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Familienfreundlicher Arbeitgeber? Von wegen!

Kollegin erstreitet juristisch Telearbeitsplatz und wird versetzt

Die alternierende Telearbeit ist eine moderne Arbeitsform, die inzwischen von vielen Unternehmen und öffentlichen Institutionen eingeführt wurde, um Beschäftigten eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu ermöglichen. So ist es möglich, dass man im Rahmen seiner festgelegten Arbeitszeit außerhalb des Unternehmens im Privatbereich arbeiten kann, beispielsweise in einem Homeoffice. Ein Arbeitsmodell, das den technischen Möglichkeiten und Bedürfnissen im Jahr 2020 entspricht. Beim folgenden Sachverhalt kommen berechtigte Zweifel auf, ob die Berliner Polizei denn überhaupt schon im 21. Jahrhundert angekommen ist.

Kollegin beantragt Telearbeit – Ablehnung – Klage – Vergleich

Eine durch uns juristisch vertretende Kollegin kann aufgrund der Folgen eines Dienstunfalles nicht mehr im Vollzugsdienst eingesetzt werden, leistet aus gesundheitlichen Gründen Innendienst im Geschäftszimmer. Sie beantragte bei SE Pers Telearbeit, was abgelehnt wurde, da ihre Aufgabenbewältigung stark von persönlicher Anwesenheit abhänge. Gemäß der Ablehnung unterstütze sie die Einarbeitung einer neuen Geschäftsführerin sowie einer weiteren Mitarbeiterin und müsse als wichtige Ansprechpartnerin vor Ort zur Verfügung stehen. Die telefonische Erreichbarkeit auch per E-Mail reiche dafür nicht aus. Mit Hilfe des Rechtschutzes der GdP reichte die Kollegin vor dem Arbeitsgericht Berlin Klage gegen die Ablehnung ein. Dabei kam sie der Behörde noch entgegen und forderte die Chance auf Telearbeit lediglich für Montag und Freitag. Man einigte sich auf einen Vergleich, dem folgend die Kollegin zunächst für drei Monate freitags Telearbeit durchführen dürfe. Sollten keine betrieblichen Belange dem entgegenstehen, war die Telearbeit ab 01.09.2020 auf zwei Jahre, für montags und freitags, auszuweiten.

Unterstellung – Versetzung – Maßregelegung

Die Behörde richtete den Telearbeitsplatz aber erst gar nicht ein. Man war der Meinung, dass ein so genannter Grundlagenirrtum vorliege und der Vergleich somit unwirksam wäre. Da es sich letztlich um einen unbeachtlichen Motivirrtum handelt, versuchte die Kollegin ihre Ansprüche aus dem Vergleich zu vollstrecken. Hiergegen erhob die Behörde im September 2020 Vollstreckungsgegenklage. Darin unterstellte sie der Kollegin, dass sie beabsichtige, in Zukunft bei der Senatsverwaltung für Inneres und Sport tätig sein zu wollen, was nicht der Wahrheit entspricht. Tatsächlich entsprachen die Gegebenheiten der Dienststelle samt Arbeitsweg und Parkmöglichkeit den Anforderungen, die ihren gesundheitlichen Einschränkungen gerecht werden. Mitte Oktober 2020 teilte die Behörde der Kollegin mit, dass sie ab dem Folgetag bis „zur Klärung der zukünftigen Verwendung“ in der Polizeibibliothek eingesetzt wird. Dem kam die Kollegin nach, obwohl ihr dort keine adäquate Beschäftigung zugewiesen werden konnte. Ihr Arbeitsweg erhöhte sich dadurch morgens um 40 Minuten und abends um 60 Minuten. Auch die Parkmöglichkeiten sind an der Polizeibibliothek am Mehringdamm begrenzt. Ihren durch den Dienstunfall vorliegenden Leiden wir dadurch nicht Rechnung getragen.

Unsere Kollegin empfindet diese Versetzung natürlich als Maßregelung und hat auch hiergegen rechtliche Schritte eingeleitet. Die GdP steht ihr im Rahmen der DGB Rechtschutz GmbH natürlich weiterhin zur Seite. Unabhängig der aktuellen Pandemiezeit wirft der Fall schon die Frage auf, wie sehr eine hochgehaltene Zertifizierung zur hohlen Phrase mutiert.
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