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Führungskräftetagung der Bundespolizei bei schwieriger Haushaltslage!

GdP-Bundespolizei-Chef Radek : Kein Geld für den robusten Schutz und dafür „rhetorische Blendgranaten“

Berlin.

Mehr als 350 Führungskräfte der Bundespolizei kommen am Dienstag und Mittwoch (17./18. März 2015) mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière in Blumberg bei Berlin zu einer Führungskräftetagung zusammen. Die Polizeiführer aus dem gesamten Bundesgebiet wollen beraten, wie die Sicherheitsverantwortung des Bundes an den Grenzen, den Flug- und Seehäfen, den Bahnhöfen, im Ausland und zur Unterstützung des Landespolizeien unter akuter Personal- und Geldnot überhaupt noch gewährleistet werden kann. Zeitgleich legt Bundesfinanzminister Schäuble dem Kabinett sein 10 Milliarden Euro umfassendes Investitionsprogramm des Bundes vor - ohne einen einzigen Cent für die Bundespolizei. Solch eine Situation müsste Führungskräfte „stinksauer“ machen. Sicherheit produzieren, aber mit der Hälfte des Personals pausenlos Löcher stopfen“, kommentiert Jörg Radek, Vorsitzender der GdP in der Bundespolizei.

Hintergrund der Verärgerung: es fehlt massiv an Personal und Geld. Zudem weigert sich die Bundesregierung auch nach den Attentaten von Paris und Kopenhagen, die Bundespolizei besser auszurüsten. Während Kanzlerin Angela Merkel am 15. Januar 2015 in ihrer Regierungserklärung versicherte, dass "wir den Sicherheitsbehörden insgesamt die erforderliche personelle und finanzielle Ausstattung verschaffen müssen, die sie benötigen, um unsere Sicherheit bestmöglich zu gewährleisten" und zusicherte, sie in die Lage zu versetzen, ihre Arbeit auch unter veränderten Lageanforderungen und veränderten technischen Rahmenbedingungen zu erbringen, passiert für die Polizeiführer erlebbar wenig bis gar nichts.

„Politische Blendgranaten, von Merkel über Schäuble bis de Maizière“ nennt GdP-Vorsitzender Radek das.

Der Bundespolizei fehlen mindestens 2.900 Beamte. Deshalb wurde jetzt dazu übergegangen, Dienststellen nur noch „quotiert“ nach Prozenten (von Kategorie III mit 75 Prozent Personal über Kategorie II mit 82 Prozent Personal und wenige Dienststellen mit voller Auffüllung) zu besetzen. Die Bundesbereitschaftspolizei - von der Kanzlerin den Ländern im Rahmen der PEGIDA-Demonstrationen angeboten - verfügt nur noch schwankend über 8 bis 12 Hundertschaften von 27 Einheiten.

Die Führungsspitzen der Bundespolizei haben bei der Bundesregierung nach jahrelangen Stellenstreichungen, seit 2013 jährlich erhebliche Personalaufstockungen gefordert - mit magerem Ergebnis. Lediglich 200 Stellen erhält die Bundespolizei im Jahr 2015 mehr. Zwar wird die neue Zusatzaufgabe „Schutz der Bundesbank“ auch mit 205 neuen Stellen abgedeckt, aber das hilft an den Grenzen und bei der Bereitschaftspolizei niemandem. Für das Jahr 2016 haben die Führungskräfte der Bundespolizei 1.800 zusätzliche Personalstellen gefordert, um die größten Sicherheitslöcher stopfen zu können. Aber die Ministerien winken schon ab. Bundesinnenminister de Maizière will lieber - trotz enorm gestiegener Grenzkriminalität - die Grenzen zu Polen und Tschechien mit noch weniger Personal bestücken, um Löcher mit Löchern zu stopfen.

Vor allem aber fehlt es an Geld für Ausrüstung, Dienstgebäude, Computertechnik und Bewaffnung der Bundespolizei. So kann noch nicht einmal ein zweites Pistolenmagazin für jeden Beamten beschafft werden. Die Führungskräfte kritisierten, dass für das Jahr 2015 allein 70 Mio. Euro für die Luftsicherheit an den Flughäfen fehlen, 29 Mio. Euro für die Polizeidienststellen und fast 7 Mio. Euro für Polizeieinsätze und Dolmetscher nicht vorhanden sind. Für den Bundeshaushalt 2016 wurden 313.144 Mio. Euro Zusatzbedarf angemeldet. Auch aus dem 10 Milliarden Euro umfassenden Investitionsprogramm der Bundesregierung forderten die Führungskräfte der Bundespolizei und die GdP mindestens weitere 160 Mio. Euro.

