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Stellungnahme der GdP zum Diskussionspapier des Innenministeriums

Stellenabbau bis 2009

Potsdam.

Mit Schreiben vom 11.März 2005 wurde der Gewerkschaft der Polizei die Möglichkeit eingeräumt, zum Diskussionspapier des Innenministeriums - Vorgaben und Rahmenbedingungen für Entscheidungen zur Umsetzung der politischen Vorgaben zum (Personal-)Haushalt der Polizei für die Jahre 2005 – 2009 - ihre Stellungnahme abzugeben.

siehe auch unsere Info vom 14.März 2005.
Kabinettsbeschluss zur Personalbedarfsplanung 2005 bis 2009
- Ihr Schreiben vom 11.03.2005 –

Sehr geehrter Herr Hohnen,

zu dem Ihrem Schreiben beiliegenden Diskussionspapier

Vorgaben und Rahmenbedingungen für Entscheidungen zur Umsetzung der politischen Vorgaben zum (Personal-)Haushalt der Polizei für die Jahre 2005 – 2009

gibt die Gewerkschaft der Polizei, Landesbezirk Brandenburg, nachfolgende Stellungnahme ab:

zu I.

Die Vorgabe, bis 2009 910 Stellen in der Polizei abzubauen, überschreitet die Grenze des Vertretbaren. Die GdP hatte bereits den im Jahre 2000 beschlossenen Stellenabbau von 725 Stellen kritisiert. Das Hauptproblem besteht wiederholt darin, dass im Jahre 2000 wie auch im Jahre 2005 nicht zunächst eine aufgabenkritische Untersuchung in der Polizei durchgeführt wurde, um danach politisch zu entscheiden, welche Aufgaben zukünftig die Polizei in Brandenburg noch wahrnehmen wird und wie viel Personal hierfür zur Verfügung stehen muss.

Gern bemüht man bei Organisationsentscheidungen in öffentlichen Verwaltungen Vergleiche zur freien Wirtschaft. Jedoch wird dabei übersehen, dass dort zu Recht erst ein wirtschaftliches Ziel festgelegt und danach geprüft wird, wie viel Personal notwendig ist, dieses zu erreichen.
Im Öffentlichen Dienst und hier konkret in der Brandenburger Polizei verfährt man genau entgegengesetzt. Erst werden (drastische) Personalreduzierungen beschlossen, um danach zu prüfen, was mit dem vorhandenen Personal überhaupt noch realisierbar ist.

Die GdP lehnt den geplanten Stellenabbau in der Polizei bis 2009 ab. Erfolgt dieser dennoch, fordert die GdP die Politik auf zu definieren, welche Aufgaben die Polizei in Brandenburg künftig nicht mehr wahrnehmen soll, und den Brandenburger Bürgerinnen und Bürger somit aufzuzeigen, wo diese Abstriche in der Inneren Sicherheit hinnehmen müssen.

Die GdP teilt nicht die Meinung von Staatssekretär Lancelle, dass 910 Stellen abgebaut werden und kein Bürger davon etwas merkt.

Es ist formuliert, dass es keine weiteren Einsparverpflichtungen bis 2009 für die Polizei gibt. Unbeantwortet ist die Frage: Was passiert danach?

Zu II.

Die am 01.07.2002 umgesetzte Polizeireform hat grundlegende Ziele nicht erreicht bzw. wird sie nicht erreichen. Es wird festgestellt, dass die Polizei in ihrer neuen Struktur wirtschaftlicher und effektiver arbeitet. Jedoch stellt sich die Frage, woher diese Einschätzung kommt? Es kann derzeit zu diesen Bereichen definitiv keine Aussage getroffen werden, da die Ressourcen-/Verbrauchsrechnung bzw. Kosten-/Leistungsrechnung in der Polizei erst eingeführt werden. Ohne diese kann eine objektive Bewertung von Wirtschaftlichkeit im Verbrauch von Ressourcen nicht getroffen werden.
Die Frage ist weiterhin, ob polizeiliche Arbeitsleistung überhaupt effizient messbar ist. Öffentliche Dienstleistungen sollen wie in privaten Produktionsbetrieben messbar gemacht werden.
Das Zauberwort heißt Effizienzsteigerung. Seither ist die Vorgabe von Leistungszielen Mode geworden. Ob dieses überhaupt auf eine Eingriffsverwaltung, wie sie die Polizei darstellt, passt, wurde nicht hinterfragt. Erst in jüngster Zeit sind die Mängel des Effizienzdenkens unübersehbar geworden.

