Zum Inhalt wechseln

Polizisten klagen über hohe Belastung

Schwerin.

In diesem Jahr nahmen sich bereits vier Beamte das Leben. Stress im Dienst, Alkohol, private Probleme. Die Gewerkschaft kritisiert geringe Anerkennung des Berufs.

OZ-Wochenendausgabe, 06. August 2005 | Mecklenburg-Vorpommern

Nach vier Selbstmorden bei der Polizei allein in diesem Jahr und Spekulationen über die Hintergründe hat der Innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Armin Jäger, auf die Mitverantwortung der Landespolitik hingewiesen. „Auch wenn jeder dieser Selbsttötungen ganz persönliche und unterschiedliche Beweggründe zu Grunde liegen, ist die Frage nach der Mitverantwortung der Gesellschaft zu stellen“, sagte Jäger.

Zunehmend würden die Polizisten in Mecklenburg-Vorpommern bis an die Grenzen der Belastbarkeit gefordert. Gerade die Beamten der Schutzpolizei im Schichtdienst hätten häufig an Brennpunkten der Gesellschaft mit Gewalt, Alkoholismus und Verwahrlosung zu tun. Dort werde ihnen weder Achtung noch Respekt für ihren Einsatz entgegengebracht. „Umso wichtiger ist es, dass die Gesellschaft und in deren Vertretung die Landespolitik den Polizisten zeigt, dass ihre Leistungen anerkannt werden“, forderte Jäger.

Die Gewerkschaft der Polizei (GDP) beklagt seit Jahren zunehmend schlechter werdende Arbeitsbedingungen. Immer mehr Arbeit, zu wenig Beförderungen und schlechte Zukunftsaussichten steigerten Frustration und Enttäuschung. Kürzungen von Urlaubs- und Weihnachtsgeld täten ein Übriges, sagt der GDP-Landesvorsitzende, Michael Silkeit. Viele Beamte fühlten sich bei ihrem aufopferungsvollen Dienst von der Politik allein gelassen. In der öffentlichen Diskussion werde den Polizisten das Gefühl vermittelt, „lästige Kostenstelle zu sein“. Silkeit forderte die Politik auf, die innere Sicherheit und damit die Polizei ernster zu nehmen und mehr Geld bereitzustellen.

Das Innenministerium wies die Vorwürfe zurück. Die Situation der Polizei habe sich in den vergangenen Jahren immer mehr verbessert, sagte Innenstaatssekretär Hartmut Bosch. MV habe die höchste Polizeidichte der Flächenländer. Die Darstellung, dass alles schlimmer werde, sei nicht richtig.

Bei der Landespolizei nahmen sich vier Beamte in den ersten sieben Monaten dieses Jahres das Leben. Letzter Fall war in der Nacht zum 1. August die Selbsttötung eines Wachmannes, der zum Schutz des Privathauses von Ministerpräsident Harald Ringstorff (SPD) eingesetzt war.

Die Ursachen der meisten Fälle sind nach Auffassung des Innenministerium „meistens im privaten Bereich“ zu suchen. „Bedauerlicherweise ist es in den vergangenen Monaten zu diesen Suiziden gekommen“, sagte Ministeriumssprecherin Marion Schlender. Die letzten schweren Vorkommnisse lägen Jahre zurück.
2001 hatte sich ein Beamter erhängt und ein weiterer mit seiner Dienstwaffe erschossen. Im Herbst 2004 hatte sich ein 36-jähriger Polizist auf dem Parkplatz der Direktion in Stralsund getötet. Statistisch gesehen habe es vor dem Jahr 2000 höchstens einen solchen Todesfall pro Jahr gegeben, sagte Schlender.

Der psychische Druck im Dienst wird auch mit wachsenden Alkoholproblemen in Zusammenhang gebracht. „Wir sehen, dass gerade Polizeibeamte außergewöhnlichen Belastungen ausgesetzt sind, in deren Folge Abhängigkeitsprobleme auftreten können“, stellen die ständigen Vertreter der Landespolizei MV in der Bundesarbeitsgemeinschaft „Suchtprobleme in der Polizei“, Rainer Rosenow und Renate Randel, fest. „Dies wiederum kann zu extremen Krisensituationen führen.“

KLAUS WALTER

Gewerkschaft: Frust bei Polizei wächst
(ddp) Bei der Landespolizei macht sich Besorgnis wegen einer Reihe von teils spektakulären Selbsttötungen von Kollegen breit. Allein vier Beamte nahmen sich in den ersten sieben Monaten dieses Jahres das Leben, schreibt die „Schweriner Volkszeitung“. „Bedauerlicherweise ist es in den vergangenen Monaten mehr als sonst zu Suiziden gekommen“, sagte die Sprecherin des Innenministeriums Marion Schlender. Vor dem Jahr 2000 habe es, statistisch gesehen, höchstens einen solchen Todesfall jährlich gegeben.

Zuletzt hatte sich in der Nacht zum 1. August ein zum Schutz des Privathauses von Ministerpräsident Harald Ringstorff (SPD) eingesetzter Polizist auf dem Grundstück des Regierungschefs mit seiner Dienstwaffe erschossen. Am vergangenen Wochenende erst war der Freitod eines Rostocker Streifenpolizisten bekannt geworden.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) klagt unterdessen über zunehmend schlechte Arbeitsbedingungen der Beamten im Land. Immer mehr Arbeit, zu wenig Beförderungen und schlechte Zukunftsaussichten steigerten bei den Polizisten die Enttäuschung, sagte GdP-Landeschef Michael Silkeit dem Sender NDR 1 Radio MV.

GdP Mecklenburg-Vorpommern
- Internet Redaktion -
This link is for the Robots and should not be seen.