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Informationen zur Dienstversammlung anlässlich der Zentralisierung der Polizeiverwaltung am 13. Januar 2014

Augen zu und durch! Oder: Sie wissen nicht was sie tun…!?

Halle/Saale.

Am Montag, 13. Januar 2014, fand in Halle (Saale) für die Bediensteten der Polizeiverwaltung der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd eine Dienstversammlung anlässlich der beabsichtigten Zentralisierung der Polizeiverwaltung in der Landespolizei Sachsen-Anhalt statt. Der Einladung der Polizeipräsidentin Frau Bergmann folgte eine außerordentlich große Anzahl von Bediensteten aus der Verwaltung. Interesse an der Veranstaltung hatten verständlicherweise auch anwesende Bedienstete des Polizeivollzuges. So waren schätzungsweise 200 Bedienstete der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd erschienen.

Das hinlänglich bekannte "Struktur-Trio" des Innenministeriums, bestehend aus Herrn Ministerialdirigenten Willberg, Frau Ministerialrätin Schneeberg und Herrn Ministerialrat Dr. Spadinger war angerückt, den vorwiegend verunsicherten und beunruhigten Bediensteten der Verwaltung und des Polizeivollzuges das ministerielle Vorhaben zu erläutern und sich deren Fragen zu stellen.
Die von Zentralisierungsvorhaben des Ministeriums für Inneres und Sport LSA betroffenen Bediensteten erwarteten von den Entsandten im Wesentlichen Antworten auf Fragen zu Erforderlichkeit und Machbarkeit, den konkreten Abläufen der Umstrukturierung, den Umständen künftiger Aufgabenwahrnehmung (Außenstellen, Aufgabenzuweisungen, Anzahl der Bediensteten mit Bezug zu den Aufgaben) sowie sozialen Aspekten (Reisewege- und zeit).

Mindestens die beiden Ministerialbeamten waren erkennbar mit der Kompetenz ihres Dienstherrn ausgestattet, deutliche Worte zur Unumkehrbarkeit des Vorhabens auszusprechen. Einher ging dies mit der Ansage, nicht medial mit den Emotionen der Mitarbeiter zu spielen. Worauf diese Aufforderung abzielte und wer der Adressat der Botschaft war ist wohl klar.

Es wurden allerhand geschliffene Reden gehalten und Aussagen gemacht, greifbare Inhalte fehlten.

Zur deren "Ehrrettung" wurde deutlich gemacht, dass die Behördenleiter bei der Umstrukturierung nahezu nichts zu entscheiden hätten. So lägen die Vorgaben der Umsetzung des Erlasses und die Erfüllung aufgestellter Prämissen allein in den Händen des Ministeriums und die Art und Weise der Realisierung nicht am Verhandlungsgeschick der Behördenleiter. Die Behördenleiter hätten auf die infrastrukturellen Voraussetzungen/Bedingungen ohnehin keinen Einfluss.

Für diese deutlichen Worte können/kann sich allenfalls die Behördenleiter(in) bedanken. Das Feld der Autorität und Kompetenz ist damit abgesteckt.

Der aufmerksamen Zuhörer vernahm, die zurückliegende Strukturreform sei nicht konform mit dem Personalentwicklungskonzept 2020 gewesen. Die investitionsträchtigen Liegenschaften wurden einfach weiterbetrieben. Als "fatal" bezeichnete Ministerialdirigent Willberg in diesem Zusammenhang auch noch die Beförderungssituation, welche durch das Stellenhebungsprogramm des Landes noch verschärft wurde.

Es ist kaum zu glauben: Vor wenigen Jahren zogen Heilsbringer wie Wanderprediger durch die Dienststellen, stellten die Erforderlichkeit der Strukturreform 2007/2008 dar, um nach deren Umsetzung, wider besseren Wissens, den Erfolg der Strukturreform zu feiern.

Mittlerweile angekommen in der Wahrheit sind aus demselben Grund neue Visionen umzusetzen. Doch nach wie vor fehlt Geld. Im Jahr 2016 sollen wieder 14 Prozent weniger Mittel für die Polizei zur Verfügung stehen.

Glaubt man den politischen Demagogen erhöht sich laufend die Sicherheit im Lande mit immer weniger Personal durch bessere Technik und an die Sicherheitsbedürfnisse angepasste Organisationsstrukturen und es wird wieder einmal für mehr Polizeipräsenz und Bürgernähe gesorgt.

