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Rechtsschutz

Aktuelle Rechtsprechung

Viele strittige Fragen werden durch Rechtsprechung geklärt und führen zu Rechtssicherheit. Über den DGB Rechtsschutz werden aktuelle Urteile zur Verfügung gestellt und veröffentlicht.

Unfallversicherung: Sturz in der Werkskantine ohne Schutz
Rutscht ein Arbeitnehmer in der Werkskantine auf Salatsoße aus und verletzt
sich dabei, so ist das nicht als Arbeitsunfall zu werten. Die Nahrungsaufnahme ist
grundsätzlich dem privaten (nicht versicherten) Lebensbereich zuzurechnen.
Sozialgericht Heilbronn,Urteil vom 26. März 2012 - S 5 U 144 4/11

Verdachtskündigung: Arbeitnehmer ist vorher zu hören
Beabsichtigt der Arbeitgeber, eine Kündigung aufgrund eines
Verdachtsauszusprechen, so muss er vorher den Arbeitnehmer zu den
Vorwürfen hören. Die Einladung zur Anhörung muss den Gegenstand des
Gesprächs beinhalten und den Mitarbeiter in die Lage versetzen, eine
Vertrauensperson hinzuzuziehen.
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg,Urteil vom 30. März 2012 – 10 Sa
2272/11

Kündigungsgrund: Zulässige Anordnung ist zu befolgen
Widersetzt sich ein Arbeitnehmer beharrlich einer zulässigen Weisung des
Arbeitgebers, stellt dies eine schwerwiegende Pflichtverletzung dar, die einen
Kündigungsgrund bilden kann. Das ist der Fall, wenn der Arbeitgeber im Rahmen
seines Direktionsrechts eine einheitliche Dienstkleidung vorschreibt, der
Arbeitnehmer sich aber weigert,die Dienstkleidung zu tragen.
Arbeitsgericht Cottbus, Urteil vom 20. März 2012 – 6 Ca 1554/11

Sozialversicherungsbeiträge: Nachzahlung bei ungültigem TV
Der Grundsatz gleicher Lohn für gleiche Arbeit kann nur durch einen wirksamen
Tarifvertrag außer Kraft gesetzt werden. Die Vereinbarung, die von der
„Tarifgemeinschaft christlicher Gewerkschaften“geschlossen wurde, wonach
Leiharbeitnehmer eine geringere Vergütung erhalten als Stammbelegschaften, ist
aber kein Tarifvertrag. Die „Tarifgemeinschaft christlicher Gewerkschaften“ ist
nämlich keine tariffähige Gewerkschaft. Da jahrelang zu geringer Lohn gezahlt
wurde, haben auch die Sozialversicherungsträger zu niedrige Beiträge erhalten.
Diese können sie jetzt nachfordern.
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen,Beschluss vom 10. Mai 2012 - L 8
R 164/12 B ER

Mitbestimmung: Korrekte Information muss sein
Der Unternehmer hat den Wirtschaftsausschuss rechtzeitig und umfassend über
die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Unternehmens zu unterrichten.
Verspätete, unvollständige oder unterlassene Information des
Wirtschaftsausschusses kann mit einem Verfahren nach dem Paragrafen 23
Absatz 3 des Betriebsverfassungsgesetzes geahndet werden. Nach dieser
Vorschrift kann sogar ein Ordnungsgeld oder ein Zwangsgeld gegen den
Arbeitgeber verhängt werden.
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg,Beschluss vom 30. März 2012 –
10 TaBV 2362/11

Berufskrankheiten: Auch Meniskusschäden von Müllmännern
Müllmänner sind bei der Arbeit den gleichen Belastungen ausgesetzt wie
Profisportler. Meniskusschäden können daher als Berufskrankheit anerkannt
werden.
Der Fall: Ein Müllwerker erlitt während seiner beruflichen Tätigkeit ein
Verdrehtrauma im rechten Kniegelenk. Die medizinische Untersuchung ergab
eine ausgeprägte Schädigung im Meniskus. Die Berufsgenossenschaft lehnte
eine Entschädigung des Arbeitsunfalls mit der Begründung ab, dass die
Erkrankung keine Unfallfolge sei. Es liege auch keine Berufskrankheit vor, da
Müllwerker nicht entsprechenden Kniebelastungen ausgesetzt seien. Mit seiner
Klage hatte der Arbeitnehmer Erfolg.
Das Landessozialgericht: Die Berufsgenossenschaft ist zur Anerkennung der
Berufskrankheit verpflichtet. Müllwerker sind bei ihrer Tätigkeit in erheblich
höherem Maße als die übrige Bevölkerung Belastungen der Kniegelenke
ausgesetzt. Dies resultiert aus der häufigen und erheblichen
Bewegungsbeanspruchung insbesondere beim Laufen und Springen mit
häufigen Knick-, Scher- oder Drehbewegungen auf unebenem Untergrund.
Solche Belastungen mit reflektorisch unkoordinierten Bewegungsabläufen liegen
auch bei Rangierern sowie bei Hochleistungssportlern wie Fußball-, Handball und
Basketballspielern vor, deren Meniskuserkrankungen als Berufskrankheiten
anerkannt werden. Entgegen der Annahme der Berufsgenossenschaft ist die
Tätigkeit von Müllwerkern auch nicht von einem kontrollierten Besteigen des
Trittbretts – vergleichbar dem Benutzen einer Leiter oder Treppe – geprägt. Diese
Vorstellung entspricht allenfalls den bestehenden Arbeitsschutzbedingungen,
nicht aber der alltäglichen Lebenswirklichkeit von Müllwerkern.
Hessisches Landessozialgericht,Urteil vom 7. Mai 2012 - L 9 U 211/09

Arbeitsaufgabe: Keine Sperrzeit bei wichtigem Grund
Schließt eine schwangere Frau mit ihrem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag,
um zum Kindsvater in eine andere Stadt zu ziehen, dann stellt dies einen
wichtigen Grund zur Aufgabe der Arbeitsstelle dar. Die Verhängung einer
Sperrzeit ist dann unbegründet.
Der Fall: Die Arbeitnehmerin aus Berlin im fünften Schwangerschaftsmonat gab
ihre Beschäftigung auf, um zu dem in Bochum lebenden Partner zu ziehen. Die
Agentur für Arbeit Bochum ordnete eine zwölfwöchige Sperre des
Arbeitslosengeldes an. Die Maßnahme wurde damit begründet, dass die
Versicherte das Beschäftigungsverhältnis gelöst und damit die Arbeitslosigkeit
vorsätzlich herbeigeführt habe, ohne dass dafür ein wichtiger Grund
vorgelegen habe. Die dagegen gerichtet Klage hatte Erfolg.
Das Sozialgericht: Die Arbeitnehmerin hat zwar vorsätzlich die Arbeitslosigkeit
herbeigeführt, hierfür jedoch einen wichtigen Grund gehabt. Der Frau ist die
Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses in Berlin nicht mehr zumutbar
gewesen. Aufgrund von gesundheitlichen Problemen während der
Schwangerschaft mit Arbeitsunfähigkeitszeiten und der Gefahr einer Fehlgeburt
hat die Frau auch im Interesse des ungeborenen Kindes die Unterstützung des
Kindsvaters in Bochum gebraucht. Dies ist nur dadurch zu ermöglichen gewesen,
dass die Arbeitnehmerin ihre Arbeit in Berlin aufgegeben hat und nach Bochum
gezogen ist.
Sozialgericht Dortmund,Urteil vom 27. Februar 2012 - S 31 AL 262/08

Quelle: http://einblick.dgb.de
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