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Die GdP-Zoll im Gespräch mit MdB Markus Herbrand (FDP)

"Die Zollverwaltung ist in vielen Bereichen sehr bürokratisch und schwerfällig aufgestellt"

MdB Markus Herbrand (Foto: Ralph Sondermann)
Euskirchen/Hilden.

Der Diplom-Finanzwirt (FH) und Steuerberater Markus Herbrand setzte sich als Mitglied der Fraktion der Freien Demokratische Partei (FDP) im Bundestag in der ablaufenden Legislaturperiode intensiv für den Zoll ein. Im Interview mit der GdP-Zoll zeigt er die dringenden Baustellen der Verwaltungsstruktur, Arbeitsweise und des Dienstrechts auf.

Frage: Sie haben sich in der laufenden Wahlperiode für den Zoll in bemerkenswerter Weise eingesetzt. Finden Sie nach den Antworten der Bundesregierung auf Ihre Kleine Anfrage zur Schmuggelbekämpfung, dass der Zoll bei dieser zentralen Aufgabe strategisch gut ausgerichtet, aufgestellt und ausgerüstet ist?

Antwort: Politisch erfährt der Zoll, der entscheidende Aufgaben für einen funktionierenden und sicheren Staat übernimmt, leider überhaupt nicht die Beachtung, die ihm eigentlich zustehen müsste. Nach meiner Erfahrung erwachsen aus der zu geringen Wertschätzung auch Unkenntnis und Unverständnis über die Strukturen und die Lebenswirklichkeit des Zolls. Dies schlägt sich negativ auf sehr viele Aufgabenbereiche des Zolls nieder, zu denen ich explizit auch das Thema Schmuggelbekämpfung zähle, das ich vor allem deshalb zum Thema im Bundestag gemacht habe, weil die Zöllnerinnen und Zöllner hier vom Finanzminister besonders im Stich gelassen werden. Gegen Kriminalität muss entschlossen vorgegangen werden, doch es hakt eigentlich an allem. Es fehlen technische Geräte aber auch Verwahrzellen, der Personalmangel verhindert teilweise eine lageangemessene Kontrolle und auch die Meldestrukturen sind ineffizient aufgestellt. Das Finanzministerium teilt diese Bewertung aber nicht.

 

Frage: Sie sind Mitglied im Finanzausschuss. Dort konnten Sie die enormen Probleme im Zusammenhang mit der Geldwäschebekämpfung, den Finanzermittlungen und der Vermögensabschöpfung gut erkennen. Wie schätzen Sie die zukünftige Rolle der polizeilichen Kontroll-, Fahndungs- und Ermittlungsdienste im Zoll (also nicht die Rolle der FIU) zur wirksamen Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ein?

Antwort: Eigentlich hätte die Übertragung neuer Befugnisse auf den Zoll, für den sich der Finanzausschuss seit Jahren einsetzt, ein Erfolg für die Bekämpfung von Finanzdelikten werden müssen. Stattdessen bleibt der Zoll teilweise sehr weit hinter seinen Möglichkeiten zur Kriminalitätsbekämpfung zurück. Dabei denke ich Insbesondere an den Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, der sich zurzeit in einer desaströsen Lage befindet. Das liegt vor allem daran, dass nicht ausreichend dafür gesorgt wurde, die Organisation und die Struktur des Zolls so anzupassen, dass die Zöllnerinnen und Zöllner ihren Job machen können. Es bedarf für die Zukunft daher neuer Regelungen, mit denen etwa vorhandene Doppelstrukturen im Zollfahndungsdienst abgebaut und Schnittstellen zu Datenbanken eingerichtet werden, mit denen man die Informationsabfrage deutlich vereinfacht. Zudem brauchen wir auch hier eine Attraktivitätsoffensive, denn geeignetes Personal wächst nicht auf Bäumen.

 

Frage: Die Kriminalität auf dem Arbeitsmarkt ist in den letzten Jahren deutlich stärker in den Fokus der Politik gekommen. Welche Bedeutung hat der Zoll nach Ihrer Einschätzung bei der Bekämpfung von Lohndumping, Lohnunterschlagung, illegaler Beschäftigung, Sozialversicherungsbetrug oder auch beim Menschenhandel?