Nunmehr ist es Herr Ministerialdirigent Willberg, welcher um Verständnis bei den Mitarbeitern im Zusammenhang mit der Umgestaltung warb. Auch er verweist auf die politischen Zwänge des Personalabbaus, und benennt eine der bitteren Wahrheiten, wonach es im Polizeivollzugsdienst Bereiche gäbe, die an der Grenze ihrer Handlungsfähigkeit funktionieren. Deshalb, Zitat: "…Priorität liegt im Polizeivollzug, um die Handlungsfähigkeit zu sichern..."

Schon deswegen könne man sich Zeit nehmen mit der Umsetzung der Zentralisierung und Umstrukturierung der Polizeiverwaltung. Im Verlauf der Ausführungen wird als weiterer Grund für die festgelegte Zeitschiene vorgegeben: So spräche die "zeitliche Dimension" für sich. Denn Bedienstete könnten wieder auf dem Klageweg durch jahrelange Prozesse für Verzug sorgen oder gar die Entscheidungen in der Organisation aussetzen lassen.

Und da sind dann auch noch die Medien, welche frustrierte Bedienstete ausfindig machen könnten, welche sich öffentlich in einer Weise äußern könnten, wie sich dies vergleichsweise bei der zurückliegenden Grundschuldiskussion mit ihren teilweise realitätsfremden Berichten vollzog.

Eine deutliche Botschaft sandte Herr Ministerialdirigent Willberg auch in Richtung des Polizeihauptpersonalrates indem er ziemlich zum Ende hin sagte, dass dieser die Polizeistrukturreform nicht verhindern könne, ohne dass seitens der anwesenden Personalvertretungen davon die Rede war.

Herr Ministerialdirigenten Willberg berichtet, was als sicher gilt:

1) Dienstvereinbarungen, wie sie anlässlich der letzten Polizeistrukturreform abgeschlossen wurden, werde es nicht mehr geben. Es wird keine Zugeständnisse in einer Form geben, wie beispielsweise eine "30 km Grenze". Einkommensgruppen sollen jedoch sozialverträglich berücksichtigt werden.

2) Der Beamtenstatus der entsprechenden Bediensteten werde wieder Beachtung finden. Und zwar im Hinblick auf Veränderung der Verwendung, auch verbunden mit anderen Dienstorten.
Nur gut, dass sich die oberste Dienstbehörde mit den Pflichten der Landesbeamten auskennt. Hoffentlich vergisst sie darüber nicht ihre Pflichten gegenüber ihren Beamten.

3) Betriebsbedingte Kündigungen werde es nicht geben, gegebenenfalls würden dem Beschäftigten andere Aufgaben an anderen Arbeitsorten angeboten.
Die Tarifbeschäftigten werden diese Aussage nicht mit Freude aufnehmen. Vielmehr denkt jeder an die persönliche Wirtschaftlichkeit möglicher Arbeitsantrittsfahrten. Das unterscheidet die Tarifbeschäftigten durchaus von dem vorliegenden Vorhaben, von dem alle wissen, dass eine erforderliche Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht vorgenommen wurde.

Auf sachliche Fragen zu Wort kommender Bediensteter wurden durch Herrn Ministerialdirigent Willberg hingegen Aussagen getroffen, wofür eine Reise nach Halle (Saale) wohl kaum erforderlich war, da sie letztlich den konzeptlosen Inhalt des Erlasses und der Präsentation widerspiegelten:

1) Die Frage, wie eine Vor-Ort-Verwaltung (Verwaltungskomponente) mit einem Personalbestand von 36 Bediensteten, insbesondere in den Polizeirevieren funktionieren soll, hielt er zwar für interessant. Er erklärte allerdings diese Frage nicht beantworten zu können und verwies darauf, dass die Zahlen nicht mit der derzeitigen Arbeit der Verwaltung in Einklang gebracht werden dürfen. Die Zahlen resultieren aus der Summe später einmal zur Verfügung stehender Bediensteter, weshalb die Aufgabenverteilung in der Verwaltung, Zitat "… in Punkten zu Lasten des Polizeivollzuges gehen…" wird.

2) Im Haushalt der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd bilden die "Liegenschaftenkosten" einen Postenumfang von zirka 50 Prozent der anfallenden Gesamtkosten, so überschlug es eine Bedienstete aus dem Dezernat Haushalt. Das werfe die Frage nach Auslastung vorhandener Liegenschaften im Kostenverhältnis zu möglichen Neuinvestitionen im Zuge einer Neuausrichtung auf. Die ausweichende Antwort lautete: Die Arbeit sei mit Außenstellen nicht vorgesehen aber auch nicht ausgeschlossen. Aber, Zitat: "…Die Arbeit wird nicht zu den Mitarbeitern gebracht, sondern die Mitarbeiter an den Ort der Arbeit…"
Wo welche Verwaltungsaufgaben erledigt werden sollen sei (noch) nicht bekannt.

