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Personalversammlung 2012

Gerhard Kirsch fordert zur Zusammenarbeit auf!

Einigkeit stärkt die gewerkschafltiche Arbeit

Hamburg.

Über 2.000 Kolleginnen und Kollegen der Polizei nahmen an der Personalversammlung am 20. November im CCH teil. Die bemerkenswerteste Rede kam dabei vom Landesvorsitzenden der GdP Hamburg, Gerhard Kirsch. In seinem ersten Auftritt in dieser Funktion reichte er allen Berufsvertretungen innerhalb der Polizei die Hand.

Kolleginnen und Kollegen, Herr Senator – sehr geehrte Polizeiführung!

Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass wir nur einer Polizei angehören!!!

Ich spreche Euch nicht mit „Liebe Kolleginnen und Kollegen“ an, weil wir einfach lang genug lieb waren!

Denn: wir waren so lieb und haben ein bankrottes Beförderungs- und Beurteilungssystem ertragen, wir waren so lieb und haben einen großen Teil unseres Weihnachtsgeldes hergegeben, wir waren so lieb und haben uns die Freie Heilfürsorge und das Übergangsgeld für die Pensionäre nehmen lassen und wir sind so lieb, weil wir trotz der Personalmisere durch unsere Kollegialität und den Zusammenhalt untereinander dem Bürger noch immer eine „heile Polizei“ vorführen können.

Wir sind jetzt nicht mehr lieb – und ich bin es auch nicht mehr!

Ich stehe heute erstmals als Vorsitzender der GdP vor Euch und das ist schon eine bemerkenswerte Erfahrung – das kann ich Euch sagen!

Dabei bin ich gar nicht der typische oder abgehobene Funktionär, der eine jahrzehntelange innergewerkschaftliche Karriere hinter sich hat oder parteipolitische Ambitionen verfolgt.

MEINE PARTEI IST DIE POLIZEI – und das seid IHR!!!!

Ich bin stolz darauf, seit 32 Jahren Hamburger Polizist und einer von Euch zu sein!
Es sitzen hier viele, die mit mir auf der Straße gearbeitet haben- wir gemeinsam für die Bürger unserer Stadt ! Wir kennen den Streifenwagen eben nicht nur vom Tag der offenen Tür und wir schulden dem Senat nicht die erste Festnahme! Deshalb kennen wir und ich die Probleme des Vollzuges aus eigenem Erleben in und auswendig.

Die Arbeit für Euch setze ich jetzt mit meinem Vorstand in der GdP fort!

UND:
Was meine Person angeht – ich nehme nichts an und lasse mich nicht kaufen!! Ich lasse mich nicht befördern – oder sonst durch irgendwelche Wohltaten ködern.
Das soll man mit mir gar nicht erst versuchen – manche mögen das als Irrsinn bezeichnen nach dem Motto: – Mensch, der muss doch mitnehmen was er kann - ich bin jedoch überzeugt davon, dass diese Einstellung die einzig Richtige für einen Gewerkschafter ist – und daran lasse ich mich auch messen.

Eines unserer Grundübel ist die Uneinigkeit in der Mitarbeiterschaft – konkret: die Uneinigkeit der Berufsvertretungen.
Dabei gibt es sehr viele Themenbereiche, die wir aktuell in den Berufsvertretungen identisch oder annähernd gleich beurteilen!
Wir haben 3 Berufsvertretungen in der Polizei – in der GdP hingegen sind alle Zweige vereinigt - Ob WS, K, SCH, VW, und auch die Junge Gruppe und unsere Pensionäre – alle sind bei uns in einem Boot und rudern in die gleiche Richtung!
Das war – durchaus selbstkritisch gesehen -- nicht immer so – ABER: Seit längerer Zeit herrscht ein frischer Wind in der GdP – und wenn man so will, haben wir unser Projekt ProMod in der GdP (Verjüngung / Modernisierung / Dezentralisierung / Transparenz) in einem demokratischen Prozess erfolgreich durchgeführt.