Gefahrenabwehr und Strafverfolgung entziehen sich betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten.

Die Betriebsökonomie übersieht den entscheidenden Faktor der polizeilichen Arbeit - den Menschen. Eine Kosten-/Leistungsrechnung ignoriert den erheblichen Anteil von fremdbestimmten Vorgängen; z.B. das Verkehrsunfallgeschehen und das Kriminalitätsgeschehen.

Der betriebsökonomische Ansatz in der Polizei hat keine Zukunft. Er kann maximal im Bereich der Verwaltung Aufschlüsse über den Ressourceneinsatz geben.

Die Polizei als Teil der staatlichen Verwaltung kann also nicht effizient im Sinne der Ökonomie sein, wenn sie per Gesetz zugewiesene Aufgaben erfüllt. Eine polizeiliche Aufgabenwahrnehmung mit reinem Kosten-/Nutzen-Denken stellt das Legalitätsprinzip als wesentliche Errungenschaft des demokratischen Rechtsstaates in Frage.

Bürgerorientierung war vor und ist nach der Polizeistrukturreform wesentlicher Inhalt polizeilicher Arbeit. Der Evaluierungsbericht belegt eindeutig, dass die Vorgabe „Mehr grün auf der Straße“ nicht erreicht werden konnte. Wie soll sich jedoch Bürgerorientierung erhöhen, wenn bis 2009 910 Stellen abgebaut werden?

Das Reformziel Mitarbeiterorientierung/ Mitarbeiterzufriedenheit (ehemals Mitarbeitermotivation) wurde glatt verfehlt. Eine unbefriedigende Beförderungssituation, Streichung von Urlaubsgeld, Kürzung von Weihnachtsgeld bei gleichzeitiger Mehrbelastung durch zusätzliche Aufgaben; und dazu der weitere Stellenabbau mit dem damit verbundenen höheren Arbeitsdruck haben die Mitarbeiterzufriedenheit nicht erhöhen können. Im Gegenteil; die Politik kann nicht von Einführung von Leistungselementen in der öffentlichen Verwaltung sprechen und gleichzeitig die Anerkennung von Leistung erheblich einschränken bzw. verweigern.

Der definierte Nachjustierungsbedarf für das Schichtsystem im Wach- und Wechseldienst, die Steuerung des Außendienstes sowie die Überprüfung der kriminalpolizeilichen Ermittlungen zeigen deutlich, dass wiederholt Einsparmaßnahmen an der polizeilichen Basis und nicht im Bereich der Führung vorgenommen werden.

Zu III.

Die Grundentscheidungen für die Beibehaltung von 2 Polizeipräsidien und 15 Schutzbereichen durch den Minister sind politische Entscheidungen im Sinne von Gesichtswahrung. Dadurch wird aber nochmals deutlich, dass die Haupteinsparmaßnahmen unterhalt der Präsidien stattfinden werden.
Man kann nicht fordern, dass es keine Tabus bei Einsparungen gibt und gleichzeitig politische Tabus aufbauen.

Zu IV.

Die GdP kritisiert, dass in 2005 keine Anwärter und 2006 lediglich 110 Anwärter für den Polizeidienst eingestellt werden. Damit werden innerhalb von 2 Jahren 460 Ausbildungsplätze für junge Menschen in Brandenburg gestrichen. Dies steht dem angeblichen Willen der Landesregierung entgegen, die jungen Menschen in Brandenburg zu halten.

Gleichzeitig wird damit ein kontinuierlicher Ablauf an der Fachhochschule erheblich gestört. Im Ergebnis dieses Beschlusses wird die Brandenburger Polizei weiterhin „vergreisen“.

