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Die neue Polizeistruktur

„STRUKTURPROBLEME IN DER POLIZEI“

- Kommentare zur Polizeistrukturreform 2010 / Teil 1 und Teil 2–

Die Überschrift und deren Inhalte sind Allgegenwärtig und sollten eigentlich etwas Positives beinhalten und bewirken. Die Ziele sind bestimmt und nun könnten ja alle beruhigt zur Umsetzung kommen. So einfach wird es jedoch offensichtlich nicht. Nehmen wir nur einmal eine wesentliche Aussage der bereitgestellten Begründung: „Die Rahmenbedingungen der Polizeiarbeit bedürfen zur Sicherung der qualifizierten Aufgabenerledigung und vor dem Hintergrund des bis 2010 beschlossenen Personalabbaus weiterer Verbesserungen.“ heraus. Wie konkret stellt sich nun aber die Situation dar?

Die GdP M-V hat wiederholt und nachhaltig darauf hingewiesen, dass sich der weitere Personalabbau kontraproduktiv auswirkt. Es ist den Verfassern des Personalentwicklungskonzeptes 2010 offensichtlich entgangen, dass sich hier zwei Schwerpunkte - Personalentwicklung und Konzepte – in einem Wort wiederfinden.


Altersäbgänge in der Landespolizei M-V
Da davon ausgegangen werden kann, dass die Verfasser keine Laien waren, hätte sie bei dem Punkt der Beurteilung der Personalentwicklung 2001-2010, speziell der Altersstruktur und erst recht der Alterspyramide (siehe Bild), erkennen müssen, dass von einem Personalabbau hätte nicht die Rede sein dürfen. Vielmehr wäre notwendig gewesen, die unproportionale Altersstruktur ausgeglichen zu gestalten. Davon war man aber weit entfernt, denn durch die Vernachlässigung der Personalbedarfsplanung sind diese Proportionen weiter negativ beeinflusst worden. Unverholen wird auch die steigende Überalterung zugegeben und ernsthaft gemeint,

dass dies Entwicklungen aus dem demographischen Wandel seien. Aber weit gefehlt. Nicht erwähnt wurde, dass man durch die Vernachlässigung des Einstellungskorridors selbst dafür gesorgt hat. Einen Personalabbau in der Vergangenheit und gegenwärtig weiter zu planen erübrigt sich, weil er uns ja zukünftig sowieso ereilen wird.

Diesbezügliche Hinweise der GdP werden ignoriert. Sollte am Stellenabbau festgehalten werden, setzt sich die unsägliche Entwicklung im Personalbereich fort und hinzukommen wird, dass die angedachte Verlängerung der Lebensarbeitszeit dann auch noch ihren eigenständigen Beitrag zur Überalterung der Landespolizei erbringen wird.

Der Punkt ist also, dass zum Einen auf die Zunahme der Aufgaben für die Polizei und damit ihrer Beamten hingewiesen wird und zum Anderen gleichzeitig Stellen gestrichen werden, was zwangsläufig zu einer Mehrbelastung der verbleibenden Polizeibeamten führen wird. Das wird auch nicht durch die mehr als fragliche „Freisetzung von 270 Stabsmitarbeitern für operative Aufgaben“ amortisiert. Die hier genannte Zahl ist bereits durch den Stellenabbau, seit dem Jahr 2001 mit weit über 500 Polizeibeamten, verbraucht und stellt sich real anders dar.

Gerade in diesem Punkt wurde und wird offensichtlich wieder keine Beurteilung der (Personal)Lage, wie eigentlich bei der Polizei üblich, fachlich korrekt vorgenommen. Stattdessen werden „Sandkastenspiele“ mit Stellen durchgeführt, die den Eindruck erwecken (sollen), dass mit weniger Personal die Aufgaben zu meistern sind. Gelinde gesagt eine Milchmädchenrechnung, da bewusst unterdrückt wird, dass hinter den Stellen konkret vorhandene (teils eingeschränkt vollzugstaugliche) Polizeibeamt(innen)e stehen.

Alarmierend sollte vielmehr folgender Umstand sein. Wenn zum Beispiel im hiesigen Zuständigkeitsbereich (PD Anklam) zu den vorhandenen Polizeibeamten in den nächsten 3 Jahren jährlich 18 Polizeivollzugsbeamte (PVB) und in den Folgejahren bis 2020 „nur“ 8 PVB hinzukommen, müsste sich der Stellenplan bis zum Jahr 2012 um 20 PVB erhöhen. Denn selbst bei dieser Entwicklung würde sich dann trotzdem die Anzahl der PVB bis zum Jahr 2020 konkret um 118 PVB verringern. Ich frage mich, wo sich bei derartigen Realitäten dann noch solche schlagkräftigen Aussagen, wie der Erhalt von 37 Polizeirevieren oder die Stärkung des Streifendienstes wiederfinden, wenn ja gleichzeitig das Personal im hiesigen Zuständigkeitsbereich für 2 Polizeireviere fehlen wird. Es erschließt sich mir daher auch in keiner Weise, wenn in der Polizeiführung davon ausgegangen wird, dass der tatsächlich zu erwartende Personalzuwachs für die Polizeireviere bei etwa 15 % liegen soll. Eher wird das Gegenteil mit ca. 20 % weniger Personal eintreten, und wieder nach der Devise weniger machen mehr. Da sich diese Entwicklung auf die Landespolizei M-V allgemein übertragen lässt, sollte dies jedem Verantwortungsträger in der und für die Polizei nachhaltig zu denken geben.