Was in der GdP möglich war – muss aus meiner Sicht auch gewerkschaftsübergreifend möglich sein:

Ich komme jetzt zu einem ganz wichtigen Aspekt, den ich mit meiner Amtsübernahme schon schriftlich deutlich gemacht habe. In einer Personalversammlung wurde dieser Punkt nach meinem Wissen noch nie von einem Vorsitzenden irgend einer Berufsvertretung angesprochen:

Wir alle, ob Kriminalpolizisten, Schutzpolizisten, Wasserschutzpolizisten oder unsere Tarifbeschäftigte – wir alle haben mindestens einmal einen Gedanken gehabt – jedenfalls begegnet mir dieser Gedanke bei ausnahmslos jeder Betreuungsfahrt an den Dienststellen oder bei Euch draußen in den Einsätzen:
- WARUM arbeiten die Berufsvertretungen nicht zusammen?
- Warum müssen Sie sich gegenseitig bekämpfen?
- Warum machen wir uns immer schwächer – die Politik spielt uns doch nur gegeneinander aus!

Genauso ist es doch auch!!!!

Als GdP nehmen wir seit vielen Monaten an diesem Gegeneinander nicht mehr teil! Persönliche Eitelkeiten gibt es bei uns nicht – ich begreife mein Team und mich deshalb als eine Chance für den Neubeginn. Das alte römische Motto und das offenkundige Motto des Senats – nämlich Teile und herrsche, wird nun von uns durchbrochen – wir als GdP werden angesichts der vor uns stehenden riesigen Probleme die Verantwortung wahrnehmen und die Initiative ergreifen, die wir als traditionsreichste Gewerkschaft auch übernehmen müssen:

Als Vorsitzender der GdP biete ich hier – vor Euch allen dem BdK und der DPolG die Zusammenarbeit mit der GdP an!

Diese Zusammenarbeit bieten wir ohne Vorbedingungen an. Es muss jetzt endlich Schluss sein mit dem Hader und den Feindseligkeiten – nur so kann das gelassene Lächeln der Politiker aus den Gesichtern verschwinden! Für Sandkastenzickereien und sich gegenseitig wie Kleinkinder die Schaufeln zu klauen, haben wir keine Zeit mehr – ihr als Polizeibeschäftigte und Eure Interessen stehen im Mittelpunkt - und sonst gar nichts!

Ich sage aber auch: Sollte unsere ausgestreckte Hand ausgeschlagen werden, dann werden wir es als GdP dennoch weiter versuchen – zur Not aber, werden wir es dann auch alleine machen müssen – aber dazu brauche ich Eure Unterstützung!

Die Probleme sind schlicht zu groß, als dass sie jeder für sich allein lösen könnte – und schon gar nicht gegeneinander!
Lasst uns also gemeinsam kämpfen für unsere Interessen!

Lasst mich noch einige Worte über eine Entwicklung verlieren, die mich als Polizeibeamten und Menschen zutiefst beschämen:

In der Presseberichterstattung der letzten Wochen sind einzelne Kollegen mit Details aus ihrem Privatleben vorgeführt worden.
Durch solche Vorgänge wird der Betriebsfrieden und das Ansehen unserer Polizei nachhaltig beschädigt!

Mich interessiert hier ganz und gar nicht, wer hier was wann an die Presse durchgesteckt hat. Ich appeliere deshalb an den Anstand und die Vernunft von uns allen, diese Grenze nicht zu verletzen:

Das Privatleben eines Kollegen – egal welchen Rang er oder sie bekleidet, welches Privatleben er oder sie führt, gehört nicht in die Presse! Das ist ein Tabu - und damit hat es sich!!

Nun aber lasst mich noch kurz auf grundsätzliche Positionen der GdP zu sprechen kommen:

1. Beförderungssituation

Ich will hier keine Rückschau mehr halten – es geht hier allein um die Zukunft – um Eure Perspektiven.

Immer müssen wir uns anhören: – kein Geld da – kein Geld da!!

Warum ist denn der notwendige Kassensturz im Polizeihaushalt ausgeblieben?
Was ist denn aus den frei gewordenen Personalgeldern der ständig steigenden Teil- und Elternzeitanteilen geworden??

Wo ist denn das Geld???? Ich rede hier nicht von Peanuts – sondern von Millionenbeträgen!!!

Auf die Beantwortung dieser Frage, die wir bereits im Juli 2011 gestellt haben, warten wir noch heute!!

Die GdP wird mit aller Kraft den LPD Kuno Lehmann bei der Erarbeitung einer verlässlichen, rechtssicheren und dauerhaft tragfähigen Lösung der Beförderungsproblematik kritisch und konstruktiv unterstützen.

Es muss jetzt sehr schnell losgehen – wir haben keine Zeit mehr zu verlieren! Die wurde in den Jahren zuvor grob fahrlässig vertan.

