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GdP-Mitglieder sind gemäß Tarifvertragsgesetz vor längeren Arbeitszeiten geschützt

Hamburg.

Die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) hat die Arbeitszeitbestimmungen im BAT und MTArb West und den entsprechenden Sonderregelungen zum 30.04.04 gekündigt. Diese Tarifverträge wirken jetzt nach.

Schutz durch Nachwirkung der tariflichen Arbeitszeitbestimmungen ab dem 01.05.2004 für die Mitglieder der Gewerkschaft der Polizei


Auch nach Ablauf der entsprechenden Tarifregelungen gelten diese Rechtsnormen gemäß § 4, Abs. 5 TVG weiter, bis sie durch eine andere Regelung ersetzt werden. Eine solche andere Regelung kann etwa eine neue tarifliche Arbeitszeitregelung sein. Wegen der zu erwartenden, harten und langwierigen Auseinandersetzungen hierüber könnten zwischenzeitlich jedoch auch andere Arbeitszeitvereinbarungen in den Einzelarbeitsverträgen einverständlich getroffen werden. Soweit die Arbeitgeber das Einverständnis der Arbeitnehmer/innen durch entsprechenden Druck zu erreichen versucht z. B.

• Die Arbeitgeber der Länder haben teilweise angekündigt "Beförderungen" also Höhergruppierungen nur vorzunehmen, wenn die betroffenen Beschäftigten auch mit der Änderung ihres Arbeitsvertrages hinsichtlich der höheren wöchentlichen Arbeitszeit einverstanden sind.
• Gleiches gilt für die Verlängerung befristeter Arbeitsverträge, Aufstockung von Teilzeitverträgen, Versetzungen und ähnliches im Nachwirkungszeitraum.

ist zu beachten:

Es gibt keine rechtliche oder sonstige Verpflichtung von Arbeitnehmern, einer Aufforderung des Arbeitgebers zu folgen, einer verschlechternden Ablösung der nachwirkenden Tarifbestimmung durch eine Änderung des Arbeitsvertrages zuzustimmen.
Erzwingt der Arbeitgeber eine solche Arbeitsvertragsänderung durch Androhung von Nachteilen (Höhergruppierung nur bei Verlängerung der Arbeitszeit) kann dies eine widerrechtliche Drohung (§ 123 BGB) darstellen, die den Arbeitnehmer zur nachträglichen Anfechtung der erzwungenen Vereinbarung berechtigt (vgl.: BAG vom 28.01.1987, AP Nr. 16 zu § 4 TVG Nachwirkung).

Darüber hinaus sind auf alle tariflichen Arbeitszeiten, die zulässigerweise schon bisher vom Arbeitszeitgesetz abwichen, jetzt durch neue Arbeitsverträge nicht weiter verlängerbar (d. h. selbst mit dem Einverständnis der Arbeitnehmer ist dies unzulässig). Auch sonst kann sich der Arbeitnehmer weigern, Abänderungen seines nachwirkenden Arbeitsvertrages zu unterzeichnen. Dann bleibt dem Arbeitgeber allerdings die Änderungskündigung des Vertrages. Solche Änderungskündigungen müssen jedoch alle Voraussetzungen einer Kündigung erfüllen und können durch Kündigungsschutzklage angegriffen werden. Der Arbeitgeber wird sie meist betriebsbedingt begründen und sie deshalb meist massenhaft aussprechen, so dass hier die Genehmigung der Arbeitsverwaltung nach § 17, 18 Kündigungsschutzgesetz erforderlich sein kann.
Soweit dagegen keine einvernehmlichen Arbeitsvertragsänderungen oder wirksamen Änderungskündigungen erfolgen, gelten die bisherigen Tarifbestimmungen für alle GdP?Mitglieder ab dem 01.05.2004 kraft Nachwirkung bis zu einem neuen Tarifabschluss weiter.
Eine andere zeitliche Begrenzung für GdP?Mitglieder dieser Nachwirkung existiert nicht.

GdP-Mitglieder erhalten bei möglichen Auseinandersetzungen Rechtschutz.

