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Mehr Sicherheit durch personengebundene Schutzweste

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Magdeburg.

Am 28.1.2007 informierten wir an gleicher Stelle über die symbolische Übergabe von Schutzwesten an Polizeibeamtinnen und –beamte der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Nord durch Herrn Innenminister Hövelmann. Mittlerweile hat eine ähnliche Übergabe in der PD LSA Süd stattgefunden. Deshalb möchten wir als Vorabdruck der Deutschen Polizei einen Artikel veröffentlichen, der sehr intensiv auf das Thema Auswahl, Eigenschaften, Beschaffung und Trageweise eingeht.

Erläuterung zum Programm
Ausführungen zur Beschaffenheit

Hinweise zum Tragen der Unterziehschutzwesten

Ein seit Jahren durch die GdP gefordertes „Muss“, die Ausstattung unserer Polizeibeamtinnen und -beamten mit einer personengebundenen ballistischen Schutzweste, die im vollen Umfang durch das Land Sachsen-Anhalt bereitgestellt wird, ist nun Realität geworden.

Das durch das Innenministerium angekündigte Beschaffungsprogramm „ballistische Unterziehschutzweste (UZSW)“, welches sich über 3 Jahre strecken wird, ist mit der symbolischen Übergabe von Schutzwesten an Polizeibeamtinnen und –beamte der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Nord, durch Herrn Innenminister Hövelmann, am 28.01.2008, angelaufen.

Das Land Sachsen-Anhalt stattete die Polizeivollzugbeamten bisher nicht mit persönlichen UZSW aus, sondern bevorzugte die Variante der Poolausstattung. Hierbei wurde in den Polizeidienststellen ein Pool mit UZSW in verschiedenen Größen vorgehalten, aus dem sich jeder PVB zur täglichen Dienstdurchführung eine UZSW entnehmen konnte und zum Dienstschluss wieder abzugeben hatte. Ausgenommen von dieser Verfahrensweise war das Spezialeinsatzkommando (SEK). Dort ist die persönliche Ausstattung mit ballistischen Schutzwesten, die für verschiedene Schutzklassen aufrüstbar sind, Normalität.

Mit der Umsetzung des jetzigen Programms wird jeder operativ tätige PVB (Beamte im Streifendienst, SB Verkehrsdienst, KDD, ausgewählte Fachkommissariate) mit einer persönlichen UZSW ausgestattet. Das Beschaffungsprogramm umfasst einen finanziellen Gesamtaufwand von 3,4 Mio. €. Es ist beabsichtigt, im ersten Jahr UZSW für 1 Mio. €, dass entspricht einer Stückzahl von 1500 Westen und in den zwei Folgejahren für jeweils 1,2 Mio. €, das entspricht einer Stückzahl von jeweils 1650 Westen, zu beschaffen. In die Haushaltsplanung 2007 wurde deshalb die erste Mio. eingestellt, die Beschaffung eingeleitet und die Herstellung der Westen ist nunmehr zum größten Teil erfolgt oder wird in Kürze abgeschlossen sein. Mit der erwähnten symbolischen Übergabe durch den Innenminister wird ab sofort mit der Auslieferung der ersten Jahrescharge 2007 begonnen.

Einige Kollegen werden sich nun fragen warum ist das Land nicht im Stande die Schutzwesten ca. 4.800 Stück innerhalb eines Jahres zu beschaffen. Da spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Natürlich ist es für das Land einfacher ein derart großes Finanzvolumen (3,4 Mio. €) verteilt auf drei Jahre aufzubringen, zumal ja Beschaffungen anderer dringend notwendiger Einsatzmitteln nicht zurück stehen dürfen. Hierbei sei nur auf die Beschaffung von Dienstfahrzeugen und vor allem auf den Beginn der Einführung des Digitalfunks hingewiesen. Aber man darf auch nicht außer acht lassen, das in ca. 13 Jahren diese jetzt beschafften Schutzwesten durch neue Westen ersetzt werden müssen. Ein schlagartiger Austauschbedarf aller Westen würde neben den sehr hohen Kosten auch einen immensen logistischen Aufwand bedeuten, den man somit umgehen wird.

Eine besondere Dynamik bekam die Problemstellung der Ausstattung mit personengebundenen UZSW nach den Ereignissen auf der Bundesautobahn 2 im Jahre 2005, wo Kollegen von unbekannten Tätern aus einem fahrenden Fahrzeug beschossen wurden und glücklicher Weise kein Kollege zu Schaden kam. Damit war ein bisher in Sachsen-Anhalt so nicht wahrgenommenes Gefahrenpotenzial plötzlich spürbare Realität. Von Seiten aller Gewerkschaften wurde vehement die Ausstattung mit personengebundenen Schutzwesten gefordert und der Dienstherr lenkte ein und begann nach Möglichkeiten der Umsetzung zu suchen.

Ausführungen zur Beschaffenheit der durch das Land beschafften Schutzweste

Die UZSW die nun jedem operativ tätigen Kollegen bereitgestellt wird, entsprich im vollen Umfang der durch eine Bund- Länder- Fachkommission erarbeiteten Technischen Richtlinie „ballistische Schutzwesten“ (TR). Diese TR unterliegt einer stetigen Überarbeitung und Fortschreibung durch das Polizeitechnische Institut der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster. Sie wird auch erst in Kraft gesetzt, wenn alle Bundesländer und der Bund, vertreten durch Ihre Fachleute, dieser TR zugestimmt haben.

