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Chef der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, beklagt im Interview die Zunahme von Angriffen auf Polizisten

"Hass-Symbol in Uniform"

Immer öfter sind Polizisten in Deutschland das Ziel gewalttätiger Attacken. Konrad Freiberg spricht von einer Besorgnis erregenden Steigerung der Gewalttaten, die besonders häufig jugendlichen Migranten zuzuschreiben seien.
Die GdP spricht sich für härtere Strafen aus, um Angreifer abzuschrecken.
.... Zum Interview und Kommentar (Quelle: HNA.de)





Das Interview im Wortlaut:


Weshalb kommt es immer häufiger zu Übergriffen auf Beamte?

Konrad Freiberg: Wir beobachten diese Entwicklung schon seit Jahren. Die Widerstandshandlungen haben deutlich zugenommen: 1998 wurden 22 000 Fälle gemeldet, 2008 waren es schon 27 000. In den meisten Fällen spielte Alkohol eine Rolle. Dieser Trend ist Besorgnis erregend und sehr gefährlich.

Verliert die Gesellschaft den Respekt gegenüber Polizisten?

Freiberg: Die Achtung vor dem Staat und dessen Repräsentanten lässt nach, vor allem unter Jugendlichen. Aber auch Migranten spielen hier eine zentrale Rolle. Sie werden schneller als früher aggressiv gegenüber der Polizei.

Was können Elternhäuser, Kindergärten und Schulen tun?

Freiberg: Wir dürfen Kinder und Jugendliche, die Probleme haben, nicht allein lassen. Gleichzeitig müssen Eltern und Lehrer klare Grenzen ziehen. Das Wichtigste ist jedoch, dass die Jugendlichen wieder Vorbilder bekommen.

In Umfragen rangiert die Polizei dennoch immer weit vorn, während Politik, Kirchen und andere Institutionen massiv an Vertrauen verlieren.

Freiberg: Das stimmt: Insgesamt genießt die Polizei in Deutschland hohes Vertrauen - und das macht uns stolz. Das Vertrauen der Bevölkerung ist für uns noch wichtiger als irgendwelche Aufklärungsquoten. Für die Menschen da zu sein, ihre Akzeptanz zu finden, das ist das Ziel unserer Arbeit. Viele Bürger sehen in dem Polizisten die Inkarnation des Staates, weil er für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung steht. Doch für manche werden Polizisten schnell zum Hass-Symbol, sobald sie irgendwo eingreifen.

Rettungskräfte klagen ebenfalls über häufigere Attacken.

Freiberg: Leider nehmen auch die Angriffe und Anfeindungen gegen Feuerwehrleute und Sanitäter zu. Es ist irrwitzig, wenn man sieht, dass bei Unfällen oder Bränden Rettungskräfte kommen, um in Not geratenen Menschen zu helfen, und ausgerechnet diese Helfer dann zur Zielscheibe von Gewalt werden.

Ist der Strafrahmen bei Landfriedensbruch oder bei Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte ausreichend?

Freiberg: Der Strafrahmen ist in Ordnung und nicht das Entscheidende. Was wir prüfen müssen, ist eine Erhöhung der Mindeststrafen: Es darf nicht sein, dass man einen Gewalttäter nach einem Angriff auf einen Polizisten gleich wieder laufen lässt. Wir sprechen hier nicht von einem Kavaliersdelikt: Der Polizist wird nicht als Individuum angegriffen, sondern als Symbol des Staates. Deshalb haben diese Taten eine besondere Bedeutung und rechtfertigen eine höhere Mindeststrafe.

Bei dem Amoklauf in Winnenden wurden 15 Menschen getötet und auch zwei Polizisten schwer verletzt. Warum sehen Sie dennoch keine Notwendigkeit, das Waffenrecht zu verschärfen?

Freiberg: Diese schreckliche Tat muss Anlass sein, alles auf den Prüfstand zu stellen - von der Erziehungsarbeit der Schulen über den Vertrieb von Killerspielen bis hin zum Waffenrecht.

Natürlich stellt sich die Frage, weshalb der Vater des Täters so viele Waffen besitzen musste? Ich warne aber vor der Annahme, man müsse nur einen Paragrafen verändern und schon sei das Problem gelöst. Das Waffengesetz ist eindeutig, leider wurde es im Fall Winnenden nicht eingehalten.

Soll die Polizei künftig regelmäßig jedem Waffenbesitzer einen Besuch abstatten und sein Schlafzimmer durchsuchen? Dafür bräuchten wir 100 000 zusätzliche Polizisten in Deutschland und eine völlig neue Rechtslage. Wer ehrlich ist, muss feststellen: Es ist schier unmöglich, die privat verwahrten Waffen flächendeckend zu kontrollieren.

Von Holger Eichele




KOMMENTAR

Respekt statt Angst

Ines Pohl über Gewalt gegen Polizisten

Respekt. Ein Begriff, der irgendwie so gar nicht mehr in diese Zeit zu passen scheint. Respekt, den hatte man früher vor dem Lehrer, vor den Eltern, dem Pfarrer.

Respekt hat etwas mit Hochachtung zu tun. Aber auch mit Anerkennung von Strukturen. Und das wiederum funktioniert nur, wenn Menschen sich in einem gemeinsamen Wertegefüge bewegen. Außer, man setzt auf eine autoritäre Gesellschaft.

Polizisten beklagen, dass die Gewalt gegen sie immer brutaler wird. Vor allem Jugendliche mit ausländischen Wurzeln hätten keinerlei Respekt mehr vor den Hütern der deutschen Ordnung.

Dabei halten sie im Zweifelsfall ihren Kopf hin, riskieren für wenig Lohn sogar ihr Leben. Was also kann getan werden, um die Situation zu verbessern? Die Forderung nach härteren Strafen kann dabei nur ein Weg sein. Auch Jugendliche haben nur Respekt vor Regeln, wenn diese Teil eines Systems sind, von dem sie sich angenommen fühlen können - einer Gesellschaft, die sie wertschätzt und respektiert. Allein mit härteren Strafen zu drohen, ist so wenig zielführend, wie Respekt mit Angst zu verwechseln.

politikredaktion@hna.de
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