Zum Inhalt wechseln

Verfassungsschutzbericht 2020: Berlin im Fokus von Extremisten jeglicher Couleur

GdP fordert Quellen-TKÜ, bessere Vernetzung und Auswerte-Kapazitäten

Foto: Spreepicture

Berlin. In der heutigen Senatspressekonferenz ging es nicht nur um das Thema Corona, sondern auch den Verfassungsschutzbericht des Jahres 2020. Innensenator Andreas Geisel (SPD) stellte die wesentlichen Bestandteile vor. Neben einem deutlichen Schub der Reichsbürgerszene durch den Anschluss an die Corona-Proteste bleibt die Hauptstadt im Fokus von Rechts- und Linksextremisten sowie des dschihadistischen Terrorismus. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) betrachtet den Anstieg mit Sorge, plädiert für eine lautstarke Mitte und präsentiert jede Menge Nachholbedarf.

GdP: Es gibt keine gute Form von Extremismus

„Es gibt wesentliche ideologische Unterschiede zwischen Personen aus den betrachteten Feldern, aber sie alle eint der Kampf gegen unser demokratisches Zusammenleben und die Institutionen unseres Rechtsstaates. Wir sollten differenzieren, aber es gibt keine gute Form von Extremismus. Er ist aus jeder Richtung gefährlich und jeder Demokrat sollte sich von allen Auswüchsen deutlich und spürbar distanzieren. Wir brauchen eine lautstarke Mitte“, so Landeschef Norbert Cioma am Dienstagnachmittag. Im vergangenen Jahr haben besonders die Reichsbürgerszene und andere Rechtsextremisten die Existenzängste und den legitimen Protest gegen die Corona-Maßnahmen für sich vereinnahmt und so an Geltung gewonnen. Die Zahl von 670 Reichsbürgern in Berlin (150 als rechtsextrem eingestuft) sei aber auf Niveau des Vorjahres. Im Bereich des Rechtsextremismus stieg die Zahl von 1.420 (gewaltorientiert: 700) leicht auf 1.430 (gewaltorientiert: 750). Wozu Linksextremisten fähig sind, ist erst am 1. Mai wieder deutlich geworden, als allein im Zuge der 18-Uhr-Demo mehr als 70 Kolleginnen und Kollegen der Polizei durch Stein- und Flaschenwürfe sowie Pyrotechnik und körperliche Angriffe verletzt wurden. Ihre Zahl schätzt der Verfassungsschutz derzeit auf 3.600, 980 gewaltbereit (Vorjahr: 3.400, 980 gewaltbereit).

Zentrale Gefährderüberwachung von Nöten

Auch in Sachen Islamistischer Terrorismus bleibt die Bedrohung hoch. Insgesamt beziffert man das Personenpotenzial wie im Vorjahr auf 2.170. Die stärkste Strömung bleibt der Salafismus mit 1.100, 450 gewaltorientiert (Vorjahr: 1.140, 470 gewaltorientiert). „Die Zahlen sprechen für sich, wir haben Tausende in unserer Stadt, die extremistisches Gedankengut in sich tragen und zu schwersten Straftaten in der Hauptstadt bereit sind. Dem gegenüber wurde in den letzten Jahren zwar investiert, aber bei vielen Sachen sind wir absolut unzureichend ausgestattet. Wir benötigen mehr Personal und entsprechende Technik zur Massendatenauswertung, brauchen die Quellen-TKÜ, um auch zu relevanten Inhalten Zugang zu erhalten und müssen mit Blick auf die aufwändige Gefährderbearbeitung ernsthaft darüber reden, das deutschlandweit zentral zu organisieren“, so Cioma. Der GdP-Landeschef erwähnte in diesem Zusammenhang auch die gesetzlichen Neuregelungen für Straftaten im Netz, die den Bedarf an Internetauswertern noch mal erhöhen, und stellte abschließend klar, dass der Verfassungsschutz einen wesentlichen Bestandteil der Sicherheitsstruktur darstellt.
This link is for the Robots and should not be seen.