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Verantworten, führen und steuern

Von Jörg Radek, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Bezirk Bundespolizei Für eine Polizei mit annähernd 40 000 Beschäftigten und einem Haushaltsvolumen von ca. 2,4 Milliarden Euro ist es unverzichtbar, geführt und gesteuert zu werden. Doch wer Verantwortung übernimmt, unterliegt einer ständigen Reflexion; – nicht nur durch sich selbst, sondern auch durch andere. Das bloße Vorhandensein von Verfahrensstrukturen und Instrumenten ist noch kein Garant für den Erfolg oder löst gar Probleme. Mit seiner Entscheidung im November 2006 hat der damalige Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble „Eckpunkte“ für eine Neuorganisation formuliert. Daran jetzt zu erinnern ist wichtig, falls im Verlauf der Evaluation der Neuorganisation durch das Forschungsinstitut Speyer behauptet werden sollte, es hätte keine politischen Vorgaben gegeben. Die Politik bestimmt das Wesentliche. Wer die Begründungen zur Organisationsentscheidung aus 2006 nachliest, wird feststellen, dass sie wenig bis gar keine Aussagen zu den Abläufen innerhalb der Großorganisation enthält. Sie enthält z. B. noch nicht einmal Aussagen zu den Werkstätten oder der „IT-Welt“ in der Bundespolizei. Die parlamentarische Kontrolle stellt keinen Selbstzweck dar. Sie gehört zum Prinzip der Gewaltenteilung. Das System der „Checks and Balance“ soll sicherstellen, dass die Staatsorgane und die nachgeordneten Behörden ihre Macht nicht missbrauchen. Ausdruck der Kontrolle des Parlaments zur Steuerung von Polizei war dann auch die Anhörung im Juli 2010. Hier wurde die Kritik der Beschäftigten an der Neuorganisation durch unsere Gewerkschaft artikuliert und kundgetan. Im Mittelpunkt stand dabei die Wirksamkeit politischen Handelns durch vollziehendes Verwaltungshandeln. Oder anders ausgedrückt: Wie würde der politische Wille umgesetzt werden? Das Parlament stimmt über den Haushalt einer Bundespolizei ab und steuert auch somit die Organisation. Aus dieser Verantwortung kann kein Angehöriger der Bundespolizei seinen Wahlkreisabgeordneten entlassen. Die Folgen von Budgetkürzungen und Aufgabenzuwachs können dann z. B. in einen schlechten Fuhrpark oder in „Sauställen“ von Dienststellen münden. Zur Schnittstelle zwischen Parlament und Ministerium muss auch die Schnittstelle zwischen Ministerium und Oberbehörde betrachtet werden. Max Weber beschrieb zu Zeiten der Weimarer Republik, mit welcher Ordnung der Staat verfasst sein muss, um für den Bürger Leistung zu erbringen. Seiner Vorstellung nach wird die Organisation über Vorschriften und Haushaltsmittel gesteuert. Ständige Eingriffe in das Tagesgeschäft oder exzessiver Zentralismus sind jedoch Kritikschwerpunkte an der Bürokratie seitens der Befürworter einer ergebnisorientierten und dezentralen Steuerung. Wir nehmen die Ergebnisse der „GdP-Klartext-Studie“ ernst und fragen: Wo befindet sich die Bundespolizei? –Die Mitarbeiter beklagen genau die Umstände, die durch die Umsetzung der Organisationsgewalt eingetreten sind. Auch ein Kritikpunkt an der bürokratischen Steuerung à la Max Weber ist die organisierte Unverantwortlichkeit durch Fach- und Ressourcenverantwortung und übertriebener Arbeitsteilung. Als jüngstes Beispiel muss die Umsetzung der „Leistungsorientierten Bezahlung“ im Sinne des Tarifvertrags genannt werden. – Zwischen Ministerium und Oberbehörde wird über die Klärung der Auszahlung fast die Umsetzung dieser Auszahlung an die Begünstigten selbst vergessen. – Wer verantwortet diese internen Abläufe? Der Abbau von Strukturen, welche die Qualität der Leistung beeinträchtigen, ist ein beiderseitiger Anspruch von Parlament und Mitarbeitern. Wichtige Ziele sind die Beseitigung der Hauptdefizite an der Schnittstelle von Politik und Verwaltung, der fehlenden Zielorientierung und der mangelnden Verbindlichkeit. – Doch dies ist nur eine Seite der Medaille. Eine Unabhängigkeit von Parlament und der Ministerialverwaltung beinhaltet eine gewisse Verselbständigung. Bei der Neuorganisation der Bundespolizei ging und geht es um eine anspruchsvolle Aufgabe. Medizinisch betrachtet war und ist es eine Operation am offenen Herzen. Dazu gilt es, vorhandenes intellektuelles Kapital durch Personalentwicklung abzurufen. Oder durch eine verbesserte Kultur den Umgang mit Fehlern zu fördern. Bei den Beschäftigten vor Ort (oder im „Jargon“: „Die da oben ...“ oder „Die da draußen ...“) kommt ungefiltert sowohl das Ergebnis der parlamentarischen Steuerung, als auch der internen Steuerung an. Doch wie in der großen Politik: Das Große und Ganze, um das es geht, wird von keinem Verantwortlichen vermittelt. Die Begründung dafür liegt offensichtlich in der mangelhaften Übernahme von Verantwortung für Abläufe zwischen Parlament, Regierung, Ministerialverwaltung und nachgeordneten Behörden. Der soziale Aspekt, die Betroffenheit der Menschen sind dabei unter die Räder geraten. Artikel zum ausdrucken
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