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Bundesweite Aktion:

Gewerkschaften gegen Rente mit 67

Berlin.

Beim bundesweiten Aktionstag des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) und seiner Mitgliedsgewerkschaften gegen die von der Regierung geplanten "Rente mit 67" bezeichnete der DGB-Vorsitzende Michael Sommer die jüngste Rentenreform als "Lebenslüge der Großen Koalition". Rund drei Viertel der Bevölkerung sei gegen die "Rente mit 67", die Hälfte der Betriebe stelle niemand über 50 ein, weniger als ein Drittel der über 55-jährigen sei sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Die Wahrheit sei, "die Rente mit 67 ist Rentenkürzung".

Während im Deutschen Bundestag in einer öffentlichen Anhörung Experten über die Verlängerung der Lebensarbeitszeit referierten, demonstrierten rund 2.000 Gewerkschafter bei einer von DGB und IG Bauen - Agrar - Umwelt in unmittelbarer Nähe des Parlamentssitzes veranstalteten "alternativen Anhörung".

Gegenüber der Presse erklärte Michael Sommer: "Die jüngste Rentenreform ist eine Lebenslüge der Großen Koalition. Die dadurch ermöglichte Beitragssatzersparnis von lediglich 0,5 bis 0,7 Prozentpunkten rechtfertigt nicht, dass dadurch zusätzlich Altersarmut produziert wird. Die Rente wird nicht sicher, sie wird gekürzt. Wieder einmal müssen vor allem diejenigen leiden, die ohnehin schon benachteiligt sind. Die Rente mit 67 ist sozial ungerecht und bringt nichts - außer den Unmut der Bevölkerung weiter zu schüren. Umso unverständlicher ist es, dass Bundeswirtschaftminister Michael Glos nun auch noch von einer weiteren Anhebung der Rente herumschwadroniert. Das ist soziale Brandstiftung.

Statt die Bürgerinnen und Bürger zu verunsichern und zunehmender Altersarmut das Wort zu reden, sollten sich der Bundeswirtschaftsminister mit dem Kern des Problems befassen: 40 Prozent der Betriebe beschäftigen keine über 50-Jährigen mehr. Nur 30 Prozent der 55- bis 64-Jährigen sind sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Die Unternehmen müssen in die Verantwortung genommen werden. Sie müssen ihren Jugendwahn aufgeben, für mehr berufliche Weiterbildung, betriebliche Gesundheitsförderung und flexible Übergänge in die Rente sorgen. Rentenpolitik darf nicht gegen die Beschäftigten erfolgen. Sie muss mit den Beschäftigten zusammen gestaltet werden."
 
 
 
Michael Sommer, Bundesvorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes, im Gespräch mit Leon Stebe (rbb-InfoRadio). Das Interview in Auszügen:

Leon Stebe: Was wollen Sie mit den Protesten erreichen?
Michael Sommer: Ich will erreichen, dass die Abgeordneten unsere Argumente hören. Dass sie sich nicht dem Machtwort des Vizekanzlers und des Fraktionsvorsitzenden beugen, sondern das tun, wozu sie da sind. Nämlich, das Volk zu vertreten und auch auf ihr Gewissen zu hören. Die Frage der Rente mit 67 Jahren ist eine weitreichende sozialpolitische und arbeitsmarktpolitische Entscheidung. Jeder Abgeordnete muss wissen, was er tut.

Stebe: Sie sagen, erst müssen mehr ältere Arbeitnehmer auch Arbeit finden, erst dann soll das Rentenalter erhöht werden. Der Arbeitsminister sagt, dafür gibt es die Initiative 50-Plus. Warum reicht Ihnen das nicht?
 
Sommer: Na, weil das Augenwischerei ist. Erstens ist das die Zusammenfassung von bekannten Maßnahmen. Sie haben maximal fast 100.000 zusätzliche Arbeitsplätze. Wir haben derzeit im Alter zwischen 50- und 64. Lebensjahr 1,2 Millionen Arbeitslose. Wir haben bei den über 55 Jährigen nur noch 30 Prozent, die sozialversichert beschäftigt sind. Das ist alles Augenwischerei. Entweder die tun etwas für die Beschäftigung oder sie lassen es. Aber das als Grund herbeizuführen, dass man die Rente mit 67 Jahren einführt, ist reiner Nonsens.
 