Eine erste Reaktion von zusätzlichen Einstellungen reicht bei weitem nicht aus um der zukünftigen altersbedingter Fluktuation und damit einhergehend der Überalterung Einhalt zu gebieten.

An dieser Stelle sei dann auch die ironische Frage erlaubt, ob man unter den genannten Voraussetzungen einer neuen Polizeistrukturreform 2020 zuarbeitet, wenn bereits jetzt abzusehen ist, dass der Landespolizei M-V zukünftig ungefähr 1.000 PVB fehlen und die Aufgaben und Organisation dann den Gegebenheiten nicht mehr entsprechen werden?

Damit komme ich abschließend zu dem eindeutigen Schluss, dass in den weiteren Jahren eine qualifizierte Aufgabenerledigung durch den weiteren Personalabbau nicht zu gewährleisten ist oder sein wird. Daran werden auch verbesserte Rahmenbedingungen nichts ändern. Vielmehr wäre es bereits jetzt dringlich erforderlich einen Personalaufbau bis zum Jahr 2012/2013 durchzuführen, um der aufgezeigten Entwicklung Einhalt zu gebieten. Einem qualifizierten Personalentwicklungskonzept 2010 bis 2020 steht die GdP offen gegenüber, wenn sich darin real der Schwerpunkt einer „Sicherung der qualifizierten Aufgabenerledigung“ wiederfindet.


Martin Scherbarth


TEIL 2

Alles nur Lippenbekenntnisse??

Ein Artikel der Schweriner Volkszeitung, der über geplante Streichorgien des Finanzministeriums berichtete, sorgte jüngst für Wirbel. Auch Landtagsabgeordnete aller Parteien wurden auf den Plan gerufen und kündigten Ihren Widerstand an. Für mich überraschend, eigentlich ist es doch egal, ob das Finanzministerium die Stellen streicht oder wir einfach den dringend benötigten Nachwuchs (ca. 1000) nicht bekommen werden. Es bedarf keiner Stellenstreichung. Man muss nur jahrelang die Nachwuchsgewinnung reduzieren, dann regelt sich das von allein. Und das haben alle Parteien im Landtag über Jahre zugelassen.

Besonders sorglos ist jedoch das Innenministerium. Obwohl dort seit langem bekannt ist, dass mit der Umsetzung der Strukturreform keine Personaleinsparungen möglich sind, scheint die Nachwuchsgewinnung, oder besser die ausbleibende ausreichende Nachwuchsgewinnung kaum jemanden zu interessieren.

Von welcher Seite wird hier die größte Augenwischerei betrieben?

Es erübrigt sich, stets und ständig darauf hinzuweisen, dass die GdP M-V seit Jahren vor den negativen Auswirkungen des „Personalklau’s“ bei der Polizei warnt.

Die eigentliche Kritik dürfte nicht dem Finanzministerium gelten, welche zwar die Lufthoheit über den Finanztöpfen des Landes innehat, aber auch nur so lange und so weit, wie sie der Landtag lässt.
Wenn nicht das Innenministerium laut aufschreit und durch die Reihen der Abgeordneten ein Ruck geht, dann brauch sich das Finanzministerium nur bequem zurück lehnen und darauf warten, dass die Polizei in den nächsten 10 Jahren „ausaltert“. Oder sie warten nur die nächsten 2- 3 Jahre mit den Neueinstellungen. Welcher von den wenigen Schulabgängern sollte dann noch zur Polizei gehen wollen?

Verantwortlich für die entstandene Situation ist unbestritten das Personalentwicklungskonzept 2001-2010, welches zur Überalterung in der Landespolizei beigetragen hat. Dieses haben mehr oder weniger alle Parteien mitgetragen. Die Folgen des Konzeptes waren bereits im Jahr 2000 vorhersehbar und dank der GdP allseits bekannt.

Wenn die jüngste Kritik nicht nur ein Lippenbekenntnis war, dann müssen jetzt Taten folgen. Dabei werden zusätzlichen Einstellungen als erste Reaktion bei weitem nicht ausreichen, um der zukünftigen altersbedingten Fluktuation und der allgemeinen Überalterung Einhalt zu gebieten. Vielmehr ist es bereits jetzt dringlich erforderlich einen Personalaufbau bis zum Jahr 2012/2013 durchzuführen, um der aufgezeigten Entwicklung Einhalt zu gebieten. Für ein qualifiziertes Personalentwicklungskonzept 2010 bis 2020 ist es daher unabdingbar, dass sich darin real die Schwerpunkte einer „Sicherung der qualifizierten Aufgabenerledigung“ und der „Erhöhung des subjektiven Sicherheitsgefühls der Bevölkerung“ in Form der erforderlichen aufgabenbezogenen Polizeistärke wiederfinden.


Martin Scherbarth
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