3) Eine Nachfrage, inwieweit Erfahrungen aus anderen Ländern in die Entscheidungen zur Strukturreform einflossen oder einfließen, wurde durch Herrn Ministerialdirigent Willberg lapidar mit der Äußerung abgetan, man könne nicht Birnen mit Äpfeln vergleichen, sondern, Zitat: "Wir müssen unsere eigenen Wege gehen." Reformen seien mit Veränderungen verbunden und die bringen nun mal Frust beim Personal. In 2016, anlässlich der Landtagswahlen, habe man die Chance bis dahin gemachte Erfahrungen im Polizeivollzug anbringen zu können. Zitat: "Wir müssen in Legislaturperioden denken."

Herr Ministerialrat Dr. Spadinger machte sich den Weg nach Halle (Saale) offenbar nicht leicht, denn seine einleitende Worte sprühten geradezu vor Mitgefühl, Zitat: "Ich hätte Ihnen das alles gern erspart, das können Sie mir glauben. Ich habe auch meine Erfahrungen gesammelt."

Einige Äußerungen des Herrn Ministerialrates Dr. Spadinger müssen dann allerdings bei den Teilnehmern der Veranstaltung geradezu Unwohlsein hervorgerufen haben. Er kam dann nämlich zügig zur Sache und stellte fest, dass, Zitat: "…die Zahlen natürlich nicht im Hinblick auf die derzeitigen Aufgaben funktionieren"…Es wird eine völlige Umgestaltung geben, keine kosmetische Korrektur mehr…Es wird zentralisiert, das ist (Autor: …so wie derzeit) nicht mehr durchhaltbar… Alle Verwaltungsaufgaben werden zentral durchgeführt."

1) Es werden nur noch 36 Bedienstete bleiben, welche gleichsam als Schnittstelle zwischen den Behörden und der (zentralisierten) Verwaltung fungieren sollen und welche anfallende Sofortarbeiten, wie beispielsweise Havarien, übernehmen sollen. Auch sollen sofortige Umsetzungen von Personalmaßnahmen vor Ort durchführbar sein. So richtig sei allerdings nicht klar, welche Aufgaben man der Verwaltungskomponente in den Behörden überträgt, aber Hauptsache die präzise Anzahl der Bediensteten steht bereits fest. Was für eine Tollerei.

2) Unklar sei ferner, welche Verwaltungsaufgaben dann noch in einem Polizeirevier zu erledigen sein werden.

3) Beim Thema Liegenschaften äußert sich Herr Ministerialrat Dr. Spadinger noch etwas undurchsichtiger als sein Amtskollege Herr Ministerialdirigent Willberg. Demnach soll es keine Außenstellen geben, weil man sich diese nicht mehr leisten könne. Zitat: "Wir werden uns von Liegenschaften in Größenordnungen trennen müssen…." Ein Liegenschaftskonzept läge noch nicht vor und auch ein Zeitpunkt sei nicht klar.

4) Sodann, Zitat: "Es könnten allerdings Außenstellen nach Dessau und Halle kommen…" Eine Außenstelle in Halle (Saale) könnten betrieben werden als Dezentraler Versorgungsbereich, ähnlich wie derzeit im IT-Bereich im TPA.

5) Bemerkenswert ist die Aussage, Zitat: "… Es könnte auch sein, dass zum Beispiel das gesamte Personaldezernat in Halle ihren Sitz hat…"
Eine unglaubliche Aussage, die kaum zur angestrebten Beruhigung der Bediensteten in der Verwaltung beiträgt.

6) Herr Ministerialrat Dr. Spadinger sinniert mit deutlichen Worten "Sie sollten sich die Frage stellen: Muss ich mich anders orientieren?" und stellt klar: "Gehen Sie alle davon aus, dass Sie sich alle verändern."
Und: Auch ein ganz eigener persönlicher Weg kann vom einzelnen Mitarbeiter beschritten werden. Um es nur einmal in Erinnerung zu rufen: Hier trat kein Unternehmenssanierer einer Kapitalgesellschaft auf, sondern ein abgesandter Beamter des Innenministeriums.