In dieser Richtlinie sind unter anderem sämtliche physikalischen Parameter die das verwendete ballistische Material in Bezug auf das Abbremsen und Aufhalten eines Geschosses aufweisen muss und die Verfahrensweise der jeweiligen Prüfung festgeschrieben. Weiterhin ist definiert, welche Fläche des Körpers durch den ballistischen Schutz bedeckt sein muss und welches Flächengewicht eine Weste maximal besitzen sollte.

Auch bekleidungsphysiologische Aspekte, wie das Aufnehmen und Ableiten von Feuchtigkeit (Schweiß) findet in der TR seine Beachtung. Es ist gefordert, das die ballistischen Pakete durch eine unabhängige Prüfstelle geprüft und zertifiziert sein müssen. Alle physikalischen Gesetzmäßigkeiten und die in allen Bundesländern gesammelten Erfahrungen finden in dieser TR Beachtung. Dennoch ist dem Herstellern von Schutzwesten ein ausreichender Spielraum gegeben, um jeweils eine seinen individuellen Vorstellungen entsprechende Weste produzieren und anbieten zu können, die sich aber an die Forderungen der TR hält.

Jedoch muss ich an dieser Stelle bemerken, dass natürlich die Physik zwangsläufig der Gestaltung einer Weste Grenzen setzt. So kann ich nicht verlangen, dass eine Schutzweste den absoluten Schutz gegen alles bieten soll, aber gleichzeitig nichts wiegen darf und am Körper nicht spürbar sein sollte.

Leider ist es aber gerade dieser Punkt der von Seiten des Trägers die meisten Kritikpunkte erfährt. Wir müssen uns bei einer Sache grundsätzlich im Klaren sein „wenn ich einen den Verhältnissen entsprechenden Schutz haben will, muss ich gewisse Einschränkungen im Tragekomfort hinnehmen“. Hier ist das Geschick gefragt, bei der Beschaffung das richtige Mittelmaß zu finden.

Bei der Ausschreibung der Schutzwesten durch das Land wurden alle in der Technischen Richtlinie festgeschriebenen Forderungen beachtet. In einem sehr aufwändigen europaweitem Ausschreibungsverfahren wurden die Westen ausgeschrieben und entsprechend der vorgeschriebenen Fristen wurden von verschiedenen Anbietern Musterexemplare und das entsprechende Angebot vorgelegt. Durch das Technische Polizeiamt, welches ich an dieser Stelle für die gewissenhafte Arbeit auch einmal loben möchte, wurde eine sogenannte Rankingliste erstellt, worin alle wichtigen geforderten Kriterien in Form eines Punktesystems bewertet wurden. Das Ergebnis wurde einer Zuschlagskommission vorgelegt, in der auch der Polizeihauptpersonalrat (PHPR) vertreten war. Die Spezifika der einzelnen Westen wurden erläutert, die Westen wurden vorgestellt und von den Mitgliedern der Kommission begutachtet. Einvernehmlich aller Anwesenden wurde dann der Zuschlag an den aus Sicht der Zuschlagskommission besten Anbieter erteilt. Eine Diskussion, der Dienstherr habe hier mal wieder das preiswerteste aber nicht das beste und damit sicherste beschafft, ist inkompetent und unsachlich.

Ich wünsche allen Kolleginnen und Kollegen, die mit einer Weste ausgestattet werden, dass sie die Weste nach 13 Jahren wieder so unbeschossen beim TPA abgeben können, wie sie sie in den nächsten 2 Jahren dort empfangen werden.

JS

Hinweise zum Tragen der Unterziehschutzwesten

Wie der Name es bereits beschreibt, dient diese Schutzweste der sogenannten verdeckten Trageweise und wurde ursprünglich auch dafür konzipiert. Die auch in Nutzung befindliche Überziehschutzweste, die gegenüber der UZSW aufgrund ihrer Größe und Kompaktheit einen höheren Schutz bietet, ist für das Tragen über einen längeren Zeitraum und somit als personengebundene Weste ungeeignet.

Die UZSW sind so aufgebaut, zugeschnitten und verarbeitet, dass sie unter dem Uniformhemd, dem Pullover oder anderen Bekleidungsstücken getragen wird. Ich mache darauf aufmerksam, dass zum Beispiel Kugelschreiber, Geldstücke unter Umständen auch Knöpfe, wenn sie sich unter der Weste befinden, eine zusätzliche Gefahr bilden. Beim Auftreffen eines Geschosses auf das ballistische Paket wird dieses abgebremst und im Idealfall auch aufgehalten. Trifft dieses auf einen harten Gegenstand, der sich unter der Weste befindet, kann dieser zum Geschoss werden, in den Körper eindringen und sogar tödlich verletzen. Eine ordnungsgemäße Trageweise dieser Weste muss Grundvoraussetzung bei der täglichen Dienstdurchführung sein.

Bezüglich der bereits schon privat beschafften Westen sei bemerkt, sollten diese leichter oder bequemer sein, als die durch das Land beschaffte, entspricht sie wohl möglicherweise nicht der geforderten TR.

Abschließend sei bemerkt dass die gelieferte UZSW zusätzlich zum ballistischen Schutz auch einen Stichschutz besitzt, der separat herausnehmbar ist.

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