Wir brauchen jetzt eine verlässliche Planung für 2013! Schon deshalb, um als Polizei auf dem Arbeitsmarkt ein deutliches Signal setzen zu können.

Es freut mich, dass auch die 2-geteilte Laufbahn in der Diskussion ist – eine uralte Forderung der GdP, der sich offensichtlich auch die DPOLG angeschlossen hat – was aus meiner Sicht – das meine ich absolut aufrichtig - sehr erfreulich und zielführend ist!

Bereits nur noch ca. 20 Prozent der Kolleginnen und Kollegen befinden sich noch im mittleren Dienst – wenn nicht jetzt die 2-geteilte Laufnahn – wann dann?

Ein weiterer wesentlicher Punkt ist auch: Wie kann der Schichtendienst leistungsgerechter und damit attraktiver gestaltet werden: Richtig!
Über die Erhöhung der Zulagen, Herr Senator! DUZ und Schichtzulage sind deutlich zu erhöhen!
Auch die Einführung der Freien Heilfürsorge spielt eine wichtige Rolle – aber dazu gleich mehr.

Wir lassen uns nicht mehr erzählen, dass die reichste Stadt Europas kein Geld hätte! Was ist mit den Millionären und Superreichen in dieser Stadt? Was ist mit der Erbschaftssteuer und der Vermögenssteuer? Wir wollen eine gerechte Teilhabe am Wohlstand dieses Landes, denn wir Polizeibeschäftigten garantieren den inneren Frieden und die innere Sicherheit in dieser Stadt, und legen damit tagein und tagaus den Grundstein für ihren Wohlstand.

Die Kolleginnen und Kollegen werden immer mehr, die sich fragen:
Warum tue ich mir das noch an? Wozu? Wo bleibt die verdiente Anerkennung und Wertschätzung unseres Dienstherrn. Und: Die drückt sich eben auch und vor allem in Geld aus!

Polizei bekommt man nicht zum Nulltarif – das muss der Senat endlich begreifen!

Lasst mich noch kurz etwas zu einem sehr wichtigen Thema sagen:

Im Frühjahr 2013 stehen Tarifverhandlungen an. Unsere Tarifbeschäftigten kämpfen auch für die Besoldungserhöhung der Beamten – da stehen schwere Auseinandersetzungen bevor - Unsere Tarifbeschäftigten sind auf die Solidarität der Beamtenschaft angewiesen – und dazu rufe ich eindringlich auf!

Nun zum Thema Heilfürsorge:

Heilfürsorge / Dienstunfälle

Die Freie Heilfürsorge ist keine Wohltat – sie ist angesichts der stockenden Nachwuchsgewinnung und der sich vertiefenden sozialen Ungerechtigkeit in unserer Polizei eine zwingende NOTWENDIGKEIT!

Herr Senator, sie wissen genauso gut wie ich, dass die Freie Heilfürsorge ohne jede Begründung 2005 abgeschafft wurde – ein Skandal, der zu korrigieren ist!
Für einen Polizeimeister wären das bis zu 250 Euro mehr –
NETTO!!!
Bezogen auf das Amt A 7 käme das 2 Beförderungen gleich!!

Es kann doch nicht sein, dass wir und die Kolleginnen und Kollegen der Feuerwehr bei allen Gelegenheiten den Kopf hinhalten bzw. ins Feuer gehen und die Arztrechnung auch noch selbst bezahlen müssen!!!

Sehen Sie sich mal die Unfallfürsorge an! Da hält man die Knochen hin und muss die Kosten vorschießen- ja, wo leben wir denn??
Und wenn man dann ganz dienstunfähig ist, muss man klagen, um ein angemessenes Ruhegehalt zu bekommen!!
Das hat mit Fürsorge des Dienstherrn nichts, aber auch gar nichts zu tun!
Die bisherige menschenverachtende Beurteilung gravierender Dienstunfälle durch das Personalamt werden wir als GdP niemals hinnehmen!
Wenn offensichtlich qualifizierte Dienstunfälle nicht schleunigst als solche anerkannt werden, dann wird man die Reaktion der
GdP zu spüren bekommen!
Bisher wurde nur ein einziger Fall nach 7 Jahren gelöst – nicht weil man dem Kollegen seitens des PA „etwas Gutes“ tun wollte, sondern weil man Angst vor der öffentlichen Meinung hatte!

