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Kommentar:

Die Sache mit der Wertschätzung

Von Jörg Radek, Vorsitzender des GdP-Bezirks Bundespolizei

Der Bundespräsident formulierte es beim Bundeskongress unserer Gewerkschaft deutlich: „Meine Wertschätzung gilt den vielen Formen von Gewerkschaftsarbeit in der GdP und zugleich den täglichen Leistungen aller Berufsgruppen, die in ihr organisiert sind.“ Unterziehen wir dieses Zitat doch einmal einem Realtest: Wie sieht es im Berufsalltag tatsächlich mit der dienstlichen Anerkennung von Arbeit aus?

Ein gutes Beispiel dafür ist das Thema Rückführungen: Seitens der Bundesregierung – vertreten durch das Bundesministerium des Inneren – wird der Aufgabe Rückführung eine stärkere Priorität gegeben. Es wird politischer Druck aufgebaut. Der Verwaltungsapparat gibt diesen Druck weiter an die Ausführungsebene. Dies bedeutet einen höheren Aufwand an Organisation und Verwaltung. Und letztlich eine höhere Belastung des Personals. Für jene, die den Auftrag erfüllen wollen. Für jene, die für sie in den Heimatdienststellen mitarbeiten. Vorgesetzte, die mit Blick auf die Dienststärke die Abkömmlichkeit verweigern oder die Bereitschaft für diese freiwillige Aufgabe negativ in die Beurteilung mit einfließen lassen, spiegeln die Anerkennung für diese Arbeit.
Es ist leicht ein politisches Ziel zu formulieren. Doch diese Leichtigkeit verfliegt, wenn es um konkrete Verbesserungen der Rahmenbedingungen geht. Der politische Druck, zum Beispiel mehr Rückführungen durchführen zu wollen, verpufft geradezu, wenn es darum geht, praktische Lösungen zu finden. Die Unverantwortlichkeit ist in der Mitzeichnungsleiste durchorganisiert. Aber: Wertschätzung ist keine Frage von Zuständigkeiten.

Ein aus der Beschaffung von Einsatzmitteln wie Bodycams oder Schutzhelmen bekanntes Muster. An dieser Stelle sollte nun etwas zur Fürsorgepflicht stehen. Sie darf keine Sprechblase sein! Sowohl Wertschätzung als auch Fürsorgepflicht beginnen damit, hinter jeder Auftragserfüllung den ausführenden Menschen zu sehen. Diesen Menschen ernst zu nehmen. Ein Anfang wäre es, sich den Menschen bewusst zuzuwenden. Einmal im Jahr bei der Veröffentlichung des Jahresberichtes auf die Belastung hinzuweisen, ist dürftig. Denn: Wer von Außenstehenden berechtigterweise Respekt für „seine“ Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen einfordert, sollte für die eigene Glaubwürdigkeit auch nach Innen Wertschätzung entgegenbringen.

Mit der ganzen Ironie des politischen Alltags: Der Besuch des Innenministers beim Bundespolizeipräsidium Mitte letzten Jahres muss reichen als Anerkennung für den personalstärksten Teil in seinem Zuständigkeitsbereich. Wenn der Anspruch allein auf der Inszenierung von Symbolpolitik liegt, mag dies ausreichend sein. Doch für eine Polizei, deren Anspruch es ist, „gesellschaftliche Probleme mit politischen und nicht mit polizeilichen Mitteln zu lösen“ (PDV 100), ist dies eindeutig zu wenig.

Kommen wir zurück zum Beispiel der Rückführungen: Die politische Beachtung der Aufgabe und die Zuwendung im Sinne von fürsorglichem Kümmern klafft bereits bei dieser brisanten Aufgabe weiter auseinander. Wie schaut es dann erst bei jenen Aufgaben aus, die scheinbar aus dem Blickfeld geraten sind? Im ganz normalen Dienstalltag an der Grenze, in den Bahnhöfen, bei der Bereitschaftspolizei, an Flug- und Seehäfen, in der Ausbildung, in der Verwaltung?

Wertschätzung beginnt beim Zuhören und zwar im Allgemeinen und im Besonderen. Dort, wo es geschieht, steigt die Zufriedenheit.

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