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Häusliche Gewalt – Besorgniserregende Erkenntnisse aus der Gewaltschutzambulanz

GdP: Wir sind auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen

Berlin. Nach Angaben von Justizsenator Dr. Dirk Behrendt (Bündnis 90/Die Grünen) und Dr. Saskia Etzold (Leiterin der Gewaltschutzambulanz an der Charité) hat die Häusliche Gewalt während der Corona-Pandemie zugenommen. Auf einer Pressekonferenz am heutigen Mittwoch lieferten beide Erkenntnisse der letzten Monate und bestätigten so die Befürchtungen zahlreicher Experten. Erwähnt wurde auch, dass ein Anstieg des Hellfeldes nicht zwangsläufig eine Verkleinerung des Dunkelfeldes bedeutet. Vielmehr müsse aufgrund der Erkenntnisse unmittelbar nach Lockerungen vom Gegenteil ausgegangen werden. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) spricht von einer besorgniserregenden Entwicklung und richtete einen Appell an die Gesellschaft.

Wegfall wichtiger Kontrollmechanismen

„Wir betrachten die heute genannten Zahlen mit großer Sorge und als ein Signal an uns alle, denn wir reden hier gerade mal über das Hellfeld. Es war leider zu erwarten, dass viele dieser grausamen Taten im Dunkelfeld außerhalb unseres Radars bleiben, weil durch die Einschränkungen wichtige Kontrollmechanismen wegfallen“, so GdP-Landeschef Norbert Cioma. Zwar zeige die bloße Betrachtung der vorliegenden Anzeigen keinen signifikanten Anstieg. Man müsse aber eben auch betrachten, dass im Rahmen der Lockdown-Maßnahmen institutionelle Kontrollen durch Lehrer und Erzieher in Kitas und Schulen sowie durch Einschränkungen der Kontaktmöglichkeiten im Freundes- und Familienkreis weggefallen sind. Zudem seien Opfer den Tätern häufig ausgeliefert, da diese während pandemiebedingter Einschränkungen seltener das Haus verlassen hätten. Genau in diese Richtung argumentierte auch Dr. Etzold, die während der Pressekonferenz von einem erkennbar erhöhten Fallaufkommen in der Gewaltschutzambulanz sprach, sobald es im Pandemiezeitraum zu Lockerungen kam. So seien die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr während des ersten Lockdowns zurückgegangen, nach den Öffnungen im Juni aber 30 Prozent mehr Fälle aufgelaufen. Während des zweiten Lockdowns gingen die Zahlen wieder herunter. Dr. Etzold erklärte, dass Verletzungen oftmals nach Wochen nicht mehr zu sehen sind, weshalb bei Vorstellung in der Gewaltschutzambulanz von frischen Taten ausgegangen werden muss.

Denen helfen, die auf uns angewiesen sind

„Erschreckend ist die signifikante Zahl an gemeldeten Kindermisshandlungen in den ersten Tagen, nachdem Schulen und Betreuungseinrichtungen wieder geöffnet haben. Im Regelfall verheilen zugefügte Wunden binnen weniger Tage. Wenn dann trotz Ankündigung bevorstehender Lockerungen Verletzungen zu beobachten sind, zeigt das eine gewisse Skrupellosigkeit der Peiniger und lässt uns nur erahnen, was den Betroffenen während der monatelangen Schließungen widerfahren sein muss“, so Cioma. In der Gewaltschutzambulanz habe man feststellen können, dass mitunter kurzfristige Termine für Untersuchungen nicht wahrgenommen werden konnten, weil Opfer die eigenen vier Wände während der Anwesenheit der Täter nicht verlassen konnten. Der GdP-Landeschef: „Wir sollten die bestehenden Hilfsangebote fördern und weiter ausbauen. Zudem benötigen wir wachsame Augen und Ohren. Es hat nichts mit Denunziantentum zu tun, wenn ich bei der Polizei anrufe, weil ich in der Wohnung nebenan, unter oder über mir Frauen und Kinder vor Angst schreien höre. Wir sind über jeden Hinweis aus der Bevölkerung dankbar und fahren lieber einmal zu viel als zu wenig raus. Es ist insbesondere während dieser Pandemie eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, all jene zu schützen, die auf unsere Hilfe angewiesen sind und ohne eben diese, schlimmste und prägende Erfahrungen durchmachen müssen.“
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