Für unorganisierte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen besteht nur dann die gleiche Rechtslage, wenn in den Arbeitsverträgen mit einer sogenannten Verweisungsklausel die Anwendung der Tarifverträge vereinbart worden ist (BAG vom 29.01.1975, AP Nr. 8 zu § 4 TVG Nachwirkung). Der/Die Arbeitgeber/in kann gegenüber unorganisierten Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen zu jeder Zeit, also auch im Nachwirkungszeitraum, unter Nutzung des individualrechtlichen Instrumentariums (Änderungsvertrag oder Kündigung) versuchen, die Anwendung der (nachwirkenden) Tarifverträge auf die Arbeitsverhältnisse zu beenden bzw. zu modifizieren.
Sehen - wie überwiegend im öffentlichen Dienst - die verwendeten Formulararbeitsverträge standardmäßig die sogenannte arbeitsvertragliche Verweisungsklausel auf Tarifverträge vor, ist die Situation der unorganisierten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen mit der von Gewerkschaftsmitgliedern nur auf den ersten Blick tatsächlich und rechtlich vergleichbar: Grundsätzlich hat die nachwirkende Geltung von Tarifnormen eine Überbrückungsfunktion bis zum Abschluss eines neuen Tarifvertrages. Dieses vom Gesetzgeber gewollte Ziel, der Abschluss und damit wieder die unmittelbare und zwingende Wirkung von tariflichen Leistungen, wird nur erreicht werden, wenn durch (möglichst umfangreiche) Mitgliedschaft legitimiert, neue Tarifvertragsforderungen aufgestellt und durchgesetzt werden.
Bei den Tarifansprüchen, die sich nur aufgrund arbeitsvertraglicher Verweisungsklausel ergeben, ist im Übrigen noch folgendes zu berücksichtigen: Die Auslegung von arbeitsvertraglichen Verweisungsklauseln ist - anders als die Auslegung von Tarifverträgen - nicht nur schwierig, sondern hat im Laufe der Jahre vor dem Hintergrund der gesellschaftspolitischen Diskussion wechselnde Entwicklungen durchgemacht. Die Rechtsprechung des Vierten Senats des BAG zur arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel hat gerade in den letzten Jahren (in veränderter Zusammensetzung des Senats) zum Teil zu völlig vom Wortlaut abweichenden Entscheidungen geführt , die oftmals nicht die ursprünglich gewünschte arbeitsvertragliche Absicherung des Tarifniveaus bewirkten.
Nach herrschender Meinung gilt unabhängig vom Bestehen und vom Inhalt arbeitsvertraglicher Verweisungsklauseln der nachwirkende Tarifvertrag auch für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen unmittelbar, deren Arbeitsverhältnis vor Beendigung des Tarifvertrages bereits bestand und die im Nachwirkungszeitraum der tarifschließenden Gewerkschaft beitreten (vgl. Wiedemann?Oetker, TVG, § 3 Rn 29, Löwisch/Rieble, § 4 Rn 243,Kempen Zachert § 3 Rn. 6; Kittner/Zwanziger?Kittner, Arbeitsrecht, § 10 Rn 163).

Werden bei einem "Nichttarifgebundenen - Arbeitgeber" arbeitsvertraglich Klauseln vereinbart, die einen Tarifvertrag in Bezug - nehmen, kann eine andere - ebenfalls komplizierte - Rechtslage, die hier nicht behandelt werden soll, gelten.


Im Nachwirkungszeitraum neu gegründete Arbeitsverhältnisse


Werden Arbeitsverhältnisse erst im Nachwirkungszeitraum neu gegründet, gilt nach Auffassung des BAG der Grundsatz, dass für diese Arbeitsverhältnisse die gekündigten Tarifverträge nicht nachwirken und nicht zur Anwendung kommen. Dies hat zur Konsequenz, dass der Arbeitgeber bei der Einstellung arbeitsvertraglich ungünstigere Arbeits? und Entgeltbedingungen vereinbaren kann. Dieser Grundsatz gilt unabhängig von der Frage, ob ein Arbeitnehmer GdP?Mitglied oder unorganisiert ist. Anderes gilt nur, wenn bei der Einstellung Arbeitsverträge mit generellen Verweisungsklauseln, u.a. auf die nachwirkenden Tarifverträge, abgeschlossen werden
(vgl. BAG vom 29.01.1975, AP Nr. 8 zu § 4 TVG Nachwirkung).

