seen. This link is for the Robots and should not be seen. This link is for the Robots and should not be seen.