Und nun zum Thema Nachwuchsgewinnung:
In den nächsten Jahren stehen wir aufgrund der hohen Pensionierungsraten vor einem dramatischen Personalverlust.
Wir werden von Jahr zu Jahr weniger – und dabei nimmt die Arbeitsverdichtung für jeden Einzelnen ständig zu!
Wir wollen demnächst nicht allein auf dem Streifenwagen sitzen!

Die Wahrheit ist doch, dass im Wesentlichen nur noch der Zusammenhalt, die Kollegialität der Kolleginnen und Kollegen – sei es in den Zügen, den Schichten, den Sachgebieten und den vielen anderen Bereichen den Laden überhaupt noch über Wasser hält.
Noch!!

Es gab einmal das Projekt „Prodis“, da hat man die demografische Entwicklung und deren Auswirkungen auf die Polizei untersucht. Vielleicht war es das wichtigste Projekt, das jemals eingerichtet wurde.
Leider sind daraus bisher keine Konsequenzen gezogen worden.
Aus dem Abschlussbericht des Projektes lässt sich ableiten, dass die Polizei in den nächsten 10 Jahren hochgerechnet über 3000 Beamte / Beschäftigte durch reguläre Pensionierungen verliert. Dabei sind vorzeitige Personalabgänge – z.B. durch Dienstunfähigkeit und Kündigungen noch nicht einmal berücksichtigt.

Diesen Tatsachen gegenüber stehen die jährlich 250 geplante Neueinstellungen, die dabei noch nicht einmal gesichert sind. Hinreichende Kenntnisse in den Grundrechenarten reichen aus, um festzustellen, das da wohl was fehlen wird – und zwar ganz erheblich!
Nach unserer vorsichtigen Schätzung werden mindestens 500 Vollzugsstellen in diesem Zeitraum unbesetzt bleiben – sehr wahrscheinlich aber deutlich mehr!!!!

UND: Hier schließt sich der Kreis – verlässliche Beförderungsperspektiven, Freie Heilfürsorge. 2-geteilte Laufbahn und attraktive Zulagensysteme sind die Voraussetzungen, um auf dem Arbeitsmarkt – im Konkurrenzkampf um den geeigneten Nachwuchs – nicht abgehängt zu werden.

Aber: Herr Senator: ich muss sie aber auch loben: Die Wiedereinführung der Alimentation für HdP-Studenten war ebenso richtig wie überfällig! Ein erster Schritt in die richtige Richtung! Dafür danke ich Ihnen – ich glaube, dass sagen zu dürfen - im Namen aller anwesenden Berufsvertretungen – besonders aber im Namen der Studenten.

Das alleine reicht aber bei weitem nicht aus, um der Demografiefalle zu entkommen und die Zukunftsfähigkeit der Polizei zu sichern!

Akademie
Wie bereits erwähnt kämpft die GdP für die Zweigeteilte Laufbahn. Das wird dem Anspruch unseres Berufes nur gerecht und steht für uns außer Zweifel!
In diesem Zusammenhang brauchen wir für unsere Kollegen und im Interesse einer gesellschaftsorientierten Polizeiarbeit eine solide, praxisorientierte aber auch wissenschaftlich unterlegte Ausbildung. Es hat sich alles daran zu messen, dass die Ausbildung unserer jungen Kollegen im Vordergrund steht.
Wir werden auch weiterhin den angestrebten Umgestaltungsprozess der HdP und der ZP kritisch begleiten und wenn dieser Prozess unsere Forderung nach der zweigeteilten Laufbahn und auch den inhaltlichen Anforderungen nicht entspricht, hat man mit der GdP ein Problem.

Zum Schluss fordere ich hier und jetzt uns alle auf, gemeinsam zu kämpfen
- für eine Stärkung der Vollzugs- und Arbeitsebene
- für die Wiedereinführung der Freien Heilfürsorge
- für die deutliche Anhebung der Zulagen (Duz und Schichtenzulagen)
- für die Verwirklichung der 2-geteilten Laufbahn
um so alle Polizeibeschäftigten endlich leistungsgerecht zu bezahlen und so unseren Beruf auf dem Arbeitsmarkt wieder attraktiv zu machen.

Kolleginnen und Kollegen, Verantwortliche der Berufsvertretungen:
NUR gemeinsam können wir das erreichen – nur gemeinsam sind wir stark!!!

Und: Herr Senator: Wenn wir weiter hingehalten werden, dann ist mit der GdP nicht gut Kirschen essen – und das ist ein Versprechen!

Ich danke euch!
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