Zu VI. Technische Innovation

Vorgangsbearbeitungssystem

Die GdP hat bereits seit längerer Zeit gefordert, ein Vorgangsbearbeitungssystem einzuführen. Es ist längst überfällig, die notwendigen Haushaltsmittel dafür zur Verfügung zu stellen. Eine Personaleinsparung wird dadurch jedoch nicht umsetzbar sein. Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Bundesländern, die über Jahre schon mit Vorgangsbearbeitungssystemen arbeiten, zeigen, dass insbesondere durch die Recherchefähigkeit dieser Vorgangsbearbeitungssysteme mehr Informationen gewonnen werden und dadurch mehr kriminalpolizeiliche Sachbearbeitung möglich/erforderlich wird.

Kfz-Erkennungssystem

Dieses System ist politisch nicht umsetzbar und polizeilich mehr als fragwürdig. Es setzt voraus, dass die Straftäter auch die Autobahnen benutzen und unmittelbar nach Erkennung auch polizeiliche Fahndungsmaßnahmen ausgelöst werden. Die sofortige Fahndungsmaßnahme wird jedoch durch Stellenreduzierungen im Wach- und Wechseldienst deutlich erschwert.

Verfahren zur bargeldlosen Erhebung von Verwarngeldern und Sicherheitsleistungen

Das Pilotprojekt zu o. g. Verfahren wurde aus finanziellen Gründen zurzeit auf „Eis“ gelegt. Es ist auch unklar, wo hier letztlich messbar Personal eingespart werden kann, wenn nur die Frage steht, ob der Bürger einen Zahlschein erhält, in bar bezahlt oder mit Karte abrechnet. Der Personalaufwand dürfte ungefähr gleich sein.

Interaktiver Funkstreifenwagen

Der interaktive Funkstreifenwagen ist wünschenswert, aber wohl kaum vor dem Hintergrund der desolaten Haushaltssituation umsetzbar. Auch wäre hier als zwingende Voraussetzung die Einführung des Digitalfunks anzusehen. Dieser ist politisch beschlossen, wird aber offensichtlich in Brandenburg erst 2010 umgesetzt. Frühestens zu diesem Zeitpunkt sollte man darüber nachdenken, einen interaktiven Funkstreifenwagen in Brandenburg einzuführen, der auch wirklich polizeiliches Einsatzmittel und nicht politisches Vorzeigeobjekt ist. Nach dem jetzigen Konzept der Einführung des Digitalfunks in Brandenburg ist die Einführung eines interaktiven (digitalen) Funkstreifenwagens nicht realisierbar.

Technische Innovationen können polizeiliche Arbeit unterstützen, nicht aber ersetzen.

Zu VIII.

Die Brandenburger Landesregierung hat beschlossen (mit der Stimme des Innenministers), 910 Stellen in der Polizei bis 2009 abzubauen. Die GdP hat diesen Beschluss kritisiert. Offensichtlich wird dieser Beschluss im Rahmen der Haushaltsverhandlungen im Landtag Bestätigung finden.
Wenn Politik diesen Stellenabbau beschließt, dann muss auch Politik (der Innenminister) festlegen, welche Organisationseinheiten oder Organisationsbereiche geschlossen bzw. abgebaut werden.

Die Gewerkschaft der Polizei wird keinerlei Vorschläge zu Stellenkürzungen in irgendwelchen Bereichen polizeilicher Tätigkeit unterbreiten. Eine hierfür erforderliche Bewertung in „wertvoll“, „weniger wertvoll“ und „verzichtbar“ maßen wir uns nicht an.

Es ist Aufgabe der Gewerkschaft der Polizei, die sozialen, wirtschaftlichen und beruflichen Interessen der Kolleginnen und Kollegen zu vertreten. Aus diesem Grund verurteilen wir die unsinnigen politischen Beschlüsse zum Stellenabbau. Sollten diese letztlich nach den politischen Vorgaben umgesetzt werden, wird es unsere Aufgabe sein, die sozialen Auswirkungen auf unsere Kolleginnen und Kollegen so gering wie möglich zu halten.

Mit freundlichen Grüßen....

Über den weiteren Prozess werden wir euch weiterhin aktuell informieren.

Euer GdP-Team
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