7) Aus nachfolgend zitierter Aussage des Herrn Ministerialrates Dr. Spadinger leitete der Autor die Überschrift ab: "Ich weiß auch nicht, ob das alles so funktioniert. Wie es bislang läuft, funktioniert es auf jeden Fall in 2016(?) nicht mehr."

Kurze (nicht abschließende) Zusammenfassung:

1) Im Jahr 2015 ist die schrittweise Umsetzung der Zentralisierung der Verwaltung vorgesehen.

2) Planpersonal- und Tittelgruppenpersonalstellen werden bis zum Jahr 2016 namentlich unterlegt und die letztgenannten Stellen (sozialverträglich) "auswachsen". Was diese Aussage der Frau Ministerialrätin Schneeberg Wert ist zeigt die Absicht, dass zirka 1.000 Bedienstete in der Polizei des Landes als Tittelgruppenpersonal geführt werden sollen. Hintergrund ist ein Landtagsbeschlusses - also politischer Wille im parlamentarischen Raum.

3) Die Dezember 2013 veröffentlichte Präsentation zur "Neuausrichtung der Polizei Sachsen-Anhalt" bezieht sich auf das Jahr 2016, da bis dahin der Polizeivollzug personell aufgestellt sein soll und Landtagswahlen stattfinden. Aber, Zitat: "die Weichen sollen nun schon gestellt werden für viele nachfolgende Jahre".

4) In den nächsten Monaten werden Gespräche mit den Kommunen geführt, um die Dienstorte der künftigen Regionalbereichsbeamten festlegen zu können. Dies soll letztlich auch von der Entscheidung der Bürgermeister abhängen. Insofern müssen sich diese erklären, ob in den Gebäuden der Kommunalverwaltungen Diensträume für die Regionalbereichsbeamten eingerichtet werden können.

5) Die Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd hat sich bereits mit einem Teil der Liegenschaftenfrage beschäftigt. Die Revierkommissariate werden zunächst in Außenstellen der Polizeireviere umgewandelt.

6) Es ist nicht so, dass im Januar 2015 alle Pflegestützpunkte geschlossen werden sollen, nur würde geschaut, was dann dort noch für Personal zur Verfügung stehen wird.

7) Die Aussage des Herrn Ministerialdirigenten Willberg, wonach nunmehr die Chance bestehe sich gemeinsam mit den Personalvertretungen auf die Veränderungen vorzubereiten ist ein schwacher Trost. Auf die Frage von Personalräten hinsichtlich personalvertretungsrechtlicher Mitwirkung und Mitbestimmung bei derart wesentlichen Veränderungen der Organisation von Dienststellenteilen erklärt er, hierauf keine abschließende Antwort geben zu können. Das Mitbestimmungsrecht des Personalrates werde noch geprüft. Da verwundert es den verwaltungsrechtskundigen Verwaltungsbeamten oder -angestellten schon, warum die Prüfung zum Vorliegen personalvertretungsrechtlicher Mitbestimmungstatbestände erst nach Veröffentlichung des Aufstellungserlasses vorgenommen wird und nach mehr als einem Monat kein Ergebnis bekannt ist.

8) Der Aufstellungserlass "Organisationsfortentwicklung der Landespolizei Sachsen-Anhalts" spricht von einer Weiterentwicklung der bestehenden Struktur des Landespolizei Sachsen-Anhalt innerhalb des durch §§ 76 ff SOG LSA vorgegebenen Organisationsaufbau und die Präsentation hierzu von einer "Neuausrichtung".
De facto handelt es sich jedoch um eine außerordentliche Polizeistrukturreform mit bislang nicht dagewesenen Auswirkungen auf die Organisationsstrukturen sowie auf den Personalbestand in Polizeivollzug und Polizeiverwaltung. Für einen nicht unerheblichen Teil des Verwaltungspersonals könnte die restriktive Umsetzung des Aufstellungserlasses existenzielle Auswirkungen haben.

Aus Sicht der Gewerkschaft der Polizei, Bezirksgruppe Süd muss der Personalrat beteiligt und um Zustimmung ersucht werden.

9) Es liegt schlichtweg kein sachverständiges Konzept mit belastbaren Zahlen vor. Erst nachdem das MI LSA in Form eines Erlasses nun (unumkehrbare) Tatsachen geschaffen hat, soll es Arbeitsgruppen geben, welche die ministerielle Festlegung in den Behörden und Einrichtungen im Detail, allen voran der Polizeivollzug, umzusetzen haben.

Im Auftrag der
GdP Bezirksgruppe
Sachsen-Anhalt Süd

Rolf Gumpert
(Stellv. Vors. GdP BG LSA Süd)

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