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Mehr als 400.000 Einsätze im Jahr – Belastung für Feuerwehr auf Rekordstand

GdP fordert deutliche Einstellungsoffensive, um alle Lagen bewältigen zu können

Berlin. Der Trend der letzten Jahre hat sich bestätigt. Auch in 2015 erhöhte sich die Zahl der Einsätze für die Berliner Feuerwehr deutlich. Bedingt durch das steigende Durchschnittsalter, die wachsende Stadt und die Flüchtlingskrise hatte die Berufsfeuerwehr mehr Lagen zu bewältigen als jemals zuvor. Die Gewerkschaft der Polizei schlägt Alarm und fordert endlich spürbare Verbesserungen bei Personal, Ausrüstung und Infrastruktur.

434.309 Einsätze in nur einem Jahr

434.309 Einsätze, das sind 1189 am Tag. Damit stieg der bisherige Rekordwert aus dem letzten Jahr noch mal um fast zehn Prozent. Der steigende Krankheitsstand macht deutlich, dass das immer größer werdende Arbeitspensum mit dem vorhandenen Personal nicht mehr lange zu bewältigen ist. „Wir brauchen eine massive Einstellungsoffensive sowie die damit verbundene Leistungssteigerung der Berliner Feuerwehr und der Rettungsdienst Akademie, um alle Lagen in der gewünschten Qualität bewältigen zu können“, sagt Hauptbrandmeister Michael Schombel, Bezirksgruppenvorsitzender der Feuerwehr bei der GdP. Bereits jetzt wären dafür 500 Leute mehr notwendig. Bedingt durch die steigende Belastung und die bevorstehende Pensionswelle würden in den nächsten Jahren weitere 500 bis 700 benötigte Kräfte hinzukommen.

Steigende Belastungen nicht mehr lange tragbar

Gerade die Flüchtlingskrise hat die Einsatzzahlen weiter in die Höhe schießen lassen. „Man muss nur mal schauen, wie viele Erstaufnahmen wir begleitet und wie viele Betten wir aufgebaut haben. Niemand sollte vergessen, dass wir dafür keine zusätzlichen Arbeitskräfte hatten, das demnach zusätzlich zu den normalen Einsätzen hinzukam“, so Schombel. Mittlerweile ist das Durchschnittsalter seiner Kolleginnen und Kollegen auf 49 Jahre angestiegen, jeder siebte ist langzeitkrank. Viele Kollegen sind aufgrund von Gesundheitsproblemen nur eingeschränkt feuerdiensttauglich. Die Situation ist bekannt, doch Reaktionen von politischer Seite blieben bisher weitgehend aus. Schombel: „Etwa 200 neu geschaffene Stellen in der Legislaturperiode sind ein Witz und können nicht mal annähernd die durch die massiven Personaleinsparungen entstandenen Defizite in den Jahren zuvor ausgleichen. Das zeugt ebenso wie die bundesweit schlechteste Besoldung wenig von Wertschätzung für die Arbeit, die wir tagtäglich leisten.“

Schlechte Hilfs- und Schutzziele, mehr RTW-Standorte nötig

Neben den akuten Personalproblemen ist die Feuerwehr auch bei ihrem Fahrzeugbestand schlecht aufgestellt. Die Zahl der Rettungswagen wurde zuletzt erhöht. Mittlerweile befinden sich am Tage 119 im Einsatz, in der Nacht sind es deren 99. Dennoch aber haben sich die Hilf- und Schutzziele gerade bei den Rettungsdiensten noch mal verschlechtert. Die im Vergleich zu anderen Ländern sehr ambitionierten, vorgeschriebenen acht Minuten, werden oftmals nicht erreicht. Gerade in den Außenbezirken ist die Lage alles andere als zufriedenstellend. Schombel: „Es kann nicht sein, dass jemand, der in Müggelheim dringend Hilfe benötigt, 25 Minuten warten muss, bis ein RTW eintrifft. Wir müssen flächendeckend besser aufgestellt sein, mit neuen Wachen und mehr RTW-Standorten.“ Auch bei den Fahrzeugen selbst benötigt die Feuerwehr neue Investitionen. „Die Situation ist katastrophal. Wir fahren teilweise mit nostalgischem Gefährt zu Einsätzen. Ohne die Arbeit der Kolleginnen und Kollegen in der Reparatur, die wirklich wahre Wunder vollbringen, wären wir nicht handlungsfähig“, sagt der Hauptbrandmeister.

Gesellschaftliches Umdenken wichtig

Ein großes Problem, das zusätzlich zur Belastung der Feuerwehr beiträgt, sind die vielen Alarmierungen, bei denen kein echter Notfall vorliegt. Auch sie sind dafür verantwortlich, dass es zuletzt einen gigantischen Anstieg bei den Fahrzeug-Alarmierungen im Rettungsdienst gab. Waren es im Jahr 2005 noch insgesamt 340.876, gab es im vergangenen Jahr 510.296. Rettungswagen fahren zu Einsätzen, wo Fußnägel abgebrochen sind, Kinder nachts nicht einschlafen können oder jemandem übel ist, weil er vier Stunden hintereinander Playstation gespielt hat. „Es ist schön und gut, dass die Menschen Vertrauen in uns haben und uns rufen, wenn sie Hilfe brauchen. Allerdings hat es sich in den letzten Jahren zu einem Trendsport entwickelt, die 112 auch zu wählen, wenn es keinen erkennbaren Grund gibt. Es sollte wirklich jeder überlegen, ob er in einer Notsituation steckt und unsere Hilfe benötigt. Sonst fahren wir irgendwann zu einem Einsatz, wenn die Milch im Kühlschrank alle ist“, so Schombel.

Pressemeldung als PDF
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