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Behördlicher Rechtsschutz für Berliner Polizei als Wahlkampfgetöse entlarvt

Rechtsbeistand für Kolleginnen und Kollegen bleibt ihre private Angelegenheit

Bei Festnahmen wie hier am Kottbusser Tor kommt es immer wieder zu Widerstandshandlungen. Foto: Spreepicture

Berlin. Im Wahljahr 2016 hat der rot-schwarze Senat den Haushalt im Bereich Behördlicher Rechtsschutz für Berlins Polizistinnen und Polizisten von 39.400 Euro auf 502.000 Euro aufgestockt. Damit einhergehend versprach man, im Dienst verletzten Polizistinnen und Polizisten die Durchsetzung von Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüchen gegen Straftäter zu ermöglichen.

Halbwertzeit politischer Versprechen ein Fall für die Nanowissenschaft

Jetzt belegt eine schriftliche Anfrage des SPD-Abgeordneten Tom Schreiber, dass das Versprechen nicht mal annähernd eingehalten wurde. Gerade einmal mickrige 2,4 Prozent der zur Verfügung gestellten Gelder wurden an Rechtsbeistand suchende Betroffene weitergereicht. Der Rest, immerhin rund 490.000 Euro, sind laut Senatsinnenverwaltung „für anderweitige Mehrbedarfe“ ausgegeben worden. Im laufenden Jahr 2017 sieht es nicht anders aus. Von den zur Verfügung stehenden 502.000 Euro kamen laut Senatsinnenverwaltung bislang lediglich 7.260,70 Euro bei Hilfe benötigenden Berliner Kolleginnen und Kollegen an. „Die Halbwertzeit politischer Versprechen ist ein Fall für die Nanowissenschaft. Polizistinnen und Polizisten handeln als Vertreter des Staates. Werden sie angegriffen oder nach Eingriffsmaßnahmen mit Anzeigen überzogen, bleibt der dann folgende Rechtsstreit komplett ihr privates Problem. Die Berliner Politik hat scheinbar nichts begriffen. Dass die Volksvertreter im Wahlkampf tausenden Polizistinnen und Polizisten einfach frech ins Gesicht gelogen haben, zeugt von einer besonderen Qualität geheuchelter Wertschätzung. Das gibt es deutschlandweit kein zweites Mal“, sagt GdP-Landesvorstand Steve Feldmann.

Unüberwindbare Hürden bei Schmerzensgeldforderungen

Bereits 2016 hatte die GdP Berlin darauf hingewiesen, dass die mit der Aufstockung des Haushaltstitels verbundenen rechtlichen Voraussetzungen nicht dazu geeignet sind, tatsächlich mehr Betroffenen behördlichen Rechtsschutz zu gewähren, weil es sich weiterhin nur um ein Darlehen handelt. Außerdem wird, wenn überhaupt, nur denjenigen Personen Rechtsschutz gewährt, die nicht vorausschauend für eine private oder gewerkschaftliche Rechtsschutzversicherung zahlen. Dritter wichtiger Punkt: Wer einer Straftat bezichtigt wird, kann nur dann behördlichen Rechtsschutz als Darlehen erlangen, wenn parallel kein Disziplinarverfahren eingeleitet wird. Jeder, der diesen Rechtsstaat kennt, weiß, dass genau das Standard ist. Hinzu kommt, dass für den behördlichen Rechtsschutz selbst bei Schmerzensgeldforderungen faktisch nicht zu überwindende Hürden festgelegt wurden. Feldmann weiter: „Berlins Polizistinnen und Polizisten sind es seit vielen Jahren gewohnt, dass ihnen im deutschlandweiten Vergleich die geringste Wertschätzung entgegengebracht wird. Ihnen jedoch großspurig Unterstützung zu versprechen und dafür große Summen im Haushalt vorzugaukeln, um ihnen anschließend den Rücken zuzukehren und das Geld klammheimlich für andere Sachen auszugeben, ist an Dreistigkeit kaum zu überbieten. Dass Berlins Polizeipräsident dabei nicht nur tatenlos zusieht, sondern Angriffe auf seine Beschäftigten auch noch fast desinteressiert hinnimmt, wirft schon eklatante Zweifel an seiner Führungsstärke auf.“ In der Anfrage hatte SPD-Innenexperte Schreiber auch gefragt, ob der Polizeipräsident nach Angriffen auf Polizistinnen und Polizisten die von der Dienstunfallfürsorge erbrachten Behandlungskosten sowie Kosten für die Lohnfortzahlung Dienstunfähiger bei Straftätern gerichtlich geltend macht. Diese Frage konnte oder wollte der Polizeipräsident mangels statistischer Erhebungen jedoch nicht beantworten.

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