Insgesamt deckt die Bundesregierung einen unabweisbaren Bedarf der Bundespolizei von 473 Mio. Euro nicht ab. So stellten die Führungskräfte der Bundespolizei für das Jahr 2014 einen zusätzlichen Investitionsbedarf von 157 Mio. Euro fest, bekamen aber nur 12,5 Mio. Euro. Für das Jahr begründeten sie einen Mehrbedarf von 212 Mio. Euro, blitzten aber bei Bundesinnenminister de Maizière und Bundesfinanzminister Schäuble mit nur 20 Mio. ab. Für das Jahr 2016 wurde jetzt ein Bedarf von 308 Mio. Euro zusätzlicher Ausrüstung ermittelt - doch der Finanzminister teilte bereits mit, den Sicherheitsbehörden erst 2017 (vor der Wahl) mehr Mittel zugestehen zu wollen, deren Höhe völlig ungewiss ist.

Der Bedarf kann auch nicht mit Verweis auf die im Bundeshaushalt 2015 mühsam herausgehandelten zusätzlichen Gelder abgewiesen werden. Auf Druck der GdP hatte der Haushaltsausschuss im November 2014 beschlossen, zweckgebunden Gelder für zusätzliche Uniformen (5 Mio. Euro) auszugeben, weil es in der Bundespolizei keine Hosen und Gürtel mehr gab, aber zusätzlich Personal eingestellt werden soll. Die Polizeiausbildung hätte sonst in Zivilkleidung durchgeführt werden müssen. Zudem wurden damals Zusatzmittel zum Kauf von Körperschlagschutzausstattung (5 Mio. Euro) bewilligt, weil sich bisher in vielen Fällen mehrere Beamte einen Körperschlagschutz teilen müssen. Auch Ersatz für zum Teil schon verrostete alte Streifenwagen (10 Mio. Euro) wurde bewilligt.

Damit aber wird das strukturelle Haushaltsdefizit der Bundespolizei von amtlich 473 Mio. Euro nicht ansatzweise beseitigt. "Hier gehen jetzt einige Regierungsmitglieder mit einer Sicherheitslüge durch das Land und behaupten, man hätte auf den Investitionsbedarf der Bundespolizei und die Terrorlage ausreichend reagiert. Aber das ist nicht der Fall. Das ist politischer Zynismus auf dem Rücken der Sicherheit der Polizeibeamten. Mit dieser Haltung wird sicherheitspolitisches Handeln nur vorgetäuscht. Denn das schon vor Paris bewilligte Zusatzgeld ist zweckgebunden zum 'Löcherstopfen' anderer übler Mängel gebunden", so Radek. „Wir können jetzt nicht auf Polizeihosen verzichten, um plötzlich gepanzerte Fahrzeuge oder Computertechnik zu kaufen. Um es klar zu sagen: weil Schäuble uns nicht im Investitionsprogramm berücksichtigt, hat die Bundespolizei nicht mal Geld für ein zweites Pistolenmagazin!".

Der Bedarf besteht an vielen Stellen - von Entschärfertechnik, Hubschraubern, Schiffen, Computer- und Videotechnik bis zur Bewaffnung, Helmen, Schutzwesten gegen Kalaschnikow-Beschuss, Körperschlagschutz und Geld zum baulichen Schutz der Dienstgebäude.

„Die kritische Haltung bei den Führungskräften der Bundespolizei ist nicht nur begründet, sondern auch belegt“, verweist Radek auf eine Studie der Technischen Universität Chemnitz („Strohmeier-Studie“).
Danach sind fast 60 Prozent der Polizeiführer des höheren Dienstes unzufrieden mit dem Bauzustand ihrer Dienststellen, über 77 Prozent schätzen den dienstlichen Belastungsgrad mit hoch oder sehr hoch ein.

In der Untersuchung gaben 79,7 Prozent der befragten Bundespolizisten an, sich von der Politik nicht unterstützt zu fühlen.
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