Ausbildungsverhältnisse:

Soweit Ausbildungsverhältnisse aufgrund entsprechender Tarifvertraglicher Regelungen bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen automatisch (und nur dann) in ein Arbeitsverhältnis übergehen, gelten für dieses Arbeitsverhältnis die nachwirkenden Tarifverträge auch dann, wenn der Übergang vom Ausbildungs? in das Arbeitsverhältnis erst im Nachwirkungszeitraum stattfindet (BAG vom 28.01.1987, AP Nr. 16 zu § 4 TVG Nachwirkung).

Weitergeltung der laufenden Tarifverträge nach Austritt aus dem Arbeitgeberverband TdL

Gilt jetzt schon für das Bundesland Hessen, die bereits aus dem Arbeitgeberverband TdL ausgetreten sind und wird wirksam falls andere Bundesländer diesem Beispiel folgen (angedroht durch Bayern, Baden Württemberg).
Nach § 3, Abs. 3 TVG beendet der Austritt der Arbeitgeber aus dem tarifschließenden. Arbeitgeberverband nicht die Weiterwirkung oder Fortgeltung der laufenden Tarifverträge. Diese gelten vielmehr unverändert bis zu dem in ihnen vorgesehenen Ablauf weiter.

Deshalb behalten alle GdP?Mitglieder ihre vollen tariflichen Rechte auf über den 31.03.2004 hinaus bis zur im Tarifvertrag vereinbarten Beendigung der Bestimmungen.

Arbeitnehmerinnnen und Arbeitnehmer, die bis zum 30.04.2004 noch Mitglied der Gewerkschaft der Polizei werden, haben den gleichen Schutz.,

Gegenüber allen Gewerkschaftsmitgliedern können die Arbeitgeber wegen der weitergeltenden Wirkung der Tarifverträge (§ 4, Abs. 1 TVG) keine Verschlechterungen durchsetzen. Selbst wenn einzelne Gewerkschaftsmitglieder tarifverschlechternde (Änderungs?) Arbeitsverträge unterschreiben (etwa weil ihnen sonst mit Nachteilen, z. B. Versetzungen, gedroht würde), wäre eine solche Abrede tarifwidrig und deshalb ungültig. Bewährungsaufstiegs? und tarifliche Eingruppierungsansprüche bleiben insoweit ebenfalls uneingeschränkt erhalten.

Für Arbeitnehmerlinnen, die noch nicht GdP?Mitglied sind, werden diese beschriebenen Rechtspositionen der Gewerkschaftsmitglieder dagegen unsicherer.

Es besteht jedoch kein Zwang zu einer Gleichbehandlung Mag sie auch im öffentlichen Dienst allgemein üblich sein (vgl. BAG 29.01.1975 AP Nr. 8 zu § 4 WG Nachwirkung), so könnte diese bisherige Gleichstellung doch künftig beenden werden. Dazu müssten sie die bestehenden arbeitsvertraglichen Gleichstellungsabreden gegenüber den einzelnen Arbeitsnehmer/innen nunmehr kündigen oder die Betroffenen dazu überreden, durch entsprechende Einzelvertragsänderungen einverständlich auf die Gleichstellung zu verzichten. Da diese Arbeitnehmer/innen mangels Gewerkschaftsmitgliedschaft nicht tarifgebunden sind, wären solche individuellen Vertragsverschlechterungen (anders als für GdPMitglieder) bei dieser Arbeitnehmer/innengruppe möglich.

Sichert eure Arbeitnehmerrechte, habt Mut und kommt rein in die GdP.



Rolf Thiel,
Stellv. Landesbezirksvorsitzender
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