Unter den Demonstranten zahlreiche GdP-Teilnehmer.


Große Unterschriftenaktion gegen die Rente mit 67.


Starke Medienpräsenz vor der DGB-Bühne.
 Fotos (4): Holecek
 
Stebe: Es gibt aber Experten, die schon jetzt sagen, dass angesicht des Fachkräftemangels in den nächsten Jahrzehnten gerade ältere Arbeitnehmer noch stärker gefragt werden. Daran glauben Sie nicht?

Sommer: Es wäre schön, wenn es so wäre. Dann könnte man übrigens auch völlig vernünftige Systeme machen, z.B. welche, wo Menschen stark belastet sind, dass die früher ausscheiden können ohne Abschläge. Die, die nicht so stark belastet sind, und meinetwegen an einer Universität arbeiten, dann bis 70 Jahre arbeiten. Das ist alles nicht mein Thema. Mein Thema ist, dass wir heute entscheiden, in einer Arbeitslosensituation- ich habe Ihnen die Zahlen eben genannt - in einer Situation, wo wir wissen, dass die armeren Menschen wesentlich geringere Rentenbezüge haben als Menschen die reicher sind. Bei Männern ist das ein Unterschied von 14 Jahren. Dass man dort anfängt, bei den ärmsten der Armen die Renten zu kürzen und meint, damit würde man etwas Gutes tun. Im Übrigen darf ich darauf hinweisen- was ja überhaupt nicht mehr in der Debatte ist - die Rente ist ja das einzige demographiefeste System was wir überhaupt haben. Denn die Rentner von den 80er und 90er Jahren haben dazu geführt, dass insgesamt heute schon das Rentenniveau um ein Drittel abgesenkt worden ist und wir das ganze Manöver nicht bräuchten, es sei denn es geht ums Prinzip. Es geht darum, dass man will, dass die Menschen länger arbeiten und kürzer Renten beziehen. Beides ist der Fall. Wenn ich Ihnen heute nur einmal die Zahl sagen darf. Wir haben heute die Situation, dass wir die ganze Rente mit 67 Jahren vermeiden könnten, wenn man die Rentenversicherung um 0,5 Prozentpunkte anheben würde. Also von 19,9 auf 20,4. Dann könnten wir uns die ganze Operation schenken. Und dafür machen wir Generationen kaputt. Dafür sagen wir, dass die Leute nicht mehr in Altersteilzeit gehen. Dafür sagen wir, die Leute sollten weiter Rentenkürzungen heranziehen. Das ist und bleibt unsoziale Politik.

Strebe: Und das bedingt, dass durch den demographischen Wandel immer mehr junge Arbeitnehmer immer mehr Rentner finanzieren müssen. Damit sind doch die Lasten zwischen den Generationen gar nicht gerecht verteilt. Oder sehe ich das falsch?

Sommer: Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, dass wir in den 80er und 90er Jahren Rentenreformen hatten, die dazu geführt haben, das weitestgehend dieses System erhalten bleibt. Im Übrigen wissen wir beide nicht - Sie nicht und ich nicht - wie die Produktionsentwicklung in 10 Jahren aussehen wird, wie die Arbeitsmarktentwicklung in 10 Jahren aussehen wird, und wie die Weltlage in 10 Jahren aussehen wird. Heute zum Zeitpunkt dessen, wo man versucht diese sogenannte Rentenreform zu verabschieden, haben wir 1,2 Millionen Arbeitslose im Alter über 55 Jahren und wir haben nicht die Chance, dass diese Menschen tatsächlich in Arbeit kommen. Es ist vorgezeichnete Altersarmut und Rentenkürzung.

Quelle: www.inforadio.de - Interview, 26.02.2007, 09:07 Uhr
 
Download: DGB-Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung.
(14. Februar 2007)

Download: Zu den Positionen zur Rentenpolitik des Deutschen Gewerkschaftsbundes.
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