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Das neue Sicherheitsgesetz in MV

Neues Gesetz sorgt für Schein-Sicherheit

Schwerin:.

Mehr Schutz durch mehr Überwachung soll das neue Sicherheitsgesetz in MV bringen. Doch selbst bei der Polizei wird das stark bezweifelt. Michael Silkeit; „Wir sind dafür, aber wir wüssten auch gern, wann wir von der Landesregierung die finanziellen Mittel und das entsprechende Personal bekommen...

„Das neue SOG macht Eindruck, bringt aber wenig“, erklärt Karsten Neumann, Landesdatenschutzbeauftragter in MV. Gemeint ist die Änderung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (SOG) in MV. Das sieht unter anderem eine Reihe von erweiterten Befugnissen zur Überwachung von öffentlichen Orten vor. In dieser Woche wurde es im Landtag beschlossen.

Demnach können Amtsgebäude und öffentliche Verkehrsmittel außen und innen mit Kameras und Mikrofonen überwacht werden. Auch öffentliche Plätze dürfen permanent gefilmt werden, wenn sie so genannte Kriminalitätsschwerpunkte sind. Außerdem wird die Telefonüberwachung demnächst nicht nur zur Strafverfolgung erlaubt, sondern schon zur vorbeugenden Abwehr von Gefahren. Und schließlich darf die Polizei Lesesysteme zur Erkennung und Auswertung von Kfz-Kennzeichen nutzen.

Innenminister Gottfried Timm (SPD): „Die Landespolizei benötigt angepasste Eingriffsbefugnisse, um der neuen Sicherheitslage, aber auch der Kriminalität begegnen zu können.“

„Gut und schön“, meint Michael Silkeit von der Gewerkschaft der Polizei in MV. „Wir sind dafür, aber wir wüssten auch gern, wann wir von der Landesregierung die finanziellen Mittel und das entsprechende Personal bekommen, um das zu realisieren.“

Silkeit zählt auf. Beispiel Überwachung von Kriminalitätsschwerpunkten: „Da reicht es doch nicht aus, Kameras aufzustellen und sie mit einem Bildschirm zu verbinden. Da müssen rund um die Uhr Kollegen vor Ort sein, damit sie im Ernstfall einschreiten können. Dazu fehlen uns aber die Leute. Wir könnten das Gesetz gar nicht umsetzen.“

Beispiel Telefonüberwachung: 154 entsprechende Anordnungen gab es 2005 in MV. 33 mehr als 2004. „Da sagt das Gesetz, Daten von unbeteiligten Dritten, die zufällig bei der Überwachung gewonnen werden, müssen gelöscht werden. Unsere Aufzeichnungsgeräte sind technisch gar nicht in der Lage, entsprechende Passagen zu löschen“, berichtet Silkeit. „Wie sollen wir das lösen?“

Beispiel automatische Lesesysteme zur Erkennung und Auswertung von Kfz-Kennzeichen: „Auch so ein Ding“, meint Silkeit. „Wir haben im ganzen Land nur ein einziges Gerät. Wie will man da ernsthaft im Sinne des Gesetzes arbeiten?“ Wenn die Landesregierung große Pläne habe, müsse sie auch etwas dafür tun, dass sie an der Basis umgesetzt werden können.

Forderungen, die Bernd Fritsch, Sprecher des Innenministeriums, in Rage bringen. „Unsere Landespolizei ist gut ausgestattet“, findet er. Im Interesse des wachsenden Sicherheitsbedürfnisses der Bürger dürfe nicht nur genörgelt, sondern es müsse reagiert werden. „Man kann den Ganoven nicht das Feld überlassen.“ Das Gesetz leiste einen wichtigen Beitrag dazu.

Alles klar. Sicherheit will jeder. Wo also klemmt es? Wo sind die geografischen Brennpunkte der Kriminalität, die überwacht werden müssen? 2000 teilte die Regierung noch mit: „Derartige Kriminalitätsschwerpunkte, die sich für eine offene Videoüberwachung eignen, gibt es im Land nicht.“ Ist das jetzt anders? Bernd Fritsch: „Da habe ich im Moment keine Informationen.“

„Daran zeigt sich doch, wie absurd die Diskussion um mehr Sicherheit ist“, meint der Datenschutzbeauftragte. Er ist überzeugt, dass auch bei Vorliegen solcher Brennpunkte mit dem neuen Gesetz wenig erreicht würde und verweist auf eine Studie, bei der in Halle drei Monate lang so genannte Kriminalitätsschwerpunkte per Video überwacht wurden. Das Ergebnis war ernüchternd. „Die Straftaten sanken im Vergleich zum nichtüberwachten Vorjahreszeitraum an diesen Punkten zwar von 171 auf 110. Aber drei Straßen weiter stieg die Zahl der Straftaten genauso kontinuierlich an. Es gab nur eine Verlagerung.“ Mit der Überwachung werde lediglich ein subjektives Sicherheitsgefühl gestärkt. Objektiv ändere sich wenig. (Quelle: Ostsee-Zeitung)


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