Antwort: Die Arbeit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) trägt entschieden dazu bei, dass arbeitsrechtliche, sozialversicherungsrechtliche und steuerrechtliche Vorgaben eingehalten werden und deren Missbrauch geahndet werden kann. Hierdurch wird ein enormer Beitrag geleistet, damit die Arbeitskraft der Schwächeren in unserer Gesellschaft nicht auf niederträchtige Weise ausgebeutet wird. Der Erfolg der FKS wird allerdings durch gravierende Mängel untergraben. Die IT-Programme der FKS sind zum Teil steinalt. Bei Kontrollen müssen handschriftlich Daten aufgenommen werden, um die gleichen Daten dann später mühsam in Programme einzuspeisen, die mit anderen Programmen der Verwaltung nicht kompatibel sind. Zudem sollte nicht stumpf auf die Erfüllung hoher Prüfquoten geachtet werden, sondern mehr auf die Qualität der Prüfungen. Es ist beschämend, dass auch beim Zoll zum Teil Tarifbeschäftigte eingesetzt sind, bei denen z.B. die nötigen aussagekräftigen Arbeitsplatzbeschreibungen nach dem Tarifvertrag fehlen.

 

Viel zu häufig wurden die organisatorischen Strukturen über Jahre nicht oder nur unzureichend an veränderte Umstände angepasst.

Frage: Der Zoll verfügt in der Fläche über viele – auch getrennt voneinander – organisierte polizeiliche Kontroll-, Fahndungs- und Ermittlungsdienste, sodass im Einsatz vor Ort die erste gemeinsame Vorgesetzte von einem Kontrollbeamten und einem Fahndungsbeamten – beispielsweise am Frankfurter Flughafen oder Hamburger Seehafen – immer erst die Präsidentin der Generalzolldirektion und damit auch die höchste Zollbeamtin ist. Würden Sie den Zoll mit seinen Polizeiaufgaben in Zukunft anders organisieren?

Antwort: Die Zollverwaltung ist in vielen Bereichen sehr bürokratisch und schwerfällig aufgestellt. Viel zu häufig wurden die organisatorischen Strukturen über Jahre nicht oder nur unzureichend an veränderte Umstände angepasst. Das muss deutlich vereinfacht werden, um die gesamten Verfahren auch stringenter zu organisieren und damit auch schlagkräftiger zu machen. Nicht nur das Zusammenspiel von Zollfahndungs-, Kontroll- und Ermittlungsdienst wird von vielen als zu behäbig aufgefasst, auch andere Bereiche müssen auf Vereinfachungen geprüft werden. Dabei denke ich insbesondere an die Herausforderungen der Alterststruktur des Personals und die Ausbildung: Hier bedarf es einer langfristigen Strategie, bei der auch vorhandene Organisationsmodelle überdacht und ggf. neu strukturiert wenden müssen. Reformen der Strukturen sind für die Betroffenen häufig mit großem Umstellungsaufwand verbunden, weshalb man viel Feingefühl und wenig Denkverbote an den Tag legen sollte.

 

Frage: Polizeibeamtinnen und -beamte in der Bundespolizei und im Bundeskriminalamt haben besondere beamtenrechtliche Bedingungen, die der Tatsache folgen, dass Sie Polizeidienst verrichten. Zollbeamtinnen und -beamte, die oft auch durchgängig während ihrer Berufszeit dieseleben Polizeiaufgaben ausüben sind gegenüber ihren Polizeikolleginnen und -kollegen des Bundes benachteiligt. Könnten Sie sich vorstellen, sich hier für eine beamtenrechtliche Gleichbehandlung der Vollzugsbeamtinnen und -beamten des Bundes einzusetzen?

Antwort: Es gibt eine ganze Reihe von Bereichen, wo der Zoll zwar ähnliche oder auch gleiche Arbeit leistet wie die Polizei, jedoch schlechter gestellt ist. Deswegen muss zwingend für eine stärkere Gleichbehandlung gesorgt werden. Obwohl wir, aber auch andere Teile der Opposition, dieses Thema im Bundestag thematisiert haben, hat sich leider kaum etwas bewegt. Es ist aus meiner Sicht z. B nicht nachvollziehbar, weshalb Vollzugskräfte der Bundespolizei und des Bundeskriminalamts bereits mit 62 Jahren pensioniert werden, Zollvollzugskräfte dem gegenüber erst mit 67 Jahren oder bei Erreichen von 45 Dienstjahren mit 65 Jahren in den Ruhestand gehen können. Auch bei Befugnissen und Kompetenzen gibt es zu Lasten der Zöllnerinnen und Zöllner ein Gefälle. Das schlägt sich auf andere Bereiche negativ nieder. Als etwa die krisengeplagte Anti-Geldwäschebehörde der Bundesregierung, die Financial Intelligence (FIU), vom Bundeskriminalamt auf den Zoll überführt wurde, wollte keiner der Beschäftigten mitziehen. Das lässt tief blicken.

 

Die GdP bedankt sich ganz herzlich für Ihre Antworten und wünscht Ihnen alles Gute zur kommenden Wahl.

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